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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

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Der Morgen.
Um die gröste Forelle des Bachs dem Anwald zu su-
chen.

Traurig wartet er nun den langen Morgen im Vorhof
Des bestochnen Gerichts, das seine Pflichten verkennet.
Ach! wie wird er noch oft der Themis Tempel be-
treten,

Bis sein Hof, entvölkert vom Vieh, zur Wüste ge-
worden,

Und sein Acker allein dem Richter Sporteln getragen.

Glücklich ist der, der fern vom Altar der feilen
Chikane,

Richter und Anwald nicht kennt, und seinen ruhigen
Morgen

Unter dem niedrigen Dach, von Würden verschonet,
dahinlebt.

Rufe der Musen zaubrisches Chor zu deiner Gesell-
schaft,

Da der muntere Geist mit leichtern Gedanken empor-
steigt,

Und der Körper noch nicht mit gröberer Nahrung be-
schwert ist.

Dann verschließ, von Thoren entfernt, dich unter die
Weisen

Griechenlandes und Roms, und lerne leben von Tod-
ten.

Oder geniesse des Morgens im Schatten vertraulicher
Ulmen,

Wo

Der Morgen.
Um die groͤſte Forelle des Bachs dem Anwald zu ſu-
chen.

Traurig wartet er nun den langen Morgen im Vorhof
Des beſtochnen Gerichts, das ſeine Pflichten verkennet.
Ach! wie wird er noch oft der Themis Tempel be-
treten,

Bis ſein Hof, entvoͤlkert vom Vieh, zur Wuͤſte ge-
worden,

Und ſein Acker allein dem Richter Sporteln getragen.

Gluͤcklich iſt der, der fern vom Altar der feilen
Chikane,

Richter und Anwald nicht kennt, und ſeinen ruhigen
Morgen

Unter dem niedrigen Dach, von Wuͤrden verſchonet,
dahinlebt.

Rufe der Muſen zaubriſches Chor zu deiner Geſell-
ſchaft,

Da der muntere Geiſt mit leichtern Gedanken empor-
ſteigt,

Und der Koͤrper noch nicht mit groͤberer Nahrung be-
ſchwert iſt.

Dann verſchließ, von Thoren entfernt, dich unter die
Weiſen

Griechenlandes und Roms, und lerne leben von Tod-
ten.

Oder genieſſe des Morgens im Schatten vertraulicher
Ulmen,

Wo
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[42/0050] Der Morgen. Um die groͤſte Forelle des Bachs dem Anwald zu ſu- chen. Traurig wartet er nun den langen Morgen im Vorhof Des beſtochnen Gerichts, das ſeine Pflichten verkennet. Ach! wie wird er noch oft der Themis Tempel be- treten, Bis ſein Hof, entvoͤlkert vom Vieh, zur Wuͤſte ge- worden, Und ſein Acker allein dem Richter Sporteln getragen. Gluͤcklich iſt der, der fern vom Altar der feilen Chikane, Richter und Anwald nicht kennt, und ſeinen ruhigen Morgen Unter dem niedrigen Dach, von Wuͤrden verſchonet, dahinlebt. Rufe der Muſen zaubriſches Chor zu deiner Geſell- ſchaft, Da der muntere Geiſt mit leichtern Gedanken empor- ſteigt, Und der Koͤrper noch nicht mit groͤberer Nahrung be- ſchwert iſt. Dann verſchließ, von Thoren entfernt, dich unter die Weiſen Griechenlandes und Roms, und lerne leben von Tod- ten. Oder genieſſe des Morgens im Schatten vertraulicher Ulmen, Wo

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/50>, abgerufen am 28.03.2024.