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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Interferenz der Lichtwellen.
demnach entgegengesetzt: zeigt der erstere vermehrte, so zeigt der
letztere verminderte Helligkeit und umgekehrt.

In der Fig. 152 ist vorausgesetzt, die Strahlen a b, a' b' u. s. w.207
Newton'sche
Farbenringe.

fielen einander parallel auf die Schichte A B C D auf, und diese
Schichte sei von parallelen Wänden A B und C D eingeschlossen: in
diesem Fall werden alle reflectirten und ebenso alle durchtretenden
Strahlen sich gleich verhalten, jene sämmtlich durch Interferenz ge-
schwächt, diese verstärkt sein, oder umgekehrt. Man wird aber eben-
desshalb von der Interferenz nichts wahrnehmen. Soll die Interferenz
zu Erscheinungen Veranlassung geben, so müssen abwechselnd die
neben einander reflectirten oder durchtretenden Strahlen eine verschie-
dene Phasendifferenz ihrer Bestandtheile besitzen: es muss also z. B.
in dem Strahl b c zwischen dem von a und a" kommenden Licht eine
Phasendifferenz von 1 Wellenlänge, in dem Strahl b' c' zwischen dem
von a' und a kommenden Licht eine Phasendifferenz von 11/2 Wellen-
längen sein u. s. w., diese Forderung wird nun offenbar erfüllt wer-
den, wenn die Schichte A B C D an den verschiedenen Stellen b, b' ...
von verschiedener Dicke ist. Dünne Schichten von durchsichtiger
Substanz, z. B. von Glas oder Glimmer, zeigen daher Interferenzer-
scheinungen, wenn sie nicht überall von gleicher Dicke sind. Meistens
verdünnen sich solche Plättchen, ebenso wie auch die durchsichtigen
Insectenflügel, die Fischschuppen, gegen den Rand hin. Beleuchtet
man nun z. B. eine durchsichtige Fischschuppe mit homogenem, etwa
rothem Licht, so beobachtet man concentrische Streifen rothen Lichtes,
die von dunkeln Streifen unterbrochen sind. Man sieht diese Erschei-
nung ebensowohl wenn man die Schuppe im durchtretenden, als wenn
man sie im reflectirten Lichte betrachtet: nur sind im letzteren Fall,
in Uebereinstimmung mit der obigen Ableitung, diejenigen Streifen
hell, die im ersten dunkel sind, und umgekehrt. Wird die Schuppe
nicht von homogenem, sondern von weissem Lichte beleuchtet, so
müssen natürlich die Dicken der Schichten für die Maxima und Minima
der einzelnen Farben verschieden sein, da, wenn z. B. für das Ende
des Roth d = 1/4 l wäre, dasselbe für das Ende des Violett nahezu
= 1/2 l würde. Nehmen wir an, die Dicke der Schichte sei an ihrem
Rand = o, und nehme von da an continuirlich zu, so muss zuerst
das Maximum der Helligkeit für Violett, dann dasselbe für Blau,
Grün, Gelb und zuletzt für Roth kommen. Man erhält so wieder statt
der abwechselnden hellen und dunkeln Streifen im homogenen Lichte
einen Wechsel der Farben. Jedesmal aber ergänzen sich die einer
bestimmten Stelle entsprechenden reflectirten und durchtretenden Far-
ben zu Weiss.

Die angegebenen Erscheinungen lassen sich sehr schön bei einem zuerst von
Newton angestellten Versuch beobachten. Derselbe besteht darin, dass man auf eine

Interferenz der Lichtwellen.
demnach entgegengesetzt: zeigt der erstere vermehrte, so zeigt der
letztere verminderte Helligkeit und umgekehrt.

In der Fig. 152 ist vorausgesetzt, die Strahlen a b, a' b' u. s. w.207
Newton’sche
Farbenringe.

