Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Spanischer Schlangenmord.
Scorzonera Hilpanica.

gebogen. Der stengel wächßt anderthalb
spannen hoch/ und ist mit gewerben unter-
schieden: nahe bey demselben schiessen ande-
re blätter herfür/ die sind kleiner und kür-
tzer als die vorigen. Er bringt oben gold-
gelbe gefüllte blumen/ wie an dem Bocks-
bart-kraut/ wie er denn mit demselben gros-
se verwandnuß hat. Wenn diese vergehen/
werden darauß grosse haarige köpffe/ in wel-
chen der same wie im Bocksbart/ unden li-
get. Die wurtzel ist fingers-dick/ rund/ span-
nen-lang/ und bißweilen länger/ wird fast
schlecht/ außwendig schwartzlicht/ inwendig
weiß und ohne zaseln/ läßt sich leichtlich
brechen/ und gibt einen süssen/ zähen milch-
safft von sich. Er blühet zeitlich/ und ver-
liert seine blumen im Hewmonat.

2. Der Teutsche Schlangenmord/ Scor-
zonera Germanica, Tab. latifolia altera, C. B.
ü-
berkomt grüne/ spitzige und gantze blätter/
die werden zwey und bißweilen drey mahl
breiter als am Bocksbart-kraut/ verglei-
chen sich den Abbiß-blätteren/ und werden
in der mitte der länge nach/ mit einer weiß-
lichten adern durchzogen. Der stengel wächst
elen-hoch/ ist holtzicht/ und wird in neben-
zweiglein getheilet/ so oben ablange/ ade-
richte und geschüppte kelchlein herfür brin-
gen/ auß denen gefüllte/ goldgelbe blumen
entspringen/ den Bocksbart-blumen ähn-
lich/ welchen ein länglichter/ weisser und ge-
häuffter same nachfolget. Die wurtzel ist
äussen röthlicht/ fingers-dick/ süß/ und voll
zähen Milch-saffts. Also komt er in dem
Fürstlichen Eistettischen Lustgarten herfür.
Man findet ihne auch in Thüringen/ Böh-
men/ Steyrmarck und Bäyern umb Jngol-
statt. D. Joh. Mich. Fehr berichtet in dem ein-
gang seines Büchleins/ so er von dem
Schlangenmord in Lateinischer Sprache
geschrieben/ daß er umb Schweinfurt/ im
[Spaltenumbruch] Jahr 1651. ein Schlangenmord-wurtzel
außgegraben/ die zwey pfund gewogen habe.

3. Der Oesterreichische Schlangenmord/
Scorzonera latifolia humilis nervosa, C. B. Tra-
gop. species, sive Scorzonera humilis latifolia,
J. B. Scorzonera Pannonica, Tab.
hat breite/
dicke und kurtze blätter/ die mit fünff adern
der länge nach durchzogen sind/ und einen
hitzigen bitteren geschmack von sich geben/
zwischen welchen ein rahner/ gestriemter/
und schuh-hoher stengel herfür komt/ so mit
wenig blättern besetzt ist. Auff ihme erschei-
net eine grosse goldgelbe blum/ deren ein rau-
cher same nachfolget. Die wurtzel ist lang/
daumens-dick/ inwendig weiß/ und mit einer
schwartzen/ runtzlichten rinde bedeckt. Wenn
man sie zerbricht/ fließt ein Milch-safft da-
rauß/ der mit der zeit gelblicht wird. Er
wächßt in Oestereich auff den Bergen/ in-
sonderheit nicht weit von Baden.

