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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Brechung und Reflexion durch Prismen.
durch die Platte C D hindurchtritt. Haben beide Platten die Stellung
A' B', so fällt a c auf beide senkrecht auf, beide Platten verhalten
sich nun wie eine einzige, und der Strahl a c geht ohne getheilt und
abgelenkt zu werden durch sie hindurch. Dreht man aber die Platten
A B und C D von der Anfangslage A' B' aus, in welcher sie mit pa-
rallelen Flächen übereinander stehen, nach entgegengesetzten Rich-
tungen um gleiche Winkel, so werden die von a kommenden Strahlen
a d und a h durch die Platte A B den Einfallslothen l, l genähert,
also nach f und g hin gebrochen, sie scheinen daher nach ihrem
Durchtritt von dem Punkte e her zu kommen, da die in f und g an-
langenden Strahlen sich rückwärts verlängert in e schneiden. Durch
die Platte C D werden dagegen die Strahlen a d und a h den Ein-
fallslothen l', l' genähert, also nach f' und g' gebrochen, so als wenn
sie von einem Punkte i herkämen. Wenn wir voraussetzen dass A B
und C D um gleiche Winkel gegen die Anfangslage A' B' gedreht
sind, so muss a e = a i sein. Der Abstand der Doppelbilder ist
demnach das Doppelte der durch jede einzelne Glasplatte in Folge
der Brechung hervorgerufenen Bildverschiebung. Aehnlich wie a d
und a h theilt sich auch der Strahl a c. Er wird durch die Platte
A B nach c m, und durch C D nach c n gebrochen. Ein bei o dem
Punkte a gerade gegenüber befindliches Auge empfängt daher statt
des Strahls c o die Strahlen m r und n s, d. h. es sieht statt des
einen Punktes a die zwei Punkte e und i.

Der Winkel a, unter welchem ein nach o gerichteter Strahl a c auf jede Platte
fällt, ist in diesem Fall offenbar gleich dem Winkel, um welchen die Platten aus
ihrer Anfangsstellung A' B' gedreht wurden. Wenn sich also das Auge dem Punkt
a gerade gegenüber befindet, so wird der Einfallswinkel unmittelbar durch den Dre-
hungswinkel gemessen. Setzt man hiernach die Entfernung e i der Doppelbilder =
E, so ist E = 2 x = 2 h. [Formel 1] , in welcher Gleichung a willkürlich durch die
Drehung der Glasplatten bestimmt wurde. Misst man die einem bestimmten Werthe
von a correspondirende Grösse E, so kann man mittelst dieser Gleichung entweder,
wenn die Dicke h bestimmt ist, das Brechungsverhältniss n oder umgekehrt h aus
n finden. Sind aber h und n beide unbekannt, so lassen sie sich durch die Messung
einer grösseren Reihe zusammengehöriger Werthe von a und E bestimmen. Es ist
nämlich leicht ersichtlich, dass, wenn man a sehr erheblich variirt, nur ein bestimm-
ter Werth sowohl für n als für h der obigen Gleichung in allen Fällen Genüge lei-
sten kann. n und h können daher beide durch eine Reihe von Messungen empirisch
ermittelt werden. Ueber die Anwendung der hier erörterten Brechung in planparalle-
len Glasplatten auf die Theorie des Ophthalmometers vergl. §. 197.

Fünftes Capitel.
Brechung und Reflexion durch Prismen.

Während durch Körper, die von parallelen Ebenen begrenzt sind,143
Brechung durch
das Prisma.

14 *

Brechung und Reflexion durch Prismen.
durch die Platte C D hindurchtritt. Haben beide Platten die Stellung
A' B', so fällt a c auf beide senkrecht auf, beide Platten verhalten
sich nun wie eine einzige, und der Strahl a c geht ohne getheilt und
abgelenkt zu werden durch sie hindurch. Dreht man aber die Platten
A B und C D von der Anfangslage A' B' aus, in welcher sie mit pa-
rallelen Flächen übereinander stehen, nach entgegengesetzten Rich-
tungen um gleiche Winkel, so werden die von a kommenden Strahlen
a d und a h durch die Platte A B den Einfallslothen l, l genähert,
also nach f und g hin gebrochen, sie scheinen daher nach ihrem
Durchtritt von dem Punkte e her zu kommen, da die in f und g an-
langenden Strahlen sich rückwärts verlängert in e schneiden. Durch
die Platte C D werden dagegen die Strahlen a d und a h den Ein-
fallslothen l', l' genähert, also nach f' und g' gebrochen, so als wenn
sie von einem Punkte i herkämen. Wenn wir voraussetzen dass A B
und C D um gleiche Winkel gegen die Anfangslage A' B' gedreht
sind, so muss a e = a i sein. Der Abstand der Doppelbilder ist
demnach das Doppelte der durch jede einzelne Glasplatte in Folge
der Brechung hervorgerufenen Bildverschiebung. Aehnlich wie a d
und a h theilt sich auch der Strahl a c. Er wird durch die Platte
A B nach c m, und durch C D nach c n gebrochen. Ein bei o dem
Punkte a gerade gegenüber befindliches Auge empfängt daher statt
des Strahls c o die Strahlen m r und n s, d. h. es sieht statt des
einen Punktes a die zwei Punkte e und i.

