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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch] nehrhafftes wesen in sich/ und also mehr tu-
gend zu nehren/ als aber in der Artzney.

Gebrauch.

Camerarius vermeinet/ dieses Gewächs
seye ein Wundkraut/ und schreibt dabey/ er
habe offt ein röthlicht Gummi an den sten-
geln gefunden/ welches/ wie ihme ein für-
nehmer Herr gesagt/ in Spanien zu den
Wunden gebraucht werde. So ist sich auch
zu verwundern/ daß so man dieses Krauts
stengel etliche mahl von einander bricht/ al-
lein die eusserste schelffen gantz bleibet/ und
so man die widerumb zusammen bindet/ sehr
bald wider zusammen wächßt/ und gleich wie
an einem Beinbruch ein callum oder Maser
verursachet.

Die blumen dieses Gewächses von den
blätterlein wol gesäuberet/ und mit Butter/
Saltz und Gewürtz gekocht/ gibt eine speise
ab/ so da lieblicher als die Sparglen und
Artischocken/ erwecken grossen lust zu den eh-
lichen wercken. Gleiche lieblichkeit und tu-
genden haben auch die stiel der blättern/ auff
obige weiß gekocht und zubereitet.



CAPUT VII.
[Abbildung] Aniß. Anisum.
Namen.

ANiß oder Eniß heißt Griechisch/ [fremdsprachliches Material - 3 Zeichen fehlen]-
[fremdsprachliches Material - 3 Zeichen fehlen]. Lateinisch/ Anisum. Jtaliänisch/
Aniso. Frantzösisch/ Anis. Spanisch/
Matalahuga, Anis, Yerva dulce. Englisch/ A-
nise. Dänisch und Niderländisch/ Anyß.

Gestalt.

Es soll der berühmte alte Heidnische Phi-
losophus Pythagoras
den Aniß sehr gepriesen/
und hoch gehalten haben. Bey den alten
Teutschen ware er auch in hohem werth/
daher sie ihn auß Candien/ und andern frem-
[Spaltenumbruch] den orten bringen lassen. Heutiges tags
wächßt er bey uns überflüßig/ denn man ih-
ne am Rheinstrom in grosser menge zielet/
sonderlich aber in den Straßburgerischen
und Speyerischen Feldern/ also daß wir auch
andern Völckern mittheilen können. Es hat
der Aniß ein kleine/ harte/ holtzichte und
weisse wurtzel/ mit vielen kleinen zaseln be-
hängt. Die blätter sind zerkerfft/ wie der
Peterlein/ werden aber grösser und ründer/
anzusehen wie die jungen blätter des Liebstö-
ckels/ sind weißfärbig und eines süssen lieb-
lichen Geruchs. Jm Hewmonat gewinnet
er runde/ hole und kleine stengel/ mit schö-
nen weiß-blühenden kronen/ die vergleichen
sich des Bockspeterleins/ oder des Corian-
ders Krone. Der Samen/ so nach den
abgefallenen blümlein folgt/ ist weißfärbig/
dicker als des runden Fenchels/ und auch
kürtzer/ er hat ein sonderlichen anmüthigen
süssen geruch und geschmack. Die Alten lo-
ben den/ so in Candien/ Syrien und Egy-
pten wächßt/ wir aber wollen bey dem unsern
bleiben/ sintemahl wir denselben allezeit fri-
scher haben können. Der Anißsamen/ wenn
er trocken und an keinem feuchten ort behal-
ten wird/ so bleibt er drey Jahr bey guten
kräfften. Es muß der Aniß ein fetten und
wolgetüngten boden haben/ darinn wächßt
er sehr wol fort/ sonderlich so dessen mit gies-
sen wol gewartet wird. Man soll ihn im
Hornung und Mertzen säen. Jn Böhmen
komt der samen kleiner als an andern orten
herfür.

Eigenschafft.

