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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von dem Lichte.
ander zeichnet. Man nennt diese schwächeren Helligkeiten die Ma-
xima dritter Classe
.

In ähnlicher Weise compliciren sich die Erscheinungen weiter, wenn man drei,
vier und noch mehr Oeffnungen verwendet. Es wachsen hier durch die vielfachen In-
terferenzen die Maxima der Helligkeit sehr bedeutend, und man erhält desshalb na-
mentlich bei der Anwendung weissen Lichtes äusserst brillante Spektra, von denen
insbesondere das mittlere Spektrum sich durch grosse Reinheit vor dem prismatischen
Spektrum auszeichnet. Man wendet zur Hervorrufung dieser Beugungsspektra häufig,
um zahlreiche nahe bei einander gelegene Oeffnungen zu erhalten, ein auf Glas ge-
ritztes Gitter an. Für eine sorgfältigere Untersuchung der Beugungserscheinungen,
namentlich wenn es sich darum handelt, das Lageverhältniss der einzelnen Farben
oder der einzelnen Maxima der Helligkeit zu bestimmen, ist es angemessen nach
Frauenhofers Vorgang die Oeffnungen, durch welche das Licht geleitet wird,
als enge Spalten unmittelbar vor einem Fernrohr anzubringen. Es lassen sich hierbei
auf das Deutlichste die Frauenhofer'schen Linien wahrnehmen; dieses Verfahren ist
daher sehr geeignet zur Messung der Wellenlängen der einzelnen Farben des
Spektrums.



VII. Polarisation und Doppelbrechung des Lichtes.
Zwanzigstes Capitel.
Polarisation des Lichtes
.

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Veränderung
des Lichtes
durch Turma-
linplatten. Po-
larisationsebene
und Schwin-
gungsebene.

Die Erscheinungen der Interferenz beweisen unumstösslich, dass
das Licht eine Wellenbewegung ist; aber sie lassen unentschieden, in
welcher Richtung die in einem Lichtstrahl enthaltenen Aethertheilchen
schwingen. Wir haben zwei Hauptformen der Schwingungen kennen
gelernt: die longitudinalen und die transversalen; für beide haben
sich uns in der Lehre vom Schall Beispiele dargeboten. Sind die
Lichtwellen longitudinal wie die Tonwellen in der Luft? Oder sind
sie transversal wie die Schwingungen einer Saite? In den Erschei-
nungen der Polarisation und Doppelbrechung ist hierauf die unzwei-
deutige Antwort gefunden. Wir wollen zunächst den Sinn der Frage
an einem analogen Beispiel verdeutlichen. Wenn man Nadeln in
ein Sieb wirft, dessen Boden einander parallele schlitzförmige Oeff-
nungen enthält, so werden die Nadeln, falls ihre Längsrichtung ver-
tical, also senkrecht auf dem Boden des Siebs steht, durch das letz-
tere hindurchfallen, wie man auch das Sieb um seine verticale Axe
drehen möge. Wenn dagegen die Nadeln eine horizontale Richtung
haben, so werden nur diejenigen durch das Sieb fallen, die den Oeff-
nungen des letzteren parallel sind. Haben also die Nadeln eine
solche Richtung, dass sie bei einer bestimmten Stellung des Siebes
sämmtlich hindurchfallen, so wird, wenn man das Sieb um 90°

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ander zeichnet. Man nennt diese schwächeren Helligkeiten die Ma-
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.

In ähnlicher Weise compliciren sich die Erscheinungen weiter, wenn man drei,
vier und noch mehr Oeffnungen verwendet. Es wachsen hier durch die vielfachen In-
terferenzen die Maxima der Helligkeit sehr bedeutend, und man erhält desshalb na-
mentlich bei der Anwendung weissen Lichtes äusserst brillante Spektra, von denen
insbesondere das mittlere Spektrum sich durch grosse Reinheit vor dem prismatischen
Spektrum auszeichnet. Man wendet zur Hervorrufung dieser Beugungsspektra häufig,
um zahlreiche nahe bei einander gelegene Oeffnungen zu erhalten, ein auf Glas ge-
ritztes Gitter an. Für eine sorgfältigere Untersuchung der Beugungserscheinungen,
namentlich wenn es sich darum handelt, das Lageverhältniss der einzelnen Farben
oder der einzelnen Maxima der Helligkeit zu bestimmen, ist es angemessen nach
Frauenhofers Vorgang die Oeffnungen, durch welche das Licht geleitet wird,
als enge Spalten unmittelbar vor einem Fernrohr anzubringen. Es lassen sich hierbei
auf das Deutlichste die Frauenhofer’schen Linien wahrnehmen; dieses Verfahren ist
daher sehr geeignet zur Messung der Wellenlängen der einzelnen Farben des
Spektrums.



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Zwanzigstes Capitel.
Polarisation des Lichtes
.

