Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zeiller, Martin: Centvria IV. Variarvm Quæstionvm. Bd. 4. Ulm, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite
Die 6. Frag.
Jst es beßer/ wann ein Fürst ein-
faltig/ oder aber listig/ und ver-
schlagen ist?

DAß ein Fürst wahrhaftig/
und nicht dem Schein nach/ fromm/ und
gottsförchtig/ seyn solle/ hat der Anti-
Machiavellus,
und andere Politici, wider den
Machiavellum, gnugsam erwisen. Es wird aber
an einem Fürsten auch die Weißheit erfordert/
so gleichsam das Mittel zwischen der Einfalt/ und
Arglistigkeit/ ist; welche beede nicht zu begehren;
gleichwol/ wann aus zweyen Bösen/ das wenigere
zu erwöhlen/ so scheinet es/ daß die Einfalt ein
größers übel/ als die Verschlagenheit/ seye.
Dann die Einfaltigkeit einen Fürsten veracht
machet; deßen Ansehen iedoch/ zu führung des
Regiments/ insonderheit erfordert wird. Es
mißbrauchen sich die Räthe solcher des Fürsten
Einfalt; wie auch die Schmeichler/ und die in
großen Schulden stecken. Hergegen die Listigkeit
näher zur Weißheit kommet/ auch eher zu dersel-
ben gebracht werden kan; wann sonderlich das
Gewißen in acht genommen/ der Gerechtigkeit/
und Billicheit/ nicht zu wider gehandelt wird.

Die Griechen haben es Jhnen belieben laßen/
wann die Fürsten etwas in der Music gekönt/

und
Die 6. Frag.
Jſt es beßer/ wann ein Fuͤrſt ein-
faltig/ oder aber liſtig/ und ver-
ſchlagen iſt?

DAß ein Fuͤrſt wahrhaftig/
und nicht dem Schein nach/ fromm/ und
gottsfoͤrchtig/ ſeyn ſolle/ hat der Anti-
Machiavellus,
und andere Politici, wider den
Machiavellum, gnugſam erwiſen. Es wird aber
an einem Fuͤrſten auch die Weißheit erfordert/
ſo gleichſam das Mittel zwiſchen der Einfalt/ und
Argliſtigkeit/ iſt; welche beede nicht zu begehren;
gleichwol/ wann aus zweyen Boͤſen/ das wenigere
zu erwoͤhlen/ ſo ſcheinet es/ daß die Einfalt ein
groͤßers übel/ als die Verſchlagenheit/ ſeye.
Dann die Einfaltigkeit einen Fuͤrſten veracht
machet; deßen Anſehen iedoch/ zu fuͤhrung des
Regiments/ inſonderheit erfordert wird. Es
mißbrauchen ſich die Raͤthe ſolcher des Fuͤrſten
Einfalt; wie auch die Schmeichler/ und die in
großen Schulden ſtecken. Hergegen die Liſtigkeit
naͤher zur Weißheit kommet/ auch eher zu derſel-
ben gebracht werden kan; wann ſonderlich das
Gewißen in acht genommen/ der Gerechtigkeit/
und Billicheit/ nicht zu wider gehandelt wird.

Die Griechen haben es Jhnen belieben laßen/
wann die Fuͤrſten etwas in der Muſic gekoͤnt/