fielen einander parallel auf die Schichte A B C D auf, und diese
Schichte sei von parallelen Wänden A B und C D eingeschlossen: in
diesem Fall werden alle reflectirten und ebenso alle durchtretenden
Strahlen sich gleich verhalten, jene sämmtlich durch Interferenz ge-
schwächt, diese verstärkt sein, oder umgekehrt. Man wird aber eben-
desshalb von der Interferenz nichts wahrnehmen. Soll die Interferenz
zu Erscheinungen Veranlassung geben, so müssen abwechselnd die
neben einander reflectirten oder durchtretenden Strahlen eine verschie-
dene Phasendifferenz ihrer Bestandtheile besitzen: es muss also z. B.
in dem Strahl b c zwischen dem von a und a″ kommenden Licht eine
Phasendifferenz von 1 Wellenlänge, in dem Strahl b' c' zwischen dem
von a' und a kommenden Licht eine Phasendifferenz von 1½ Wellen-
längen sein u. s. w., diese Forderung wird nun offenbar erfüllt wer-
den, wenn die Schichte A B C D an den verschiedenen Stellen b, b' …
von verschiedener Dicke ist. Dünne Schichten von durchsichtiger
Substanz, z. B. von Glas oder Glimmer, zeigen daher Interferenzer-
scheinungen, wenn sie nicht überall von gleicher Dicke sind. Meistens
verdünnen sich solche Plättchen, ebenso wie auch die durchsichtigen
Insectenflügel, die Fischschuppen, gegen den Rand hin. Beleuchtet
man nun z. B. eine durchsichtige Fischschuppe mit homogenem, etwa
rothem Licht, so beobachtet man concentrische Streifen rothen Lichtes,
die von dunkeln Streifen unterbrochen sind. Man sieht diese Erschei-
nung ebensowohl wenn man die Schuppe im durchtretenden, als wenn
man sie im reflectirten Lichte betrachtet: nur sind im letzteren Fall,
in Uebereinstimmung mit der obigen Ableitung, diejenigen Streifen
hell, die im ersten dunkel sind, und umgekehrt. Wird die Schuppe
nicht von homogenem, sondern von weissem Lichte beleuchtet, so
müssen natürlich die Dicken der Schichten für die Maxima und Minima
der einzelnen Farben verschieden sein, da, wenn z. B. für das Ende
des Roth δ = ¼ l wäre, dasselbe für das Ende des Violett nahezu
= ½ l würde. Nehmen wir an, die Dicke der Schichte sei an ihrem
Rand = o, und nehme von da an continuirlich zu, so muss zuerst
das Maximum der Helligkeit für Violett, dann dasselbe für Blau,
Grün, Gelb und zuletzt für Roth kommen. Man erhält so wieder statt
der abwechselnden hellen und dunkeln Streifen im homogenen Lichte
einen Wechsel der Farben. Jedesmal aber ergänzen sich die einer
bestimmten Stelle entsprechenden reflectirten und durchtretenden Far-
ben zu Weiss.

Die angegebenen Erscheinungen lassen sich sehr schön bei einem zuerst von
Newton angestellten Versuch beobachten. Derselbe besteht darin, dass man auf eine

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[313/0335] Interferenz der Lichtwellen. demnach entgegengesetzt: zeigt der erstere vermehrte, so zeigt der letztere verminderte Helligkeit und umgekehrt. In der Fig. 152 ist vorausgesetzt, die Strahlen a b, a' b' u. s. w. fielen einander parallel auf die Schichte A B C D auf, und diese Schichte sei von parallelen Wänden A B und C D eingeschlossen: in diesem Fall werden alle reflectirten und ebenso alle durchtretenden Strahlen sich gleich verhalten, jene sämmtlich durch Interferenz ge- schwächt, diese verstärkt sein, oder umgekehrt. Man wird aber eben- desshalb von der Interferenz nichts wahrnehmen. Soll die Interferenz zu Erscheinungen Veranlassung geben, so müssen abwechselnd die neben einander reflectirten oder durchtretenden Strahlen eine verschie- dene Phasendifferenz ihrer Bestandtheile besitzen: es muss also z. B. in dem Strahl b c zwischen dem von a und a″ kommenden Licht eine Phasendifferenz von 1 Wellenlänge, in dem Strahl b' c' zwischen dem von a' und a kommenden Licht eine Phasendifferenz von 1½ Wellen- längen sein u. s. w., diese Forderung wird nun offenbar erfüllt wer- den, wenn die Schichte A B C D an den verschiedenen Stellen b, b' … von verschiedener Dicke ist. Dünne Schichten von durchsichtiger Substanz, z. B. von Glas oder Glimmer, zeigen daher Interferenzer- scheinungen, wenn sie nicht überall von gleicher Dicke sind. Meistens verdünnen sich solche Plättchen, ebenso wie auch die durchsichtigen Insectenflügel, die Fischschuppen, gegen den Rand hin. Beleuchtet man nun z. B. eine durchsichtige Fischschuppe mit homogenem, etwa rothem Licht, so beobachtet man concentrische Streifen rothen Lichtes, die von dunkeln Streifen unterbrochen sind. Man sieht diese Erschei- nung ebensowohl wenn man die Schuppe im durchtretenden, als wenn man sie im reflectirten Lichte betrachtet: nur sind im letzteren Fall, in Uebereinstimmung mit der obigen Ableitung, diejenigen Streifen hell, die im ersten dunkel sind, und umgekehrt. Wird die Schuppe nicht von homogenem, sondern von weissem Lichte beleuchtet, so müssen natürlich die Dicken der Schichten für die Maxima und Minima der einzelnen Farben verschieden sein, da, wenn z. B. für das Ende des Roth δ = ¼ l wäre, dasselbe für das Ende des Violett nahezu = ½ l würde. Nehmen wir an, die Dicke der Schichte sei an ihrem Rand = o, und nehme von da an continuirlich zu, so muss zuerst das Maximum der Helligkeit für Violett, dann dasselbe für Blau, Grün, Gelb und zuletzt für Roth kommen. Man erhält so wieder statt der abwechselnden hellen und dunkeln Streifen im homogenen Lichte einen Wechsel der Farben. Jedesmal aber ergänzen sich die einer bestimmten Stelle entsprechenden reflectirten und durchtretenden Far- ben zu Weiss. 207 Newton’sche Farbenringe. Die angegebenen Erscheinungen lassen sich sehr schön bei einem zuerst von Newton angestellten Versuch beobachten. Derselbe besteht darin, dass man auf eine

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/335>, abgerufen am 23.04.2024.