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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von dem Lichte.
welche durch die wiederholte Anwendung des nämlichen Princips be-
wirken, dass auch die secundären Farbensäume wenigstens theilweise
zur Deckung kommen.

Die achromatischen Linsensysteme kommen vorzugsweise bei den Mikroskopen
und Fernröhren zur Anwendung. Die Optiker pflegen für die Convexlinse Kronglas, für
die Concavlinse Flintglas zu benützen. Die zur Aufhebung der achromatischen Ab-
weichung geeignetsten Combinationen solcher Linsen werden in der Regel durch Pro-
biren gesucht, obgleich man auch auf dem Weg der Rechnung die eine möglichst
vollkommene Achromasie gebenden Krümmungsradien ermitteln kann. Die einzelnen
Linsen des Systems werden, um die Reflexion an den Oberflächen derselben zu ver-
meiden, durch Canadabalsam, dessen Brechungsvermögen dem des Kronglases ziemlich
nahe kommt, an einander gekittet. Gegen die höheren Grade der Farbenzerstreuung
hilft, ebenso wie gegen die sphärische Abweichung (§. 153), schon das Abhalten der
Randstrahlen durch eine Blendung.



IV. Absorption, Fluorescenz und chemische Wirkung
des Lichtes.
Elftes Capitel.
Absorption des Lichtes.

167
Absorption beim
Durchtritt des
Lichtes. Kör-
perfarben im
durchfallenden
Lichte.

Wir haben die Erscheinungen der Reflexion und Brechung des
Lichtes unter der Voraussetzung erörtert, dass das Licht, welches auf
die reflectirende Fläche auffällt oder das brechende Medium durch-
setzt, nach der Reflexion oder Brechung wieder unvermindert zum
Vorschein komme, wenn auch im letzteren Fall mehr oder weniger
zerlegt in seine verschiedenen Stufen der Brechbarkeit. Aber jene
Voraussetzung ist niemals im strengsten Sinne und häufig auch nicht
einmal annähernd erfüllt. Die Erscheinungen, die hierdurch bedingt
werden, und ihre Ursachen wollen wir jetzt einer gesonderten Be-
trachtung unterziehen.

Schon bei den bisher allein näher berücksichtigten regelmässigen
Reflexionen und Brechungen geht eine Quantität Licht verloren, welche
weder an der Oberfläche der Körper zurückgeworfen wird noch voll-
ständig durch sie hindurchgeht, sondern im Innern derselben ver-
schwindet. Den einzigen Fall einer vollständigen Reflexion haben wir
in §. 145 erörtert: er liegt dann vor, wenn Licht, in einem dichteren
Medium verlaufend, unter hinreichend stumpfem Winkel mit dem Ein-
fallsloth auf die Begrenzungsfläche eines dünneren Mediums auffällt.
Dieser Fall ist aber in der Natur sehr selten. Ausser der in optischen
Versuchen zur Anwendung kommenden Reflexion im Prisma gehört
theilweise hierher die unregelmässige Reflexion, welche gewisse aus

Von dem Lichte.
welche durch die wiederholte Anwendung des nämlichen Princips be-
wirken, dass auch die secundären Farbensäume wenigstens theilweise
zur Deckung kommen.

Die achromatischen Linsensysteme kommen vorzugsweise bei den Mikroskopen
und Fernröhren zur Anwendung. Die Optiker pflegen für die Convexlinse Kronglas, für
die Concavlinse Flintglas zu benützen. Die zur Aufhebung der achromatischen Ab-
weichung geeignetsten Combinationen solcher Linsen werden in der Regel durch Pro-
biren gesucht, obgleich man auch auf dem Weg der Rechnung die eine möglichst
vollkommene Achromasie gebenden Krümmungsradien ermitteln kann. Die einzelnen
Linsen des Systems werden, um die Reflexion an den Oberflächen derselben zu ver-
meiden, durch Canadabalsam, dessen Brechungsvermögen dem des Kronglases ziemlich
nahe kommt, an einander gekittet. Gegen die höheren Grade der Farbenzerstreuung
hilft, ebenso wie gegen die sphärische Abweichung (§. 153), schon das Abhalten der
Randstrahlen durch eine Blendung.



