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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Erste Buch/
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Weisser Maulbeerbaum. Morus alba.
gedachter blättern mit Salat/ Endivien und
Lactucken oder Lattich gespeiset. Wenn man
die weissen Maulbeer-blätter den Seiden-
würmern zur speise abbrechen wil/ muß
man acht haben/ daß dieselben nicht feucht
oder naß sind: denn solcher gestalt sie/ wie auch
alle andere Feuchtigkeiten den Seiden-wür-
mern schädlich sind/ darumb müssen die
Blätter/ wenn sie vom Thaw feucht sind/
abgewischet/ oder so sie vom Regen naß
worden/ bey dem Fewr abgetrücknet werden.

Beyderley arten Maulbeerbäume begeh-
ren guten warmen und feucht - sandichten
grund: wenn sie versetzet werden/ muß man
weite und tieffe gruben machen/ und die-
selbe mit gutem erdreich/ so mit erfaultem
Rinder-mist vermischet ist/ außfüllen/ zu
den kleinen Zweiglein pflegen etliche drey
qwer-Finger hoh Aschen zu schütten. Die
Bäume wollen auch nicht nahe zusammen/
noch nahe zu andern bäumen gesetzet wer-
den/ denn sie hinderen einander mit ihrem
schatten. Fast wundersamb ist/ daß obwol
dieser Baum langsamb außschläget/ gleich-
wohl aber gar schnell wachset/ und off[t]mals
in einer nacht seine blätter gleichsam mit ei-
nem gerausch herfür stosset/ und des andern
tags schön bekleidet da stehet/ worauff sei-
ne Früchte folgen/ und bald zeitigen.

Ein sonderliche Art der Maulbeeren
wachset in dem Königreich Norwegen/ da-
rauß ein kostliches/ geistreiches wasser und
Latwerg/ als ein bewärtes mittel wider den
Scharbock zubereitet wird. Der Baum
lasset sich an kein ander ort versetzen/ daher/
als man ihne in dem königlichen Dähni-
schen Lustgarten zu Coppenhagen öffters hat
auffbringen wollen/ ist er allezeit verdorret/
wie solches Simon Pauli in Quadripart. Botan.
claß. III. p. m.
404. berichtet.

Eigenschafft.

Die blätter und rinde haben viel wässerige
[Spaltenumbruch] mit schleimichtem/ flüchtig saurlichtem sal-
tze vermischte theile bey sich/ davon sie die
Eigenschafft haben zu stopffen/ zu linderen
und zusammenzuziehen. Die Frucht aber
so sie reiff/ ist mit vielem wasserichtem safft
begabet/ welcher zugleich viel saurlicht sub-
tile Saltz-theile/ und dadurch die Tugend
hat allen zähen Schleim in dem halß und des-
selben trüsen sonderlich zu zerbeissen/ bene-
ben zu kühlen/ und den Entzündungen des
Halses zu steuren.

Gebrauch.

Die Maulbeer erforderen ein guten star-
cken Magen/ alsdenn sind sie gesund. Die
Alten pflegten sie im Sommer morgens
früh vor auffgang der Sonnen abzubre-
chen/ und zu abkühlung bey dem end des
Jmmismahls zugebrauchen: den rechten
gebrauch der Maulbeeren aber hat ein un-
bekannter Poet also angedeutet:

Wer will mit gutem nutz der Maulbeern frucht
geniessen/
Laß sich die rechte Weiß zu lehrnen nicht ver-
driessen:
Die Frucht nicht allzu reiff ist dienlich auff
die letzt/
Am besten aber reiff vorm essen sie ergetzt.

Der Maulbeersafft wird in den Apothe-
cken gewohnlich auff diese weiß bereitet/ und
von ihnen Diamoron genennet. Nimm Maul-
beer-safft 12. loth/ Brombeer-safft/ und
schönen geläuterten und verschaumten Ho-
nig/ jed. 24. loth/ süssen gesottenen wein 6.
loth/ laß die Säffte mit dem Honig und
gesottenen wein auff einem gelinden Kohl-
fewer gemählich zur dicke eines syrups sieden.

