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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Maass des elektrischen Zustandes.
die Elektricitätsmenge durch e, die Fläche, über welche dieselbe aus-
gebreitet ist, durch f, so wird die Dichte durch den Quotienten [Formel 1]
ausgedrückt. Je grösser der Werth dieses Quotienten wird, um so
mehr nimmt die abstossende Kraft der gleichartigen Elektricitätstheil-
chen gegen einander zu, um so grösser wird daher das Bestreben
derselben von der Fläche, auf welcher sie angesammelt sind, auszu-
strömen. Dieses Streben auszuströmen oder sich mit entgegengesetz-
ter Elektricität zu vereinigen, bezeichnet man als elektrische Span-
nung
; die elektrische Spannung ist somit der Dichte oder dem
Quotienten [Formel 2] proportional. Um die Dichten oder Spannungen der
Elektricitäten in verschiedenen Fällen mit einander vergleichen zu
können, ist es hiernach nur erforderlich, ein bestimmtes Maass der
Elektricitätsmenge aufzustellen. Man benützt zu diesem Zweck
die verbreitetste Wirkung der Elektricität, deren wir uns auch schon
zur Erkennung des elektrischen Zustandes bedient haben, nämlich diejenige,
dass Körper mit gleichartigen Elektricitäten sich abstossen und solche
mit ungleichartigen sich anziehen. Man ist übereingekommen, im An-
schluss an das allgemeine Kräftemaass der Mechanik (§. 25), jene
Elektricitätsmenge als Einheit anzunehmen, welche in
der Einheit der Entfernung der Einheit der Masse eine
Geschwindigkeit 1 ertheilt
. Man denke sich zwei kleine Kugeln
von je 1 Milligr. Gewicht in solche gegenseitige Entfernung gebracht, dass
ihre Mittelpunkte um 1 Millim. von einander abstehen. Der Durch-
messer der Kugeln sei im Vergleich zu dieser Entfernung so klein,
dass man die einer jeden mitgetheilte Elektricität in ihrem Mittel-
punkte vereinigt denken kann. Versieht man nun jede Kugel mit
derselben Menge gleichartiger Elektricität, so ist die einer jeden Kugel
mitgetheilte Elektricität der Einheit gleich, wenn beide mit einer sol-
chen Kraft sich abstossen, dass sie in der ersten Zeitsecunde die Ge-
schwindigkeit von 1 Millim. erlangen. Ist die einer jeden Kugel mit-
getheilte Elektricitätsmenge nicht = 1, sondern besitzt die eine Kugel
eine Menge e, die andere eine Menge e' freier Elektricität, so wird
offenbar auch die abstossende Wirkung nicht mehr = 1, sondern
gleich dem Produkte e. e' sein. Besitzt ferner die Masse, auf welche
diese Kraft wirkt, nicht ein Gewicht von 1, sondern ein Gewicht von
M Milligr., so wird die erzeugte Geschwindigkeit = [Formel 3] sein.

Um ferner die Elektricitätsmenge auch in solchen Fällen be-
stimmen zu können, in welchen sich die Körper nicht in der Einheit
der Entfernung, sondern in einer beliebigen Entfernung r befinden,
müssen wir das Gesetz aufsuchen, nach welchem mit der Verände-
rung der Entfernung sich die abstossende oder anziehende Wirkung

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Maass des elektrischen Zustandes.
die Elektricitätsmenge durch e, die Fläche, über welche dieselbe aus-
gebreitet ist, durch f, so wird die Dichte durch den Quotienten [Formel 1]
ausgedrückt. Je grösser der Werth dieses Quotienten wird, um so
mehr nimmt die abstossende Kraft der gleichartigen Elektricitätstheil-
chen gegen einander zu, um so grösser wird daher das Bestreben
derselben von der Fläche, auf welcher sie angesammelt sind, auszu-
strömen. Dieses Streben auszuströmen oder sich mit entgegengesetz-
ter Elektricität zu vereinigen, bezeichnet man als elektrische Span-
nung
; die elektrische Spannung ist somit der Dichte oder dem
Quotienten [Formel 2] proportional. Um die Dichten oder Spannungen der
Elektricitäten in verschiedenen Fällen mit einander vergleichen zu
können, ist es hiernach nur erforderlich, ein bestimmtes Maass der
Elektricitätsmenge aufzustellen. Man benützt zu diesem Zweck
die verbreitetste Wirkung der Elektricität, deren wir uns auch schon
zur Erkennung des elektrischen Zustandes bedient haben, nämlich diejenige,
dass Körper mit gleichartigen Elektricitäten sich abstossen und solche
mit ungleichartigen sich anziehen. Man ist übereingekommen, im An-
schluss an das allgemeine Kräftemaass der Mechanik (§. 25), jene
Elektricitätsmenge als Einheit anzunehmen, welche in
der Einheit der Entfernung der Einheit der Masse eine
Geschwindigkeit 1 ertheilt
. Man denke sich zwei kleine Kugeln
von je 1 Milligr. Gewicht in solche gegenseitige Entfernung gebracht, dass
ihre Mittelpunkte um 1 Millim. von einander abstehen. Der Durch-
messer der Kugeln sei im Vergleich zu dieser Entfernung so klein,
dass man die einer jeden mitgetheilte Elektricität in ihrem Mittel-
punkte vereinigt denken kann. Versieht man nun jede Kugel mit
derselben Menge gleichartiger Elektricität, so ist die einer jeden Kugel
mitgetheilte Elektricität der Einheit gleich, wenn beide mit einer sol-
chen Kraft sich abstossen, dass sie in der ersten Zeitsecunde die Ge-
schwindigkeit von 1 Millim. erlangen. Ist die einer jeden Kugel mit-
getheilte Elektricitätsmenge nicht = 1, sondern besitzt die eine Kugel
eine Menge e, die andere eine Menge e' freier Elektricität, so wird
offenbar auch die abstossende Wirkung nicht mehr = 1, sondern
gleich dem Produkte e. e' sein. Besitzt ferner die Masse, auf welche
diese Kraft wirkt, nicht ein Gewicht von 1, sondern ein Gewicht von
M Milligr., so wird die erzeugte Geschwindigkeit = [Formel 3] sein.

