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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Kurtzbündige
kungen über das 14 h. des buchs Mos. daß On oder
Heliopel/ und Ramesse/ da die Ebreer wohneten/
eine stadt gewesen. Und dieses scheinet auch der wahr-
heit nicht unähnlich zu sein: weil Ramesse dichte
bei Heliopel/ wie andere bezeugen/ gelegen. Aber He-
liopel
lag im winkel zwischen zwee Nielärmen/ und
Ramesse auf der andern seite/ über dem Niele/ nach
Kanaan zu. Daher urteile ich/ daß nichts mehr/ als
der euserste schmahle Nielarm/ zwischen beiden städten
gelegen; und man sie dannenher gleichwohl/ weil sie so
nahe beieinander gestanden/ vor eine stadt gehalten.
Auch mus es in solchem verstande angenommen wer-
den/ wan etliche schreiben/ daß die Kinder Israels
Heliopel
gebauet/ oder vielmehr grösser gebauet und
erweitert.

Es scheinet aber/ daß beide städte ihren nahmen von
der Sonne bekommen/ oder vor eine stadt seind gehal-
ten worden; weil man in beiden die Sonne geehret:
wiewohl nur in der rechten und alten Sonnenstadt
das Götzenhaus der Sonne stund. Von diesem
Götzenhause schreibet der Araber Artefi/ in selbigem
hauptstükke/ da er beweiset/ daß alles aus einem tüpf-
lein entspriesset/ folgender gestalt: Es war aber zu
Heliopel das Heiligtuhm der Sonne: und in
demselben stunden zwölf Sonnenseulen/ welche
die zwölf himlischen Zeichen des Tierkreuses/
und der Uhrwesen verborgenheiten bedeuteten
.
Dieses gebeu/ wie sonsten auch alle der Sonne zuge-
weihete Götzenheuser/ stieg mit einer runten mauer in
die höhe/ und hatte oben ein halbruntes gewölbetes
tach/ mit vielen löchern durchpohret: also daß dadurch
die sonne den gantzen tag/ bald durch dieses/ bald durch
jenes/ einen strahl auf des Osirischen oder Serapi-
schen götzenbildes mund in das heiligtuhm hinein
schos. Daher vermeinte das einfältige blinde volk/

das

Kurtzbuͤndige
kungen uͤber das 14 h. des buchs Moſ. daß On oder
Heliopel/ und Rameſſe/ da die Ebreer wohneten/
eine ſtadt geweſen. Und dieſes ſcheinet auch der wahr-
heit nicht unaͤhnlich zu ſein: weil Rameſſe dichte
bei Heliopel/ wie andere bezeugen/ gelegen. Aber He-
liopel
lag im winkel zwiſchen zwee Nielaͤrmen/ und
Rameſſe auf der andern ſeite/ uͤber dem Niele/ nach
Kanaan zu. Daher urteile ich/ daß nichts mehr/ als
der euſerſte ſchmahle Nielarm/ zwiſchen beiden ſtaͤdten
gelegen; und man ſie dannenher gleichwohl/ weil ſie ſo
nahe beieinander geſtanden/ vor eine ſtadt gehalten.
Auch mus es in ſolchem verſtande angenommen wer-
den/ wan etliche ſchreiben/ daß die Kinder Iſraels
Heliopel
gebauet/ oder vielmehr groͤſſer gebauet und
erweitert.

Es ſcheinet aber/ daß beide ſtaͤdte ihren nahmen von
der Sonne bekommen/ oder vor eine ſtadt ſeind gehal-
ten worden; weil man in beiden die Sonne geehret:
wiewohl nur in der rechten und alten Sonnenſtadt
das Goͤtzenhaus der Sonne ſtund. Von dieſem
Goͤtzenhauſe ſchreibet der Araber Artefi/ in ſelbigem
hauptſtuͤkke/ da er beweiſet/ daß alles aus einem tuͤpf-
lein entſprieſſet/ folgender geſtalt: Es war aber zu
Heliopel das Heiligtuhm der Sonne: und in
demſelben ſtunden zwoͤlf Sonnenſeulen/ welche
die zwoͤlf himliſchen Zeichen des Tierkreuſes/
und der Uhrweſen verborgenheiten bedeuteten
.
Dieſes gebeu/ wie ſonſten auch alle der Sonne zuge-
weihete Goͤtzenheuſer/ ſtieg mit einer runten mauer in
die hoͤhe/ und hatte oben ein halbruntes gewoͤlbetes
tach/ mit vielen loͤchern durchpohret: alſo daß dadurch
die ſonne den gantzen tag/ bald durch dieſes/ bald durch
jenes/ einen ſtrahl auf des Oſiriſchen oder Serapi-
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ſchos. Daher vermeinte das einfaͤltige blinde volk/

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[412/0436] Kurtzbuͤndige kungen uͤber das 14 h. des buchs Moſ. daß On oder Heliopel/ und Rameſſe/ da die Ebreer wohneten/ eine ſtadt geweſen. Und dieſes ſcheinet auch der wahr- heit nicht unaͤhnlich zu ſein: weil Rameſſe dichte bei Heliopel/ wie andere bezeugen/ gelegen. Aber He- liopel lag im winkel zwiſchen zwee Nielaͤrmen/ und Rameſſe auf der andern ſeite/ uͤber dem Niele/ nach Kanaan zu. Daher urteile ich/ daß nichts mehr/ als der euſerſte ſchmahle Nielarm/ zwiſchen beiden ſtaͤdten gelegen; und man ſie dannenher gleichwohl/ weil ſie ſo nahe beieinander geſtanden/ vor eine ſtadt gehalten. Auch mus es in ſolchem verſtande angenommen wer- den/ wan etliche ſchreiben/ daß die Kinder Iſraels Heliopel gebauet/ oder vielmehr groͤſſer gebauet und erweitert. Es ſcheinet aber/ daß beide ſtaͤdte ihren nahmen von der Sonne bekommen/ oder vor eine ſtadt ſeind gehal- ten worden; weil man in beiden die Sonne geehret: wiewohl nur in der rechten und alten Sonnenſtadt das Goͤtzenhaus der Sonne ſtund. Von dieſem Goͤtzenhauſe ſchreibet der Araber Artefi/ in ſelbigem hauptſtuͤkke/ da er beweiſet/ daß alles aus einem tuͤpf- lein entſprieſſet/ folgender geſtalt: Es war aber zu Heliopel das Heiligtuhm der Sonne: und in demſelben ſtunden zwoͤlf Sonnenſeulen/ welche die zwoͤlf himliſchen Zeichen des Tierkreuſes/ und der Uhrweſen verborgenheiten bedeuteten. Dieſes gebeu/ wie ſonſten auch alle der Sonne zuge- weihete Goͤtzenheuſer/ ſtieg mit einer runten mauer in die hoͤhe/ und hatte oben ein halbruntes gewoͤlbetes tach/ mit vielen loͤchern durchpohret: alſo daß dadurch die ſonne den gantzen tag/ bald durch dieſes/ bald durch jenes/ einen ſtrahl auf des Oſiriſchen oder Serapi- ſchen goͤtzenbildes mund in das heiligtuhm hinein ſchos. Daher vermeinte das einfaͤltige blinde volk/ das

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/436>, abgerufen am 28.03.2024.