Dieser safft wird gemeiniglich unter dieGebresten.
Fäulnuß/
Erhitzi-
gung und
bräune des
Halses und
munds/ ni-
dergeschos-
sen Blat
oder Zäpf-
lein.

Gurgel-wasser vermischet/ ist ein kräfftige
Artzney für alle gebresten/ fäulnuß/ erhi-
tzigung und Bräune des Halses und munds/
ziehet auch widerumb auff das nidergeschos-
sene blat oder Zäpflein/ und wehret den zu-
fallenden flüssen: Man nimmt zu dieses saffts
2. loth/ Braunellen-wasser 6. loth/ macht
es laulicht/ und thut den Rachen mit auß-
spühlen.

Von den Maulbeeren/ die nicht gar zei-Zäher
schleim und
koder umb
die Brust/
innerliche
Geschwär/
hitziger hu-
sten/ ver-
sehrter und
verschwoll-
ner Halß/
verwundte
kälen/ dun-
ckele Augen/
|blasenstein
bey jungen
Kinderen.

tig sind/ wird ein wasser gebrannt/ welches
allen zähen schleim und koder umb die brust
erweichet/ innerliche Geschwär vertreibet/
und den hitzigen Husten heilet. Jst ein gut
Halß-wasser zu dem bösen versehrten und
verschwollenen Halß und verwundter Kälen/
macht klare augen/ so man bißweilen warm
darein trieffet Castor Durantes schreibt/ so
man dieses wassers 4. loth den jungen Kin-
dern/ die mit dem Blasen-stein gequälet sind/
zu trincken gebe/ bekomme es ihnen gar wohl.

Wenn man zu dem auß Maulbeeren auß-
getruckten und geläuterten safft Zucker ver-
mischt/ und auff gelinder gluth kochet/ so
gibt es einen saurlichten syrup ab/ welcher
nicht nur in Julepen zu ablöschung der in-
nerlichen hitzen dienlich/ sondern auch die
Durchfäule oder Blätterlein der ZungenDurch-
säule.

und des Munds durch seine schärffe auff-
beisset und heilet.

Die Blätter und Rinden in wasser oder
halb theil eßig gesotten/ und das tranck in dem
Mund gehalten/ stillet den Zahn-schmertzen.

CAPUT

Das Erſte Buch/
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Weiſſer Maulbeerbaum. Morus alba.
gedachter blaͤttern mit Salat/ Endivien und
Lactucken oder Lattich geſpeiſet. Wenn man
die weiſſen Maulbeer-blaͤtter den Seiden-
wuͤrmern zur ſpeiſe abbrechen wil/ muß
man acht haben/ daß dieſelben nicht feucht
oder naß ſind: deñ ſolcher geſtalt ſie/ wie auch
alle andere Feuchtigkeiten den Seiden-wuͤr-
mern ſchaͤdlich ſind/ darumb muͤſſen die
Blaͤtter/ wenn ſie vom Thaw feucht ſind/
abgewiſchet/ oder ſo ſie vom Regen naß
worden/ bey dem Fewr abgetruͤcknet werden.

Beyderley arten Maulbeerbaͤume begeh-
ren guten warmen und feucht - ſandichten
grund: wenn ſie verſetzet werden/ muß man
weite und tieffe gruben machen/ und die-
ſelbe mit gutem erdreich/ ſo mit erfaultem
Rinder-miſt vermiſchet iſt/ außfuͤllen/ zu
den kleinen Zweiglein pflegen etliche drey
qwer-Finger hoh Aſchen zu ſchuͤtten. Die
Baͤume wollen auch nicht nahe zuſammen/
noch nahe zu andern baͤumen geſetzet wer-
den/ denn ſie hinderen einander mit ihrem
ſchatten. Faſt wunderſamb iſt/ daß obwol
dieſer Baum langſamb außſchlaͤget/ gleich-
wohl aber gar ſchnell wachſet/ und off[t]mals
in einer nacht ſeine blaͤtter gleichſam mit ei-
nem gerauſch herfuͤr ſtoſſet/ und des andern
tags ſchoͤn bekleidet da ſtehet/ worauff ſei-
ne Fruͤchte folgen/ und bald zeitigen.

