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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Meer-Zwibel. Scilla.
Namen.

MEer-Zwibel/ heißt Griechisch/
[fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt]. Lateinisch/ Scilla, Squilla,
Cepa marina, Cepa muris.
Jtaliä-
nisch/ Cipolla marina. Frantzösisch/ Oi-
gnon marin, Squille, Charpentaire.
Spanisch/
Cebolla albarrana. Englisch/ The red Squill/
Sea-Onion. Niderländisch/ Zee ayeuyn.
Mauß-zwibel wird sie in Hoch-teutscher
Sprach genennt/ dieweil die Mäuß/ wenn
sie das wasser/ darinn Meer-zwibeln gele-
gen ist/ trincken/ davon sterben müssen.

Gestalt.

Die Wurtzel der Meer-zwibel/ Scillae
vulgaris radice rubra, C. B.
hat viel röthlichte
schelffen über einander/ wie die Zwibel/ ist
aber viel grösser und dicker/ voll klebichtes
saffts. Auß der Wurtzel komt erstlich ein
schöner/ langer/ runder und glatter stengel
herfür/ daran fürnemlich im Herbst schöne
weiß-gelbe Blumen auff beyden seiten wach-
sen. Wenn dieselbigen abfallen/ und der
stengel dörret/ auch der Samen im Wein-
monat reiff worden/ so kommen allererst
auß der Zwibel breite dicke blätter ohne stiel/
wie an den weissen Gilgen. Meer-zwibel in
Lufft gehenckt/ verdorret nicht bald/ sondern
bleibet gleich andern Zwibeln ein lange zeit
frisch. Sie wachßt in grosser mänge in A-
pulien und Sicilien bey dem Meer. Man
findet sie auch an vielen orten in Hispanten
und Portugal.

Diese Scilla Hispanica Clus. oder Scilla radi-
ce alba, C. B.
hat ein dicke wurtzel/ welche
mit vielen weissen schelffen voll klebrichtes
saffts verwahret/ und mit vielen zaseln be-
gabet wird. Der stengel ist gerad/ nackend/
und elen hoch/ auch mit weissen gestirnten
[Spaltenumbruch] Blumen gezieret/ so sich den geährten Feld-
Zwibel-blumen vergleichen; ihnen folgen
dreyeckichte schöttlein nach/ die einen schwar-
tzen glatten samen in sich halten. Jhre
Blätter kommen in dem Wemmonat auß
der wurtzel bey dem ursprung des ste[n]gels
auff beyden seiten fünff oder sechs an der
zahl herfür/ die sind grün/ breit/ dick/ und
neigen sich gegen dem boden. Sie blühet
im Augst- und Herbst-monat/ der Samen
wird zeitig im Weinmonat. Diese weisse
Meer-zwibel haltet man gemeiniglich für
die beste.

Eigenschafft.

Die Meer-zwibel ist warm in dem ande-
ren grad; und hat ein scharffes flüchtiges
etwas bitteres saltz in sich/ welches in der
dörrung mit dem safft davon fliegt; ist also
mit nutzlicher eigenschafft begabet/ allen zä-
hen schleim zu erdünneren/ und abzulösen/
die verstopffungen zu eröffnen/ das Einge-
weid von allem überflüßigen klebichten
schleim zu erledigen/ den harn zu treiben/
den Athem zu erleichteren/ und den auß-
wurff der Brust zu beförderen.

Gebrauch.

