Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Lichte.
Jodsilber auf der Collodiumplatte zurückbleibt. Man bringt eine solche
Platte unter Abschluss des Lichtes in einer Gamera obscura (s.
Fig. 111, §. 155) in die Brennebene einer achromatischen Sammel-
linse. Das durch diese entworfene Bild eines in einiger Entfernung
befindlichen Gegenstandes lässt man nun kurze Zeit auf die präpa-
rirte Platte einwirken, nimmt hierauf die letztere wieder unter Ab-
schluss des Lichtes heraus und übergiesst sie mit einer reducirenden
Flüssigkeit, gewöhnlich mit einer concentrirten Lösung von Gallus-
säure. Diese reducirt das Silbersalz da wo das Licht eingewirkt hat,
dabei aber je nach der Intensität der Einwirkung an verschiedenen
Stellen in verschiedenem Maasse. Die lichtstärksten Stellen des Bil-
des erscheinen also am dunkelsten, die lichtschwächsten am hellsten.
Man nennt wegen dieser umgekehrten Vertheilung von Licht und
Schatten das Bild ein negatives. Um die weitere Lichteinwirkung
auf das negative Bild unmöglich zu machen wird das zurückgeblie-
bene Silbersalz durch ein Lösungsmittel (unterschwefligsaures Natron
oder Cyankalium) hinweggenommen. Das so hergestellte negative
Bild auf der Glasplatte wird nunmehr in ein positives Bild auf Papier
verwandelt. Man durchtränkt zu diesem Zweck das Papier zuerst mit
einer Jodkaliumlösung und lässt es dann einen Augenblick auf einer
salpetersauren Silberlösung schwimmen. Dadurch wird das Papier
gerade so empfindlich für Licht wie die Collodiumschichte auf der
präparirten Glasplatte. Legt man nun ein solches Papier unter
eine Glasplatte, auf der sich ein negatives Bild befindet, und
lässt man einige Zeit Licht durch die Glasplatte hindurchscheinen, so
erhält man jetzt ein positives Bild auf dem Papier. Denn diejenigen
Stellen auf der Glasplatte, an denen das Silber reducirt ist, sind un-
durchsichtig, diese Stellen sind daher auf dem Papier der Wirkung
des Lichtes entzogen, während die andern, wo das Silber nicht oder
wenig reducirt ist, mehr oder weniger schwarz gefärbt werden. Auch
an dem Papier löst man wieder das nicht zersetzte Silbersalz auf und
hat so ein dauerndes positives Bild des Gegenstandes.

In neuerer Zeit hat man die Photographie vielfach zur Abbildung von Natur-
gegenständen für wissenschaftliche Zwecke benützt, und es verdient in dieser Bezie-
hung namentlich die Photographie mikroskopischer Bilder unsere Aufmerksamkeit.
Wir werden hierauf bei der Besprechung des Mikroskops im §. 189 zurückkommen.
Das in der beschriebenen Weise dargestellte photographische Papier hat man ferner
zuweilen auch als eine Art Reagens auf Lichtintensitäten gebraucht, so z. B. um zu
entscheiden, in welchem Maasse Licht, welches durch einen durchsichtigen Körper
oder eine Flüssigkeit getreten ist, in Folge der Absorption geschwächt wurde.


174
Chemische Wir-
kung der ver-
schiedenen
Strahlen des

Die verschiedenen Strahlen des Spektrums sind nicht gleich in
ihrer chemischen Wirkung, sondern die letztere nimmt zu mit der
Brechbarkeit der Strahlen. Das Roth übt also die geringste, das Vio-
lett die grösste chemische Wirkung. Man kann diesen Unterschied

Von dem Lichte.
Jodsilber auf der Collodiumplatte zurückbleibt. Man bringt eine solche
Platte unter Abschluss des Lichtes in einer Gamera obscura (s.
Fig. 111, §. 155) in die Brennebene einer achromatischen Sammel-
linse. Das durch diese entworfene Bild eines in einiger Entfernung
befindlichen Gegenstandes lässt man nun kurze Zeit auf die präpa-
rirte Platte einwirken, nimmt hierauf die letztere wieder unter Ab-
schluss des Lichtes heraus und übergiesst sie mit einer reducirenden
Flüssigkeit, gewöhnlich mit einer concentrirten Lösung von Gallus-
säure. Diese reducirt das Silbersalz da wo das Licht eingewirkt hat,
dabei aber je nach der Intensität der Einwirkung an verschiedenen
Stellen in verschiedenem Maasse. Die lichtstärksten Stellen des Bil-
des erscheinen also am dunkelsten, die lichtschwächsten am hellsten.
Man nennt wegen dieser umgekehrten Vertheilung von Licht und
Schatten das Bild ein negatives. Um die weitere Lichteinwirkung
auf das negative Bild unmöglich zu machen wird das zurückgeblie-
bene Silbersalz durch ein Lösungsmittel (unterschwefligsaures Natron
oder Cyankalium) hinweggenommen. Das so hergestellte negative
Bild auf der Glasplatte wird nunmehr in ein positives Bild auf Papier
verwandelt. Man durchtränkt zu diesem Zweck das Papier zuerst mit
einer Jodkaliumlösung und lässt es dann einen Augenblick auf einer
salpetersauren Silberlösung schwimmen. Dadurch wird das Papier
gerade so empfindlich für Licht wie die Collodiumschichte auf der
präparirten Glasplatte. Legt man nun ein solches Papier unter
eine Glasplatte, auf der sich ein negatives Bild befindet, und
lässt man einige Zeit Licht durch die Glasplatte hindurchscheinen, so
erhält man jetzt ein positives Bild auf dem Papier. Denn diejenigen
Stellen auf der Glasplatte, an denen das Silber reducirt ist, sind un-
durchsichtig, diese Stellen sind daher auf dem Papier der Wirkung
des Lichtes entzogen, während die andern, wo das Silber nicht oder
wenig reducirt ist, mehr oder weniger schwarz gefärbt werden. Auch
an dem Papier löst man wieder das nicht zersetzte Silbersalz auf und
hat so ein dauerndes positives Bild des Gegenstandes.