Ein ſonderliche Art der Maulbeeren
wachſet in dem Koͤnigreich Norwegen/ da-
rauß ein koſtliches/ geiſtreiches waſſer und
Latwerg/ als ein bewaͤrtes mittel wider den
Scharbock zubereitet wird. Der Baum
laſſet ſich an kein ander ort verſetzen/ daher/
als man ihne in dem koͤniglichen Daͤhni-
ſchen Luſtgarten zu Coppenhagen oͤffters hat
auffbringen wollen/ iſt er allezeit verdorꝛet/
wie ſolches Simon Pauli in Quadripart. Botan.
claß. III. p. m.
404. berichtet.

Eigenſchafft.

Die blaͤtter und rinde haben viel waͤſſerige
[Spaltenumbruch] mit ſchleimichtem/ fluͤchtig ſaurlichtem ſal-
tze vermiſchte theile bey ſich/ davon ſie die
Eigenſchafft haben zu ſtopffen/ zu linderen
und zuſammenzuziehen. Die Frucht aber
ſo ſie reiff/ iſt mit vielem waſſerichtem ſafft
begabet/ welcher zugleich viel ſaurlicht ſub-
tile Saltz-theile/ und dadurch die Tugend
hat allen zaͤhen Schleim in dem halß und deſ-
ſelben truͤſen ſonderlich zu zerbeiſſen/ bene-
ben zu kuͤhlen/ und den Entzuͤndungen des
Halſes zu ſteuren.

Gebrauch.

Die Maulbeer erforderen ein guten ſtar-
cken Magen/ alsdenn ſind ſie geſund. Die
Alten pflegten ſie im Sommer morgens
fruͤh vor auffgang der Sonnen abzubre-
chen/ und zu abkuͤhlung bey dem end des
Jmmismahls zugebrauchen: den rechten
gebrauch der Maulbeeren aber hat ein un-
bekannter Poet alſo angedeutet:

Wer will mit gutem nutz der Maulbeern frucht
genieſſen/
Laß ſich die rechte Weiß zu lehrnen nicht ver-
drieſſen:
Die Frucht nicht allzu reiff iſt dienlich auff
die letzt/
Am beſten aber reiff vorm eſſen ſie ergetzt.

Der Maulbeerſafft wird in den Apothe-
cken gewohnlich auff dieſe weiß bereitet/ und
von ihnen Diamoron genennet. Nim̃ Maul-
beer-ſafft 12. loth/ Brombeer-ſafft/ und
ſchoͤnen gelaͤuterten und verſchaumten Ho-
nig/ jed. 24. loth/ ſuͤſſen geſottenen wein 6.
loth/ laß die Saͤffte mit dem Honig und
geſottenen wein auff einem gelinden Kohl-
fewer gemaͤhlich zur dicke eines ſyrups ſiedẽ.

Dieſer ſafft wird gemeiniglich unter dieGebreſten.
Faͤulnuß/
Erhitzi-
gung und
braͤune des
Halſes uñ
munds/ ni-
dergeſchoſ-
ſen Blat
oder Zaͤpf-
lein.

Gurgel-waſſer vermiſchet/ iſt ein kraͤfftige
Artzney fuͤr alle gebreſten/ faͤulnuß/ erhi-
tzigung und Braͤune des Halſes und munds/
ziehet auch widerumb auff das nidergeſchoſ-
ſene blat oder Zaͤpflein/ und wehret den zu-
fallenden fluͤſſen: Man nim̃t zu dieſes ſaffts
2. loth/ Braunellen-waſſer 6. loth/ macht
es laulicht/ und thut den Rachen mit auß-
ſpuͤhlen.

Von den Maulbeeren/ die nicht gar zei-Zaͤher
ſchleim uñ
koder umb
die Bruſt/
innerliche
Geſchwaͤr/
hitziger hu-
ſten/ ver-
ſehrter uñ
verſchwoll-
ner Halß/
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kaͤlen/ dun-
ckele Augẽ/
|blaſenſtein
bey jungen
Kinderen.

tig ſind/ wird ein waſſer gebrannt/ welches
allen zaͤhen ſchleim und koder umb die bruſt
erweichet/ innerliche Geſchwaͤr vertreibet/
und den hitzigen Huſten heilet. Jſt ein gut
Halß-waſſer zu dem boͤſen verſehrten und
verſchwollenen Halß und verwundter Kaͤlen/
macht klare augen/ ſo man bißweilen warm
darein trieffet Caſtor Durantes ſchreibt/ ſo
man dieſes waſſers 4. loth den jungen Kin-
dern/ die mit dem Blaſen-ſtein gequaͤlet ſind/
zu trincken gebe/ bekomme es ihnen gar wohl.