Der Aniß-samen hat ein flüchtig-ölichtes
miltes saltz bey sich/ und daher eine krafft zu
erwärmeu/ zu trocknen/ und zu zertheilen/
das Haupt/ Brust und Magen zu stär-
cken/ und die Wind zu vertheilen; ist warm
im andern und trocken im ersten grad: wird
in der Artzney innerlich und äusserlich ge-
braucht.

Gebrauch.

Es wird der Aniß-samen heutiges tagsBlähung
des Ma-
gens/ miltz
und der
Därm/
Bauchweh
Grimmen
und Was-
sersucht.
Abnehmen
der Milch
bey säugen-
den Wei-
bern/ er-
kaltete
Männer
zu ehlichen
wercken/
stinckender
Athem/
blöd Ge-
sicht/ kalte
Brust/ kei-
chen/ alter
Husten/
kalter ma-
gen/ wind/
windige
wassersucht
Leibwehe/
Grimmen
Lenden und
Nierenweh

bey uns Teutschen/ wie bey den Alten/ nicht
allein in der Artzney/ sondern auch in der
speiß gebraucht. Man bachet ihn bißweilen
in das Brot/ und machet gemeiniglich das
Zucker-brot damit/ er gibt dem Brot nicht
allein ein guten lieblichen geschmack/ sondern
wird auch nutzlich in etlichen Kranckheiten
gebrauchet: als nemlich in den Blähungen
des Magens/ Miltzes und der Därm/ im
Bauchweh/ Grimmen und der Wassersucht.

Der Aniß erhält den säugenden Weibern
die Milch/ und dienet den erkalteten Män-
nern zu den ehelichen wercken. Er macht ei-
nen wolriechenden Athem/ in dem Mund
gekewet und hinab geschlucket/ stärcket das
blöde Gesicht/ erwärmet die kalte Brust/ ver-
treibet das Keichen/ dienet wider den alten
Husten/ erwärmet und stärcket den erkalte-
ten Magen/ zertheilet und führet auß die
Wind/ daher man ihn in der windigen Was-
sersucht fleißig brauchen soll. Er dienet wi-
der das Leibwehe/ Grimmen/ Lenden- und
Nieren-wehe/ so von Blästen verursachet
wird.

Joh. Schroederus Lib. IV. Pharmacop. Med.

Chym.
T t t t 2

Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch] nehrhafftes weſen in ſich/ und alſo mehr tu-
gend zu nehren/ als aber in der Artzney.

Gebrauch.

Camerarius vermeinet/ dieſes Gewaͤchs
ſeye ein Wundkraut/ und ſchreibt dabey/ er
habe offt ein roͤthlicht Gummi an den ſten-
geln gefunden/ welches/ wie ihme ein fuͤr-
nehmer Herꝛ geſagt/ in Spanien zu den
Wunden gebraucht werde. So iſt ſich auch
zu verwundern/ daß ſo man dieſes Krauts
ſtengel etliche mahl von einander bricht/ al-
lein die euſſerſte ſchelffen gantz bleibet/ und
ſo man die widerumb zuſammen bindet/ ſehr
bald wider zuſammen waͤchßt/ und gleich wie
an einem Beinbruch ein callum oder Maſer
verurſachet.

Die blumen dieſes Gewaͤchſes von den
blaͤtterlein wol geſaͤuberet/ und mit Butter/
Saltz und Gewuͤrtz gekocht/ gibt eine ſpeiſe
ab/ ſo da lieblicher als die Sparglen und
Artiſchocken/ erwecken groſſen luſt zu den eh-
lichen wercken. Gleiche lieblichkeit und tu-
genden haben auch die ſtiel der blaͤttern/ auff
obige weiß gekocht und zubereitet.



CAPUT VII.
[Abbildung] Aniß. Aniſum.
Namen.

ANiß oder Eniß heißt Griechiſch/ [fremdsprachliches Material – 3 Zeichen fehlen]-
[fremdsprachliches Material – 3 Zeichen fehlen]. Lateiniſch/ Aniſum. Jtaliaͤniſch/
Aniſo. Frantzoͤſiſch/ Anis. Spaniſch/
Matalahuga, Anis, Yerva dulce. Engliſch/ A-
niſe. Daͤniſch und Niderlaͤndiſch/ Anyß.