4. Der himmel-blaue oder purpurfarbe
Ungarische Schlangenmord/ Scorzonera an-
gustifolia subcoerulea, C. B. Tragop. species, sive
Scorzonera major angustifolia subcoeruleo flore,
J. B.
auff Teutsch auch Artifi/ hat viel
lange/ schmale blätter/ zwischen welchen
ein holer/ grüner/ starcker und elen-hoher
stengel herfürkomt/ so mit etlichen ablangen
blättern besetzt/ und oben in gewisse neben-
ästlein getheilet wird/ auff welchen ein an-
müthige/ himmel-blaue oder purpurfarbe
blume sitzet/ deren der gemeine same nach-
folget. Die eintzige wurtzel wächßt kleinen
fingers dick/ und ist mit einer schwartzen/
runtzlichten und dicken rinde bedeckt/ so oben
haarig wird/ wenn man sie verwundet/ flies-
set erstlich ein weisser/ hernach ein dunckel-
rother Safft herauß. Beydes wächßt in
Ungarn auff dem Prellenberg/ Leytenberg/
und andern Ungarischen orten. Er blühet
im Aprillen und Mäyen.

Eigenschafft.

Die in dem Mäyen außgegrabene milch-
safftige wurtzel hat ein alkalisches/ mit milten
balsamischen theilen vermischtes süßlichtes/
auch in dem andern Geschlecht bitteres saltz
bey sich verborgen/ und dadurch die eigen-
schafft allem Gifft in allen kranckheiten treff-
lich zu widerstehen/ durch den Schweiß/ un-
vermerckliche Außdämpffung/ und den
Harn zu treiben/ das unreine/ scharffe ge-
blüt zu reinigen und zu versüssen/ die ver-
stopffungen der Leber/ Miltz und Mutter zu
eröffnen/ das Hertz zu stärcken/ das gemüth
freudig zu machen/ auch Wunden und Ge-
schwär zu säubern und zu heilen.

Gebrauch.

Die Scorzoneren-wurtzeln/ sonderlich die
süssen des ersten Geschlechts/ und die in den
Gärten gepflantzten Artifi/ des letzten Ge-
schlechts/ werden in den Küchen mit Saltz/
Butter und Gewürtz/ in dem Herbst-Wein-
und Wintermongt/ zu einer angenehmen
und gesunden speise gekocht/ als welche treff-
lich gute nahrung dem Geblüt und Leibe
gibt.

Der außgepreßte Milch-safft auß diesem
Kraut oder wurtzel/ mit Fenchel- oder Lieb-
stöckel-wasser vermischt/ und offt warm mitEntzün-
dung/

tüchlein über die Augen geschlagen/ vertreibt

die
H h h h h 2

Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Spaniſcher Schlangenmord.
Scorzonera Hilpanica.

gebogen. Der ſtengel waͤchßt anderthalb
ſpannen hoch/ und iſt mit gewerben unter-
ſchieden: nahe bey demſelben ſchieſſen ande-
re blaͤtter herfuͤr/ die ſind kleiner und kuͤr-
tzer als die vorigen. Er bringt oben gold-
gelbe gefuͤllte blumen/ wie an dem Bocks-
bart-kraut/ wie er denn mit demſelben groſ-
ſe verwandnuß hat. Wenn dieſe vergehen/
werden darauß groſſe haarige koͤpffe/ in wel-
chen der ſame wie im Bocksbart/ unden li-
get. Die wurtzel iſt fingers-dick/ rund/ ſpan-
nen-lang/ und bißweilen laͤnger/ wird faſt
ſchlecht/ außwendig ſchwartzlicht/ inwendig
weiß und ohne zaſeln/ laͤßt ſich leichtlich
brechen/ und gibt einen ſuͤſſen/ zaͤhen milch-
ſafft von ſich. Er bluͤhet zeitlich/ und ver-
liert ſeine blumen im Hewmonat.

