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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Kurtzbündige
dig/ und hatte keine gedanken mir einiges böses zu tu hn;
sondern liebte mich/ als seine andern brüder. Darüm/
meine kinder/ scheuet allen hitzigen has und neid/ und
wandelt in einfältigkeit eurer seelen/ und mit guhtem
hertzen. Nehmet ein beispiel an eures Vaters Bruder:
damit Gott euch gnade herligkeit und seegen wider-
fahren laße; wie ihr sehet/ daß ihm geschehen ist. Nie-
mahls und zu keiner zeit verwiese er uns solches: sondern
er hatte uns lieb/ als seine eigene seele/ ja mehr als seine
kinder. Er hat uns groß gemacht/ und uns allen reich-
tuhm/ vieh/ und früchte mildiglich geschenket/
u. a. m.
Darüm hatte Josef ein liebliches und schönes angesicht:
dan in ihm war keine galle/ noch etwas böses. Sein ant-
litz war rein/ und von des geistes gramschaft unbeflekt.

Dan spricht auch zu seinen Kindern/ in seinem letz-
ten Willen/ fast dergleichen/ und zwar unter andern also:
ich bekenne euch heute/ meine Kinder/ daß ich mich in
meinem hertzen erfreuete auf den tod
Josefs/ des guhten
und wahrhaftigen Mannes/ und mich belustigte in sei-
ner verkauffung; weil ihn unser Vater lieber hatte/ als
uns. Dan der geist der eifersucht und der aufgeblasen-
heit sagte zu mir: und du bist ja auch sein sohn. Auch
boht mir einer von Belials geistern seine hülfe/ und sag-
te: nim dieses schwert/ und tödte damit den
Josef; dan
wan er todt sein wird/ sol dich dein Vater lieb haben.
Dieser ist der geist des zornes/ der mir riet/ daß ich den

Josef/ wie ein Pardel den bok/ verschlingen solte. Aber
der Gott meines Vaters
Jakobs lies ihn in meine hände
nicht kommen/ daß ich ihn allein gefunden hette. Auch
lies er nicht zu/ daß ich diese boßheit verübte; damit zwee
Reichsstäbe in Israel solten entbunden und erworben
werden/ u. a. m.
Was Gad ebenmäßig von sich
selbsten bezeuget/ das haben wir droben in den An-
märkungen bei der 7 zeile des 60 bl. angeführet.

Zur 8 und folgenden zeilen des 78 blats.

MOses erzehlet dieses im 29 und 30 spr. des 37
hauptst. in seinem 1 buche kürtzlich also: Als

nun

Kurtzbuͤndige
dig/ und hatte keine gedanken mir einiges boͤſes zu tu hn;
ſondern liebte mich/ als ſeine andern bruͤder. Daruͤm/
meine kinder/ ſcheuet allen hitzigen has und neid/ und
wandelt in einfaͤltigkeit eurer ſeelen/ und mit guhtem
hertzen. Nehmet ein beiſpiel an eures Vaters Bruder:
damit Gott euch gnade herligkeit und ſeegen wider-
fahren laße; wie ihr ſehet/ daß ihm geſchehen iſt. Nie-
mahls und zu keiner zeit verwieſe er uns ſolches: ſondern
er hatte uns lieb/ als ſeine eigene ſeele/ ja mehr als ſeine
kinder. Er hat uns groß gemacht/ und uns allen reich-
tuhm/ vieh/ und fruͤchte mildiglich geſchenket/
u. a. m.
Daruͤm hatte Joſef ein liebliches und ſchoͤnes angeſicht:
dan in ihm war keine galle/ noch etwas boͤſes. Sein ant-
litz war rein/ und von des geiſtes gramſchaft unbeflekt.