Die rohe Meer-zwibel braucht man nicht
im Leib ohne schaden/ derohalben soll man
sie also zubereiten. Man nimt ein gantze
Meer-zwibel/ thut die äusserste rinden da-
von/ über das übrige wird ein Teig von
Brot fingers-dick gezogen/ in einem war-
men Bachofen/ biß es genug ist/ gebachen/
und die Zwibeln hernach mit einem beinernen
oder höltzernen messer von einander geschnit-
ten/ alßdenn hängt man die Schnitten an
ein faden/ und läßt sie am Lufft trucknen/
darauß wird der Meerzwibel-eßig also ge-
macht: Man nimt dieser also bereiteten
Meer-zwibel 4. loth/ schüttet darüber Wein-
eßig 16. loth/ und läßt solches vier zehen täg
an der Sonnen stehen. Dieser Meerzwi-
beln-eßig/ Acetum scilliticum; ist von den
Alten in sehr hohem werth/ ja für eine uni-
versal
Artzney gehalten worden. So jemand
von diesem Eßig bißweilen morgens nüch-
tern ein löffelein voll trincket/ der ist sicher
vor der Mund-fäule und Halß-geschwären/Mundfäu-
le/ Halß-
geschwär.

er stärcket den Magen/ treibet den Harn/
und bekomt davon der Mensch einen leichten
Athem/ helle Stimm/ klar Gesicht/ gut
Gehör/ und gesunde Farb/ verdäwet die
Speise wohl/ und darff sich keiner innerli-
chen Verstopffung/ Geschwulst oder Har-
tigkeit besorgen. Jn summa/ der Meer-
zwibeln-eßig ist eine außerwehlte Artzney/
zu erhaltung menschlicher Gesundheit. Er
vertreibet die fallende Sucht/ so sie erst an-Fallende
Sucht.

gefangen/ und die eingewurtzelte bewältiget
er/ daß sie den Krancken nicht so offt und
hefftig anstosset. Jm Mund gehalten/ be-
festiget er die wackelnde Zähn: damit warmWäckelnde
Zähn/
Flüß des
Haupts/
schwerli-
cher A-
them/ zäher
Schleim
auff der
Brust.

gegurgelt/ ziehet er die Flüß auß dem Haupt.
Wider den schweren Athem/ da einer ersti-
cken wil/ soll man von diesem Eßig ein löf-
felein voll langsamlich hinabschlucken/ denn
er den zähen Schleim auff der Brust kräff-
tiglich zertheilt/ und zum außwurff beför-
deret. Diese herrliche Artzney hat erstlich
erfunden/ der grosse Philosophus und Natur-

kün-
Z z 2
Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Meer-Zwibel. Scilla.
Namen.

MEer-Zwibel/ heißt Griechiſch/
[fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt]. Lateiniſch/ Scilla, Squilla,
Cepa marina, Cepa muris.
Jtaliaͤ-
niſch/ Cipolla marina. Frantzoͤſiſch/ Oi-
gnon marin, Squille, Charpentaire.
Spaniſch/
Cebolla albarrana. Engliſch/ The red Squill/
Sea-Onion. Niderlaͤndiſch/ Zee ayeuyn.
Mauß-zwibel wird ſie in Hoch-teutſcher
Sprach genennt/ dieweil die Maͤuß/ wenn
ſie das waſſer/ darinn Meer-zwibeln gele-
gen iſt/ trincken/ davon ſterben muͤſſen.

Geſtalt.

Die Wurtzel der Meer-zwibel/ Scillæ
vulgaris radice rubra, C. B.
hat viel roͤthlichte
ſchelffen uͤber einander/ wie die Zwibel/ iſt
aber viel groͤſſer und dicker/ voll klebichtes
ſaffts. Auß der Wurtzel komt erſtlich ein
ſchoͤner/ langer/ runder und glatter ſtengel
herfuͤr/ daran fuͤrnemlich im Herbſt ſchoͤne
weiß-gelbe Blumen auff beyden ſeiten wach-
ſen. Wenn dieſelbigen abfallen/ und der
ſtengel doͤrꝛet/ auch der Samen im Wein-
monat reiff worden/ ſo kommen allererſt
auß der Zwibel breite dicke blaͤtter ohne ſtiel/
wie an den weiſſen Gilgen. Meer-zwibel in
Lufft gehenckt/ verdorꝛet nicht bald/ ſondern
bleibet gleich andern Zwibeln ein lange zeit
friſch. Sie wåchßt in groſſer maͤnge in A-
pulien und Sicilien bey dem Meer. Man
findet ſie auch an vielen orten in Hiſpanten
und Portugal.