Geſtalt.

Es ſoll der beruͤhmte alte Heidniſche Phi-
loſophus Pythagoras
den Aniß ſehr geprieſen/
und hoch gehalten haben. Bey den alten
Teutſchen ware er auch in hohem werth/
daher ſie ihn auß Candien/ und andern frem-
[Spaltenumbruch] den orten bringen laſſen. Heutiges tags
waͤchßt er bey uns uͤberfluͤßig/ denn man ih-
ne am Rheinſtrom in groſſer menge zielet/
ſonderlich aber in den Straßburgeriſchen
und Speyeriſchen Feldern/ alſo daß wir auch
andern Voͤlckern mittheilen koͤnnen. Es hat
der Aniß ein kleine/ harte/ holtzichte und
weiſſe wurtzel/ mit vielen kleinen zaſeln be-
haͤngt. Die blaͤtter ſind zerkerfft/ wie der
Peterlein/ werden aber groͤſſer und ruͤnder/
anzuſehen wie die jungen blaͤtter des Liebſtoͤ-
ckels/ ſind weißfaͤrbig und eines ſuͤſſen lieb-
lichen Geruchs. Jm Hewmonat gewinnet
er runde/ hole und kleine ſtengel/ mit ſchoͤ-
nen weiß-bluͤhenden kronen/ die vergleichen
ſich des Bockspeterleins/ oder des Corian-
ders Krone. Der Samen/ ſo nach den
abgefallenen bluͤmlein folgt/ iſt weißfaͤrbig/
dicker als des runden Fenchels/ und auch
kuͤrtzer/ er hat ein ſonderlichen anmuͤthigen
ſuͤſſen geruch und geſchmack. Die Alten lo-
ben den/ ſo in Candien/ Syrien und Egy-
pten waͤchßt/ wir aber wollen bey dem unſern
bleiben/ ſintemahl wir denſelben allezeit fri-
ſcher haben koͤnnen. Der Anißſamen/ wenn
er trocken und an keinem feuchten ort behal-
ten wird/ ſo bleibt er drey Jahr bey guten
kraͤfften. Es muß der Aniß ein fetten und
wolgetuͤngten boden haben/ darinn waͤchßt
er ſehr wol fort/ ſonderlich ſo deſſen mit gieſ-
ſen wol gewartet wird. Man ſoll ihn im
Hornung und Mertzen ſaͤen. Jn Boͤhmen
komt der ſamen kleiner als an andern orten
herfuͤr.

Eigenſchafft.

Der Aniß-ſamen hat ein fluͤchtig-oͤlichtes
miltes ſaltz bey ſich/ und daher eine krafft zu
erwaͤrmeu/ zu trocknen/ und zu zertheilen/
das Haupt/ Bruſt und Magen zu ſtaͤr-
cken/ und die Wind zu vertheilen; iſt warm
im andern und trocken im erſten grad: wird
in der Artzney innerlich und aͤuſſerlich ge-
braucht.

Gebrauch.

Es wird der Aniß-ſamen heutiges tagsBlaͤhung
des Ma-
gens/ miltz
und der
Daͤrm/
Bauchweh
Grimmen
und Waſ-
ſerſucht.
Abnehmen
der Milch
bey ſaͤugẽ-
den Wei-
bern/ er-
kaltete
Maͤnner
zu ehlichen
wercken/
ſtinckender
Athem/
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ſicht/ kalte
Bruſt/ kei-
chen/ alter
Huſten/
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windige
waſſeꝛſucht
Leibwehe/
Grimmen
Lenden uñ
Nieꝛenweh

bey uns Teutſchen/ wie bey den Alten/ nicht
allein in der Artzney/ ſondern auch in der
ſpeiß gebraucht. Man bachet ihn bißweilen
in das Brot/ und machet gemeiniglich das
Zucker-brot damit/ er gibt dem Brot nicht
allein ein guten lieblichen geſchmack/ ſondern
wird auch nutzlich in etlichen Kranckheiten
gebrauchet: als nemlich in den Blaͤhungen
des Magens/ Miltzes und der Daͤrm/ im
Bauchweh/ Grimmen und der Waſſerſucht.

