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Wülfer, Daniel: Das vertheidigte Gottes-geschick/ und vernichtete Heyden-Glück. Nürnberg, 1656.

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Das Andere Capitel.
Und weil das menschliche Tuhn und Las-
sen so groß/ so viel/ so mancherley/ so ansehn-
lich/ so weitläuffig; als hätte diese hohe und
ansehnliche Verwaltung/ ihr/ Jupiter, als
dessen Schwester sie wäre/ verehret. Eben
aber darum/ weil es ein Weibsbild sey/ sey es
auch desto wankelmütiger/ und verkehre sich
plötzlich und schnell/ nach ihrer Art wan-
delbaren Sinn. Jetzt geb' es einem einen
Uberfluß: geschwind nehm' es ihn wider
weg; bald bringe es einen zu Ehren und
Würden: bald in Verachtung und Spott;
ja/ es verliebe sich manchmal blind und un-
besonnen in einen/ deme es aus Lieb alles
mitteihle/ Huld/ Ehr/ Reichtum/ Ansehen;
bald hab die Lieb auch wider ein End/ und
verkehre sich in Haß/ in Neid/ in Gift und
Gall. Um eben deß willen haben sie es zum
teihl blind gemacht/ und auf eine Kugel ge-
setzt/ weil es seine Güter unbedachtsam aus-
teihle/ und bald wider verwende.

Das hiessen die meinsten das Glück!

Nun kan aber ein jeder leichtlich ermes-
sen/ daß diese Beschreibung deß Glücks/
einem verständigen Hertzen kein Vergnu-
gen machen könne. Jch will davon nicht

sagen:
B

Das Andere Capitel.
Und weil das menſchliche Tuhn und Laſ-
ſen ſo groß/ ſo viel/ ſo mancherley/ ſo anſehn-
lich/ ſo weitlaͤuffig; als haͤtte dieſe hohe und
anſehnliche Verwaltung/ ihr/ Jupiter, als
deſſen Schweſter ſie waͤre/ verehret. Eben
aber darum/ weil es ein Weibsbild ſey/ ſey es
auch deſto wankelmuͤtiger/ und verkehre ſich
ploͤtzlich und ſchnell/ nach ihrer Art wan-
delbaren Sinn. Jetzt geb’ es einem einen
Uberfluß: geſchwind nehm’ es ihn wider
weg; bald bringe es einen zu Ehren und
Würden: bald in Verachtung und Spott;
ja/ es verliebe ſich manchmal blind und un-
beſonnen in einen/ deme es aus Lieb alles
mitteihle/ Huld/ Ehr/ Reichtum/ Anſehen;
bald hab die Lieb auch wider ein End/ und
verkehre ſich in Haß/ in Neid/ in Gift und
Gall. Um eben deß willen haben ſie es zum
teihl blind gemacht/ und auf eine Kugel ge-
ſetzt/ weil es ſeine Guͤter unbedachtſam aus-
teihle/ und bald wider verwende.

Das hieſſen die meinſten das Gluͤck!

Nun kan aber ein jeder leichtlich ermeſ-
ſen/ daß dieſe Beſchreibung deß Gluͤcks/
einem verſtaͤndigen Hertzen kein Vergnů-
gen machen koͤnne. Jch will davon nicht

ſagen:
B
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[25/0085] Das Andere Capitel. Und weil das menſchliche Tuhn und Laſ- ſen ſo groß/ ſo viel/ ſo mancherley/ ſo anſehn- lich/ ſo weitlaͤuffig; als haͤtte dieſe hohe und anſehnliche Verwaltung/ ihr/ Jupiter, als deſſen Schweſter ſie waͤre/ verehret. Eben aber darum/ weil es ein Weibsbild ſey/ ſey es auch deſto wankelmuͤtiger/ und verkehre ſich ploͤtzlich und ſchnell/ nach ihrer Art wan- delbaren Sinn. Jetzt geb’ es einem einen Uberfluß: geſchwind nehm’ es ihn wider weg; bald bringe es einen zu Ehren und Würden: bald in Verachtung und Spott; ja/ es verliebe ſich manchmal blind und un- beſonnen in einen/ deme es aus Lieb alles mitteihle/ Huld/ Ehr/ Reichtum/ Anſehen; bald hab die Lieb auch wider ein End/ und verkehre ſich in Haß/ in Neid/ in Gift und Gall. Um eben deß willen haben ſie es zum teihl blind gemacht/ und auf eine Kugel ge- ſetzt/ weil es ſeine Guͤter unbedachtſam aus- teihle/ und bald wider verwende. Das hieſſen die meinſten das Gluͤck! Nun kan aber ein jeder leichtlich ermeſ- ſen/ daß dieſe Beſchreibung deß Gluͤcks/ einem verſtaͤndigen Hertzen kein Vergnů- gen machen koͤnne. Jch will davon nicht ſagen: B

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Zitationshilfe: Wülfer, Daniel: Das vertheidigte Gottes-geschick/ und vernichtete Heyden-Glück. Nürnberg, 1656, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wuelffer_gottesgeschick_1656/85>, abgerufen am 29.03.2024.