IV. Absorption, Fluorescenz und chemische Wirkung
des Lichtes.
Elftes Capitel.
Absorption des Lichtes.

167
Absorption beim
Durchtritt des
Lichtes. Kör-
perfarben im
durchfallenden
Lichte.

Wir haben die Erscheinungen der Reflexion und Brechung des
Lichtes unter der Voraussetzung erörtert, dass das Licht, welches auf
die reflectirende Fläche auffällt oder das brechende Medium durch-
setzt, nach der Reflexion oder Brechung wieder unvermindert zum
Vorschein komme, wenn auch im letzteren Fall mehr oder weniger
zerlegt in seine verschiedenen Stufen der Brechbarkeit. Aber jene
Voraussetzung ist niemals im strengsten Sinne und häufig auch nicht
einmal annähernd erfüllt. Die Erscheinungen, die hierdurch bedingt
werden, und ihre Ursachen wollen wir jetzt einer gesonderten Be-
trachtung unterziehen.

Schon bei den bisher allein näher berücksichtigten regelmässigen
Reflexionen und Brechungen geht eine Quantität Licht verloren, welche
weder an der Oberfläche der Körper zurückgeworfen wird noch voll-
ständig durch sie hindurchgeht, sondern im Innern derselben ver-
schwindet. Den einzigen Fall einer vollständigen Reflexion haben wir
in §. 145 erörtert: er liegt dann vor, wenn Licht, in einem dichteren
Medium verlaufend, unter hinreichend stumpfem Winkel mit dem Ein-
fallsloth auf die Begrenzungsfläche eines dünneren Mediums auffällt.
Dieser Fall ist aber in der Natur sehr selten. Ausser der in optischen
Versuchen zur Anwendung kommenden Reflexion im Prisma gehört
theilweise hierher die unregelmässige Reflexion, welche gewisse aus

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[250/0272] Von dem Lichte. welche durch die wiederholte Anwendung des nämlichen Princips be- wirken, dass auch die secundären Farbensäume wenigstens theilweise zur Deckung kommen. Die achromatischen Linsensysteme kommen vorzugsweise bei den Mikroskopen und Fernröhren zur Anwendung. Die Optiker pflegen für die Convexlinse Kronglas, für die Concavlinse Flintglas zu benützen. Die zur Aufhebung der achromatischen Ab- weichung geeignetsten Combinationen solcher Linsen werden in der Regel durch Pro- biren gesucht, obgleich man auch auf dem Weg der Rechnung die eine möglichst vollkommene Achromasie gebenden Krümmungsradien ermitteln kann. Die einzelnen Linsen des Systems werden, um die Reflexion an den Oberflächen derselben zu ver- meiden, durch Canadabalsam, dessen Brechungsvermögen dem des Kronglases ziemlich nahe kommt, an einander gekittet. Gegen die höheren Grade der Farbenzerstreuung hilft, ebenso wie gegen die sphärische Abweichung (§. 153), schon das Abhalten der Randstrahlen durch eine Blendung. IV. Absorption, Fluorescenz und chemische Wirkung des Lichtes. Elftes Capitel. Absorption des Lichtes. Wir haben die Erscheinungen der Reflexion und Brechung des Lichtes unter der Voraussetzung erörtert, dass das Licht, welches auf die reflectirende Fläche auffällt oder das brechende Medium durch- setzt, nach der Reflexion oder Brechung wieder unvermindert zum Vorschein komme, wenn auch im letzteren Fall mehr oder weniger zerlegt in seine verschiedenen Stufen der Brechbarkeit. Aber jene Voraussetzung ist niemals im strengsten Sinne und häufig auch nicht einmal annähernd erfüllt. Die Erscheinungen, die hierdurch bedingt werden, und ihre Ursachen wollen wir jetzt einer gesonderten Be- trachtung unterziehen. Schon bei den bisher allein näher berücksichtigten regelmässigen Reflexionen und Brechungen geht eine Quantität Licht verloren, welche weder an der Oberfläche der Körper zurückgeworfen wird noch voll- ständig durch sie hindurchgeht, sondern im Innern derselben ver- schwindet. Den einzigen Fall einer vollständigen Reflexion haben wir in §. 145 erörtert: er liegt dann vor, wenn Licht, in einem dichteren Medium verlaufend, unter hinreichend stumpfem Winkel mit dem Ein- fallsloth auf die Begrenzungsfläche eines dünneren Mediums auffällt. Dieser Fall ist aber in der Natur sehr selten. Ausser der in optischen Versuchen zur Anwendung kommenden Reflexion im Prisma gehört theilweise hierher die unregelmässige Reflexion, welche gewisse aus

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/272>, abgerufen am 24.04.2024.