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Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645.

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Ehren-getichte.
Antwort.
MEin Her/

Der halbe mahnd/ dehn wihr bisweilen unter un-
seren augen tragen/ bedeutet vihl-mehr eine verän-
derung der lust/ als eine unbeständigkeit däs ge-
mühtes; dan wihr sein geflissen unsere aufwärter
allezeit mit einer näuen und veränderten lust zu er-
frischen/ weil der ekel anders nichts als eine wür-
kung der tauerhaftigkeit ist. Mit der rundigkeit
wollen wihr di beschaffenheit unseres glükkes zu
verstähen gäben; mit den spizzen di muh-säligkeit
unserer tage; dan/ wän wihr am gewüssesten zu
fuhssen gedänken/ so fallen wihr zu boden/ oder
gerahten in di stachlichten dornen/ di uns unser
läben wohl rächt müh-sälig machchen; u. a. m.

Antworts-schreiben
an ein
Frauen-zimmer von hohem stande.
auf den saz;
Daß auf der unteren wält keine schöhn-
heit zu funden sei.
MEin gnädigstes Fräulein/

Man hat sich in warheit nicht wenig zu verwun-
dern/ daß Jhre Gnaden nicht alein di schöhnheit
den irdischen geschöpfen ganz berauben wül/ und
aus der unteren wält gahr aus-tilgen; sondern sich

auch
Ehren-getichte.
Antwort.
MEin Her/

Der halbe mahnd/ dehn wihr bisweilen unter un-
ſeren augen tragen/ bedeutet vihl-mehr eine veraͤn-
derung der luſt/ als eine unbeſtaͤndigkeit daͤs ge-
mühtes; dan wihr ſein gefliſſen unſere aufwaͤrter
allezeit mit einer naͤuen und veraͤnderten luſt zu er-
friſchen/ weil der ekel anders nichts als eine wuͤr-
kung der tauerhaftigkeit iſt. Mit der rundigkeit
wollen wihr di beſchaffenheit unſeres gluͤkkes zu
verſtaͤhen gaͤben; mit den ſpizzen di můh-ſaͤligkeit
unſerer tage; dan/ waͤn wihr am gewuͤſſeſten zu
fuhſſen gedaͤnken/ ſo fallen wihr zu boden/ oder
gerahten in di ſtachlichten dornen/ di uns unſer
laͤben wohl raͤcht muͤh-ſaͤlig machchen; u. a. m.

Antworts-ſchreiben
an ein
Frauen-zimmer von hohem ſtande.
auf den ſaz;
Daß auf der unteren waͤlt keine ſchoͤhn-
heit zu fůnden ſei.
MEin gnaͤdigſtes Fraͤulein/

Man hat ſich in warheit nicht wenig zu verwun-
dern/ daß Jhre Gnaden nicht alein di ſchoͤhnheit
den irdiſchen geſchoͤpfen ganz berauben wuͤl/ und
aus der unteren waͤlt gahr aus-tilgen; ſondern ſich

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[457/0373] Ehren-getichte. Antwort. MEin Her/ Der halbe mahnd/ dehn wihr bisweilen unter un- ſeren augen tragen/ bedeutet vihl-mehr eine veraͤn- derung der luſt/ als eine unbeſtaͤndigkeit daͤs ge- mühtes; dan wihr ſein gefliſſen unſere aufwaͤrter allezeit mit einer naͤuen und veraͤnderten luſt zu er- friſchen/ weil der ekel anders nichts als eine wuͤr- kung der tauerhaftigkeit iſt. Mit der rundigkeit wollen wihr di beſchaffenheit unſeres gluͤkkes zu verſtaͤhen gaͤben; mit den ſpizzen di můh-ſaͤligkeit unſerer tage; dan/ waͤn wihr am gewuͤſſeſten zu fuhſſen gedaͤnken/ ſo fallen wihr zu boden/ oder gerahten in di ſtachlichten dornen/ di uns unſer laͤben wohl raͤcht muͤh-ſaͤlig machchen; u. a. m. Antworts-ſchreiben an ein Frauen-zimmer von hohem ſtande. auf den ſaz; Daß auf der unteren waͤlt keine ſchoͤhn- heit zu fůnden ſei. MEin gnaͤdigſtes Fraͤulein/ Man hat ſich in warheit nicht wenig zu verwun- dern/ daß Jhre Gnaden nicht alein di ſchoͤhnheit den irdiſchen geſchoͤpfen ganz berauben wuͤl/ und aus der unteren waͤlt gahr aus-tilgen; ſondern ſich auch

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Zitationshilfe: Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_rosemund_1645/373>, abgerufen am 29.03.2024.