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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Fünffte Buch/
[Spaltenumbruch] bey Xerex de la frontera, und auch zwischen
Calpen und Malacam, im Hornung zeitige
Frucht bringe. Diese wird auch in dem Ey-
stettischen Lustgarten angetroffen: Mandra-
gora flore subcoeruleo purpurascente, C. B.

Eigenschafft.

Die Alraun ist kalt im dritten und trocken
im ersten grad: führet ein grobes ölichtes/
flüchtig-scharffes saltz/ davon die eigen-
schafft/ die Lebensgeister in ihrem einfluß
zu hemmen/ schmertzen zu stillen/ tumb zu
machen/ und schlaff zu erwecken. Man soll
sie wegen ihrer gifftigen art/ in den Leib
gantz nicht brauchen. Hat ein sonderliche
natur/ denn je grösser die kälte Winters zeit
ist/ je mehr sie unter die Erden schlieffet:
der samen komt langsam/ und bißweilen erst
nach einem Jahr herfür.

Gebrauch.

Allhier ist nothwendig anzumahnen/ daß
die wurtzel/ so von den Landstreichern feil
getragen und verkaufft wird/ nicht die wah-
re Alraun/ sondern ein verfälschte wurtzel
seye: denn sie schneiden die Schmerwurtz/
wenn sie noch frisch ist/ in eines Menschen
gestalt/ stecken Gersten- oder Hirß-körnlein
an die ort/ da sie wollen haar haben/ dar-
nach verscharren sie diese geschnitzte wurtzel
in sand/ biß auß gemelten Körnlein zäserlein
wachsen/ welches gemeiniglich in dreyen
wochen geschicht/ alßdenn graben sie es wider
auß/ schaben die angrwachsenen zäserlein
mit einem scharffen Messer/ und machen
sie also fein subtil/ als wären haar an dem
Haupt/ Bart und bey der Scham; damit
werden die einfältigen betrogen/ welchen
diese verfälschte wurtzel von den leichtferti-
gen Landstreicheren für die rechte Alraun
verkaufft wird/ denn sie überreden die Leut/
die rechte Alraun seye schwerlich zu bekom-
men/ müsse under dem Galgen mit grosser
Lebens gefahr gegraben/ und durch einen
schwartzen Hund an einem Strick außge-
rissen werden/ der Außgräber aber solle die
Ohren wol verstopffen/ denn so er die wur-
tzel höre schreyen/ seye er seines Lebens nicht
sicher. Was ist das anderst? als wie man
vom Farnsamen sagt/ wer den Farnsamen
wil holen/ der muß keck seyn/ und den Teuf-
fel können zwingen. Solchen Diebsbetrug
machen diese Lottersbuben dem gemeinen
Mann/ quia vulgus vult decipi, darumb
sind wir hie/ sprechen die Landstreicher/ als
welche diese verfälschte wurtzel/ oder falsche
Alraun sehr theuer verkauffen/ geben leicht-
sinnig auß/ sie mache die Leuth glückselig/
und die Weiber fruchtbar/ man müsse sie
alle Sambstag in Wein und Wasser baden/
sauber einwickeln/ und heimlich auffbehal-
ten. Damit aber diese Landstreicher ihre
Schelmerey/ deren sie voll sind/ besser be-
mänteln/ bringen sie herfür/ was Flavius
Josephus
im 7. buch von den Jüdischen Krie-
gen im 23. cap. schreibt: aber es wird allda
der Alraun nicht mit einem wort meldung
gethan/ sonder allein der wurtzel Baraas ge-
dacht. Diese Buberey hat Matthiolo ein
Landstreicher selbsten offenbahret/ als er ih-
ne zu Rom an der Frantzosen-kranckheit ge-
[Spaltenumbruch] heilet/ welcher ihme etliche solcher geschnitz-
ten wurtzeln gezeiget/ und gesagt/ er hätte
bißweilen den Reichen eine allein für dreis-
sig Ducaten verkaufft.

