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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Maass des elektrischen Zustandes.
halb die elektromotorische Kraft einfach der gefundenen Dichtigkeit
freier Elektricität proportional setzen.

Die elektromotorische Kraft, und also auch die Dichte der ange-
häuften freien Elektricität, wächst mit der Entfernung der Metalle in
der Spannungsreihe. So fand Volta, indem er die elektromotorische
Kraft zwischen Kupfer und Silber (Cu | Ag) = 1 setzte, für die an-
dern Metalle folgende Werthe:


Zink | Blei5Kupfer | Silber1
Blei | Zinn1Zink | Silber12
Zinn | Eisen3Zink | Eisen9
Eisen | Kupfer2Kupfer | Zinn5

Vergleicht man diese Zahlen mit der in §. 296 angegebenen Ord-
nung derselben Metalle in der Spannungsreihe (Zink Blei Zinn Eisen
Kupfer Silber), so ergibt sich unmittelbar das Gesetz: dass die
bei der Berührung zweier Metalle erzeugte elektromoto-
rische Kraft gleich ist der Summe der elektromotorischen
Kräfte, welche durch die wechselseitige Berührung aller
zwischen beiden in der Spannungsreihe liegenden Me-
talle erregt werden
. So ist z. B., wenn wir die Metalle mit ihren
chemischen Zeichen belegen, Zn | Ag = Zn | Pb + Pb | Sn + Sn |
Fe + Fe | Cu + Cu | Ag. Man bezeichnet dieses Gesetz, nach wel-
chem die Ordnung der Metalle in der Spannungsreihe zugleich die
relative Grösse ihrer elektromotorischen Kräfte angibt, als das Span-
nungsgesetz
.

Das Spannungsgesetz ist schon von Volta am gewöhnlichen Goldblattelektros-
kop gefunden und neuerdings von Kohlrausch durch sorgfältige Versuche mittelst
der Dellmann'schen Drehwaage bestätigt worden.

Die elektromotorische Kraft, die bei der Berührung eines Metalls305
Elektromotori-
sche Kraft beim
Contact von Me-
tallen und Flüs-
sigkeiten.

mit einer Flüssigkeit wirksam wird, lässt sich in derselben Weise
bestimmen. Für diesen Contact gilt aber, da sich die Flüssigkeiten
nicht in die Spannungsreihe ordnen lassen, das Spannungsgesetz
nicht.

Taucht man zwei Metalle in eine Flüssigkeit, so muss, wie wir
schon in §. 298 nachgewiesen haben, an den Grenzflächen der Metalle
eine elektromotorische Kraft wirksam werden, welche gleich der Dif-
ferenz der elektromotorischen Kräfte ist, die jedes Metall für sich in
Berührung mit der Flüssigkeit erzeugen würde. Vergleichen wir nun
successiv die elektrischen Erregungen, welche entstehen, wenn wir die
verschiedenen Metalle in eine und dieselbe Flüssigkeit einsenken, so
bilden dieselben wieder eine Spannungsreihe, die ganz verschieden
ist von der Spannungsreihe bei directem Contact der Metalle, und
die auch mit der Natur der Flüssigkeit sich verändert, für welche

Maass des elektrischen Zustandes.
halb die elektromotorische Kraft einfach der gefundenen Dichtigkeit
freier Elektricität proportional setzen.

Die elektromotorische Kraft, und also auch die Dichte der ange-
häuften freien Elektricität, wächst mit der Entfernung der Metalle in
der Spannungsreihe. So fand Volta, indem er die elektromotorische
Kraft zwischen Kupfer und Silber (Cu | Ag) = 1 setzte, für die an-
dern Metalle folgende Werthe:


Zink | Blei5Kupfer | Silber1
Blei | Zinn1Zink | Silber12
Zinn | Eisen3Zink | Eisen9
Eisen | Kupfer2Kupfer | Zinn5

Vergleicht man diese Zahlen mit der in §. 296 angegebenen Ord-
nung derselben Metalle in der Spannungsreihe (Zink Blei Zinn Eisen
Kupfer Silber), so ergibt sich unmittelbar das Gesetz: dass die
bei der Berührung zweier Metalle erzeugte elektromoto-
rische Kraft gleich ist der Summe der elektromotorischen
Kräfte, welche durch die wechselseitige Berührung aller
zwischen beiden in der Spannungsreihe liegenden Me-
talle erregt werden
. So ist z. B., wenn wir die Metalle mit ihren
chemischen Zeichen belegen, Zn | Ag = Zn | Pb + Pb | Sn + Sn |
Fe + Fe | Cu + Cu | Ag. Man bezeichnet dieses Gesetz, nach wel-
chem die Ordnung der Metalle in der Spannungsreihe zugleich die
relative Grösse ihrer elektromotorischen Kräfte angibt, als das Span-
nungsgesetz
.