In neuerer Zeit hat man die Photographie vielfach zur Abbildung von Natur-
gegenständen für wissenschaftliche Zwecke benützt, und es verdient in dieser Bezie-
hung namentlich die Photographie mikroskopischer Bilder unsere Aufmerksamkeit.
Wir werden hierauf bei der Besprechung des Mikroskops im §. 189 zurückkommen.
Das in der beschriebenen Weise dargestellte photographische Papier hat man ferner
zuweilen auch als eine Art Reagens auf Lichtintensitäten gebraucht, so z. B. um zu
entscheiden, in welchem Maasse Licht, welches durch einen durchsichtigen Körper
oder eine Flüssigkeit getreten ist, in Folge der Absorption geschwächt wurde.


174
Chemische Wir-
kung der ver-
schiedenen
Strahlen des

Die verschiedenen Strahlen des Spektrums sind nicht gleich in
ihrer chemischen Wirkung, sondern die letztere nimmt zu mit der
Brechbarkeit der Strahlen. Das Roth übt also die geringste, das Vio-
lett die grösste chemische Wirkung. Man kann diesen Unterschied

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0282" n="260"/><fw place="top" type="header">Von dem Lichte.</fw><lb/>
Jodsilber auf der Collodiumplatte zurückbleibt. Man bringt eine solche<lb/>
Platte unter Abschluss des Lichtes in einer Gamera obscura (s.<lb/>
Fig. 111, §. 155) in die Brennebene einer achromatischen Sammel-<lb/>
linse. Das durch diese entworfene Bild eines in einiger Entfernung<lb/>
befindlichen Gegenstandes lässt man nun kurze Zeit auf die präpa-<lb/>
rirte Platte einwirken, nimmt hierauf die letztere wieder unter Ab-<lb/>
schluss des Lichtes heraus und übergiesst sie mit einer reducirenden<lb/>
Flüssigkeit, gewöhnlich mit einer concentrirten Lösung von Gallus-<lb/>
säure. Diese reducirt das Silbersalz da wo das Licht eingewirkt hat,<lb/>
dabei aber je nach der Intensität der Einwirkung an verschiedenen<lb/>
Stellen in verschiedenem Maasse. Die lichtstärksten Stellen des Bil-<lb/>
des erscheinen also am dunkelsten, die lichtschwächsten am hellsten.<lb/>
Man nennt wegen dieser umgekehrten Vertheilung von Licht und<lb/>
Schatten das Bild ein <hi rendition="#g">negatives</hi>. Um die weitere Lichteinwirkung<lb/>
auf das negative Bild unmöglich zu machen wird das zurückgeblie-<lb/>
bene Silbersalz durch ein Lösungsmittel (unterschwefligsaures Natron<lb/>
oder Cyankalium) hinweggenommen. Das so hergestellte negative<lb/>
Bild auf der Glasplatte wird nunmehr in ein positives Bild auf Papier<lb/>
verwandelt. Man durchtränkt zu diesem Zweck das Papier zuerst mit<lb/>
einer Jodkaliumlösung und lässt es dann einen Augenblick auf einer<lb/>
salpetersauren Silberlösung schwimmen. Dadurch wird das Papier<lb/>
gerade so empfindlich für Licht wie die Collodiumschichte auf der<lb/>
präparirten Glasplatte. Legt man nun ein solches Papier unter<lb/>
eine Glasplatte, auf der sich ein negatives Bild befindet, und<lb/>
lässt man einige Zeit Licht durch die Glasplatte hindurchscheinen, so<lb/>
erhält man jetzt ein positives Bild auf dem Papier. Denn diejenigen<lb/>
Stellen auf der Glasplatte, an denen das Silber reducirt ist, sind un-<lb/>
durchsichtig, diese Stellen sind daher auf dem Papier der Wirkung<lb/>
des Lichtes entzogen, während die andern, wo das Silber nicht oder<lb/>
wenig reducirt ist, mehr oder weniger schwarz gefärbt werden. Auch<lb/>
an dem Papier löst man wieder das nicht zersetzte Silbersalz auf und<lb/>
hat so ein dauerndes positives Bild des Gegenstandes.</p><lb/>
            <p>In neuerer Zeit hat man die Photographie vielfach zur Abbildung von Natur-<lb/>
gegenständen für wissenschaftliche Zwecke benützt, und es verdient in dieser Bezie-<lb/>
hung namentlich die Photographie mikroskopischer Bilder unsere Aufmerksamkeit.<lb/>
Wir werden hierauf bei der Besprechung des Mikroskops im §. 189 zurückkommen.<lb/>
Das in der beschriebenen Weise dargestellte photographische Papier hat man ferner<lb/>