Dieſe Scilla Hiſpanica Cluſ. oder Scilla radi-
ce alba, C. B.
hat ein dicke wurtzel/ welche
mit vielen weiſſen ſchelffen voll klebrichtes
ſaffts verwahret/ und mit vielen zaſeln be-
gabet wird. Der ſtengel iſt gerad/ nackend/
und elen hoch/ auch mit weiſſen geſtirnten
[Spaltenumbruch] Blumen gezieret/ ſo ſich den geaͤhrten Feld-
Zwibel-blumen vergleichen; ihnen folgen
dreyeckichte ſchoͤttlein nach/ die einen ſchwar-
tzen glatten ſamen in ſich halten. Jhre
Blaͤtter kommen in dem Wemmonat auß
der wurtzel bey dem urſprung des ſte[n]gels
auff beyden ſeiten fuͤnff oder ſechs an der
zahl herfuͤr/ die ſind gruͤn/ breit/ dick/ und
neigen ſich gegen dem boden. Sie bluͤhet
im Augſt- und Herbſt-monat/ der Samen
wird zeitig im Weinmonat. Dieſe weiſſe
Meer-zwibel haltet man gemeiniglich fuͤr
die beſte.

Eigenſchafft.

Die Meer-zwibel iſt warm in dem ande-
ren grad; und hat ein ſcharffes fluͤchtiges
etwas bitteres ſaltz in ſich/ welches in der
doͤrꝛung mit dem ſafft davon fliegt; iſt alſo
mit nutzlicher eigenſchafft begabet/ allen zaͤ-
hen ſchleim zu erduͤnneren/ und abzuloͤſen/
die verſtopffungen zu eroͤffnen/ das Einge-
weid von allem uͤberfluͤßigen klebichten
ſchleim zu erledigen/ den harn zu treiben/
den Athem zu erleichteren/ und den auß-
wurff der Bruſt zu befoͤrderen.

Gebrauch.

Die rohe Meer-zwibel braucht man nicht
im Leib ohne ſchaden/ derohalben ſoll man
ſie alſo zubereiten. Man nimt ein gantze
Meer-zwibel/ thut die aͤuſſerſte rinden da-
von/ uͤber das uͤbrige wird ein Teig von
Brot fingers-dick gezogen/ in einem war-
men Bachofen/ biß es genug iſt/ gebachen/
und die Zwibeln hernach mit einem beinernen
oder hoͤltzernen meſſer von einander geſchnit-
ten/ alßdenn haͤngt man die Schnitten an
ein faden/ und laͤßt ſie am Lufft trucknen/
darauß wird der Meerzwibel-eßig alſo ge-
macht: Man nimt dieſer alſo bereiteten
Meer-zwibel 4. loth/ ſchuͤttet daruͤber Wein-
eßig 16. loth/ und laͤßt ſolches vier zehen taͤg
an der Sonnen ſtehen. Dieſer Meerzwi-
beln-eßig/ Acetum ſcilliticum; iſt von den
Alten in ſehr hohem werth/ ja fuͤr eine uni-
verſal
Artzney gehalten worden. So jemand
von dieſem Eßig bißweilen morgens nuͤch-
tern ein loͤffelein voll trincket/ der iſt ſicher
vor der Mund-faͤule und Halß-geſchwaͤren/Mundfaͤu-
le/ Halß-
geſchwaͤr.

er ſtaͤrcket den Magen/ treibet den Harn/
und bekomt davon der Menſch einen leichten
Athem/ helle Stimm/ klar Geſicht/ gut
Gehoͤr/ und geſunde Farb/ verdaͤwet die
Speiſe wohl/ und darff ſich keiner innerli-
chen Verſtopffung/ Geſchwulſt oder Har-
tigkeit beſorgen. Jn ſumma/ der Meer-
zwibeln-eßig iſt eine außerwehlte Artzney/
zu erhaltung menſchlicher Geſundheit. Er
vertreibet die fallende Sucht/ ſo ſie erſt an-Fallende
Sucht.