Der Aniß erhaͤlt den ſaͤugenden Weibern
die Milch/ und dienet den erkalteten Maͤn-
nern zu den ehelichen wercken. Er macht ei-
nen wolriechenden Athem/ in dem Mund
gekewet und hinab geſchlucket/ ſtaͤrcket das
bloͤde Geſicht/ erwaͤrmet die kalte Bruſt/ ver-
treibet das Keichen/ dienet wider den alten
Huſten/ erwaͤrmet und ſtaͤrcket den erkalte-
ten Magen/ zertheilet und fuͤhret auß die
Wind/ daher man ihn in der windigen Waſ-
ſerſucht fleißig brauchen ſoll. Er dienet wi-
der das Leibwehe/ Grimmen/ Lenden- und
Nieren-wehe/ ſo von Blaͤſten verurſachet
wird.

Joh. Schrœderus Lib. IV. Pharmacop. Med.

Chym.
T t t t 2
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[699/0715] Von den Kraͤuteren. nehrhafftes weſen in ſich/ und alſo mehr tu- gend zu nehren/ als aber in der Artzney. Gebrauch. Camerarius vermeinet/ dieſes Gewaͤchs ſeye ein Wundkraut/ und ſchreibt dabey/ er habe offt ein roͤthlicht Gummi an den ſten- geln gefunden/ welches/ wie ihme ein fuͤr- nehmer Herꝛ geſagt/ in Spanien zu den Wunden gebraucht werde. So iſt ſich auch zu verwundern/ daß ſo man dieſes Krauts ſtengel etliche mahl von einander bricht/ al- lein die euſſerſte ſchelffen gantz bleibet/ und ſo man die widerumb zuſammen bindet/ ſehr bald wider zuſammen waͤchßt/ und gleich wie an einem Beinbruch ein callum oder Maſer verurſachet. Die blumen dieſes Gewaͤchſes von den blaͤtterlein wol geſaͤuberet/ und mit Butter/ Saltz und Gewuͤrtz gekocht/ gibt eine ſpeiſe ab/ ſo da lieblicher als die Sparglen und Artiſchocken/ erwecken groſſen luſt zu den eh- lichen wercken. Gleiche lieblichkeit und tu- genden haben auch die ſtiel der blaͤttern/ auff obige weiß gekocht und zubereitet. CAPUT VII. [Abbildung Aniß. Aniſum. ] Namen. ANiß oder Eniß heißt Griechiſch/ ___- ___. Lateiniſch/ Aniſum. Jtaliaͤniſch/ Aniſo. Frantzoͤſiſch/ Anis. Spaniſch/ Matalahuga, Anis, Yerva dulce. Engliſch/ A- niſe. Daͤniſch und Niderlaͤndiſch/ Anyß. Geſtalt. Es ſoll der beruͤhmte alte Heidniſche Phi- loſophus Pythagoras den Aniß ſehr geprieſen/ und hoch gehalten haben. Bey den alten Teutſchen ware er auch in hohem werth/ daher ſie ihn auß Candien/ und andern frem- den orten bringen laſſen. Heutiges tags waͤchßt er bey uns uͤberfluͤßig/ denn man ih- ne am Rheinſtrom in groſſer menge zielet/ ſonderlich aber in den Straßburgeriſchen und Speyeriſchen Feldern/ alſo daß wir auch andern Voͤlckern mittheilen koͤnnen. Es hat der Aniß ein kleine/ harte/ holtzichte und weiſſe wurtzel/ mit vielen kleinen zaſeln be- haͤngt. Die blaͤtter ſind zerkerfft/ wie der Peterlein/ werden aber groͤſſer und ruͤnder/ anzuſehen wie die jungen blaͤtter des Liebſtoͤ- ckels/ ſind weißfaͤrbig und eines ſuͤſſen lieb- lichen Geruchs. Jm Hewmonat