Um ferner die Elektricitätsmenge auch in solchen Fällen be-
stimmen zu können, in welchen sich die Körper nicht in der Einheit
der Entfernung, sondern in einer beliebigen Entfernung r befinden,
müssen wir das Gesetz aufsuchen, nach welchem mit der Verände-
rung der Entfernung sich die abstossende oder anziehende Wirkung

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[451/0473] Maass des elektrischen Zustandes. die Elektricitätsmenge durch e, die Fläche, über welche dieselbe aus- gebreitet ist, durch f, so wird die Dichte durch den Quotienten [FORMEL] ausgedrückt. Je grösser der Werth dieses Quotienten wird, um so mehr nimmt die abstossende Kraft der gleichartigen Elektricitätstheil- chen gegen einander zu, um so grösser wird daher das Bestreben derselben von der Fläche, auf welcher sie angesammelt sind, auszu- strömen. Dieses Streben auszuströmen oder sich mit entgegengesetz- ter Elektricität zu vereinigen, bezeichnet man als elektrische Span- nung; die elektrische Spannung ist somit der Dichte oder dem Quotienten [FORMEL] proportional. Um die Dichten oder Spannungen der Elektricitäten in verschiedenen Fällen mit einander vergleichen zu können, ist es hiernach nur erforderlich, ein bestimmtes Maass der Elektricitätsmenge aufzustellen. Man benützt zu diesem Zweck die verbreitetste Wirkung der Elektricität, deren wir uns auch schon zur Erkennung des elektrischen Zustandes bedient haben, nämlich diejenige, dass Körper mit gleichartigen Elektricitäten sich abstossen und solche mit ungleichartigen sich anziehen. Man ist übereingekommen, im An- schluss an das allgemeine Kräftemaass der Mechanik (§. 25), jene Elektricitätsmenge als Einheit anzunehmen, welche in der Einheit der Entfernung der Einheit der Masse eine Geschwindigkeit 1 ertheilt. Man denke sich zwei kleine Kugeln von je 1 Milligr. Gewicht in solche gegenseitige Entfernung gebracht, dass ihre Mittelpunkte um 1 Millim. von einander abstehen. Der Durch- messer der Kugeln sei im Vergleich zu dieser Entfernung so klein, dass man die einer jeden mitgetheilte Elektricität in ihrem Mittel- punkte vereinigt denken kann. Versieht man nun jede Kugel mit derselben Menge gleichartiger Elektricität, so ist die einer jeden Kugel mitgetheilte Elektricität der Einheit gleich, wenn beide mit einer sol- chen Kraft sich abstossen, dass sie in der ersten Zeitsecunde die Ge- schwindigkeit von 1 Millim. erlangen. Ist die einer jeden Kugel mit- getheilte Elektricitätsmenge nicht = 1, sondern besitzt die eine Kugel eine Menge e, die andere eine Menge e' freier Elektricität, so wird offenbar auch die abstossende Wirkung nicht mehr = 1, sondern gleich dem Produkte e. e' sein. Besitzt ferner die Masse, auf welche diese Kraft wirkt, nicht ein Gewicht von 1, sondern ein Gewicht von M Milligr., so wird die erzeugte Geschwindigkeit = [FORMEL] sein. Um ferner die Elektricitätsmenge auch in solchen Fällen be- stimmen zu können, in welchen sich die Körper nicht in der Einheit der Entfernung, sondern in einer beliebigen Entfernung r befinden, müssen wir das Gesetz aufsuchen, nach welchem mit der Verände- rung der Entfernung sich die abstossende oder anziehende Wirkung 29 *

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/473>, abgerufen am 28.03.2024.