Dan ſpricht auch zu ſeinen Kindern/ in ſeinem letz-
ten Willen/ faſt dergleichen/ und zwar unter andern alſo:
ich bekenne euch heute/ meine Kinder/ daß ich mich in
meinem hertzen erfreuete auf den tod
Joſefs/ des guhten
und wahrhaftigen Mannes/ und mich beluſtigte in ſei-
ner verkauffung; weil ihn unſer Vater lieber hatte/ als
uns. Dan der geiſt der eiferſucht und der aufgeblaſen-
heit ſagte zu mir: und du biſt ja auch ſein ſohn. Auch
boht mir einer von Belials geiſtern ſeine huͤlfe/ und ſag-
te: nim dieſes ſchwert/ und toͤdte damit den
Joſef; dan
wan er todt ſein wird/ ſol dich dein Vater lieb haben.
Dieſer iſt der geiſt des zornes/ der mir riet/ daß ich den

Joſef/ wie ein Pardel den bok/ verſchlingen ſolte. Aber
der Gott meines Vaters
Jakobs lies ihn in meine haͤnde
nicht kommen/ daß ich ihn allein gefunden hette. Auch
lies er nicht zu/ daß ich dieſe boßheit veruͤbte; damit zwee
Reichsſtaͤbe in Iſrael ſolten entbunden und erworben
werden/ u. a. m.
Was Gad ebenmaͤßig von ſich
ſelbſten bezeuget/ das haben wir droben in den An-
maͤrkungen bei der 7 zeile des 60 bl. angefuͤhret.

Zur 8 und folgenden zeilen des 78 blats.

MOſes erzehlet dieſes im 29 und 30 ſpr. des 37
hauptſt. in ſeinem 1 buche kuͤrtzlich alſo: Als

nun
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[436/0460] Kurtzbuͤndige dig/ und hatte keine gedanken mir einiges boͤſes zu tu hn; ſondern liebte mich/ als ſeine andern bruͤder. Daruͤm/ meine kinder/ ſcheuet allen hitzigen has und neid/ und wandelt in einfaͤltigkeit eurer ſeelen/ und mit guhtem hertzen. Nehmet ein beiſpiel an eures Vaters Bruder: damit Gott euch gnade herligkeit und ſeegen wider- fahren laße; wie ihr ſehet/ daß ihm geſchehen iſt. Nie- mahls und zu keiner zeit verwieſe er uns ſolches: ſondern er hatte uns lieb/ als ſeine eigene ſeele/ ja mehr als ſeine kinder. Er hat uns groß gemacht/ und uns allen reich- tuhm/ vieh/ und fruͤchte mildiglich geſchenket/ u. a. m. Daruͤm hatte Joſef ein liebliches und ſchoͤnes angeſicht: dan in ihm war keine galle/ noch etwas boͤſes. Sein ant- litz war rein/ und von des geiſtes gramſchaft unbeflekt. Dan ſpricht auch zu ſeinen Kindern/ in ſeinem letz- ten Willen/ faſt dergleichen/ und zwar unter andern alſo: ich bekenne euch heute/ meine Kinder/ daß ich mich in meinem hertzen erfreuete auf den tod Joſefs/ des guhten und wahrhaftigen Mannes/ und mich beluſtigte in ſei- ner verkauffung; weil ihn unſer Vater lieber hatte/ als uns. Dan der geiſt der eiferſucht und der aufgeblaſen- heit ſagte zu mir: und du biſt ja auch ſein ſohn. Auch boht mir einer von Belials geiſtern ſeine huͤlfe/ und ſag- te: nim dieſes ſchwert/ und toͤdte damit den Joſef; dan wan er todt ſein wird/ ſol dich dein Vater lieb haben. Dieſer iſt der geiſt des zornes/ der mir riet/ daß ich den Joſef/ wie ein Pardel den bok/ verſchlingen ſolte. Aber der Gott meines Vaters Jakobs lies ihn in meine haͤnde nicht kommen/ daß ich ihn allein gefunden hette. Auch lies er nicht zu/ daß ich dieſe boßheit veruͤbte; damit zwee Reichsſtaͤbe in Iſrael ſolten entbunden und erworben werden/ u. a. m. Was Gad ebenmaͤßig von ſich ſelbſten bezeuget/ das haben wir droben in den An- maͤrkungen bei der 7 zeile des 60 bl. angefuͤhret. Zur 8 und folgenden zeilen des 78 blats. MOſes erzehlet dieſes im 29 und 30 ſpr. des 37 hauptſt. in ſeinem 1 buche kuͤrtzlich alſo: Als nun

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/460>, abgerufen am 29.03.2024.