2. Der Teutſche Schlangenmord/ Scor-
zonera Germanica, Tab. latifolia altera, C. B.
uͤ-
berkomt gruͤne/ ſpitzige und gantze blaͤtter/
die werden zwey und bißweilen drey mahl
breiter als am Bocksbart-kraut/ verglei-
chen ſich den Abbiß-blaͤtteren/ und werden
in der mitte der laͤnge nach/ mit einer weiß-
lichten adern durchzogen. Der ſtengel waͤchſt
elen-hoch/ iſt holtzicht/ und wird in neben-
zweiglein getheilet/ ſo oben ablange/ ade-
richte und geſchuͤppte kelchlein herfuͤr brin-
gen/ auß denen gefuͤllte/ goldgelbe blumen
entſpringen/ den Bocksbart-blumen aͤhn-
lich/ welchen ein laͤnglichter/ weiſſer und ge-
haͤuffter ſame nachfolget. Die wurtzel iſt
aͤuſſen roͤthlicht/ fingers-dick/ ſuͤß/ und voll
zaͤhen Milch-ſaffts. Alſo komt er in dem
Fuͤrſtlichen Eiſtettiſchen Luſtgarten herfuͤr.
Man findet ihne auch in Thuͤringen/ Boͤh-
men/ Steyrmarck und Baͤyern umb Jngol-
ſtatt. D. Joh. Mich. Fehr berichtet in dem ein-
gang ſeines Buͤchleins/ ſo er von dem
Schlangenmord in Lateiniſcher Sprache
geſchrieben/ daß er umb Schweinfurt/ im
[Spaltenumbruch] Jahr 1651. ein Schlangenmord-wurtzel
außgegraben/ die zwey pfund gewogen habe.

3. Der Oeſterꝛeichiſche Schlangenmord/
Scorzonera latifolia humilis nervoſa, C. B. Tra-
gop. ſpecies, ſive Scorzonera humilis latifolia,
J. B. Scorzonera Pannonica, Tab.
hat breite/
dicke und kurtze blaͤtter/ die mit fuͤnff adern
der laͤnge nach durchzogen ſind/ und einen
hitzigen bitteren geſchmack von ſich geben/
zwiſchen welchen ein rahner/ geſtriemter/
und ſchuh-hoher ſtengel herfuͤr komt/ ſo mit
wenig blaͤttern beſetzt iſt. Auff ihme erſchei-
net eine groſſe goldgelbe blum/ deren ein rau-
cher ſame nachfolget. Die wurtzel iſt lang/
daumens-dick/ inwendig weiß/ und mit einer
ſchwartzen/ runtzlichten rinde bedeckt. Wenn
man ſie zerbricht/ fließt ein Milch-ſafft da-
rauß/ der mit der zeit gelblicht wird. Er
waͤchßt in Oeſtereich auff den Bergen/ in-
ſonderheit nicht weit von Baden.

4. Der himmel-blaue oder purpurfarbe
Ungariſche Schlangenmord/ Scorzonera an-
guſtifolia ſubcœrulea, C. B. Tragop. ſpecies, ſive
Scorzonera major anguſtifolia ſubcœruleo flore,
J. B.
auff Teutſch auch Artifi/ hat viel
lange/ ſchmale blaͤtter/ zwiſchen welchen
ein holer/ gruͤner/ ſtarcker und elen-hoher
ſtengel herfuͤrkomt/ ſo mit etlichen ablangen
blaͤttern beſetzt/ und oben in gewiſſe neben-
aͤſtlein getheilet wird/ auff welchen ein an-
muͤthige/ himmel-blaue oder purpurfarbe
blume ſitzet/ deren der gemeine ſame nach-
folget. Die eintzige wurtzel waͤchßt kleinen
fingers dick/ und iſt mit einer ſchwartzen/
runtzlichten und dicken rinde bedeckt/ ſo oben
haarig wird/ wenn man ſie verwundet/ flieſ-
ſet erſtlich ein weiſſer/ hernach ein dunckel-
rother Safft herauß. Beydes waͤchßt in
Ungarn auff dem Prellenberg/ Leytenberg/
und andern Ungariſchen orten. Er bluͤhet
im Aprillen und Maͤyen.

Eigenſchafft.