Die Alraun ist ein schädlich kraut/ solle
nicht in den Leib gebraucht werden. Hamil-
car
der Carthaginenser/ als er wider die Ly-
bier einen Krieg führete/ hat unter ihren
Wein Mandragoram, oder die Alraun ver-
mischen lassen: nachdem diese nun in einen
tieffen Schlaff gefallen/ sind sie von ihme
in die Flucht gejaget worden.

Außwendig hat die Alraun eine krafft/
alle harten und krebsischen geschwulsten zu
erweichen und zu zertheilen/ man vermischt
den safft darvon mit Ammoniac-gummi in
destilliertem Essig oder Brantenwein ver-
lassen/ zu einem pflaster/ und legts fleissig
über.



CAPUT LIX.
[Abbildung] Wolffswurtz. Aconitum parda-
lianches, Matth.

Namen.

DIe Wolffswurtz heißt Griechisch/
[fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt]. Lateinisch/ Aconitum. J-
taliänisch/ Aconito. Frantzösisch/
Aconit. Englisch/ Wolffebane/ Libertsbane/
Monkshood. Niderländisch/ Wolffswor-
tel.

Geschlecht und Gestalt.

Es werden uns allhier neun Geschlecht
der Wolffswurtzel fürgestellet.

1. Das erste Geschlecht der Wolffswur-
tzel/ Aconitum pardalianches genant/ hat
Matthiolus erstlich erfunden nicht weit von
Trient/ auff dem Gebürg des Thals Anna-
niae,
solches vielen gelehrten Leuthen darge-
stellet/ und in die Hände gegeben/ unter
welchen die fürnehmsten/ alle Jhro Käyser-
licher und Königlicher Majestät Leib-Medi-
ci
waren/ als nemlich Julianus Alexandrinus,
und Johannes Odoricus Melchorius von
Trient/ Stephanus Lauraeus anß Flandern/
Joannes Crato von Breßlaw/ Ribera auß
Hispanien/ Franciscus Parthenus von Robo-
ret: darauf hat solches Wolffgang Meyer-
peck von Freyberg abgemahlet/ wie die Fi-
gur außweiset. Es wächßt auff hohen kalen
Gebürgen/ doch an schattichten orten/ unter

den

Das Fuͤnffte Buch/
[Spaltenumbruch] bey Xerex de la frontera, und auch zwiſchen
Calpen und Malacam, im Hornung zeitige
Frucht bringe. Dieſe wird auch in dem Ey-
ſtettiſchen Luſtgarten angetroffen: Mandra-
gora flore ſubcœruleo purpuraſcente, C. B.

Eigenſchafft.

Die Alraun iſt kalt im dritten und trocken
im erſten grad: fuͤhret ein grobes oͤlichtes/
fluͤchtig-ſcharffes ſaltz/ davon die eigen-
ſchafft/ die Lebensgeiſter in ihrem einfluß
zu hemmen/ ſchmertzen zu ſtillen/ tumb zu
machen/ und ſchlaff zu erwecken. Man ſoll
ſie wegen ihrer gifftigen art/ in den Leib
gantz nicht brauchen. Hat ein ſonderliche
natur/ denn je groͤſſer die kaͤlte Winters zeit
iſt/ je mehr ſie unter die Erden ſchlieffet:
der ſamen komt langſam/ und bißweilen erſt
nach einem Jahr herfuͤr.

Gebrauch.

