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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von dem Ursprung der Wärme und der Theorie der Wärmeerscheinungen.
messen, und die entstehende Wärmemenge konnte aus der Tempe-
raturerhöhung des Quecksilbers, unter Zugrundelegung der bekannten
Wärmecapacität desselben (s. §. 262), berechnet werden. Es ergab
sich so diejenige Zahl von Wärmeeinheiten, welche der bei der Rei-
bung der Metalle auf einander verbrauchten Arbeit entsprach. In einer
andern Versuchsreihe bestimmte Joule die Wärmemenge, welche bei
der Bewegung einer Flüssigkeit, z. B. des Wassers oder Quecksilbers,
entstand. Ein Schaufelrad wurde in der Flüssigkeit bewegt, und aus
der Erwärmung der letzteren wie oben die der aufgewandten Arbeit
entsprechende Wärmemenge berechnet. Aus diesen Versuchen ergab
sich übereinstimmend als Aequivalent einer Wärmeeinheit (der Er-
wärmung von 1 Kilogr. Wasser um 1°C.) eine Arbeit von 423,5 Ki-
logrammmeter. Ein diesem sich hinreichend näherndes Resultat er-
hielt Joule, als er die bei der Compression von Luft in einer Com-
pressionspumpe erzeugte Wärme mittelst eines Calorimeters bestimmte.
Der Schluss ist daher erlaubt, dass, welcher Art auch die Arbeit sei,
durch die Wärme erzeugt wird, ob sie in der Bewegung fester, flüs-
siger oder gasförmiger Körper bestehe, jeder Arbeitseinheit immer die
gleiche Wärmemenge entspricht.

Die Erzeugung mechanischer Arbeit aus Wärme bildet gegen-281
Erzeugung me-
chanischer Ar-
beit aus Wärme.

wärtig, in den calorischen Maschinen und Dampfmaschinen, eine un-
serer wichtigsten Arbeitsquellen. Man hat sich die Frage vorgelegt,
ob bei der Verwandlung von Wärme in mechanische Arbeit eine der
entstehenden Arbeit äquivalente Wärmemenge verschwindet. Diese
Frage ist bejahend entschieden worden. Wenn man Arbeit durch
Wärme erzeugt, so verschwindet auf je 423,5 Kilogr. M. Arbeit eine
Wärmeeinheit. Bei der Dampfmaschine hat dies Hirn nachgewiesen,
indem er, unter Berücksichtigung der Wärme, welche durch Strahlung
und Leitung an die Umgebung verloren gieng, die Wärme, welche
der Dampf nach geleisteter Arbeit besass, mit jener vor geleisteter
Arbeit verglich. Er fand hierbei einen der obigen Aequivalentzahl
hinreichend nahe entsprechenden Verlust. Derselbe Beweis lässt sich
auf noch exactere Weise liefern, indem man die Temperaturernie-
drigung bestimmt, welche ein Gas bei seiner Ausdehnung erfährt.
Vermöge seiner Expansivkraft dehnt jedes Gas so lange sich aus, als
der umschliessende Raum es gestattet. Zu dieser Ausdehnung ist nun
aber offenbar eine gewisse Arbeit der Gastheilchen selber erforderlich:
die Quelle dieser Arbeit muss die Wärme des Gases sein, und folg-
lich verschwindet bei der Ausdehnung Wärme. Diese in Arbeit über-
gehende Wärme ist die Ursache, dass man mehr Wärme braucht, um
eine bestimmte Gasmenge zu erwärmen, wenn dieselbe ungehindert
sich ausdehnt, als wenn ihr Volum constant erhalten wird (§. 264);
aus dem Unterschied der specifischen Wärmen bei constantem Druck

27 *

Von dem Ursprung der Wärme und der Theorie der Wärmeerscheinungen.
messen, und die entstehende Wärmemenge konnte aus der Tempe-
raturerhöhung des Quecksilbers, unter Zugrundelegung der bekannten
Wärmecapacität desselben (s. §. 262), berechnet werden. Es ergab
sich so diejenige Zahl von Wärmeeinheiten, welche der bei der Rei-
bung der Metalle auf einander verbrauchten Arbeit entsprach. In einer
andern Versuchsreihe bestimmte Joule die Wärmemenge, welche bei
der Bewegung einer Flüssigkeit, z. B. des Wassers oder Quecksilbers,
entstand. Ein Schaufelrad wurde in der Flüssigkeit bewegt, und aus
der Erwärmung der letzteren wie oben die der aufgewandten Arbeit
entsprechende Wärmemenge berechnet. Aus diesen Versuchen ergab
sich übereinstimmend als Aequivalent einer Wärmeeinheit (der Er-
wärmung von 1 Kilogr. Wasser um 1°C.) eine Arbeit von 423,5 Ki-
logrammmeter. Ein diesem sich hinreichend näherndes Resultat er-
hielt Joule, als er die bei der Compression von Luft in einer Com-
pressionspumpe erzeugte Wärme mittelst eines Calorimeters bestimmte.
Der Schluss ist daher erlaubt, dass, welcher Art auch die Arbeit sei,
durch die Wärme erzeugt wird, ob sie in der Bewegung fester, flüs-
siger oder gasförmiger Körper bestehe, jeder Arbeitseinheit immer die
gleiche Wärmemenge entspricht.

