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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von dem Lichte.
ebene Glasplatte G (Fig. 153) eine Convexlinse C von sehr schwacher Krümmung
dicht aufsetzt. In diesem Fall spielt die zwischen G und C befindliche Luftschichte
die Rolle des die Interferenz bewirkenden Mediums. Der Versuch unterscheidet sich
[Abbildung] Fig. 153.
also dadurch von den Bedingungen, die gewöhnlich den Farben dünner Plättchen zu
Grunde liegen, dass ein dünneres Medium von wechselnder Dicke überall von einem
dichteren Medium umgeben ist. Es tritt hierbei an der unteren Grenze von C und
von G (bei b und d") eine Phasendifferenz von 1/2 Wellenlänge auf. Die Dicke d
nimmt hier von der Mitte an, wo sie null ist, allmälig radienförmig zu. Wählt
man ein farbiges Licht, so beobachtet man daher im reflectirten Lichte in der Mitte einen
dunkeln Punkt, denn hier, wo d = o ist, differiren die zwei den Strahl zusammen-
setzenden Theile um 1/2 Wellenlänge; darauf folgt ein farbiger Kreis, der bei dem
Werth d = 1/4 sein Maximum erreicht; auf diesen kommt bei d = 1/2 ein dunkler
Kreis, dann bei d = 3/4 wieder ein heller Kreis u. s. f. Im durchfallenden Lichte
verhält sich die Erscheinung umgekehrt: hier ist die Mitte hell, der erste Ring dun-
kel, u. s. f. Wählt man weisses Licht, so treten statt der abwechselnden hellen und
dunkeln Ringe abwechselnde farbige Ringe, nach dem Erfinder dieses Versuchs die
Newton'schen Farbenringe genannt, auf: die Mitte ist dunkel, dann folgt als
erstes Ringsystem Blau, Weiss, Gelb, Orange, Roth, hierauf als zweites Ring-
system Grün, Gelb, Roth, als drittes Dunkelblau, Blau, Grün, Gelb, Roth, u. s. w.
Jedes dieser Ringsysteme ist ein Interferenzspektrum. Bei durchfallendem Lichte
folgen die Farben eines jeden annähernd in umgekehrter Folge auf einander, so dass
sie die Complementärfarben zu den reflectirten Strahlen liefern. Uebrigens ist die
Farbenerscheinung im durchfallenden Lichte schwächer, weil hier die Intensität des
Strahls a b d e, der bloss eine zweimalige Brechung erfahren hat, vor der Intensität
des zweimal reflectirten Strahls a" d" d e bei weitem überwiegt; die Farben er-
seheinen daher in diesem Fall weisslicher. Die ausführlichere Beschreibung der New-
ton
'schen Farbenringe siehe bei den Interferenzerscheinungen des polarisirten Lichtes,
in §. 231.

Neunzehntes Capitel.
Beugung der Lichtwellen
.

208
Wesen und Ur-
sache der Beu-
gung.

Eine wichtige Rolle spielt die Interferenz der Wellen bei der
sogenannten Beugung des Lichtes. Unter der letzteren versteht
man die Eigenschaft der Lichtwellen von ihrer geraden Fortpflanzungs-
richtung abzuweichen, sobald sie an dem Rande eines undurchsichtigen
Körpers vorbeigehen. Ist z. B. a (Fig. 154 auf §. 316) eine Lichtquelle,
von der aus nach allen möglichen Richtungen a b, a c, a e, a f .....

Von dem Lichte.
ebene Glasplatte G (Fig. 153) eine Convexlinse C von sehr schwacher Krümmung
dicht aufsetzt. In diesem Fall spielt die zwischen G und C befindliche Luftschichte
die Rolle des die Interferenz bewirkenden Mediums. Der Versuch unterscheidet sich
[Abbildung] Fig. 153.
also dadurch von den Bedingungen, die gewöhnlich den Farben dünner Plättchen zu
Grunde liegen, dass ein dünneres Medium von wechselnder Dicke überall von einem
dichteren Medium umgeben ist. Es tritt hierbei an der unteren Grenze von C und
von G (bei b und d″) eine Phasendifferenz von ½ Wellenlänge auf. Die Dicke δ
nimmt hier von der Mitte an, wo sie null ist, allmälig radienförmig zu. Wählt
man ein farbiges Licht, so beobachtet man daher im reflectirten Lichte in der Mitte einen
dunkeln Punkt, denn hier, wo δ = o ist, differiren die zwei den Strahl zusammen-
setzenden Theile um ½ Wellenlänge; darauf folgt ein farbiger Kreis, der bei dem
Werth δ = ¼ sein Maximum erreicht; auf diesen kommt bei δ = ½ ein dunkler
Kreis, dann bei δ = ¾ wieder ein heller Kreis u. s. f. Im durchfallenden Lichte
verhält sich die Erscheinung umgekehrt: hier ist die Mitte hell, der erste Ring dun-
kel, u. s. f. Wählt man weisses Licht, so treten statt der abwechselnden hellen und
dunkeln Ringe abwechselnde farbige Ringe, nach dem Erfinder dieses Versuchs die
Newton’schen Farbenringe genannt, auf: die Mitte ist dunkel, dann folgt als
erstes Ringsystem Blau, Weiss, Gelb, Orange, Roth, hierauf als zweites Ring-
system Grün, Gelb, Roth, als drittes Dunkelblau, Blau, Grün, Gelb, Roth, u. s. w.
Jedes dieser Ringsysteme ist ein Interferenzspektrum. Bei durchfallendem Lichte
folgen die Farben eines jeden annähernd in umgekehrter Folge auf einander, so dass
sie die Complementärfarben zu den reflectirten Strahlen liefern. Uebrigens ist die
Farbenerscheinung im durchfallenden Lichte schwächer, weil hier die Intensität des
Strahls a b d e, der bloss eine zweimalige Brechung erfahren hat, vor der Intensität
des zweimal reflectirten Strahls a″ d″ d e bei weitem überwiegt; die Farben er-
seheinen daher in diesem Fall weisslicher. Die ausführlichere Beschreibung der New-
ton
’schen Farbenringe siehe bei den Interferenzerscheinungen des polarisirten Lichtes,
in §. 231.