zuweilen auch als eine Art Reagens auf Lichtintensitäten gebraucht, so z. B. um zu<lb/>
entscheiden, in welchem Maasse Licht, welches durch einen durchsichtigen Körper<lb/>
oder eine Flüssigkeit getreten ist, in Folge der Absorption geschwächt wurde.</p><lb/>
            <note place="left">174<lb/>
Chemische Wir-<lb/>
kung der ver-<lb/>
schiedenen<lb/>
Strahlen des</note>
            <p>Die verschiedenen Strahlen des Spektrums sind nicht gleich in<lb/>
ihrer chemischen Wirkung, sondern die letztere nimmt zu mit der<lb/>
Brechbarkeit der Strahlen. Das Roth übt also die geringste, das Vio-<lb/>
lett die grösste chemische Wirkung. Man kann diesen Unterschied<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0282] Von dem Lichte. Jodsilber auf der Collodiumplatte zurückbleibt. Man bringt eine solche Platte unter Abschluss des Lichtes in einer Gamera obscura (s. Fig. 111, §. 155) in die Brennebene einer achromatischen Sammel- linse. Das durch diese entworfene Bild eines in einiger Entfernung befindlichen Gegenstandes lässt man nun kurze Zeit auf die präpa- rirte Platte einwirken, nimmt hierauf die letztere wieder unter Ab- schluss des Lichtes heraus und übergiesst sie mit einer reducirenden Flüssigkeit, gewöhnlich mit einer concentrirten Lösung von Gallus- säure. Diese reducirt das Silbersalz da wo das Licht eingewirkt hat, dabei aber je nach der Intensität der Einwirkung an verschiedenen Stellen in verschiedenem Maasse. Die lichtstärksten Stellen des Bil- des erscheinen also am dunkelsten, die lichtschwächsten am hellsten. Man nennt wegen dieser umgekehrten Vertheilung von Licht und Schatten das Bild ein negatives. Um die weitere Lichteinwirkung auf das negative Bild unmöglich zu machen wird das zurückgeblie- bene Silbersalz durch ein Lösungsmittel (unterschwefligsaures Natron oder Cyankalium) hinweggenommen. Das so hergestellte negative Bild auf der Glasplatte wird nunmehr in ein positives Bild auf Papier verwandelt. Man durchtränkt zu diesem Zweck das Papier zuerst mit einer Jodkaliumlösung und lässt es dann einen Augenblick auf einer salpetersauren Silberlösung schwimmen. Dadurch wird das Papier gerade so empfindlich für Licht wie die Collodiumschichte auf der präparirten Glasplatte. Legt man nun ein solches Papier unter eine Glasplatte, auf der sich ein negatives Bild befindet, und lässt man einige Zeit Licht durch die Glasplatte hindurchscheinen, so erhält man jetzt ein positives Bild auf dem Papier. Denn diejenigen Stellen auf der Glasplatte, an denen das Silber reducirt ist, sind un- durchsichtig, diese Stellen sind daher auf dem Papier der Wirkung des Lichtes entzogen, während die andern, wo das Silber nicht oder wenig reducirt ist, mehr oder weniger schwarz gefärbt werden. Auch an dem Papier löst man wieder das nicht zersetzte Silbersalz auf und hat so ein dauerndes positives Bild des Gegenstandes. In neuerer Zeit hat man die Photographie vielfach zur Abbildung von Natur- gegenständen für wissenschaftliche Zwecke benützt, und es verdient in dieser Bezie- hung namentlich die Photographie mikroskopischer Bilder unsere Aufmerksamkeit. Wir werden hierauf bei der Besprechung des Mikroskops im §. 189 zurückkommen. Das in der beschriebenen Weise dargestellte photographische Papier hat man ferner zuweilen auch als eine Art Reagens auf Lichtintensitäten gebraucht, so z. B. um zu entscheiden, in welchem Maasse Licht, welches durch einen durchsichtigen Körper oder eine Flüssigkeit getreten ist, in Folge der Absorption geschwächt wurde. Die verschiedenen Strahlen des Spektrums sind nicht gleich in ihrer chemischen Wirkung, sondern die letztere nimmt zu mit der Brechbarkeit der Strahlen. Das Roth übt also die geringste, das Vio- lett die grösste chemische Wirkung. Man kann diesen Unterschied

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/282
Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/282>, abgerufen am 24.04.2024.