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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von der Wärme.
körper im nächsten Capitel im Zusammenhang mit den sonstigen Betrachtungen über
die thierische Wärmeökonomie erörtern.

Fünftes Capitel.
Von dem Ursprung der Wärme und der Theorie der Wärme-
erscheinungen.

279
Quellen der
Wärme.

Wir haben in den vorangegangenen Capiteln bereits eine Reihe
von Erscheinungen kennen gelernt, bei denen uns ein Entstehen
von Wärme
entgegentrat. So sahen wir beim Uebergang der Kör-
per in einen dichteren Aggregatzustand Wärme auftreten, und nament-
lich die Gase zeigten bei blosser Compression auf ein kleineres Vo-
lum schon Erhöhung der Temperatur; eine wichtige Wärmequelle end-
lich lernten wir in der Schliessung chemischer Verbindungen kennen.
Um die Verdichtung eines Körpers zu bewirken, ist aber eine be-
stimmte äussere Arbeit erforderlich, und damit eine chemische Ver-
bindung zu Stande komme, muss eine chemische Spannkraft zwischen
den sich verbindenden Bestandtheilen vorhanden sein. Unsere bis-
herigen Erörterungen weisen uns also auf zwei Wärmequellen, auf
die mechanische Arbeit und auf die chemischen Verbindungsprocesse
hin; unter den letzteren ist es insbesondere der Verbrennungsprocess,
dem als allgemeine Wärmequelle die grösste Bedeutung zukommt.


280
Wärmeerzeu-
gung aus me-
chanischer
Arbeit.

Dass durch mechanische Arbeit Wärme erzeugt werden kann,
lehren uns manchfache Erfahrungen. Bei den gewöhnlichen Methoden
zur Gewinnung des Feuers, sei es mit Stahl und Stein, sei es mittelst
unserer Zündhölzchen, bedient man sich der Reibung als wärme-
erzeugender Kraft; sie ist es, welche die Axen rasch sich drehender
Räder zuweilen bis zum Glühen erhitzt. Durch den Stoss entsteht
beim Hämmern der Metalle, beim Prägen der Münzen ebenfalls oft
ein bedeutender Hitzegrad. Mittelst feinerer thermometrischer Werk-
zeuge lässt auch wo die mechanische Gewalt minder bedeutend ist
ein Freiwerden von Wärme sich nachweisen. So erwärmt sich das
Wasser, wenn man es in einem Gefässe schüttelt, oder wenn es durch
eine Röhre strömt. Alle Gase erwärmen sich, wenn sie auf ein klei-
neres Volum zusammengepresst werden, und ebenso bewirken die
Schallwellen in der Luft eine Temperaturerhöhung.

Um die Wärme zu messen, die einem bestimmten Aufwand von
mechanischer Arbeit entspricht, hat Joule die bei der Reibung der
festen Körper, Flüssigkeiten und Gase entstehende Wärme benützt.
Er brachte zwei vollkommen auf einander passende Metallscheiben in
ein mit Quecksilber gefülltes Gefäss. Mit dem letzteren war eine
Vorrichtung verbunden, durch welche die beiden Platten auf einander
gedreht wurden. Die bei dieser Drehung geleistete Arbeit wurde ge-

Von der Wärme.
körper im nächsten Capitel im Zusammenhang mit den sonstigen Betrachtungen über
die thierische Wärmeökonomie erörtern.

Fünftes Capitel.
Von dem Ursprung der Wärme und der Theorie der Wärme-
erscheinungen.

279
Quellen der
Wärme.

Wir haben in den vorangegangenen Capiteln bereits eine Reihe
von Erscheinungen kennen gelernt, bei denen uns ein Entstehen
von Wärme
entgegentrat. So sahen wir beim Uebergang der Kör-
per in einen dichteren Aggregatzustand Wärme auftreten, und nament-
lich die Gase zeigten bei blosser Compression auf ein kleineres Vo-
lum schon Erhöhung der Temperatur; eine wichtige Wärmequelle end-
lich lernten wir in der Schliessung chemischer Verbindungen kennen.
Um die Verdichtung eines Körpers zu bewirken, ist aber eine be-
stimmte äussere Arbeit erforderlich, und damit eine chemische Ver-
bindung zu Stande komme, muss eine chemische Spannkraft zwischen
den sich verbindenden Bestandtheilen vorhanden sein. Unsere bis-
herigen Erörterungen weisen uns also auf zwei Wärmequellen, auf
die mechanische Arbeit und auf die chemischen Verbindungsprocesse
hin; unter den letzteren ist es insbesondere der Verbrennungsprocess,
dem als allgemeine Wärmequelle die grösste Bedeutung zukommt.