211
Veränderung
des Lichtes
durch Turma-
linplatten. Po-
larisationsebene
und Schwin-
gungsebene.

Die Erscheinungen der Interferenz beweisen unumstösslich, dass
das Licht eine Wellenbewegung ist; aber sie lassen unentschieden, in
welcher Richtung die in einem Lichtstrahl enthaltenen Aethertheilchen
schwingen. Wir haben zwei Hauptformen der Schwingungen kennen
gelernt: die longitudinalen und die transversalen; für beide haben
sich uns in der Lehre vom Schall Beispiele dargeboten. Sind die
Lichtwellen longitudinal wie die Tonwellen in der Luft? Oder sind
sie transversal wie die Schwingungen einer Saite? In den Erschei-
nungen der Polarisation und Doppelbrechung ist hierauf die unzwei-
deutige Antwort gefunden. Wir wollen zunächst den Sinn der Frage
an einem analogen Beispiel verdeutlichen. Wenn man Nadeln in
ein Sieb wirft, dessen Boden einander parallele schlitzförmige Oeff-
nungen enthält, so werden die Nadeln, falls ihre Längsrichtung ver-
tical, also senkrecht auf dem Boden des Siebs steht, durch das letz-
tere hindurchfallen, wie man auch das Sieb um seine verticale Axe
drehen möge. Wenn dagegen die Nadeln eine horizontale Richtung
haben, so werden nur diejenigen durch das Sieb fallen, die den Oeff-
nungen des letzteren parallel sind. Haben also die Nadeln eine
solche Richtung, dass sie bei einer bestimmten Stellung des Siebes
sämmtlich hindurchfallen, so wird, wenn man das Sieb um 90°

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[318/0340] Von dem Lichte. ander zeichnet. Man nennt diese schwächeren Helligkeiten die Ma- xima dritter Classe. In ähnlicher Weise compliciren sich die Erscheinungen weiter, wenn man drei, vier und noch mehr Oeffnungen verwendet. Es wachsen hier durch die vielfachen In- terferenzen die Maxima der Helligkeit sehr bedeutend, und man erhält desshalb na- mentlich bei der Anwendung weissen Lichtes äusserst brillante Spektra, von denen insbesondere das mittlere Spektrum sich durch grosse Reinheit vor dem prismatischen Spektrum auszeichnet. Man wendet zur Hervorrufung dieser Beugungsspektra häufig, um zahlreiche nahe bei einander gelegene Oeffnungen zu erhalten, ein auf Glas ge- ritztes Gitter an. Für eine sorgfältigere Untersuchung der Beugungserscheinungen, namentlich wenn es sich darum handelt, das Lageverhältniss der einzelnen Farben oder der einzelnen Maxima der Helligkeit zu bestimmen, ist es angemessen nach Frauenhofers Vorgang die Oeffnungen, durch welche das Licht geleitet wird, als enge Spalten unmittelbar vor einem Fernrohr anzubringen. Es lassen sich hierbei auf das Deutlichste die Frauenhofer’schen Linien wahrnehmen; dieses Verfahren ist daher sehr geeignet zur Messung der Wellenlängen der einzelnen Farben des Spektrums. VII. Polarisation und Doppelbrechung des Lichtes. Zwanzigstes Capitel. Polarisation des Lichtes. Die Erscheinungen der Interferenz beweisen unumstösslich, dass das Licht eine Wellenbewegung ist; aber sie lassen unentschieden, in welcher Richtung die in einem Lichtstrahl enthaltenen Aethertheilchen schwingen. Wir haben zwei Hauptformen der Schwingungen kennen gelernt: die longitudinalen und die transversalen; für beide haben sich uns in der Lehre vom Schall Beispiele dargeboten. Sind die Lichtwellen longitudinal wie die Tonwellen in der Luft? Oder sind sie transversal wie die Schwingungen einer Saite? In den Erschei- nungen der Polarisation und Doppelbrechung ist hierauf die unzwei- deutige Antwort gefunden. Wir wollen zunächst den Sinn der Frage an einem analogen Beispiel verdeutlichen. Wenn man Nadeln in ein Sieb wirft, dessen Boden einander parallele schlitzförmige Oeff- nungen enthält, so werden die Nadeln, falls ihre Längsrichtung ver- tical, also senkrecht auf dem Boden des Siebs steht, durch das letz- tere hindurchfallen, wie man auch das Sieb um seine verticale Axe drehen möge. Wenn dagegen die Nadeln eine horizontale Richtung haben, so werden nur diejenigen durch das Sieb fallen, die den Oeff- nungen des letzteren parallel sind. Haben also die Nadeln eine solche Richtung, dass sie bei einer bestimmten Stellung des Siebes sämmtlich hindurchfallen, so wird, wenn man das Sieb um 90°

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/340>, abgerufen am 16.04.2024.