Die Erzeugung mechanischer Arbeit aus Wärme bildet gegen-281
Erzeugung me-
chanischer Ar-
beit aus Wärme.

wärtig, in den calorischen Maschinen und Dampfmaschinen, eine un-
serer wichtigsten Arbeitsquellen. Man hat sich die Frage vorgelegt,
ob bei der Verwandlung von Wärme in mechanische Arbeit eine der
entstehenden Arbeit äquivalente Wärmemenge verschwindet. Diese
Frage ist bejahend entschieden worden. Wenn man Arbeit durch
Wärme erzeugt, so verschwindet auf je 423,5 Kilogr. M. Arbeit eine
Wärmeeinheit. Bei der Dampfmaschine hat dies Hirn nachgewiesen,
indem er, unter Berücksichtigung der Wärme, welche durch Strahlung
und Leitung an die Umgebung verloren gieng, die Wärme, welche
der Dampf nach geleisteter Arbeit besass, mit jener vor geleisteter
Arbeit verglich. Er fand hierbei einen der obigen Aequivalentzahl
hinreichend nahe entsprechenden Verlust. Derselbe Beweis lässt sich
auf noch exactere Weise liefern, indem man die Temperaturernie-
drigung bestimmt, welche ein Gas bei seiner Ausdehnung erfährt.
Vermöge seiner Expansivkraft dehnt jedes Gas so lange sich aus, als
der umschliessende Raum es gestattet. Zu dieser Ausdehnung ist nun
aber offenbar eine gewisse Arbeit der Gastheilchen selber erforderlich:
die Quelle dieser Arbeit muss die Wärme des Gases sein, und folg-
lich verschwindet bei der Ausdehnung Wärme. Diese in Arbeit über-
gehende Wärme ist die Ursache, dass man mehr Wärme braucht, um
eine bestimmte Gasmenge zu erwärmen, wenn dieselbe ungehindert
sich ausdehnt, als wenn ihr Volum constant erhalten wird (§. 264);
aus dem Unterschied der specifischen Wärmen bei constantem Druck

27 *
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[419/0441] Von dem Ursprung der Wärme und der Theorie der Wärmeerscheinungen. messen, und die entstehende Wärmemenge konnte aus der Tempe- raturerhöhung des Quecksilbers, unter Zugrundelegung der bekannten Wärmecapacität desselben (s. §. 262), berechnet werden. Es ergab sich so diejenige Zahl von Wärmeeinheiten, welche der bei der Rei- bung der Metalle auf einander verbrauchten Arbeit entsprach. In einer andern Versuchsreihe bestimmte Joule die Wärmemenge, welche bei der Bewegung einer Flüssigkeit, z. B. des Wassers oder Quecksilbers, entstand. Ein Schaufelrad wurde in der Flüssigkeit bewegt, und aus der Erwärmung der letzteren wie oben die der aufgewandten Arbeit entsprechende Wärmemenge berechnet. Aus diesen Versuchen ergab sich übereinstimmend als Aequivalent einer Wärmeeinheit (der Er- wärmung von 1 Kilogr. Wasser um 1°C.) eine Arbeit von 423,5 Ki- logrammmeter. Ein diesem sich hinreichend näherndes Resultat er- hielt Joule, als er die bei der Compression von Luft in einer Com- pressionspumpe erzeugte Wärme mittelst eines Calorimeters bestimmte. Der Schluss ist daher erlaubt, dass, welcher Art auch die Arbeit sei, durch die Wärme erzeugt wird, ob sie in der Bewegung fester, flüs- siger oder gasförmiger Körper bestehe, jeder Arbeitseinheit immer die gleiche Wärmemenge entspricht. Die Erzeugung mechanischer Arbeit aus Wärme bildet gegen- wärtig, in den calorischen Maschinen und Dampfmaschinen, eine un- serer wichtigsten Arbeitsquellen. Man hat sich die Frage vorgelegt, ob bei der Verwandlung von Wärme in mechanische Arbeit eine der entstehenden Arbeit äquivalente Wärmemenge verschwindet. Diese Frage ist bejahend entschieden worden. Wenn man Arbeit durch Wärme erzeugt, so verschwindet auf je 423,5 Kilogr. M. Arbeit eine Wärmeeinheit. Bei der Dampfmaschine hat dies Hirn nachgewiesen, indem er, unter Berücksichtigung der Wärme, welche durch Strahlung und Leitung an die Umgebung verloren gieng, die Wärme, welche der Dampf nach geleisteter Arbeit besass, mit jener vor geleisteter Arbeit verglich. Er fand hierbei einen der obigen Aequivalentzahl hinreichend nahe entsprechenden Verlust. Derselbe Beweis lässt sich auf noch exactere Weise liefern, indem man die Temperaturernie- drigung bestimmt, welche ein Gas bei seiner Ausdehnung erfährt. Vermöge seiner Expansivkraft dehnt jedes Gas so lange sich aus, als der umschliessende Raum es gestattet. Zu dieser Ausdehnung ist nun aber offenbar eine gewisse Arbeit der Gastheilchen selber erforderlich: die Quelle dieser Arbeit muss die Wärme des Gases sein, und folg- lich verschwindet bei der Ausdehnung Wärme. Diese in Arbeit über- gehende Wärme ist die Ursache, dass man mehr Wärme braucht, um eine bestimmte Gasmenge zu erwärmen, wenn dieselbe ungehindert sich ausdehnt, als wenn ihr Volum constant erhalten wird (§. 264); aus dem Unterschied der specifischen Wärmen bei constantem Druck 281 Erzeugung me- chanischer Ar- beit aus Wärme. 27 *

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/441>, abgerufen am 25.04.2024.