Das Spannungsgesetz ist schon von Volta am gewöhnlichen Goldblattelektros-
kop gefunden und neuerdings von Kohlrausch durch sorgfältige Versuche mittelst
der Dellmann’schen Drehwaage bestätigt worden.

Die elektromotorische Kraft, die bei der Berührung eines Metalls305
Elektromotori-
sche Kraft beim
Contact von Me-
tallen und Flüs-
sigkeiten.

mit einer Flüssigkeit wirksam wird, lässt sich in derselben Weise
bestimmen. Für diesen Contact gilt aber, da sich die Flüssigkeiten
nicht in die Spannungsreihe ordnen lassen, das Spannungsgesetz
nicht.

Taucht man zwei Metalle in eine Flüssigkeit, so muss, wie wir
schon in §. 298 nachgewiesen haben, an den Grenzflächen der Metalle
eine elektromotorische Kraft wirksam werden, welche gleich der Dif-
ferenz der elektromotorischen Kräfte ist, die jedes Metall für sich in
Berührung mit der Flüssigkeit erzeugen würde. Vergleichen wir nun
successiv die elektrischen Erregungen, welche entstehen, wenn wir die
verschiedenen Metalle in eine und dieselbe Flüssigkeit einsenken, so
bilden dieselben wieder eine Spannungsreihe, die ganz verschieden
ist von der Spannungsreihe bei directem Contact der Metalle, und
die auch mit der Natur der Flüssigkeit sich verändert, für welche

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[453/0475] Maass des elektrischen Zustandes. halb die elektromotorische Kraft einfach der gefundenen Dichtigkeit freier Elektricität proportional setzen. Die elektromotorische Kraft, und also auch die Dichte der ange- häuften freien Elektricität, wächst mit der Entfernung der Metalle in der Spannungsreihe. So fand Volta, indem er die elektromotorische Kraft zwischen Kupfer und Silber (Cu | Ag) = 1 setzte, für die an- dern Metalle folgende Werthe: Zink | Blei 5 Kupfer | Silber 1 Blei | Zinn 1 Zink | Silber 12 Zinn | Eisen 3 Zink | Eisen 9 Eisen | Kupfer 2 Kupfer | Zinn 5 Vergleicht man diese Zahlen mit der in §. 296 angegebenen Ord- nung derselben Metalle in der Spannungsreihe (Zink Blei Zinn Eisen Kupfer Silber), so ergibt sich unmittelbar das Gesetz: dass die bei der Berührung zweier Metalle erzeugte elektromoto- rische Kraft gleich ist der Summe der elektromotorischen Kräfte, welche durch die wechselseitige Berührung aller zwischen beiden in der Spannungsreihe liegenden Me- talle erregt werden. So ist z. B., wenn wir die Metalle mit ihren chemischen Zeichen belegen, Zn | Ag = Zn | Pb + Pb | Sn + Sn | Fe + Fe | Cu + Cu | Ag. Man bezeichnet dieses Gesetz, nach wel- chem die Ordnung der Metalle in der Spannungsreihe zugleich die relative Grösse ihrer elektromotorischen Kräfte angibt, als das Span- nungsgesetz. Das Spannungsgesetz ist schon von Volta am gewöhnlichen Goldblattelektros- kop gefunden und neuerdings von Kohlrausch durch sorgfältige Versuche mittelst der Dellmann’schen Drehwaage bestätigt worden. Die elektromotorische Kraft, die bei der Berührung eines Metalls mit einer Flüssigkeit wirksam wird, lässt sich in derselben Weise bestimmen. Für diesen Contact gilt aber, da sich die Flüssigkeiten nicht in die Spannungsreihe ordnen lassen, das Spannungsgesetz nicht. 305 Elektromotori- sche Kraft beim Contact von Me- tallen und Flüs- sigkeiten. Taucht man zwei Metalle in eine Flüssigkeit, so muss, wie wir schon in §. 298 nachgewiesen haben, an den Grenzflächen der Metalle eine elektromotorische Kraft wirksam werden, welche gleich der Dif- ferenz der elektromotorischen Kräfte ist, die jedes Metall für sich in Berührung mit der Flüssigkeit erzeugen würde. Vergleichen wir nun successiv die elektrischen Erregungen, welche entstehen, wenn wir die verschiedenen Metalle in eine und dieselbe Flüssigkeit einsenken, so bilden dieselben wieder eine Spannungsreihe, die ganz verschieden ist von der Spannungsreihe bei directem Contact der Metalle, und die auch mit der Natur der Flüssigkeit sich verändert, für welche

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/475>, abgerufen am 24.04.2024.