gefangen/ und die eingewurtzelte bewaͤltiget
er/ daß ſie den Krancken nicht ſo offt und
hefftig anſtoſſet. Jm Mund gehalten/ be-
feſtiget er die wackelnde Zaͤhn: damit warmWaͤckelnde
Zaͤhn/
Fluͤß des
Haupts/
ſchwerli-
cher A-
them/ zaͤher
Schleim
auff der
Bruſt.

gegurgelt/ ziehet er die Fluͤß auß dem Haupt.
Wider den ſchweren Athem/ da einer erſti-
cken wil/ ſoll man von dieſem Eßig ein loͤf-
felein voll langſamlich hinabſchlucken/ denn
er den zaͤhen Schleim auff der Bruſt kraͤff-
tiglich zertheilt/ und zum außwurff befoͤr-
deret. Dieſe herꝛliche Artzney hat erſtlich
erfunden/ der groſſe Philoſophus und Natur-

kuͤn-
Z z 2
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[363/0379] Von den Kraͤuteren. [Abbildung Meer-Zwibel. Scilla. ] Namen. MEer-Zwibel/ heißt Griechiſch/ _. Lateiniſch/ Scilla, Squilla, Cepa marina, Cepa muris. Jtaliaͤ- niſch/ Cipolla marina. Frantzoͤſiſch/ Oi- gnon marin, Squille, Charpentaire. Spaniſch/ Cebolla albarrana. Engliſch/ The red Squill/ Sea-Onion. Niderlaͤndiſch/ Zee ayeuyn. Mauß-zwibel wird ſie in Hoch-teutſcher Sprach genennt/ dieweil die Maͤuß/ wenn ſie das waſſer/ darinn Meer-zwibeln gele- gen iſt/ trincken/ davon ſterben muͤſſen. Geſtalt. Die Wurtzel der Meer-zwibel/ Scillæ vulgaris radice rubra, C. B. hat viel roͤthlichte ſchelffen uͤber einander/ wie die Zwibel/ iſt aber viel groͤſſer und dicker/ voll klebichtes ſaffts. Auß der Wurtzel komt erſtlich ein ſchoͤner/ langer/ runder und glatter ſtengel herfuͤr/ daran fuͤrnemlich im Herbſt ſchoͤne weiß-gelbe Blumen auff beyden ſeiten wach- ſen. Wenn dieſelbigen abfallen/ und der ſtengel doͤrꝛet/ auch der Samen im Wein- monat reiff worden/ ſo kommen allererſt auß der Zwibel breite dicke blaͤtter ohne ſtiel/ wie an den weiſſen Gilgen. Meer-zwibel in Lufft gehenckt/ verdorꝛet nicht bald/ ſondern bleibet gleich andern Zwibeln ein lange zeit friſch. Sie wåchßt in groſſer maͤnge in A- pulien und Sicilien bey dem Meer. Man findet ſie auch an vielen orten in Hiſpanten und Portugal. Dieſe Scilla Hiſpanica Cluſ. oder Scilla radi- ce alba, C. B. hat ein dicke wurtzel/ welche mit vielen weiſſen ſchelffen voll klebrichtes ſaffts verwahret/ und mit vielen zaſeln be- gabet wird. Der ſtengel iſt gerad/ nackend/ und elen hoch/ auch mit weiſſen geſtirnten Blumen gezieret/ ſo ſich den geaͤhrten Feld- Zwibel-blumen vergleichen; ihnen folgen dreyeckichte ſchoͤttlein nach/ die einen ſchwar- tzen glatten ſamen in ſich halten. Jhre Blaͤtter kommen in dem Wemmonat auß der wurtzel bey dem urſprung des ſtengels auff beyden ſeiten fuͤnff oder ſechs an der zahl herfuͤr/ die ſind gruͤn/ breit/ dick/ und neigen ſich gegen dem boden. Sie bluͤhet im Augſt- und Herbſt-monat/ der Samen wird