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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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siebendes Buch.
schiessen/ daß sie des Techos hertz recht in die mitte ge-
troffen. Eh ich ankahm/ war schon alles geschehen.
Techos war gantz verwundet; und die Jägerin sahe/
mit müßigen händen/ zu/ wie sein hertz zappelte/ seine
augen dreheten/ seine hände böbeten. Manasse frag-
te weiter: wie ist es endlich abgelauffen? Seine Liebste
gab zur antwort: sehr wohl. Dan da wir noch ein vier-
teilstündlein miteinander sprache gehalten/ brachte
Techos dieselbe/ die ihn verwundet/ auf seiner kutsche
nach hause. Ob sie nun alda seine wunde wird verbun-
den haben/ weis ich nicht.

Eben als sie von dieser jagt redeten/ kahm die Jäge-
rin selbst an. Eben traht die schöne Ebreerin in das
zimmer. An ihrem goldfinger erblikte Asanel zur stun-
de den Demantring/ den Techos gestern an seinem ohr-
finger getragen. Darüber war sie zum höchsten verwun-
dert. Und darüm fragte sie straks: ob man ihr glük
wündschen solte? Der schönen Ebreerin stieg/ unter
einem lieblichen lächlen/ eine gelinde/ doch anmuhtige
röhte ins angesicht. Eben so anmuhtig war auch ihre
antwort. Wan Sie mich urteilet in dem stande zu
sein/ sagte sie/ daß man mir glük wündschen sol; so habe
ich solches glük Ihr allein zu danken. Und eben darüm
bin ich auch früher/ als Sie begehret/ anher kommen.
Aber woher urteilet Sie solches? fing sie zu fragen an.
Aus dem zeichen an ihrem goldfinger/ gab Asanel zur
antwort. So sol dieser Ring das zeichen sein? fragte
die schöne Ebreerin ferner. Den habe ich schon lange
gehabt. Er ist freilich ein unfehlbahres zeichen/ antwor-
tete Asanel; ja ein rechtes wahrzeichen. Und eben so
lange ist es nicht/ als ich ihn den Techos tragen sahe.
Aber wie ist er so bald an ihren finger gerahten? Weil
nun die schöne Ebreerin sahe/ daß Asanel den ring
alzu wohl kennete; so wolte sie ihr zugestoßenes glük
nicht länger verbergen. Sie beichtete frei heraus/ und

sag-
P v

ſiebendes Buch.
ſchieſſen/ daß ſie des Techos hertz recht in die mitte ge-
troffen. Eh ich ankahm/ war ſchon alles geſchehen.
Techos war gantz verwundet; und die Jaͤgerin ſahe/
mit muͤßigen haͤnden/ zu/ wie ſein hertz zappelte/ ſeine
augen dreheten/ ſeine haͤnde boͤbeten. Manaſſe frag-
te weiter: wie iſt es endlich abgelauffen? Seine Liebſte
gab zur antwort: ſehr wohl. Dan da wir noch ein vier-
teilſtuͤndlein miteinander ſprache gehalten/ brachte
Techos dieſelbe/ die ihn verwundet/ auf ſeiner kutſche
nach hauſe. Ob ſie nun alda ſeine wunde wird verbun-
den haben/ weis ich nicht.