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0054" n="30"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die 6. Frag.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">J&#x017F;t es beßer/ wann ein Fu&#x0364;r&#x017F;t ein-<lb/>
faltig/ oder aber li&#x017F;tig/ und ver-<lb/>
&#x017F;chlagen i&#x017F;t?</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi><hi rendition="#b">Aß ein Fu&#x0364;r&#x017F;t wahrhaftig/</hi><lb/>
und nicht dem Schein nach/ fromm/ und<lb/>
gottsfo&#x0364;rchtig/ &#x017F;eyn &#x017F;olle/ hat der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Anti-<lb/>
Machiavellus,</hi></hi> und andere <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Politici,</hi></hi> wider den<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Machiavellum,</hi></hi> gnug&#x017F;am erwi&#x017F;en. Es wird aber<lb/>
an einem Fu&#x0364;r&#x017F;ten auch die Weißheit erfordert/<lb/>
&#x017F;o gleich&#x017F;am das Mittel zwi&#x017F;chen der Einfalt/ und<lb/>
Argli&#x017F;tigkeit/ i&#x017F;t; welche beede nicht zu begehren;<lb/>
gleichwol/ wann aus zweyen Bo&#x0364;&#x017F;en/ das wenigere<lb/>
zu erwo&#x0364;hlen/ &#x017F;o &#x017F;cheinet es/ daß die Einfalt ein<lb/>
gro&#x0364;ßers <hi rendition="#k">ü</hi>bel/ als die Ver&#x017F;chlagenheit/ &#x017F;eye.<lb/>
Dann die Einfaltigkeit einen Fu&#x0364;r&#x017F;ten veracht<lb/>
machet; deßen An&#x017F;ehen iedoch/ zu fu&#x0364;hrung des<lb/>
Regiments/ in&#x017F;onderheit erfordert wird. Es<lb/>
mißbrauchen &#x017F;ich die Ra&#x0364;the &#x017F;olcher des Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
Einfalt; wie auch die Schmeichler/ und die in<lb/>
großen Schulden &#x017F;tecken. Hergegen die Li&#x017F;tigkeit<lb/>
na&#x0364;her zur Weißheit kommet/ auch eher zu der&#x017F;el-<lb/>
ben gebracht werden kan; wann &#x017F;onderlich das<lb/>
Gewißen in acht genommen/ der Gerechtigkeit/<lb/>
und Billicheit/ nicht zu wider gehandelt wird.</p><lb/>
          <p>Die Griechen haben es Jhnen belieben laßen/<lb/>
wann die Fu&#x0364;r&#x017F;ten etwas in der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Mu&#x017F;ic</hi></hi> geko&#x0364;nt/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0054] Die 6. Frag. Jſt es beßer/ wann ein Fuͤrſt ein- faltig/ oder aber liſtig/ und ver- ſchlagen iſt? DAß ein Fuͤrſt wahrhaftig/ und nicht dem Schein nach/ fromm/ und gottsfoͤrchtig/ ſeyn ſolle/ hat der Anti- Machiavellus, und andere Politici, wider den Machiavellum, gnugſam erwiſen. Es wird aber an einem Fuͤrſten auch die Weißheit erfordert/ ſo gleichſam das Mittel zwiſchen der Einfalt/ und Argliſtigkeit/ iſt; welche beede nicht zu begehren; gleichwol/ wann aus zweyen Boͤſen/ das wenigere zu erwoͤhlen/ ſo ſcheinet es/ daß die Einfalt ein groͤßers übel/ als die Verſchlagenheit/ ſeye. Dann die Einfaltigkeit einen Fuͤrſten veracht machet; deßen Anſehen iedoch/ zu fuͤhrung des Regiments/ inſonderheit erfordert wird. Es mißbrauchen ſich die Raͤthe ſolcher des Fuͤrſten Einfalt; wie auch die Schmeichler/ und die in großen Schulden ſtecken. Hergegen die Liſtigkeit naͤher zur Weißheit kommet/ auch eher zu derſel- ben gebracht werden kan; wann ſonderlich das Gewißen in acht genommen/ der Gerechtigkeit/ und Billicheit/ nicht zu wider gehandelt wird. Die Griechen haben es Jhnen belieben laßen/ wann die Fuͤrſten etwas in der Muſic gekoͤnt/ und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria04_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria04_1660/54
Zitationshilfe: Zeiller, Martin: Centvria IV. Variarvm Quæstionvm. Bd. 4. Ulm, 1660, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria04_1660/54>, abgerufen am 19.04.2024.