Allhier iſt nothwendig anzumahnen/ daß
die wurtzel/ ſo von den Landſtreichern feil
getragen und verkaufft wird/ nicht die wah-
re Alraun/ ſondern ein verfaͤlſchte wurtzel
ſeye: denn ſie ſchneiden die Schmerwurtz/
wenn ſie noch friſch iſt/ in eines Menſchen
geſtalt/ ſtecken Gerſten- oder Hirß-koͤrnlein
an die ort/ da ſie wollen haar haben/ dar-
nach verſcharꝛen ſie dieſe geſchnitzte wurtzel
in ſand/ biß auß gemelten Koͤrnlein zaͤſerlein
wachſen/ welches gemeiniglich in dreyen
wochen geſchicht/ alßdeñ graben ſie es wider
auß/ ſchaben die angrwachſenen zaͤſerlein
mit einem ſcharffen Meſſer/ und machen
ſie alſo fein ſubtil/ als waͤren haar an dem
Haupt/ Bart und bey der Scham; damit
werden die einfaͤltigen betrogen/ welchen
dieſe verfaͤlſchte wurtzel von den leichtferti-
gen Landſtreicheren fuͤr die rechte Alraun
verkaufft wird/ denn ſie uͤberꝛeden die Leut/
die rechte Alraun ſeye ſchwerlich zu bekom-
men/ muͤſſe under dem Galgen mit groſſer
Lebens gefahr gegraben/ und durch einen
ſchwartzen Hund an einem Strick außge-
riſſen werden/ der Außgraͤber aber ſolle die
Ohren wol verſtopffen/ denn ſo er die wur-
tzel hoͤre ſchreyen/ ſeye er ſeines Lebens nicht
ſicher. Was iſt das anderſt? als wie man
vom Farnſamen ſagt/ wer den Farnſamen
wil holen/ der muß keck ſeyn/ und den Teuf-
fel koͤnnen zwingen. Solchen Diebsbetrug
machen dieſe Lottersbuben dem gemeinen
Mann/ quia vulgus vult decipi, darumb
ſind wir hie/ ſprechen die Landſtreicher/ als
welche dieſe verfaͤlſchte wurtzel/ oder falſche
Alraun ſehr theuer verkauffen/ geben leicht-
ſinnig auß/ ſie mache die Leuth gluͤckſelig/
und die Weiber fruchtbar/ man muͤſſe ſie
alle Sambſtag in Wein und Waſſer baden/
ſauber einwickeln/ und heimlich auffbehal-
ten. Damit aber dieſe Landſtreicher ihre
Schelmerey/ deren ſie voll ſind/ beſſer be-
maͤnteln/ bringen ſie herfuͤr/ was Flavius
Joſephus
im 7. buch von den Juͤdiſchen Krie-
gen im 23. cap. ſchreibt: aber es wird allda
der Alraun nicht mit einem wort meldung
gethan/ ſonder allein der wurtzel Baraas ge-
dacht. Dieſe Buberey hat Matthiolo ein
Landſtreicher ſelbſten offenbahret/ als er ih-
ne zu Rom an der Frantzoſen-kranckheit ge-
[Spaltenumbruch] heilet/ welcher ihme etliche ſolcher geſchnitz-
ten wurtzeln gezeiget/ und geſagt/ er haͤtte
bißweilen den Reichen eine allein fuͤr dreiſ-
ſig Ducaten verkaufft.

Die Alraun iſt ein ſchaͤdlich kraut/ ſolle
nicht in den Leib gebraucht werden. Hamil-
car
der Carthaginenſer/ als er wider die Ly-
bier einen Krieg fuͤhrete/ hat unter ihren
Wein Mandragoram, oder die Alraun ver-
miſchen laſſen: nachdem dieſe nun in einen
tieffen Schlaff gefallen/ ſind ſie von ihme
in die Flucht gejaget worden.

Außwendig hat die Alraun eine krafft/
alle harten und krebſiſchen geſchwulſten zu
erweichen und zu zertheilen/ man vermiſcht
den ſafft darvon mit Am̃oniac-gummi in
deſtilliertem Eſſig oder Brantenwein ver-
laſſen/ zu einem pflaſter/ und legts fleiſſig
uͤber.



CAPUT LIX.
[Abbildung] Wolffswurtz. Aconitum parda-
lianches, Matth.

Namen.

DIe Wolffswurtz heißt Griechiſch/
[fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt]. Lateiniſch/ Aconitum. J-
taliaͤniſch/ Aconito. Frantzoͤſiſch/
Aconit. Engliſch/ Wolffebane/ Libertsbane/
Monkshood. Niderlaͤndiſch/ Wolffswor-
tel.

