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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Baum- und Staud-Gewächsen.
[Spaltenumbruch] geben/ daß nicht blätter in das Band kom-
men/ weil es dem Holtz an seiner Zeitigung
sehr nachtheilig.
2. Das Hefften soll nicht nur ein/ son-
dern/ da es die nothdurfft erforderet/ mehr-
mahlen gebraucht werden.
Vom Jätten.
1. Nach dem die Reben zum drittenmahl
gehacket worden/ bekommen sie zunzeiten
viel Unkraut/ dasselbe soll alßdann fleissig
außgezogen/ und die Reben gesäuberet wer-
den.
2. Das außziehen aber soll man so offt
widerholen/ als die nothdurfft erforderet/
damit das Unkraut sich nicht besamen möge.
Von der vermischung des
Grunds.
1. Die sehr nutzliche vermischung des
Grunds ist kein newe erfindung/ sondern
von alten Römeren schon mit nutz gebraucht
worden.
2. Wenn an dieselbe ein rechter ernst für-
sichtig gebraucht und angewendet wird/ ü-
bertrifft sie an vielen orten alle andere Mit-
tel/ die an verbesserung einer Reben möch-
ten angewendet werden.
Von alten abgehenden Reben.
1. Damit ein Reben nicht in abgang
komme/ ist kein besser mittel/ denn die stück
bey leidenlichem holtz beständig zu erhalten/
auff daß sie mithin eingelegt/ und ernewe-
ret werden können.
2. Wenn sie aber zu sehr abkommen/ kan
man deren mit kurtz schneiden/ tieffem ha-
cken/ abhawen der obersten wurtzlen/ und
zulegen noch wol zu hülff kommen.
Vom Herbsten.
1. Die Trauben sollen nicht abgelesen
werden/ sie seyen denn zu jhrer vollkomme-
nen zeitigung kommen.
2. Alle Weingeschirr sollen vor jhrem
gebrauch wol gesäuberet werden.
3. An dem Mosten soll kein Arbeit ge-
spart/ damit der Wein desto besser moge
außgetruckt werden.
4. Mit dem Wein fassen soll man säu-
berlich umbgehen/ den Nachtruck ordenlich
abtheilen/ und die Fässer so wenig möglich
offen behalten/ jedoch den Wein genugsam
jasten und außwerffen lassen.
Von der Arbeit nach dem
Herbst.

1. Nach dem Herbst ziehet man forderist
die Stecken auß; demnach/ wenn die herbe
Winterskälte anheben will/ pflegt man die
in dem Boden oder auff der Ebne gelegene
Reben niderzulegen/ und mit grund oder
strohe zu decken. Man kan auch umb diese
zeit komlich grund tragen/ denselben under-
einander vermischen/ und in Mistgruben zu
künfftigem gebrauch/ under dem Baw ver-
faulen lassen.

Eigenschafft und Gebrauch.

Was die Natur des Weinstocks seye/ soll
bey einem jeden Stuck besonders angezeigt
werden.

Wein.

Der Wein ist nichts anders als der safft/
so man auß den Trauben presset/ und erstlich
[Spaltenumbruch] Most nennet/ darnach wenn er sich gesetzet
hat/ und verjohren ist/ wird er Wein geheis-
sen/ bestehet auß vielem wasser/ flüchtigem
ölichtem Geist/ und etwas temperiertem
saltz. Dieses Weins sind sehr viel Ge-
schlecht/ welche allesambt jhren Namen ha-
ben nach dem ort/ an welchem sie wachsen.
Es werden die Wein unterscheiden: Erst-
lich/ von wegen des Geschmacks/ denn et-
liche sind süß/ andere saur/ herb und scharff:
zum andern/ wegen der Farb/ denn etliche
sind weiß/ andere roth oder schwartz: zum
dritten wegen jhrer substantz/ daher etliche
Wein dünn und subtil/ andere dick und fett
sind: endlich/ wegen jhren Kräfften/ dar-
umb etliche starck/ andere schlecht sind.

Der beste Wein ist an der Farb schön/
am Geruch lieblich/ an der substantz subtil
und lauter/ und am Geschmack Weinreich/
das ist/ wenn er einen guten Nachtruck hat/
und lang auff der Zungen bitzelt.