Die in dem Maͤyen außgegrabene milch-
ſafftige wurtzel hat ein alkaliſches/ mit milten
balſamiſchen theilen vermiſchtes ſuͤßlichtes/
auch in dem andern Geſchlecht bitteres ſaltz
bey ſich verborgen/ und dadurch die eigen-
ſchafft allem Gifft in allen kranckheiten treff-
lich zu widerſtehen/ durch den Schweiß/ un-
vermerckliche Außdaͤmpffung/ und den
Harn zu treiben/ das unreine/ ſcharffe ge-
bluͤt zu reinigen und zu verſuͤſſen/ die ver-
ſtopffungen der Leber/ Miltz und Mutter zu
eroͤffnen/ das Hertz zu ſtaͤrcken/ das gemuͤth
freudig zu machen/ auch Wunden und Ge-
ſchwaͤr zu ſaͤubern und zu heilen.

Gebrauch.

Die Scorzoneren-wurtzeln/ ſonderlich die
ſuͤſſen des erſten Geſchlechts/ und die in den
Gaͤrten gepflantzten Artifi/ des letzten Ge-
ſchlechts/ werden in den Kuͤchen mit Saltz/
Butter und Gewuͤrtz/ in dem Herbſt-Wein-
und Wintermongt/ zu einer angenehmen
und geſunden ſpeiſe gekocht/ als welche treff-
lich gute nahrung dem Gebluͤt und Leibe
gibt.

Der außgepreßte Milch-ſafft auß dieſem
Kraut oder wurtzel/ mit Fenchel- oder Lieb-
ſtoͤckel-waſſer vermiſcht/ und offt warm mitEntzuͤn-
dung/