Wenn man zu dem auß Maulbeeren auß-
getruckten und gelaͤuterten ſafft Zucker ver-
miſcht/ und auff gelinder gluth kochet/ ſo
gibt es einen ſaurlichten ſyrup ab/ welcher
nicht nur in Julepen zu abloͤſchung der in-
nerlichen hitzen dienlich/ ſondern auch die
Durchfaͤule oder Blaͤtterlein der ZungenDurch-
ſaͤule.

und des Munds durch ſeine ſchaͤrffe auff-
beiſſet und heilet.

Die Blaͤtter und Rinden in waſſer oder
halb theil eßig geſotten/ und das tranck in dem
Mund gehalten/ ſtillet den Zahn-ſchmertzen.

CAPUT
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[110/0126] Das Erſte Buch/ [Abbildung Weiſſer Maulbeerbaum. Morus alba. ] gedachter blaͤttern mit Salat/ Endivien und Lactucken oder Lattich geſpeiſet. Wenn man die weiſſen Maulbeer-blaͤtter den Seiden- wuͤrmern zur ſpeiſe abbrechen wil/ muß man acht haben/ daß dieſelben nicht feucht oder naß ſind: deñ ſolcher geſtalt ſie/ wie auch alle andere Feuchtigkeiten den Seiden-wuͤr- mern ſchaͤdlich ſind/ darumb muͤſſen die Blaͤtter/ wenn ſie vom Thaw feucht ſind/ abgewiſchet/ oder ſo ſie vom Regen naß worden/ bey dem Fewr abgetruͤcknet werden. Beyderley arten Maulbeerbaͤume begeh- ren guten warmen und feucht - ſandichten grund: wenn ſie verſetzet werden/ muß man weite und tieffe gruben machen/ und die- ſelbe mit gutem erdreich/ ſo mit erfaultem Rinder-miſt vermiſchet iſt/ außfuͤllen/ zu den kleinen Zweiglein pflegen etliche drey qwer-Finger hoh Aſchen zu ſchuͤtten. Die Baͤume wollen auch nicht nahe zuſammen/ noch nahe zu andern baͤumen geſetzet wer- den/ denn ſie hinderen einander mit ihrem ſchatten. Faſt wunderſamb iſt/ daß obwol dieſer Baum langſamb außſchlaͤget/ gleich- wohl aber gar ſchnell wachſet/ und offtmals in einer nacht ſeine blaͤtter gleichſam mit ei- nem gerauſch herfuͤr ſtoſſet/ und des andern tags ſchoͤn bekleidet da ſtehet/ worauff ſei- ne Fruͤchte folgen/ und bald zeitigen. Ein ſonderliche Art der Maulbeeren wachſet in dem Koͤnigreich Norwegen/ da- rauß ein koſtliches/ geiſtreiches waſſer und Latwerg/ als ein bewaͤrtes mittel wider den Scharbock zubereitet wird. Der Baum laſſet ſich an kein ander ort verſetzen/ daher/ als man ihne in dem koͤniglichen Daͤhni- ſchen Luſtgarten zu Coppenhagen oͤffters hat auffbringen wollen/ iſt er allezeit verdorꝛet/ wie ſolches Simon Pauli in Quadripart. Botan. claß. III. p. m. 404. berichtet. Eigenſchafft. Die blaͤtter und rinde haben viel waͤſſerige mit ſchleimichtem/ fluͤchtig ſaurlichtem ſal- tze vermiſchte theile bey ſich/ davon ſie die Eigenſchafft haben zu ſtopffen/ zu linderen und zuſammenzuziehen. Die Frucht aber ſo ſie reiff/ iſt mit vielem waſſerichtem ſafft begabet/ welcher zugleich viel ſaurlicht ſub- tile Saltz-theile/ und dadurch die Tugend hat allen zaͤhen Schleim in dem halß und deſ- ſelben truͤſen ſonderlich zu zerbeiſſen/ bene- ben