Dieser Wein/ wenn er nicht zu alt oder
firn ist/ stärcket alle natürliche Kräfften/ er-
quicket die lebendige Geister/ erwärmet das
blöde/ schwache und kalte Hirn. Jst dem
Magen gut/ fürderet die Däwung desselbi-
gen/ und den Lust zum Essen/ machet ein
reines Geblüt/ bringt ein gute Farb. Er
zertheilet den Schleim/ und führet das ge-
wässer durch die Harngäng auß/ er machet
das Hertz frölich/ vertreibet die Traurig-
keit/ und bringet einen ruhigen Schlaff.
Man soll aber dieses verstehen/ so fern man
jhne mässiglich gebrauchet/ und den Leib
darmit nicht überschüttet. Der rothe Wein
erdickeret das Geblüt/ und ist denen besser/
welche mit durchbrüchen/ oder Hauptflüs-
sen geplaget sind.

Wenn man sich aber des Weins un-
mässiglich gebrauchet/ und stätigs voll ist/
so schwächt er durch sein öhlichten scharffen
Geist/ und saurlicht tartarisches saltz/ nicht
allein den gantzen Leib/ Magen/ Leber/
Hertz/ sondern auch das Hirn und die Ner-
ven/ daher Hauptwehe/ zittern der Hände/
der gantz und halbe Schlag/ Schwindel/
fallend Sucht/ Lähme/ Erstarrung der Gli-
der/ Unsinnigkeit/ Flüß des Haupts/ Un-
däwung des Magens/ Darmgicht und die
Wassersucht erfolget. Daß auß dem über-
flüssigen Trincken das Zipperlein oder Po-
dagra gezeuget werde/ haben die Heyden
mit jhrem alten Sprichwort bestätiget:
Podagra est Bacchi & Veneris filia, das Poda-
gra ist die Tochter Bacchi und Veneris. Da-
rumb der Poet Ovidius schreibet:

Ut Venus enervat vires, sic copia Vini
Et tentat gressus debilitatque pedes.

Die Glieder Venus schwächt/ auch hin-
dert starckes trincken/
Daß man nicht gehen kan/ und macht die
Füsse hincken.

Diejenigen können sich des Weins besser
gebrauchen/ welche alt und kalt sind/ als die
so ein hitzige Natur haben/ dieweil er bey
solchen geschwinde Fieber erwecket. Den
jungen Knaben/ welche mit vielen Hitzen
und Feuchtigkeit beladen sind/ ist der Wein
schädlich.

Starcker Wein.

Der starcke Wein ist gut wider die Auff-

blä-
K k 2
Von den Baum- und Staud-Gewaͤchſen.
[Spaltenumbruch] geben/ daß nicht blaͤtter in das Band kom-
men/ weil es dem Holtz an ſeiner Zeitigung
ſehr nachtheilig.
2. Das Hefften ſoll nicht nur ein/ ſon-
dern/ da es die nothdurfft erforderet/ mehr-
mahlen gebraucht werden.
Vom Jaͤtten.
1. Nach dem die Reben zum drittenmahl
gehacket worden/ bekommen ſie zunzeiten
viel Unkraut/ daſſelbe ſoll alßdann fleiſſig
außgezogen/ und die Reben geſaͤuberet wer-
den.
2. Das außziehen aber ſoll man ſo offt
widerholen/ als die nothdurfft erforderet/
damit das Unkraut ſich nicht beſamen moͤge.
Von der vermiſchung des
Grunds.
1. Die ſehr nutzliche vermiſchung des
Grunds iſt kein newe erfindung/ ſondern
von alten Roͤmeren ſchon mit nutz gebraucht
worden.
2. Wenn an dieſelbe ein rechter ernſt fuͤr-
ſichtig gebraucht und angewendet wird/ uͤ-
bertrifft ſie an vielen orten alle andere Mit-
tel/ die an verbeſſerung einer Reben moͤch-
ten angewendet werden.
Von alten abgehenden Reben.
1. Damit ein Reben nicht in abgang
kom̃e/ iſt kein beſſer mittel/ denn die ſtuͤck
bey leidenlichem holtz beſtaͤndig zu erhalten/
auff daß ſie mithin eingelegt/ und ernewe-
ret werden koͤnnen.
2. Wenn ſie aber zu ſehr abkom̃en/ kan
man deren mit kurtz ſchneiden/ tieffem ha-
cken/ abhawen der oberſten wurtzlen/ und
zulegen noch wol zu huͤlff kommen.
Vom Herbſten.
1. Die Trauben ſollen nicht abgeleſen
werden/ ſie ſeyen denn zu jhrer vollkomme-
nen zeitigung kommen.
2. Alle Weingeſchirꝛ ſollen vor jhrem
gebrauch wol geſaͤuberet werden.
3. An dem Moſten ſoll kein Arbeit ge-
ſpart/ damit der Wein deſto beſſer moge
außgetruckt werden.
4. Mit dem Wein faſſen ſoll man ſaͤu-
berlich umbgehen/ den Nachtruck ordenlich
abtheilen/ und die Faͤſſer ſo wenig moͤglich
offen behalten/ jedoch den Wein genugſam
jaſten und außwerffen laſſen.
Von der Arbeit nach dem
Herbſt.