zeitig im Weinmonat. Dieſe weiſſe Meer-zwibel haltet man gemeiniglich fuͤr die beſte. Eigenſchafft. Die Meer-zwibel iſt warm in dem ande- ren grad; und hat ein ſcharffes fluͤchtiges etwas bitteres ſaltz in ſich/ welches in der doͤrꝛung mit dem ſafft davon fliegt; iſt alſo mit nutzlicher eigenſchafft begabet/ allen zaͤ- hen ſchleim zu erduͤnneren/ und abzuloͤſen/ die verſtopffungen zu eroͤffnen/ das Einge- weid von allem uͤberfluͤßigen klebichten ſchleim zu erledigen/ den harn zu treiben/ den Athem zu erleichteren/ und den auß- wurff der Bruſt zu befoͤrderen. Gebrauch. Die rohe Meer-zwibel braucht man nicht im Leib ohne ſchaden/ derohalben ſoll man ſie alſo zubereiten. Man nimt ein gantze Meer-zwibel/ thut die aͤuſſerſte rinden da- von/ uͤber das uͤbrige wird ein Teig von Brot fingers-dick gezogen/ in einem war- men Bachofen/ biß es genug iſt/ gebachen/ und die Zwibeln hernach mit einem beinernen oder hoͤltzernen meſſer von einander geſchnit- ten/ alßdenn haͤngt man die Schnitten an ein faden/ und laͤßt ſie am Lufft trucknen/ darauß wird der Meerzwibel-eßig alſo ge- macht: Man nimt dieſer alſo bereiteten Meer-zwibel 4. loth/ ſchuͤttet daruͤber Wein- eßig 16. loth/ und laͤßt ſolches vier zehen taͤg an der Sonnen ſtehen. Dieſer Meerzwi- beln-eßig/ Acetum ſcilliticum; iſt von den Alten in ſehr hohem werth/ ja fuͤr eine uni- verſal Artzney gehalten worden. So jemand von dieſem Eßig bißweilen morgens nuͤch- tern ein loͤffelein voll trincket/ der iſt ſicher vor der Mund-faͤule und Halß-geſchwaͤren/ er ſtaͤrcket den Magen/ treibet den Harn/ und bekomt davon der Menſch einen leichten Athem/ helle Stimm/ klar Geſicht/ gut Gehoͤr/ und geſunde Farb/ verdaͤwet die Speiſe wohl/ und darff ſich keiner innerli- chen Verſtopffung/ Geſchwulſt oder Har- tigkeit beſorgen. Jn ſumma/ der Meer- zwibeln-eßig iſt eine außerwehlte Artzney/ zu erhaltung menſchlicher Geſundheit. Er vertreibet die fallende Sucht/ ſo ſie erſt an- gefangen/ und die eingewurtzelte bewaͤltiget er/ daß ſie den Krancken nicht ſo offt und hefftig anſtoſſet. Jm Mund gehalten/ be- feſtiget er die wackelnde Zaͤhn: damit warm gegurgelt/ ziehet er die Fluͤß auß dem Haupt. Wider den ſchweren Athem/ da einer erſti- cken wil/ ſoll man von dieſem Eßig ein loͤf- felein voll langſamlich hinabſchlucken/ denn er den zaͤhen Schleim auff der Bruſt kraͤff- tiglich zertheilt/ und zum außwurff befoͤr- deret. Dieſe herꝛliche Artzney hat erſtlich erfunden/ der groſſe Philoſophus und Natur- kuͤn- Mundfaͤu- le/ Halß- geſchwaͤr. Fallende Sucht. Waͤckelnde Zaͤhn/ Fluͤß des Haupts/ ſchwerli- cher A- them/ zaͤher Schleim auff der Bruſt. Z z 2

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/379>, abgerufen am 18.04.2024.