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Zesen, Philipp von: Deutscher Helicon. Bd. 2. Wittenberg, 1641.

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I.
Ein Muster der neuen Art Jambischer
Verse/ da sich die strophe mit zween Weiblichen

15-sylbigen Versen anfähr und mit zween männ-
lichen 14-syllbigen endet.
Von der Ewigkeit.
WAs ist dis für ein schweres wort/ das marck ein bein ver-
zehret?
Das selbsten der Bered samkeit das sprechen bemmt und wehret?
Vor dem die welt erzittern muß/ vor dem ich tag und nacht/
Wenn gleich kein einig stern noch licht am hohen Himmel
wacht/
Gantz schlaffleß und voll schrecken bin? das mier erregt viel
schmertzen/
Das durch sein langes ewig-seyn ein pfeil in meinem hertzen/
Das ich durch diesen Reim und Vers/ wie lang er auch mag
seyn/
Mitt nichten doch aussprechen kann/ o übergroße pein!
Ein wort von staal und Deamant/ so Ewigkeit genennet
Für dem der Himmel selbsten sich noch viel zuschwach erkennet/
Ein wort so hertz und sinn erregt nach unvergängligkeit
Mit feuriger begier zustehn; ein End unendlich weit.
Es wird der Hellen schwartzer schwall je mehr und mehr ent-
zündet/
Das Feuer brennt und wird doch nicht die Endschafft ausge-
gründet/
Es schmeckt nach lauter Ewigkeit so nimmermehr zerrinnt/
Das dreygeschnautzte Hellenthier kein ende ja gewinnt.
Hingegen aber bleibet auch unendlich solche wonne/
Die allen Frommen hatt bereit die Secl- und Lebens-Sonne;
Drümd laß mich ja nur büßen hier laß leiden angst vnd spott/
Daß ich in freuden ewig sey hernach dey dier/ o Gott!
II. Son-
A 2


I.
Ein Muſter der neuen Art Jambiſcher
Verſe/ da ſich die ſtrophe mit zween Weiblichen

15-ſylbigen Verſen anfaͤhr und mit zween maͤnn-
lichen 14-ſyllbigen endet.
Von der Ewigkeit.
WAs iſt dis fuͤr ein ſchweres wort/ das marck ein bein ver-
zehret?
Das ſelbſten der Bered ſamkeit das ſprechen bem̃t und wehret?
Vor dem die welt erzittern muß/ vor dem ich tag und nacht/
Wenn gleich kein einig ſtern noch licht am hohen Himmel
wacht/
Gantz ſchlaffleß und voll ſchrecken bin? das mier erregt viel
ſchmertzen/
Das durch ſein langes ewig-ſeyn ein pfeil in meinem hertzen/
Das ich durch dieſen Reim und Vers/ wie lang er auch mag
ſeyn/
Mitt nichten doch ausſprechen kann/ ô uͤbergroße pein!
Ein wort von ſtaal und Deamant/ ſo Ewigkeit genennet
Fuͤr dem der Him̃el ſelbſten ſich noch viel zuſchwach erkennet/
Ein wort ſo hertz und ſinn erregt nach unvergaͤngligkeit
Mit feuriger begier zuſtehn; ein End unendlich weit.
Es wird der Hellen ſchwartzer ſchwall je mehr und mehr ent-
zuͤndet/
Das Feuer brennt und wird doch nicht die Endſchafft ausge-
gruͤndet/
Es ſchmeckt nach lauter Ewigkeit ſo nimmermehr zerrinnt/
Das dreygeſchnautzte Hellenthier kein ende ja gewinnt.
Hingegen aber bleibet auch unendlich ſolche wonne/
Die allen Frommen hatt bereit die Secl- und Lebens-Sonne;
Druͤmd laß mich ja nur buͤßen hier laß leiden angſt vñ ſpott/
Daß ich in freuden ewig ſey hernach dey dier/ ô Gott!
II. Son-
A 2
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[3./0019] I. Ein Muſter der neuen Art Jambiſcher Verſe/ da ſich die ſtrophe mit zween Weiblichen 15-ſylbigen Verſen anfaͤhr und mit zween maͤnn- lichen 14-ſyllbigen endet. Von der Ewigkeit. WAs iſt dis fuͤr ein ſchweres wort/ das marck ein bein ver- zehret? Das ſelbſten der Bered ſamkeit das ſprechen bem̃t und wehret? Vor dem die welt erzittern muß/ vor dem ich tag und nacht/ Wenn gleich kein einig ſtern noch licht am hohen Himmel wacht/ Gantz ſchlaffleß und voll ſchrecken bin? das mier erregt viel ſchmertzen/ Das durch ſein langes ewig-ſeyn ein pfeil in meinem hertzen/ Das ich durch dieſen Reim und Vers/ wie lang er auch mag ſeyn/ Mitt nichten doch ausſprechen kann/ ô uͤbergroße pein! Ein wort von ſtaal und Deamant/ ſo Ewigkeit genennet Fuͤr dem der Him̃el ſelbſten ſich noch viel zuſchwach erkennet/ Ein wort ſo hertz und ſinn erregt nach unvergaͤngligkeit Mit feuriger begier zuſtehn; ein End unendlich weit. Es wird der Hellen ſchwartzer ſchwall je mehr und mehr ent- zuͤndet/ Das Feuer brennt und wird doch nicht die Endſchafft ausge- gruͤndet/ Es ſchmeckt nach lauter Ewigkeit ſo nimmermehr zerrinnt/ Das dreygeſchnautzte Hellenthier kein ende ja gewinnt. Hingegen aber bleibet auch unendlich ſolche wonne/ Die allen Frommen hatt bereit die Secl- und Lebens-Sonne; Druͤmd laß mich ja nur buͤßen hier laß leiden angſt vñ ſpott/ Daß ich in freuden ewig ſey hernach dey dier/ ô Gott! II. Son- A 2

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Deutscher Helicon. Bd. 2. Wittenberg, 1641, S. 3.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_helikon02_1641/19>, abgerufen am 29.03.2024.