Neunzehntes Capitel.
Beugung der Lichtwellen
.

208
Wesen und Ur-
sache der Beu-
gung.

Eine wichtige Rolle spielt die Interferenz der Wellen bei der
sogenannten Beugung des Lichtes. Unter der letzteren versteht
man die Eigenschaft der Lichtwellen von ihrer geraden Fortpflanzungs-
richtung abzuweichen, sobald sie an dem Rande eines undurchsichtigen
Körpers vorbeigehen. Ist z. B. a (Fig. 154 auf §. 316) eine Lichtquelle,
von der aus nach allen möglichen Richtungen a b, a c, a e, a f .....

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[314/0336] Von dem Lichte. ebene Glasplatte G (Fig. 153) eine Convexlinse C von sehr schwacher Krümmung dicht aufsetzt. In diesem Fall spielt die zwischen G und C befindliche Luftschichte die Rolle des die Interferenz bewirkenden Mediums. Der Versuch unterscheidet sich [Abbildung Fig. 153.] also dadurch von den Bedingungen, die gewöhnlich den Farben dünner Plättchen zu Grunde liegen, dass ein dünneres Medium von wechselnder Dicke überall von einem dichteren Medium umgeben ist. Es tritt hierbei an der unteren Grenze von C und von G (bei b und d″) eine Phasendifferenz von ½ Wellenlänge auf. Die Dicke δ nimmt hier von der Mitte an, wo sie null ist, allmälig radienförmig zu. Wählt man ein farbiges Licht, so beobachtet man daher im reflectirten Lichte in der Mitte einen dunkeln Punkt, denn hier, wo δ = o ist, differiren die zwei den Strahl zusammen- setzenden Theile um ½ Wellenlänge; darauf folgt ein farbiger Kreis, der bei dem Werth δ = ¼ sein Maximum erreicht; auf diesen kommt bei δ = ½ ein dunkler Kreis, dann bei δ = ¾ wieder ein heller Kreis u. s. f. Im durchfallenden Lichte verhält sich die Erscheinung umgekehrt: hier ist die Mitte hell, der erste Ring dun- kel, u. s. f. Wählt man weisses Licht, so treten statt der abwechselnden hellen und dunkeln Ringe abwechselnde farbige Ringe, nach dem Erfinder dieses Versuchs die Newton’schen Farbenringe genannt, auf: die Mitte ist dunkel, dann folgt als erstes Ringsystem Blau, Weiss, Gelb, Orange, Roth, hierauf als zweites Ring- system Grün, Gelb, Roth, als drittes Dunkelblau, Blau, Grün, Gelb, Roth, u. s. w. Jedes dieser Ringsysteme ist ein Interferenzspektrum. Bei durchfallendem Lichte folgen die Farben eines jeden annähernd in umgekehrter Folge auf einander, so dass sie die Complementärfarben zu den reflectirten Strahlen liefern. Uebrigens ist die Farbenerscheinung im durchfallenden Lichte schwächer, weil hier die Intensität des Strahls a b d e, der bloss eine zweimalige Brechung erfahren hat, vor der Intensität des zweimal reflectirten Strahls a″ d″ d e bei weitem überwiegt; die Farben er- seheinen daher in diesem Fall weisslicher. Die ausführlichere Beschreibung der New- ton’schen Farbenringe siehe bei den Interferenzerscheinungen des polarisirten Lichtes, in §. 231. Neunzehntes Capitel. Beugung der Lichtwellen. Eine wichtige Rolle spielt die Interferenz der Wellen bei der sogenannten Beugung des Lichtes. Unter der letzteren versteht man die Eigenschaft der Lichtwellen von ihrer geraden Fortpflanzungs- richtung abzuweichen, sobald sie an dem Rande eines undurchsichtigen Körpers vorbeigehen. Ist z. B. a (Fig. 154 auf §. 316) eine Lichtquelle, von der aus nach allen möglichen Richtungen a b, a c, a e, a f .....

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/336>, abgerufen am 29.03.2024.