tuͤchlein uͤber die Augen geſchlagen/ vertreibt

die
H h h h h 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0811" n="795"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den Kra&#x0364;uteren.</hi></fw><lb/><cb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Spani&#x017F;cher Schlangenmord.</hi><lb/><hi rendition="#aq">Scorzonera Hilpanica.</hi></hi></head><lb/></figure> gebogen. Der &#x017F;tengel wa&#x0364;chßt anderthalb<lb/>
&#x017F;pannen hoch/ und i&#x017F;t mit gewerben unter-<lb/>
&#x017F;chieden: nahe bey dem&#x017F;elben &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en ande-<lb/>
re bla&#x0364;tter herfu&#x0364;r/ die &#x017F;ind kleiner und ku&#x0364;r-<lb/>
tzer als die vorigen. Er bringt oben gold-<lb/>
gelbe gefu&#x0364;llte blumen/ wie an dem Bocks-<lb/>
bart-kraut/ wie er denn mit dem&#x017F;elben gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e verwandnuß hat. Wenn die&#x017F;e vergehen/<lb/>
werden darauß gro&#x017F;&#x017F;e haarige ko&#x0364;pffe/ in wel-<lb/>
chen der &#x017F;ame wie im Bocksbart/ unden li-<lb/>
get. Die wurtzel i&#x017F;t fingers-dick/ rund/ &#x017F;pan-<lb/>
nen-lang/ und bißweilen la&#x0364;nger/ wird fa&#x017F;t<lb/>
&#x017F;chlecht/ außwendig &#x017F;chwartzlicht/ inwendig<lb/>
weiß und ohne za&#x017F;eln/ la&#x0364;ßt &#x017F;ich leichtlich<lb/>
brechen/ und gibt einen &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ za&#x0364;hen milch-<lb/>
&#x017F;afft von &#x017F;ich. Er blu&#x0364;het zeitlich/ und ver-<lb/>
liert &#x017F;eine blumen im Hewmonat.</p><lb/>
            <p>2. Der Teut&#x017F;che Schlangenmord/ <hi rendition="#aq">Scor-<lb/>
zonera Germanica, <hi rendition="#i">Tab.</hi> latifolia altera, <hi rendition="#i">C. B.</hi></hi> u&#x0364;-<lb/>
berkomt gru&#x0364;ne/ &#x017F;pitzige und gantze bla&#x0364;tter/<lb/>
die werden zwey und bißweilen drey mahl<lb/>
breiter als am Bocksbart-kraut/ verglei-<lb/>
chen &#x017F;ich den Abbiß-bla&#x0364;tteren/ und werden<lb/>
in der mitte der la&#x0364;nge nach/ mit einer weiß-<lb/>
lichten adern durchzogen. Der &#x017F;tengel wa&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
elen-hoch/ i&#x017F;t holtzicht/ und wird in neben-<lb/>
zweiglein getheilet/ &#x017F;o oben ablange/ ade-<lb/>
richte und ge&#x017F;chu&#x0364;ppte kelchlein herfu&#x0364;r brin-<lb/>
gen/ auß denen gefu&#x0364;llte/ goldgelbe blumen<lb/>
ent&#x017F;pringen/ den Bocksbart-blumen a&#x0364;hn-<lb/>
lich/ welchen ein la&#x0364;nglichter/ wei&#x017F;&#x017F;er und ge-<lb/>
ha&#x0364;uffter &#x017F;ame nachfolget. Die wurtzel i&#x017F;t<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;en ro&#x0364;thlicht/ fingers-dick/ &#x017F;u&#x0364;ß/ und voll<lb/>
za&#x0364;hen Milch-&#x017F;affts. Al&#x017F;o komt er in dem<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Ei&#x017F;tetti&#x017F;chen Lu&#x017F;tgarten herfu&#x0364;r.<lb/>
Man findet ihne auch in Thu&#x0364;ringen/ Bo&#x0364;h-<lb/>
men/ Steyrmarck und Ba&#x0364;yern umb Jngol-<lb/>
&#x017F;tatt. <hi rendition="#aq">D. Joh. Mich. Fehr</hi> berichtet in dem ein-<lb/>
gang &#x017F;eines Bu&#x0364;chleins/ &#x017F;o er von dem<lb/>
Schlangenmord in Lateini&#x017F;cher Sprache<lb/>
ge&#x017F;chrieben/ daß er umb Schweinfurt/ im<lb/><cb/>