280
Wärmeerzeu-
gung aus me-
chanischer
Arbeit.

Dass durch mechanische Arbeit Wärme erzeugt werden kann,
lehren uns manchfache Erfahrungen. Bei den gewöhnlichen Methoden
zur Gewinnung des Feuers, sei es mit Stahl und Stein, sei es mittelst
unserer Zündhölzchen, bedient man sich der Reibung als wärme-
erzeugender Kraft; sie ist es, welche die Axen rasch sich drehender
Räder zuweilen bis zum Glühen erhitzt. Durch den Stoss entsteht
beim Hämmern der Metalle, beim Prägen der Münzen ebenfalls oft
ein bedeutender Hitzegrad. Mittelst feinerer thermometrischer Werk-
zeuge lässt auch wo die mechanische Gewalt minder bedeutend ist
ein Freiwerden von Wärme sich nachweisen. So erwärmt sich das
Wasser, wenn man es in einem Gefässe schüttelt, oder wenn es durch
eine Röhre strömt. Alle Gase erwärmen sich, wenn sie auf ein klei-
neres Volum zusammengepresst werden, und ebenso bewirken die
Schallwellen in der Luft eine Temperaturerhöhung.

Um die Wärme zu messen, die einem bestimmten Aufwand von
mechanischer Arbeit entspricht, hat Joule die bei der Reibung der
festen Körper, Flüssigkeiten und Gase entstehende Wärme benützt.
Er brachte zwei vollkommen auf einander passende Metallscheiben in
ein mit Quecksilber gefülltes Gefäss. Mit dem letzteren war eine
Vorrichtung verbunden, durch welche die beiden Platten auf einander
gedreht wurden. Die bei dieser Drehung geleistete Arbeit wurde ge-

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[418/0440] Von der Wärme. körper im nächsten Capitel im Zusammenhang mit den sonstigen Betrachtungen über die thierische Wärmeökonomie erörtern. Fünftes Capitel. Von dem Ursprung der Wärme und der Theorie der Wärme- erscheinungen. Wir haben in den vorangegangenen Capiteln bereits eine Reihe von Erscheinungen kennen gelernt, bei denen uns ein Entstehen von Wärme entgegentrat. So sahen wir beim Uebergang der Kör- per in einen dichteren Aggregatzustand Wärme auftreten, und nament- lich die Gase zeigten bei blosser Compression auf ein kleineres Vo- lum schon Erhöhung der Temperatur; eine wichtige Wärmequelle end- lich lernten wir in der Schliessung chemischer Verbindungen kennen. Um die Verdichtung eines Körpers zu bewirken, ist aber eine be- stimmte äussere Arbeit erforderlich, und damit eine chemische Ver- bindung zu Stande komme, muss eine chemische Spannkraft zwischen den sich verbindenden Bestandtheilen vorhanden sein. Unsere bis- herigen Erörterungen weisen uns also auf zwei Wärmequellen, auf die mechanische Arbeit und auf die chemischen Verbindungsprocesse hin; unter den letzteren ist es insbesondere der Verbrennungsprocess, dem als allgemeine Wärmequelle die grösste Bedeutung zukommt. Dass durch mechanische Arbeit Wärme erzeugt werden kann, lehren uns manchfache Erfahrungen. Bei den gewöhnlichen Methoden zur Gewinnung des Feuers, sei es mit Stahl und Stein, sei es mittelst unserer Zündhölzchen, bedient man sich der Reibung als wärme- erzeugender Kraft; sie ist es, welche die Axen rasch sich drehender Räder zuweilen bis zum Glühen erhitzt. Durch den Stoss entsteht beim Hämmern der Metalle, beim Prägen der Münzen ebenfalls oft ein bedeutender Hitzegrad. Mittelst feinerer thermometrischer Werk- zeuge lässt auch wo die mechanische Gewalt minder bedeutend ist ein Freiwerden von Wärme sich nachweisen. So erwärmt sich das Wasser, wenn man es in einem Gefässe schüttelt, oder wenn es durch eine Röhre strömt. Alle Gase erwärmen sich, wenn sie auf ein klei- neres Volum zusammengepresst werden, und ebenso bewirken die Schallwellen in der Luft eine Temperaturerhöhung. Um die Wärme zu messen, die einem bestimmten Aufwand von mechanischer Arbeit entspricht, hat Joule die bei der Reibung der festen Körper, Flüssigkeiten und Gase entstehende Wärme benützt. Er brachte zwei vollkommen auf einander passende Metallscheiben in ein mit Quecksilber gefülltes Gefäss. Mit dem letzteren war eine Vorrichtung verbunden, durch welche die beiden Platten auf einander gedreht wurden. Die bei dieser Drehung geleistete Arbeit wurde ge-

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/440>, abgerufen am 19.04.2024.