1. Nach dem Herbſt ziehet man forderiſt
die Stecken auß; demnach/ wenn die herbe
Winterskaͤlte anheben will/ pflegt man die
in dem Boden oder auff der Ebne gelegene
Reben niderzulegen/ und mit grund oder
ſtrohe zu decken. Man kan auch umb dieſe
zeit komlich grund tragen/ denſelben under-
einander vermiſchen/ und in Miſtgruben zu
kuͤnfftigem gebrauch/ under dem Baw ver-
faulen laſſen.

Eigenſchafft und Gebrauch.

Was die Natur des Weinſtocks ſeye/ ſoll
bey einem jeden Stuck beſonders angezeigt
werden.

Wein.

Der Wein iſt nichts anders als der ſafft/
ſo man auß den Trauben preſſet/ und erſtlich
[Spaltenumbruch] Moſt nennet/ darnach wenn er ſich geſetzet
hat/ und verjohren iſt/ wird er Wein geheiſ-
ſen/ beſtehet auß vielem waſſer/ fluͤchtigem
oͤlichtem Geiſt/ und etwas temperiertem
ſaltz. Dieſes Weins ſind ſehr viel Ge-
ſchlecht/ welche alleſambt jhren Namen ha-
ben nach dem ort/ an welchem ſie wachſen.
Es werden die Wein unterſcheiden: Erſt-
lich/ von wegen des Geſchmacks/ denn et-
liche ſind ſuͤß/ andere ſaur/ herb und ſcharff:
zum andern/ wegen der Farb/ denn etliche
ſind weiß/ andere roth oder ſchwartz: zum
dritten wegen jhrer ſubſtantz/ daher etliche
Wein duͤnn und ſubtil/ andere dick und fett
ſind: endlich/ wegen jhren Kraͤfften/ dar-
umb etliche ſtarck/ andere ſchlecht ſind.

Der beſte Wein iſt an der Farb ſchoͤn/
am Geruch lieblich/ an der ſubſtantz ſubtil
und lauter/ und am Geſchmack Weinreich/
das iſt/ wenn er einen guten Nachtruck hat/
und lang auff der Zungen bitzelt.

Dieſer Wein/ wenn er nicht zu alt oder
firn iſt/ ſtaͤrcket alle natuͤrliche Kraͤfften/ er-
quicket die lebendige Geiſter/ erwaͤrmet das
bloͤde/ ſchwache und kalte Hirn. Jſt dem
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gen/ und den Luſt zum Eſſen/ machet ein
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erdickeret das Gebluͤt/ und iſt denen beſſer/
welche mit durchbruͤchen/ oder Hauptfluͤſ-
ſen geplaget ſind.

Wenn man ſich aber des Weins un-
maͤſſiglich gebrauchet/ und ſtaͤtigs voll iſt/
ſo ſchwaͤcht er durch ſein oͤhlichten ſcharffen
Geiſt/ und ſaurlicht tartariſches ſaltz/ nicht
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der/ Unſinnigkeit/ Fluͤß des Haupts/ Un-
daͤwung des Magens/ Darmgicht und die
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fluͤſſigen Trincken das Zipperlein oder Po-
dagra gezeuget werde/ haben die Heyden
mit jhrem alten Sprichwort beſtaͤtiget:
Podagra eſt Bacchi & Veneris filia, das Poda-
gra iſt die Tochter Bacchi und Veneris. Da-
rumb der Poet Ovidius ſchreibet:

Ut Venus enervat vires, ſic copia Vini
Et tentat greſſus debilitatq́ue pedes.