Jahr 1651. ein Schlangenmord-wurtzel<lb/>
außgegraben/ die zwey pfund gewogen habe.</p><lb/>
            <p>3. Der Oe&#x017F;ter&#xA75B;eichi&#x017F;che Schlangenmord/<lb/><hi rendition="#aq">Scorzonera latifolia humilis nervo&#x017F;a, <hi rendition="#i">C. B.</hi> Tra-<lb/>
gop. &#x017F;pecies, &#x017F;ive Scorzonera humilis latifolia,<lb/><hi rendition="#i">J. B.</hi> Scorzonera Pannonica, <hi rendition="#i">Tab.</hi></hi> hat breite/<lb/>
dicke und kurtze bla&#x0364;tter/ die mit fu&#x0364;nff adern<lb/>
der la&#x0364;nge nach durchzogen &#x017F;ind/ und einen<lb/>
hitzigen bitteren ge&#x017F;chmack von &#x017F;ich geben/<lb/>
zwi&#x017F;chen welchen ein rahner/ ge&#x017F;triemter/<lb/>
und &#x017F;chuh-hoher &#x017F;tengel herfu&#x0364;r komt/ &#x017F;o mit<lb/>
wenig bla&#x0364;ttern be&#x017F;etzt i&#x017F;t. Auff ihme er&#x017F;chei-<lb/>
net eine gro&#x017F;&#x017F;e goldgelbe blum/ deren ein rau-<lb/>
cher &#x017F;ame nachfolget. Die wurtzel i&#x017F;t lang/<lb/>
daumens-dick/ inwendig weiß/ und mit einer<lb/>
&#x017F;chwartzen/ runtzlichten rinde bedeckt. Wenn<lb/>
man &#x017F;ie zerbricht/ fließt ein Milch-&#x017F;afft da-<lb/>
rauß/ der mit der zeit gelblicht wird. Er<lb/>
wa&#x0364;chßt in Oe&#x017F;tereich auff den Bergen/ in-<lb/>
&#x017F;onderheit nicht weit von Baden.</p><lb/>
            <p>4. Der himmel-blaue oder purpurfarbe<lb/>
Ungari&#x017F;che Schlangenmord/ <hi rendition="#aq">Scorzonera an-<lb/>
gu&#x017F;tifolia &#x017F;ubc&#x0153;rulea, <hi rendition="#i">C. B.</hi> Tragop. &#x017F;pecies, &#x017F;ive<lb/>
Scorzonera major angu&#x017F;tifolia &#x017F;ubc&#x0153;ruleo flore,<lb/><hi rendition="#i">J. B.</hi></hi> auff Teut&#x017F;ch auch Artifi/ hat viel<lb/>
lange/ &#x017F;chmale bla&#x0364;tter/ zwi&#x017F;chen welchen<lb/>
ein holer/ gru&#x0364;ner/ &#x017F;tarcker und elen-hoher<lb/>
&#x017F;tengel herfu&#x0364;rkomt/ &#x017F;o mit etlichen ablangen<lb/>
bla&#x0364;ttern be&#x017F;etzt/ und oben in gewi&#x017F;&#x017F;e neben-<lb/>
a&#x0364;&#x017F;tlein getheilet wird/ auff welchen ein an-<lb/>
mu&#x0364;thige/ himmel-blaue oder purpurfarbe<lb/>
blume &#x017F;itzet/ deren der gemeine &#x017F;ame nach-<lb/>
folget. Die eintzige wurtzel wa&#x0364;chßt kleinen<lb/>
fingers dick/ und i&#x017F;t mit einer &#x017F;chwartzen/<lb/>
runtzlichten und dicken rinde bedeckt/ &#x017F;o oben<lb/>
haarig wird/ wenn man &#x017F;ie verwundet/ flie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et er&#x017F;tlich ein wei&#x017F;&#x017F;er/ hernach ein dunckel-<lb/>
rother Safft herauß. Beydes wa&#x0364;chßt in<lb/>
Ungarn auff dem Prellenberg/ Leytenberg/<lb/>
und andern Ungari&#x017F;chen orten. Er blu&#x0364;het<lb/>
im Aprillen und Ma&#x0364;yen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Eigen&#x017F;chafft.</hi> </head><lb/>
            <p>Die in dem Ma&#x0364;yen außgegrabene milch-<lb/>
&#x017F;afftige wurtzel hat ein alkali&#x017F;ches/ mit milten<lb/>
bal&#x017F;ami&#x017F;chen theilen vermi&#x017F;chtes &#x017F;u&#x0364;ßlichtes/<lb/>
auch in dem andern Ge&#x017F;chlecht bitteres &#x017F;altz<lb/>
bey &#x017F;ich verborgen/ und dadurch die eigen-<lb/>
&#x017F;chafft allem Gifft in allen kranckheiten treff-<lb/>
lich zu wider&#x017F;tehen/ durch den Schweiß/ un-<lb/>
vermerckliche Außda&#x0364;mpffung/ und den<lb/>