gewinnet er runde/ hole und kleine ſtengel/ mit ſchoͤ- nen weiß-bluͤhenden kronen/ die vergleichen ſich des Bockspeterleins/ oder des Corian- ders Krone. Der Samen/ ſo nach den abgefallenen bluͤmlein folgt/ iſt weißfaͤrbig/ dicker als des runden Fenchels/ und auch kuͤrtzer/ er hat ein ſonderlichen anmuͤthigen ſuͤſſen geruch und geſchmack. Die Alten lo- ben den/ ſo in Candien/ Syrien und Egy- pten waͤchßt/ wir aber wollen bey dem unſern bleiben/ ſintemahl wir denſelben allezeit fri- ſcher haben koͤnnen. Der Anißſamen/ wenn er trocken und an keinem feuchten ort behal- ten wird/ ſo bleibt er drey Jahr bey guten kraͤfften. Es muß der Aniß ein fetten und wolgetuͤngten boden haben/ darinn waͤchßt er ſehr wol fort/ ſonderlich ſo deſſen mit gieſ- ſen wol gewartet wird. Man ſoll ihn im Hornung und Mertzen ſaͤen. Jn Boͤhmen komt der ſamen kleiner als an andern orten herfuͤr. Eigenſchafft. Der Aniß-ſamen hat ein fluͤchtig-oͤlichtes miltes ſaltz bey ſich/ und daher eine krafft zu erwaͤrmeu/ zu trocknen/ und zu zertheilen/ das Haupt/ Bruſt und Magen zu ſtaͤr- cken/ und die Wind zu vertheilen; iſt warm im andern und trocken im erſten grad: wird in der Artzney innerlich und aͤuſſerlich ge- braucht. Gebrauch. Es wird der Aniß-ſamen heutiges tags bey uns Teutſchen/ wie bey den Alten/ nicht allein in der Artzney/ ſondern auch in der ſpeiß gebraucht. Man bachet ihn bißweilen in das Brot/ und machet gemeiniglich das Zucker-brot damit/ er gibt dem Brot nicht allein ein guten lieblichen geſchmack/ ſondern wird auch nutzlich in etlichen Kranckheiten gebrauchet: als nemlich in den Blaͤhungen des Magens/ Miltzes und der Daͤrm/ im Bauchweh/ Grimmen und der Waſſerſucht. Blaͤhung des Ma- gens/ miltz und der Daͤrm/ Bauchweh Grimmen und Waſ- ſerſucht. Abnehmen der Milch bey ſaͤugẽ- den Wei- bern/ er- kaltete Maͤnner zu ehlichen wercken/ ſtinckender Athem/ bloͤd Ge- ſicht/ kalte Bruſt/ kei- chen/ alter Huſten/ kalter ma- gen/ wind/ windige waſſeꝛſucht Leibwehe/ Grimmen Lenden uñ Nieꝛenweh Der Aniß erhaͤlt den ſaͤugenden Weibern die Milch/ und dienet den erkalteten Maͤn- nern zu den ehelichen wercken. Er macht ei- nen wolriechenden Athem/ in dem Mund gekewet und hinab geſchlucket/ ſtaͤrcket das bloͤde Geſicht/ erwaͤrmet die kalte Bruſt/ ver- treibet das Keichen/ dienet wider den alten Huſten/ erwaͤrmet und ſtaͤrcket den erkalte- ten Magen/ zertheilet und fuͤhret auß die Wind/ daher man ihn in der windigen Waſ- ſerſucht fleißig brauchen ſoll. Er dienet wi- der das Leibwehe/ Grimmen/ Lenden- und Nieren-wehe/ ſo von Blaͤſten verurſachet wird. Joh. Schrœderus Lib. IV. Pharmacop. Med. Chym. T t t t 2

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/715>, abgerufen am 24.04.2024.