Geſchlecht und Geſtalt.

Es werden uns allhier neun Geſchlecht
der Wolffswurtzel fuͤrgeſtellet.

1. Das erſte Geſchlecht der Wolffswur-
tzel/ Aconitum pardalianches genant/ hat
Matthiolus erſtlich erfunden nicht weit von
Trient/ auff dem Gebuͤrg des Thals Aña-
niæ,
ſolches vielen gelehrten Leuthen darge-
ſtellet/ und in die Haͤnde gegeben/ unter
welchen die fuͤrnehmſten/ alle Jhro Kaͤyſer-
licher und Koͤniglicher Majeſtaͤt Leib-Medi-
ci
waren/ als nemlich Julianus Alexandrinus,
und Johannes Odoricus Melchorius von
Trient/ Stephanus Lauræus anß Flandern/
Joannes Crato von Breßlaw/ Ribera auß
Hiſpanien/ Franciſcus Parthenus von Robo-
ret: darauf hat ſolches Wolffgang Meyer-
peck von Freyberg abgemahlet/ wie die Fi-
gur außweiſet. Es waͤchßt auff hohen kalen
Gebuͤrgen/ doch an ſchattichten orten/ unter

den
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[898/0914] Das Fuͤnffte Buch/ bey Xerex de la frontera, und auch zwiſchen Calpen und Malacam, im Hornung zeitige Frucht bringe. Dieſe wird auch in dem Ey- ſtettiſchen Luſtgarten angetroffen: Mandra- gora flore ſubcœruleo purpuraſcente, C. B. Eigenſchafft. Die Alraun iſt kalt im dritten und trocken im erſten grad: fuͤhret ein grobes oͤlichtes/ fluͤchtig-ſcharffes ſaltz/ davon die eigen- ſchafft/ die Lebensgeiſter in ihrem einfluß zu hemmen/ ſchmertzen zu ſtillen/ tumb zu machen/ und ſchlaff zu erwecken. Man ſoll ſie wegen ihrer gifftigen art/ in den Leib gantz nicht brauchen. Hat ein ſonderliche natur/ denn je groͤſſer die kaͤlte Winters zeit iſt/ je mehr ſie unter die Erden ſchlieffet: der ſamen komt langſam/ und bißweilen erſt nach einem Jahr herfuͤr. Gebrauch. Allhier iſt nothwendig anzumahnen/ daß die wurtzel/ ſo von den Landſtreichern feil getragen und verkaufft wird/ nicht die wah- re Alraun/ ſondern ein verfaͤlſchte wurtzel ſeye: denn ſie ſchneiden die Schmerwurtz/ wenn ſie noch friſch iſt/ in eines Menſchen geſtalt/ ſtecken Gerſten- oder Hirß-koͤrnlein an die ort/ da ſie wollen haar haben/ dar- nach verſcharꝛen ſie dieſe geſchnitzte wurtzel in ſand/ biß auß gemelten Koͤrnlein zaͤſerlein wachſen/ welches gemeiniglich in dreyen wochen geſchicht/ alßdeñ graben ſie es wider auß/ ſchaben die angrwachſenen zaͤſerlein mit einem ſcharffen Meſſer/ und machen ſie alſo fein ſubtil/ als waͤren haar an dem Haupt/ Bart und bey der Scham; damit werden die einfaͤltigen betrogen/ welchen dieſe verfaͤlſchte wurtzel von den leichtferti- gen Landſtreicheren fuͤr die rechte Alraun verkaufft wird/ denn ſie uͤberꝛeden die Leut/ die rechte Alraun ſeye ſchwerlich zu bekom- men/ muͤſſe under dem Galgen mit groſſer Lebens gefahr gegraben/ und durch einen ſchwartzen Hund an einem Strick außge- riſſen werden/ der Außgraͤber aber ſolle die Ohren wol verſtopffen/ denn ſo er die wur- tzel hoͤre ſchreyen/ ſeye er ſeines Lebens nicht ſicher. Was iſt das anderſt? als wie man vom Farnſamen ſagt/ wer den