Harn zu treiben/ das unreine/ &#x017F;charffe ge-<lb/>
blu&#x0364;t zu reinigen und zu ver&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ die ver-<lb/>
&#x017F;topffungen der Leber/ Miltz und Mutter zu<lb/>
ero&#x0364;ffnen/ das Hertz zu &#x017F;ta&#x0364;rcken/ das gemu&#x0364;th<lb/>
freudig zu machen/ auch Wunden und Ge-<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;r zu &#x017F;a&#x0364;ubern und zu heilen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Gebrauch.</hi> </head><lb/>
            <p>Die Scorzoneren-wurtzeln/ &#x017F;onderlich die<lb/>
&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en des er&#x017F;ten Ge&#x017F;chlechts/ und die in den<lb/>
Ga&#x0364;rten gepflantzten Artifi/ des letzten Ge-<lb/>
&#x017F;chlechts/ werden in den Ku&#x0364;chen mit Saltz/<lb/>
Butter und Gewu&#x0364;rtz/ in dem Herb&#x017F;t-Wein-<lb/>
und Wintermongt/ zu einer angenehmen<lb/>
und ge&#x017F;unden &#x017F;pei&#x017F;e gekocht/ als welche treff-<lb/>
lich gute nahrung dem Geblu&#x0364;t und Leibe<lb/>
gibt.</p><lb/>
            <p>Der außgepreßte Milch-&#x017F;afft auß die&#x017F;em<lb/>
Kraut oder wurtzel/ mit Fenchel- oder Lieb-<lb/>
&#x017F;to&#x0364;ckel-wa&#x017F;&#x017F;er vermi&#x017F;cht/ und offt warm mit<note place="right">Entzu&#x0364;n-<lb/>
dung/</note><lb/>
tu&#x0364;chlein u&#x0364;ber die Augen ge&#x017F;chlagen/ vertreibt<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h h h h 2</fw><fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[795/0811] Von den Kraͤuteren. [Abbildung Spaniſcher Schlangenmord. Scorzonera Hilpanica. ] gebogen. Der ſtengel waͤchßt anderthalb ſpannen hoch/ und iſt mit gewerben unter- ſchieden: nahe bey demſelben ſchieſſen ande- re blaͤtter herfuͤr/ die ſind kleiner und kuͤr- tzer als die vorigen. Er bringt oben gold- gelbe gefuͤllte blumen/ wie an dem Bocks- bart-kraut/ wie er denn mit demſelben groſ- ſe verwandnuß hat. Wenn dieſe vergehen/ werden darauß groſſe haarige koͤpffe/ in wel- chen der ſame wie im Bocksbart/ unden li- get. Die wurtzel iſt fingers-dick/ rund/ ſpan- nen-lang/ und bißweilen laͤnger/ wird faſt ſchlecht/ außwendig ſchwartzlicht/ inwendig weiß und ohne zaſeln/ laͤßt ſich leichtlich brechen/ und gibt einen ſuͤſſen/ zaͤhen milch- ſafft von ſich. Er bluͤhet zeitlich/ und ver- liert ſeine blumen im Hewmonat. 2. Der Teutſche Schlangenmord/ Scor- zonera Germanica, Tab. latifolia altera, C. B. uͤ- berkomt gruͤne/ ſpitzige und gantze blaͤtter/ die werden zwey und bißweilen drey mahl breiter als am Bocksbart-kraut/ verglei- chen ſich den Abbiß-blaͤtteren/ und werden in der mitte der laͤnge nach/ mit einer weiß- lichten adern durchzogen. Der ſtengel waͤchſt elen-hoch/ iſt holtzicht/ und wird in neben- zweiglein getheilet/ ſo oben ablange/ ade- richte und geſchuͤppte kelchlein herfuͤr brin- gen/ auß denen gefuͤllte/ goldgelbe blumen entſpringen/ den Bocksbart-blumen aͤhn- lich/ welchen ein laͤnglichter/ weiſſer und ge- haͤuffter ſame nachfolget. Die wurtzel iſt aͤuſſen roͤthlicht/ fingers-dick/ ſuͤß/ und voll zaͤhen Milch-ſaffts. Alſo komt er in dem Fuͤrſtlichen Eiſtettiſchen Luſtgarten herfuͤr. Man findet ihne auch in Thuͤringen/ Boͤh- men/ Steyrmarck und Baͤyern umb Jngol- ſtatt. D. Joh. Mich. Fehr berichtet in dem