zu kuͤhlen/ und den Entzuͤndungen des Halſes zu ſteuren. Gebrauch. Die Maulbeer erforderen ein guten ſtar- cken Magen/ alsdenn ſind ſie geſund. Die Alten pflegten ſie im Sommer morgens fruͤh vor auffgang der Sonnen abzubre- chen/ und zu abkuͤhlung bey dem end des Jmmismahls zugebrauchen: den rechten gebrauch der Maulbeeren aber hat ein un- bekannter Poet alſo angedeutet: Wer will mit gutem nutz der Maulbeern frucht genieſſen/ Laß ſich die rechte Weiß zu lehrnen nicht ver- drieſſen: Die Frucht nicht allzu reiff iſt dienlich auff die letzt/ Am beſten aber reiff vorm eſſen ſie ergetzt. Der Maulbeerſafft wird in den Apothe- cken gewohnlich auff dieſe weiß bereitet/ und von ihnen Diamoron genennet. Nim̃ Maul- beer-ſafft 12. loth/ Brombeer-ſafft/ und ſchoͤnen gelaͤuterten und verſchaumten Ho- nig/ jed. 24. loth/ ſuͤſſen geſottenen wein 6. loth/ laß die Saͤffte mit dem Honig und geſottenen wein auff einem gelinden Kohl- fewer gemaͤhlich zur dicke eines ſyrups ſiedẽ. Dieſer ſafft wird gemeiniglich unter die Gurgel-waſſer vermiſchet/ iſt ein kraͤfftige Artzney fuͤr alle gebreſten/ faͤulnuß/ erhi- tzigung und Braͤune des Halſes und munds/ ziehet auch widerumb auff das nidergeſchoſ- ſene blat oder Zaͤpflein/ und wehret den zu- fallenden fluͤſſen: Man nim̃t zu dieſes ſaffts 2. loth/ Braunellen-waſſer 6. loth/ macht es laulicht/ und thut den Rachen mit auß- ſpuͤhlen. Gebreſten. Faͤulnuß/ Erhitzi- gung und braͤune des Halſes uñ munds/ ni- dergeſchoſ- ſen Blat oder Zaͤpf- lein. Von den Maulbeeren/ die nicht gar zei- tig ſind/ wird ein waſſer gebrannt/ welches allen zaͤhen ſchleim und koder umb die bruſt erweichet/ innerliche Geſchwaͤr vertreibet/ und den hitzigen Huſten heilet. Jſt ein gut Halß-waſſer zu dem boͤſen verſehrten und verſchwollenen Halß und verwundter Kaͤlen/ macht klare augen/ ſo man bißweilen warm darein trieffet Caſtor Durantes ſchreibt/ ſo man dieſes waſſers 4. loth den jungen Kin- dern/ die mit dem Blaſen-ſtein gequaͤlet ſind/ zu trincken gebe/ bekomme es ihnen gar wohl. Zaͤher ſchleim uñ koder umb die Bruſt/ innerliche Geſchwaͤr/ hitziger hu- ſten/ ver- ſehrter uñ verſchwoll- ner Halß/ verwundte kaͤlen/ dun- ckele Augẽ/ |blaſenſtein bey jungen Kinderen. Wenn man zu dem auß Maulbeeren auß- getruckten und gelaͤuterten ſafft Zucker ver- miſcht/ und auff gelinder gluth kochet/ ſo gibt es einen ſaurlichten ſyrup ab/ welcher nicht nur in Julepen zu abloͤſchung der in- nerlichen hitzen dienlich/ ſondern auch die Durchfaͤule oder Blaͤtterlein der Zungen und des Munds durch ſeine ſchaͤrffe auff- beiſſet und heilet. Durch- ſaͤule. Die Blaͤtter und Rinden in waſſer oder halb theil eßig geſotten/ und das tranck in dem Mund gehalten/ ſtillet den Zahn-ſchmertzen. CAPUT

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/126>, abgerufen am 29.03.2024.