Farnſamen wil holen/ der muß keck ſeyn/ und den Teuf- fel koͤnnen zwingen. Solchen Diebsbetrug machen dieſe Lottersbuben dem gemeinen Mann/ quia vulgus vult decipi, darumb ſind wir hie/ ſprechen die Landſtreicher/ als welche dieſe verfaͤlſchte wurtzel/ oder falſche Alraun ſehr theuer verkauffen/ geben leicht- ſinnig auß/ ſie mache die Leuth gluͤckſelig/ und die Weiber fruchtbar/ man muͤſſe ſie alle Sambſtag in Wein und Waſſer baden/ ſauber einwickeln/ und heimlich auffbehal- ten. Damit aber dieſe Landſtreicher ihre Schelmerey/ deren ſie voll ſind/ beſſer be- maͤnteln/ bringen ſie herfuͤr/ was Flavius Joſephus im 7. buch von den Juͤdiſchen Krie- gen im 23. cap. ſchreibt: aber es wird allda der Alraun nicht mit einem wort meldung gethan/ ſonder allein der wurtzel Baraas ge- dacht. Dieſe Buberey hat Matthiolo ein Landſtreicher ſelbſten offenbahret/ als er ih- ne zu Rom an der Frantzoſen-kranckheit ge- heilet/ welcher ihme etliche ſolcher geſchnitz- ten wurtzeln gezeiget/ und geſagt/ er haͤtte bißweilen den Reichen eine allein fuͤr dreiſ- ſig Ducaten verkaufft. Die Alraun iſt ein ſchaͤdlich kraut/ ſolle nicht in den Leib gebraucht werden. Hamil- car der Carthaginenſer/ als er wider die Ly- bier einen Krieg fuͤhrete/ hat unter ihren Wein Mandragoram, oder die Alraun ver- miſchen laſſen: nachdem dieſe nun in einen tieffen Schlaff gefallen/ ſind ſie von ihme in die Flucht gejaget worden. Außwendig hat die Alraun eine krafft/ alle harten und krebſiſchen geſchwulſten zu erweichen und zu zertheilen/ man vermiſcht den ſafft darvon mit Am̃oniac-gummi in deſtilliertem Eſſig oder Brantenwein ver- laſſen/ zu einem pflaſter/ und legts fleiſſig uͤber. CAPUT LIX. [Abbildung Wolffswurtz. Aconitum parda- lianches, Matth. ] Namen. DIe Wolffswurtz heißt Griechiſch/ _. Lateiniſch/ Aconitum. J- taliaͤniſch/ Aconito. Frantzoͤſiſch/ Aconit. Engliſch/ Wolffebane/ Libertsbane/ Monkshood. Niderlaͤndiſch/ Wolffswor- tel. Geſchlecht und Geſtalt. Es werden uns allhier neun Geſchlecht der Wolffswurtzel fuͤrgeſtellet. 1. Das erſte Geſchlecht der Wolffswur- tzel/ Aconitum pardalianches genant/ hat Matthiolus erſtlich erfunden nicht weit von Trient/ auff dem Gebuͤrg des Thals Aña- niæ, ſolches vielen gelehrten Leuthen darge- ſtellet/ und in die Haͤnde gegeben/ unter welchen die fuͤrnehmſten/ alle Jhro Kaͤyſer- licher und Koͤniglicher Majeſtaͤt Leib-Medi- ci waren/ als nemlich Julianus Alexandrinus, und Johannes Odoricus Melchorius von Trient/ Stephanus Lauræus anß Flandern/ Joannes Crato von Breßlaw/ Ribera auß Hiſpanien/ Franciſcus Parthenus von Robo- ret: darauf hat ſolches Wolffgang Meyer- peck von Freyberg abgemahlet/ wie die Fi- gur außweiſet. Es waͤchßt auff hohen kalen Gebuͤrgen/ doch an ſchattichten orten/ unter den

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 898. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/914>, abgerufen am 28.03.2024.