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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Kurtzbündige
Du hast der Amme fel des Jupiters durchschauet.
Das rühmt auch Koridon/ der deinen worten trauet.
Doch dünkt mich/ daß es nicht in dieses Fel geschehn:
es war ein Hürtenbeltz/ darein du hast gesehn.

Dan das wort diphthera heisset bei dem Aristofanes/
da er von einem Ziegenhürten redet/ und dem Lu-
zian/
auch ein lederner oder beltzerner Mutzen/
aus Ziegen- oder Schafs-fellen/ den die Hür-
ten/ Schäfer/ und Schäferinnen tragen/
rheno,
pastoritius, Arnacis
Varroni.
Daher wird ein Hür-
te
bei dem Pollux Diphtherites, und eine Hürtin
diphterips genennet. Auch pflegten die alten Griechen
von ihrem Jupiter/ wan er/ nach langem verzuge/
iemand böses oder guhtes vergolt/ zu sagen: o Zeus ka-
teide khronios eis tas diphtheras, das ist/ Jupiter hat
endlich einmahl in sein Ziegenfel gesehen.
Fast
eben dahin zielet auch unser sprichwort: Gott kan
uns wohl eine zeit lang unsere zeche borgen;
oder
durch die finger sehen. Daß man aber nicht allein
vor alten zeiten auf der Tiere felle geschrieben/ son-
dern auch noch itzund; solches bezeuget unser Perga-
ment/
welches so viel gesagt ist/ als Pergamisches
schreibefel.
Dan in der berühmten Asischen stadt
Pergam oder Pergamus/ die der fürtrefliche Artzt
Galenus/ als sein Vaterland/ wie Leuenklau
schreibet/ noch berühmter gemacht/ seind nach Var-
rons
und Plinius im 11 h. des 13 b. zeugnüsse/ die
Schreibefelle zum ersten erfunden; und nach ihrem
nahmen Pergament oder Pergameen/ Charta
Pergamena,
gleichwie das wort Charta selbst von der so
benahmten Tirischen stadt/ genennet worden. Man
schreibet zwar die erfündung des Pergaments dem
Eumenes zu/ welcher eben eine solche Bücherei/ als
Ptolemeus Filadelf/ zu Alexandrien in Egip-

ten/
Kurtzbuͤndige
Du haſt der Amme fel des Jupiters durchſchauet.
Das ruͤhmt auch Koridon/ der deinen worten trauet.
Doch duͤnkt mich/ daß es nicht in dieſes Fel geſchehn:
es war ein Huͤrtenbeltz/ darein du haſt geſehn.

Dan das wort diphthera heiſſet bei dem Ariſtofanes/
da er von einem Ziegenhuͤrten redet/ und dem Lu-
zian/
auch ein lederner oder beltzerner Mutzen/
aus Ziegen- oder Schafs-fellen/ den die Huͤr-
ten/ Schaͤfer/ und Schaͤferinnen tragen/
rheno,
paſtoritius, Arnacis
Varroni.
Daher wird ein Huͤr-
te
bei dem Pollux Διϕϑερίτης, und eine Huͤrtin
διϕτερίπς genennet. Auch pflegten die alten Griechen
von ihrem Jupiter/ wan er/ nach langem verzuge/
iemand boͤſes oder guhtes vergolt/ zu ſagen: ὁ Ζεὺς κα-
τεῖδε χρόνιος ἐις τὰς διϕϑέρας, das iſt/ Jupiter hat
endlich einmahl in ſein Ziegenfel geſehen.
Faſt
eben dahin zielet auch unſer ſprichwort: Gott kan
uns wohl eine zeit lang unſere zeche borgen;
oder
durch die finger ſehen. Daß man aber nicht allein
vor alten zeiten auf der Tiere felle geſchrieben/ ſon-
dern auch noch itzund; ſolches bezeuget unſer Perga-
ment/
welches ſo viel geſagt iſt/ als Pergamiſches
ſchreibefel.
Dan in der beruͤhmten Aſiſchen ſtadt
Pergam oder Pergamus/ die der fuͤrtrefliche Artzt
Galenus/ als ſein Vaterland/ wie Leuenklau
ſchreibet/ noch beruͤhmter gemacht/ ſeind nach Var-
rons
und Plinius im 11 h. des 13 b. zeugnuͤſſe/ die
Schreibefelle zum erſten erfunden; und nach ihrem
nahmen Pergament oder Pergameen/ Charta
Pergamena,
gleichwie das wort Charta ſelbſt von der ſo
benahmten Tiriſchen ſtadt/ genennet worden. Man
ſchreibet zwar die erfuͤndung des Pergaments dem
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[502/0526] Kurtzbuͤndige Du haſt der Amme fel des Jupiters durchſchauet. Das ruͤhmt auch Koridon/ der deinen worten trauet. Doch duͤnkt mich/ daß es nicht in dieſes Fel geſchehn: es war ein Huͤrtenbeltz/ darein du haſt geſehn. Dan das wort diphthera heiſſet bei dem Ariſtofanes/ da er von einem Ziegenhuͤrten redet/ und dem Lu- zian/ auch ein lederner oder beltzerner Mutzen/ aus Ziegen- oder Schafs-fellen/ den die Huͤr- ten/ Schaͤfer/ und Schaͤferinnen tragen/ rheno, paſtoritius, Arnacis Varroni. Daher wird ein Huͤr- te bei dem Pollux Διϕϑερίτης, und eine Huͤrtin διϕτερίπς genennet. Auch pflegten die alten Griechen von ihrem Jupiter/ wan er/ nach langem verzuge/ iemand boͤſes oder guhtes vergolt/ zu ſagen: ὁ Ζεὺς κα- τεῖδε χρόνιος ἐις τὰς διϕϑέρας, das iſt/ Jupiter hat endlich einmahl in ſein Ziegenfel geſehen. Faſt eben dahin zielet auch unſer ſprichwort: Gott kan uns wohl eine zeit lang unſere zeche borgen; oder durch die finger ſehen. Daß man aber nicht allein vor alten zeiten auf der Tiere felle geſchrieben/ ſon- dern auch noch itzund; ſolches bezeuget unſer Perga- ment/ welches ſo viel geſagt iſt/ als Pergamiſches ſchreibefel. Dan in der beruͤhmten Aſiſchen ſtadt Pergam oder Pergamus/ die der fuͤrtrefliche Artzt Galenus/ als ſein Vaterland/ wie Leuenklau ſchreibet/ noch beruͤhmter gemacht/ ſeind nach Var- rons und Plinius im 11 h. des 13 b. zeugnuͤſſe/ die Schreibefelle zum erſten erfunden; und nach ihrem nahmen Pergament oder Pergameen/ Charta Pergamena, gleichwie das wort Charta ſelbſt von der ſo benahmten Tiriſchen ſtadt/ genennet worden. Man ſchreibet zwar die erfuͤndung des Pergaments dem Eumenes zu/ welcher eben eine ſolche Buͤcherei/ als Ptolemeus Filadelf/ zu Alexandrien in Egip- ten/

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/526>, abgerufen am 19.04.2024.