Eben als ſie von dieſer jagt redeten/ kahm die Jaͤge-
rin ſelbſt an. Eben traht die ſchoͤne Ebreerin in das
zimmer. An ihrem goldfinger erblikte Aſanel zur ſtun-
de den Demantring/ den Techos geſtern an ſeinem ohr-
finger getragen. Daruͤber war ſie zum hoͤchſten verwun-
dert. Und daruͤm fragte ſie ſtraks: ob man ihr gluͤk
wuͤndſchen ſolte? Der ſchoͤnen Ebreerin ſtieg/ unter
einem lieblichen laͤchlen/ eine gelinde/ doch anmuhtige
roͤhte ins angeſicht. Eben ſo anmuhtig war auch ihre
antwort. Wan Sie mich urteilet in dem ſtande zu
ſein/ ſagte ſie/ daß man mir gluͤk wuͤndſchen ſol; ſo habe
ich ſolches gluͤk Ihr allein zu danken. Und eben daruͤm
bin ich auch fruͤher/ als Sie begehret/ anher kommen.
Aber woher urteilet Sie ſolches? fing ſie zu fragen an.
Aus dem zeichen an ihrem goldfinger/ gab Aſanel zur
antwort. So ſol dieſer Ring das zeichen ſein? fragte
die ſchoͤne Ebreerin ferner. Den habe ich ſchon lange
gehabt. Er iſt freilich ein unfehlbahres zeichen/ antwor-
tete Aſanel; ja ein rechtes wahrzeichen. Und eben ſo
lange iſt es nicht/ als ich ihn den Techos tragen ſahe.
Aber wie iſt er ſo bald an ihren finger gerahten? Weil
nun die ſchoͤne Ebreerin ſahe/ daß Aſanel den ring
alzu wohl kennete; ſo wolte ſie ihr zugeſtoßenes gluͤk
nicht laͤnger verbergen. Sie beichtete frei heraus/ und

ſag-
P v
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[313/0337] ſiebendes Buch. ſchieſſen/ daß ſie des Techos hertz recht in die mitte ge- troffen. Eh ich ankahm/ war ſchon alles geſchehen. Techos war gantz verwundet; und die Jaͤgerin ſahe/ mit muͤßigen haͤnden/ zu/ wie ſein hertz zappelte/ ſeine augen dreheten/ ſeine haͤnde boͤbeten. Manaſſe frag- te weiter: wie iſt es endlich abgelauffen? Seine Liebſte gab zur antwort: ſehr wohl. Dan da wir noch ein vier- teilſtuͤndlein miteinander ſprache gehalten/ brachte Techos dieſelbe/ die ihn verwundet/ auf ſeiner kutſche nach hauſe. Ob ſie nun alda ſeine wunde wird verbun- den haben/ weis ich nicht. Eben als ſie von dieſer jagt redeten/ kahm die Jaͤge- rin ſelbſt an. Eben traht die ſchoͤne Ebreerin in das zimmer. An ihrem goldfinger erblikte Aſanel zur ſtun- de den Demantring/ den Techos geſtern an ſeinem ohr- finger getragen. Daruͤber war ſie zum hoͤchſten verwun- dert. Und daruͤm fragte ſie ſtraks: ob man ihr gluͤk wuͤndſchen ſolte? Der ſchoͤnen Ebreerin ſtieg/ unter einem lieblichen laͤchlen/ eine gelinde/ doch anmuhtige roͤhte ins angeſicht. Eben ſo anmuhtig war auch ihre antwort. Wan Sie mich urteilet in dem ſtande zu ſein/ ſagte ſie/ daß man mir gluͤk wuͤndſchen ſol; ſo habe ich ſolches gluͤk Ihr allein zu danken. Und eben daruͤm bin ich auch fruͤher/ als Sie begehret/ anher kommen. Aber woher urteilet Sie ſolches? fing ſie zu fragen an. Aus dem zeichen an ihrem goldfinger/ gab Aſanel zur antwort. So ſol dieſer Ring das zeichen ſein? fragte die ſchoͤne Ebreerin ferner. Den habe ich ſchon lange gehabt. Er iſt freilich ein unfehlbahres zeichen/ antwor- tete Aſanel; ja ein rechtes wahrzeichen. Und eben ſo lange iſt es nicht/ als ich ihn den Techos tragen ſahe. Aber wie iſt er ſo bald an ihren finger gerahten? Weil nun die ſchoͤne Ebreerin ſahe/ daß Aſanel den ring alzu wohl kennete; ſo wolte ſie ihr zugeſtoßenes gluͤk nicht laͤnger verbergen. Sie beichtete frei heraus/ und ſag- P v

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/337>, abgerufen am 24.04.2024.