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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Kurtzbündige
gleichwohl. Das ehrliche Hertz konte/ weder
durch die kraft der blühenden Jugend/ noch
durch das große ansehen Derselben/ die ihn an-
suchte/ auf einige weise zur unzucht verleitet wer-
den. Dan ob er schon/ nicht allein durch das
anlokkende gesicht/ sondern auch durch täh-
tige ümhälsung/ von einer Fraue genugsam
gereitzet ward; so hat er sie dannoch nicht be-
gehret.

Zur 3 und folgenden zeilen des 119 blats.

ADulterium cum servo sordidius apud veteres ap-
pellatum fuit; cum sola cohabitatio cum ser-
vo servitute coerceretur. Videbatur enim in servitu-
tem consensisse, quae servo sese conjunxisset. Tacitus.

Zur 14 und folgenden zeilen des 123 blats.

JOsef spricht/ in seinem Letzten Willen/ also: Wie oft
hat mich die Egiptische Frau gedreuet zu tödten. Wie
oft hat sie mich/ nachdem sie mir viel dampfes angetahn/
wieder zu sich holen laßen? Wie oft hat sie mich gedreuet
zu tödten/ wan ich weigerte mit ihr zu tuhn zu haben?
Gleichwohl sagte sie zu mir: ihr solt über mich und alle
das meinige herschen; sofern ihr euch mir übergebet/ nnd
meinen willen tuht. Ihr solt unser Herr und herscher
sein. Aber ich gedachte der worte meines Vaters Jakobs:
und ging in meine schlafkammer/ bähtete den HERrn an/
und fastete sieben tage. Doch schien ich in den augen der
Egiptischen Fraue so wohl bei leibe/ als einer/ der in aller
wohllust gelebet: dan die üm des HERren willen fasten/
bekommen eine angenehme gestalt. Den wein/ den ich
bekahm/ trank ich nicht: und nachdem ich drei tage gefa-
stet hatte/ nahm ich meine tägliche kost/ und gab sie den
armen und kranken/ u. a. m. Zuletzt suchte sie mich zur
hurerei zu bewegen. Aber so bald ich solches verstund/
ward ich betrübet bis in den tod. Und als sie weggegan-

gen

Kurtzbuͤndige
gleichwohl. Das ehrliche Hertz konte/ weder
durch die kraft der bluͤhenden Jugend/ noch
durch das große anſehen Derſelben/ die ihn an-
ſuchte/ auf einige weiſe zur unzucht verleitet wer-
den. Dan ob er ſchon/ nicht allein durch das
anlokkende geſicht/ ſondern auch durch taͤh-
tige uͤmhaͤlſung/ von einer Fraue genugſam
gereitzet ward; ſo hat er ſie dannoch nicht be-
gehret.

Zur 3 und folgenden zeilen des 119 blats.

ADulterium cum ſervo ſordidius apud veteres ap-
pellatum fuit; cùm ſola cohabitatio cum ſer-
vo ſervitute coërceretur. Videbatur enim in ſervitu-
tem conſenſiſſe, quæ ſervo ſeſe conjunxiſſet. Tacitus.

Zur 14 und folgenden zeilen des 123 blats.

JOſef ſpricht/ in ſeinem Letzten Willen/ alſo: Wie oft
hat mich die Egiptiſche Frau gedreuet zu toͤdten. Wie
oft hat ſie mich/ nachdem ſie mir viel dampfes angetahn/
wieder zu ſich holen laßen? Wie oft hat ſie mich gedreuet
zu toͤdten/ wan ich weigerte mit ihr zu tuhn zu haben?
Gleichwohl ſagte ſie zu mir: ihr ſolt uͤber mich und alle
das meinige herſchen; ſofern ihr euch mir uͤbergebet/ nnd
meinen willen tuht. Ihr ſolt unſer Herꝛ und herſcher
ſein. Aber ich gedachte der worte meines Vaters Jakobs:
und ging in meine ſchlafkam̃er/ baͤhtete den HERꝛn an/
und faſtete ſieben tage. Doch ſchien ich in den augen der
Egiptiſchen Fraue ſo wohl bei leibe/ als einer/ der in aller
wohlluſt gelebet: dan die uͤm des HERren willen faſten/
bekommen eine angenehme geſtalt. Den wein/ den ich
bekahm/ trank ich nicht: und nachdem ich drei tage gefa-
ſtet hatte/ nahm ich meine taͤgliche koſt/ und gab ſie den
armen und kranken/ u. a. m. Zuletzt ſuchte ſie mich zur
hurerei zu bewegen. Aber ſo bald ich ſolches verſtund/
ward ich betruͤbet bis in den tod. Und als ſie weggegan-

gen
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[450/0474] Kurtzbuͤndige gleichwohl. Das ehrliche Hertz konte/ weder durch die kraft der bluͤhenden Jugend/ noch durch das große anſehen Derſelben/ die ihn an- ſuchte/ auf einige weiſe zur unzucht verleitet wer- den. Dan ob er ſchon/ nicht allein durch das anlokkende geſicht/ ſondern auch durch taͤh- tige uͤmhaͤlſung/ von einer Fraue genugſam gereitzet ward; ſo hat er ſie dannoch nicht be- gehret. Zur 3 und folgenden zeilen des 119 blats. ADulterium cum ſervo ſordidius apud veteres ap- pellatum fuit; cùm ſola cohabitatio cum ſer- vo ſervitute coërceretur. Videbatur enim in ſervitu- tem conſenſiſſe, quæ ſervo ſeſe conjunxiſſet. Tacitus. Zur 14 und folgenden zeilen des 123 blats. JOſef ſpricht/ in ſeinem Letzten Willen/ alſo: Wie oft hat mich die Egiptiſche Frau gedreuet zu toͤdten. Wie oft hat ſie mich/ nachdem ſie mir viel dampfes angetahn/ wieder zu ſich holen laßen? Wie oft hat ſie mich gedreuet zu toͤdten/ wan ich weigerte mit ihr zu tuhn zu haben? Gleichwohl ſagte ſie zu mir: ihr ſolt uͤber mich und alle das meinige herſchen; ſofern ihr euch mir uͤbergebet/ nnd meinen willen tuht. Ihr ſolt unſer Herꝛ und herſcher ſein. Aber ich gedachte der worte meines Vaters Jakobs: und ging in meine ſchlafkam̃er/ baͤhtete den HERꝛn an/ und faſtete ſieben tage. Doch ſchien ich in den augen der Egiptiſchen Fraue ſo wohl bei leibe/ als einer/ der in aller wohlluſt gelebet: dan die uͤm des HERren willen faſten/ bekommen eine angenehme geſtalt. Den wein/ den ich bekahm/ trank ich nicht: und nachdem ich drei tage gefa- ſtet hatte/ nahm ich meine taͤgliche koſt/ und gab ſie den armen und kranken/ u. a. m. Zuletzt ſuchte ſie mich zur hurerei zu bewegen. Aber ſo bald ich ſolches verſtund/ ward ich betruͤbet bis in den tod. Und als ſie weggegan- gen

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/474>, abgerufen am 29.03.2024.