Der Winkel α, unter welchem ein nach o gerichteter Strahl a c auf jede Platte
fällt, ist in diesem Fall offenbar gleich dem Winkel, um welchen die Platten aus
ihrer Anfangsstellung A' B' gedreht wurden. Wenn sich also das Auge dem Punkt
a gerade gegenüber befindet, so wird der Einfallswinkel unmittelbar durch den Dre-
hungswinkel gemessen. Setzt man hiernach die Entfernung e i der Doppelbilder =
E, so ist E = 2 x = 2 h. [Formel 1] , in welcher Gleichung α willkürlich durch die
Drehung der Glasplatten bestimmt wurde. Misst man die einem bestimmten Werthe
von α correspondirende Grösse E, so kann man mittelst dieser Gleichung entweder,
wenn die Dicke h bestimmt ist, das Brechungsverhältniss n oder umgekehrt h aus
n finden. Sind aber h und n beide unbekannt, so lassen sie sich durch die Messung
einer grösseren Reihe zusammengehöriger Werthe von α und E bestimmen. Es ist
nämlich leicht ersichtlich, dass, wenn man α sehr erheblich variirt, nur ein bestimm-
ter Werth sowohl für n als für h der obigen Gleichung in allen Fällen Genüge lei-
sten kann. n und h können daher beide durch eine Reihe von Messungen empirisch
ermittelt werden. Ueber die Anwendung der hier erörterten Brechung in planparalle-
len Glasplatten auf die Theorie des Ophthalmometers vergl. §. 197.

Fünftes Capitel.
Brechung und Reflexion durch Prismen.

Während durch Körper, die von parallelen Ebenen begrenzt sind,143
Brechung durch
das Prisma.

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[211/0233] Brechung und Reflexion durch Prismen. durch die Platte C D hindurchtritt. Haben beide Platten die Stellung A' B', so fällt a c auf beide senkrecht auf, beide Platten verhalten sich nun wie eine einzige, und der Strahl a c geht ohne getheilt und abgelenkt zu werden durch sie hindurch. Dreht man aber die Platten A B und C D von der Anfangslage A' B' aus, in welcher sie mit pa- rallelen Flächen übereinander stehen, nach entgegengesetzten Rich- tungen um gleiche Winkel, so werden die von a kommenden Strahlen a d und a h durch die Platte A B den Einfallslothen l, l genähert, also nach f und g hin gebrochen, sie scheinen daher nach ihrem Durchtritt von dem Punkte e her zu kommen, da die in f und g an- langenden Strahlen sich rückwärts verlängert in e schneiden. Durch die Platte C D werden dagegen die Strahlen a d und a h den Ein- fallslothen l', l' genähert, also nach f' und g' gebrochen, so als wenn sie von einem Punkte i herkämen. Wenn wir voraussetzen dass A B und C D um gleiche Winkel gegen die Anfangslage A' B' gedreht sind, so muss a e = a i sein. Der Abstand der Doppelbilder ist demnach das Doppelte der durch jede einzelne Glasplatte in Folge der Brechung hervorgerufenen Bildverschiebung. Aehnlich wie a d und a h theilt sich auch der Strahl a c. Er wird durch die Platte A B nach c m, und durch C D nach c n gebrochen. Ein bei o dem Punkte a gerade gegenüber befindliches Auge empfängt daher statt des Strahls c o die Strahlen m r und n s, d. h. es sieht statt des einen Punktes a die zwei Punkte e und i. Der Winkel α, unter welchem ein nach o gerichteter Strahl a c auf jede Platte fällt, ist in diesem Fall offenbar gleich dem Winkel, um welchen die Platten aus ihrer Anfangsstellung A' B' gedreht wurden. Wenn sich also das Auge dem Punkt a gerade gegenüber befindet, so wird der Einfallswinkel unmittelbar durch den Dre- hungswinkel gemessen. Setzt man hiernach die Entfernung e i der Doppelbilder = E, so ist E = 2 x = 2 h. [FORMEL], in welcher Gleichung α willkürlich durch die Drehung der Glasplatten bestimmt wurde. Misst man die einem bestimmten Werthe von α correspondirende Grösse E, so kann man mittelst dieser Gleichung entweder, wenn die Dicke h bestimmt ist, das Brechungsverhältniss n oder umgekehrt h aus n finden. Sind aber h und n beide unbekannt, so lassen sie sich durch die Messung einer grösseren Reihe zusammengehöriger Werthe von α und E bestimmen. Es ist nämlich leicht ersichtlich, dass, wenn man α sehr erheblich variirt, nur ein bestimm- ter Werth sowohl für n als für h der obigen Gleichung in allen Fällen Genüge lei- sten kann. n und h können daher beide durch eine Reihe von Messungen empirisch ermittelt werden. Ueber die Anwendung der hier erörterten Brechung in planparalle- len Glasplatten auf die Theorie des Ophthalmometers vergl. §. 197. Fünftes Capitel. Brechung und Reflexion durch Prismen. Während durch Körper, die von parallelen Ebenen begrenzt sind, 143 Brechung durch das Prisma. 14 *

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/233>, abgerufen am 19.04.2024.