Die Glieder Venus ſchwaͤcht/ auch hin-
dert ſtarckes trincken/
Daß man nicht gehen kan/ und macht die
Fuͤſſe hincken.

Diejenigen koͤnnen ſich des Weins beſſer
gebrauchen/ welche alt und kalt ſind/ als die
ſo ein hitzige Natur haben/ dieweil er bey
ſolchen geſchwinde Fieber erwecket. Den
jungen Knaben/ welche mit vielen Hitzen
und Feuchtigkeit beladen ſind/ iſt der Wein
ſchaͤdlich.

Starcker Wein.

Der ſtarcke Wein iſt gut wider die Auff-

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K k 2
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[259/0275] Von den Baum- und Staud-Gewaͤchſen. geben/ daß nicht blaͤtter in das Band kom- men/ weil es dem Holtz an ſeiner Zeitigung ſehr nachtheilig. 2. Das Hefften ſoll nicht nur ein/ ſon- dern/ da es die nothdurfft erforderet/ mehr- mahlen gebraucht werden. Vom Jaͤtten. 1. Nach dem die Reben zum drittenmahl gehacket worden/ bekommen ſie zunzeiten viel Unkraut/ daſſelbe ſoll alßdann fleiſſig außgezogen/ und die Reben geſaͤuberet wer- den. 2. Das außziehen aber ſoll man ſo offt widerholen/ als die nothdurfft erforderet/ damit das Unkraut ſich nicht beſamen moͤge. Von der vermiſchung des Grunds. 1. Die ſehr nutzliche vermiſchung des Grunds iſt kein newe erfindung/ ſondern von alten Roͤmeren ſchon mit nutz gebraucht worden. 2. Wenn an dieſelbe ein rechter ernſt fuͤr- ſichtig gebraucht und angewendet wird/ uͤ- bertrifft ſie an vielen orten alle andere Mit- tel/ die an verbeſſerung einer Reben moͤch- ten angewendet werden. Von alten abgehenden Reben. 1. Damit ein Reben nicht in abgang kom̃e/ iſt kein beſſer mittel/ denn die ſtuͤck bey leidenlichem holtz beſtaͤndig zu erhalten/ auff daß ſie mithin eingelegt/ und ernewe- ret werden koͤnnen. 2. Wenn ſie aber zu ſehr abkom̃en/ kan man deren mit kurtz ſchneiden/ tieffem ha- cken/ abhawen der oberſten wurtzlen/ und zulegen noch wol zu huͤlff kommen. Vom Herbſten. 1. Die Trauben ſollen nicht abgeleſen werden/ ſie ſeyen denn zu jhrer vollkomme- nen zeitigung kommen. 2. Alle Weingeſchirꝛ ſollen vor jhrem gebrauch wol geſaͤuberet werden. 3. An dem Moſten ſoll kein Arbeit ge- ſpart/ damit der Wein deſto beſſer moge außgetruckt werden. 4. Mit dem Wein faſſen ſoll man ſaͤu- berlich umbgehen/ den Nachtruck ordenlich abtheilen/ und die Faͤſſer ſo wenig moͤglich offen behalten/ jedoch den Wein genugſam jaſten und außwerffen laſſen. Von der Arbeit nach dem Herbſt. 1. Nach dem Herbſt ziehet man forderiſt die Stecken auß; demnach/ wenn die herbe Winterskaͤlte anheben will/ pflegt man die in dem Boden oder auff der Ebne gelegene Reben niderzulegen/ und mit grund oder ſtrohe zu decken. Man kan auch umb dieſe zeit komlich grund tragen/ denſelben under- einander vermiſchen/ und in Miſtgruben zu kuͤnfftigem gebrauch/ under dem Baw ver- faulen laſſen. Eigenſchafft und Gebrauch. Was die Natur des Weinſtocks ſeye/ ſoll bey einem jeden Stuck beſonders angezeigt werden. Wein. Der Wein iſt nichts anders als der ſafft/ ſo man auß den Trauben preſſet/ und erſtlich Moſt nennet/ darnach wenn er ſich geſetzet hat/ und verjohren iſt/ wird er Wein geheiſ- ſen/ beſtehet auß vielem waſſer/ fluͤchtigem oͤlichtem Geiſt/ und etwas temperiertem ſaltz. Dieſes Weins ſind ſehr viel Ge- ſchlecht/ welche alleſambt jhren Namen ha- ben nach dem ort/ an welchem ſie wachſen. Es werden die Wein unterſcheiden: Erſt- lich/ von wegen des Geſchmacks/ denn et- liche ſind ſuͤß/ andere ſaur/ herb und ſcharff: zum andern/ wegen der Farb/ denn etliche ſind weiß/ andere roth oder ſchwartz: zum dritten wegen jhrer ſubſtantz/ daher etliche Wein duͤnn und ſubtil/ andere dick und fett ſind: endlich/ wegen jhren Kraͤfften/ dar- umb etliche ſtarck/ andere ſchlecht ſind. Der beſte Wein iſt an der Farb ſchoͤn/ am Geruch lieblich/ an der ſubſtantz ſubtil und lauter/ und am Geſchmack Weinreich/ das iſt/ wenn er einen guten Nachtruck hat/ und lang auff der Zungen bitzelt. Dieſer Wein/ wenn er nicht zu alt oder firn iſt/ ſtaͤrcket alle natuͤrliche Kraͤfften/ er- quicket die lebendige Geiſter/ erwaͤrmet das bloͤde/ ſchwache und kalte Hirn. Jſt dem Magen gut/ fuͤrderet die Daͤwung deſſelbi- gen/ und den Luſt zum Eſſen/ machet ein reines Gebluͤt/ bringt ein gute Farb. Er zertheilet den Schleim/ und fuͤhret das ge- waͤſſer durch die Harngaͤng auß/ er machet das Hertz froͤlich/ vertreibet die Traurig- keit/ und bringet einen ruhigen Schlaff. Man ſoll aber dieſes verſtehen/ ſo fern man jhne maͤſſiglich gebrauchet/ und den Leib darmit nicht uͤberſchuͤttet. Der rothe Wein erdickeret das Gebluͤt/ und iſt denen beſſer/ welche mit durchbruͤchen/ oder Hauptfluͤſ- ſen geplaget ſind. Wenn man ſich aber des Weins un- maͤſſiglich gebrauchet/ und ſtaͤtigs voll iſt/ ſo ſchwaͤcht er durch ſein oͤhlichten ſcharffen Geiſt/ und ſaurlicht tartariſches ſaltz/ nicht allein den gantzen Leib/ Magen/ Leber/ Hertz/ ſondern auch das Hirn und die Ner- ven/ daher Hauptwehe/ zittern der Haͤnde/ der gantz und halbe Schlag/ Schwindel/ fallend Sucht/ Laͤhme/ Erſtarꝛung der Gli- der/ Unſinnigkeit/ Fluͤß des Haupts/ Un- daͤwung des Magens/ Darmgicht und die Waſſerſucht erfolget. Daß auß dem uͤber- fluͤſſigen Trincken das Zipperlein oder Po- dagra gezeuget werde/ haben die Heyden mit jhrem alten Sprichwort beſtaͤtiget: Podagra eſt Bacchi & Veneris filia, das Poda- gra iſt die Tochter Bacchi und Veneris. Da- rumb der Poet Ovidius ſchreibet: Ut Venus enervat vires, ſic copia Vini Et tentat greſſus debilitatq́ue pedes. Die Glieder Venus ſchwaͤcht/ auch hin- dert ſtarckes trincken/ Daß man nicht gehen kan/ und macht die Fuͤſſe hincken. Diejenigen koͤnnen ſich des Weins beſſer gebrauchen/ welche alt und kalt ſind/ als die ſo ein hitzige Natur haben/ dieweil er bey ſolchen geſchwinde Fieber erwecket. Den jungen Knaben/ welche mit vielen Hitzen und Feuchtigkeit beladen ſind/ iſt der Wein ſchaͤdlich. Starcker Wein. Der ſtarcke Wein iſt gut wider die Auff- blaͤ- K k 2

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/275>, abgerufen am 28.03.2024.