ein- gang ſeines Buͤchleins/ ſo er von dem Schlangenmord in Lateiniſcher Sprache geſchrieben/ daß er umb Schweinfurt/ im Jahr 1651. ein Schlangenmord-wurtzel außgegraben/ die zwey pfund gewogen habe. 3. Der Oeſterꝛeichiſche Schlangenmord/ Scorzonera latifolia humilis nervoſa, C. B. Tra- gop. ſpecies, ſive Scorzonera humilis latifolia, J. B. Scorzonera Pannonica, Tab. hat breite/ dicke und kurtze blaͤtter/ die mit fuͤnff adern der laͤnge nach durchzogen ſind/ und einen hitzigen bitteren geſchmack von ſich geben/ zwiſchen welchen ein rahner/ geſtriemter/ und ſchuh-hoher ſtengel herfuͤr komt/ ſo mit wenig blaͤttern beſetzt iſt. Auff ihme erſchei- net eine groſſe goldgelbe blum/ deren ein rau- cher ſame nachfolget. Die wurtzel iſt lang/ daumens-dick/ inwendig weiß/ und mit einer ſchwartzen/ runtzlichten rinde bedeckt. Wenn man ſie zerbricht/ fließt ein Milch-ſafft da- rauß/ der mit der zeit gelblicht wird. Er waͤchßt in Oeſtereich auff den Bergen/ in- ſonderheit nicht weit von Baden. 4. Der himmel-blaue oder purpurfarbe Ungariſche Schlangenmord/ Scorzonera an- guſtifolia ſubcœrulea, C. B. Tragop. ſpecies, ſive Scorzonera major anguſtifolia ſubcœruleo flore, J. B. auff Teutſch auch Artifi/ hat viel lange/ ſchmale blaͤtter/ zwiſchen welchen ein holer/ gruͤner/ ſtarcker und elen-hoher ſtengel herfuͤrkomt/ ſo mit etlichen ablangen blaͤttern beſetzt/ und oben in gewiſſe neben- aͤſtlein getheilet wird/ auff welchen ein an- muͤthige/ himmel-blaue oder purpurfarbe blume ſitzet/ deren der gemeine ſame nach- folget. Die eintzige wurtzel waͤchßt kleinen fingers dick/ und iſt mit einer ſchwartzen/ runtzlichten und dicken rinde bedeckt/ ſo oben haarig wird/ wenn man ſie verwundet/ flieſ- ſet erſtlich ein weiſſer/ hernach ein dunckel- rother Safft herauß. Beydes waͤchßt in Ungarn auff dem Prellenberg/ Leytenberg/ und andern Ungariſchen orten. Er bluͤhet im Aprillen und Maͤyen. Eigenſchafft. Die in dem Maͤyen außgegrabene milch- ſafftige wurtzel hat ein alkaliſches/ mit milten balſamiſchen theilen vermiſchtes ſuͤßlichtes/ auch in dem andern Geſchlecht bitteres ſaltz bey ſich verborgen/ und dadurch die eigen- ſchafft allem Gifft in allen kranckheiten treff- lich zu widerſtehen/ durch den Schweiß/ un- vermerckliche Außdaͤmpffung/ und den Harn zu treiben/ das unreine/ ſcharffe ge- bluͤt zu reinigen und zu verſuͤſſen/ die ver- ſtopffungen der Leber/ Miltz und Mutter zu eroͤffnen/ das Hertz zu ſtaͤrcken/ das gemuͤth freudig zu machen/ auch Wunden und Ge- ſchwaͤr zu ſaͤubern und zu heilen. Gebrauch. Die Scorzoneren-wurtzeln/ ſonderlich die ſuͤſſen des erſten Geſchlechts/ und die in den Gaͤrten gepflantzten Artifi/ des letzten Ge- ſchlechts/ werden in den Kuͤchen mit Saltz/ Butter und Gewuͤrtz/ in dem Herbſt-Wein- und Wintermongt/ zu einer angenehmen und geſunden ſpeiſe gekocht/ als welche treff- lich gute nahrung dem Gebluͤt und Leibe gibt. Der außgepreßte Milch-ſafft auß dieſem Kraut oder wurtzel/ mit Fenchel- oder Lieb- ſtoͤckel-waſſer vermiſcht/ und offt warm mit tuͤchlein uͤber die Augen geſchlagen/ vertreibt die Entzuͤn- dung/ H h h h h 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/811
Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 795. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/811>, abgerufen am 25.04.2024.