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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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testen entstehende Auflösung auf die mannigfaltigste Weise auf die
Kampherstückchen einwirkt. Das schnelle Verdunsten dieser flüch-
tigen Materie ist, nach Corradori's Meinung, der zweite
Grund der Bewegung, weil dadurch jene Verbreitung über die
Oberfläche immer wieder Aenderungen leidet. Indeß dauert es nicht
lange, so hört die Bewegung fast ganz auf, weil die ganze Wasser-
Oberfläche genug Kamphertheilchen aufgenommen hat, und nun
ganz damit bedeckt ist. Bringt man die noch übrigen Kampher-
stückchen auf ganz reines Wasser, so fangen sie ihre Bewegung
wieder an. Dagegen mislingt der Versuch, wenn sich nur einige
fette oder unreine Beimischung im Wasser befindet *).

Browns Beobachtungen über die eigenthümliche Be-
wegung der kleinsten Körpertheilchen
.

Diese Ursachen sind ohne Zweifel auch die Hauptveranlassung
derjenigen Bewegungen, auf welche kürzlich durch Brown die
Aufmerksamkeit der Physiker gelenkt ist. Dieser nämlich beobach-
tete, zuerst indem er den Blüthenstaub mehrerer Pflanzen unter
dem Microscope betrachtete, an den aus den Pollenkörnern bei ih-
rem Aufbrechen hervorgekommenen kleinen Theilchen, nachher auch
bei andern kleinen Theilchen mannigfaltiger Körper, im Wasser die
mannigfaltigsten Bewegungen, so als ob diese Theilchen belebt
wären. Er glaubte sich zu überzeugen, daß diese Bewegungen nicht
durch äußere Umstände, nicht durch Verdunstung der Flüssigkeit
u. s. w. hervorgebracht würden, und es schien also, als ob sie diesen
kleinen Theilchen der Körper eigenthümlich sein müßten, als ob
alle Körper aus belebten Grundbestandtheilchen zusammengesetzt
wären **). Ueberraschend ist es allerdings diese mannigfaltigen Be-
wegungen unter dem Microscope zu sehen, die ganz den zufälligen
und willkürlichen Bewegungen kleiner Thierchen gleichen; indeß
haben Beobachtungen von Ehrenberg und Schultze wohl hin-
reichend gezeigt, daß man sie mit diesen nicht verwechseln darf, und
meine eignen Beobachtungen haben mich überzeugt, daß so sehr

*) Runge beschreibt in Poggend. Ann. XVII. 472. die Bewe-
gung kleiner Quecksilbertropfen, die vielleicht auch hieher gehört.
**) Poggend. Ann. XIV. 294.

teſten entſtehende Aufloͤſung auf die mannigfaltigſte Weiſe auf die
Kampherſtuͤckchen einwirkt. Das ſchnelle Verdunſten dieſer fluͤch-
tigen Materie iſt, nach Corradori's Meinung, der zweite
Grund der Bewegung, weil dadurch jene Verbreitung uͤber die
Oberflaͤche immer wieder Aenderungen leidet. Indeß dauert es nicht
lange, ſo hoͤrt die Bewegung faſt ganz auf, weil die ganze Waſſer-
Oberflaͤche genug Kamphertheilchen aufgenommen hat, und nun
ganz damit bedeckt iſt. Bringt man die noch uͤbrigen Kampher-
ſtuͤckchen auf ganz reines Waſſer, ſo fangen ſie ihre Bewegung
wieder an. Dagegen mislingt der Verſuch, wenn ſich nur einige
fette oder unreine Beimiſchung im Waſſer befindet *).

Browns Beobachtungen uͤber die eigenthuͤmliche Be-
wegung der kleinſten Koͤrpertheilchen
.

Dieſe Urſachen ſind ohne Zweifel auch die Hauptveranlaſſung
derjenigen Bewegungen, auf welche kuͤrzlich durch Brown die
Aufmerkſamkeit der Phyſiker gelenkt iſt. Dieſer naͤmlich beobach-
tete, zuerſt indem er den Bluͤthenſtaub mehrerer Pflanzen unter
dem Microſcope betrachtete, an den aus den Pollenkoͤrnern bei ih-
rem Aufbrechen hervorgekommenen kleinen Theilchen, nachher auch
bei andern kleinen Theilchen mannigfaltiger Koͤrper, im Waſſer die
mannigfaltigſten Bewegungen, ſo als ob dieſe Theilchen belebt
waͤren. Er glaubte ſich zu uͤberzeugen, daß dieſe Bewegungen nicht
durch aͤußere Umſtaͤnde, nicht durch Verdunſtung der Fluͤſſigkeit
u. ſ. w. hervorgebracht wuͤrden, und es ſchien alſo, als ob ſie dieſen
kleinen Theilchen der Koͤrper eigenthuͤmlich ſein muͤßten, als ob
alle Koͤrper aus belebten Grundbeſtandtheilchen zuſammengeſetzt
waͤren **). Ueberraſchend iſt es allerdings dieſe mannigfaltigen Be-
wegungen unter dem Microſcope zu ſehen, die ganz den zufaͤlligen
und willkuͤrlichen Bewegungen kleiner Thierchen gleichen; indeß
haben Beobachtungen von Ehrenberg und Schultze wohl hin-
reichend gezeigt, daß man ſie mit dieſen nicht verwechſeln darf, und
meine eignen Beobachtungen haben mich uͤberzeugt, daß ſo ſehr

*) Runge beſchreibt in Poggend. Ann. XVII. 472. die Bewe-
gung kleiner Queckſilbertropfen, die vielleicht auch hieher gehoͤrt.
**) Poggend. Ann. XIV. 294.
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[26/0040] teſten entſtehende Aufloͤſung auf die mannigfaltigſte Weiſe auf die Kampherſtuͤckchen einwirkt. Das ſchnelle Verdunſten dieſer fluͤch- tigen Materie iſt, nach Corradori's Meinung, der zweite Grund der Bewegung, weil dadurch jene Verbreitung uͤber die Oberflaͤche immer wieder Aenderungen leidet. Indeß dauert es nicht lange, ſo hoͤrt die Bewegung faſt ganz auf, weil die ganze Waſſer- Oberflaͤche genug Kamphertheilchen aufgenommen hat, und nun ganz damit bedeckt iſt. Bringt man die noch uͤbrigen Kampher- ſtuͤckchen auf ganz reines Waſſer, ſo fangen ſie ihre Bewegung wieder an. Dagegen mislingt der Verſuch, wenn ſich nur einige fette oder unreine Beimiſchung im Waſſer befindet *). Browns Beobachtungen uͤber die eigenthuͤmliche Be- wegung der kleinſten Koͤrpertheilchen. Dieſe Urſachen ſind ohne Zweifel auch die Hauptveranlaſſung derjenigen Bewegungen, auf welche kuͤrzlich durch Brown die Aufmerkſamkeit der Phyſiker gelenkt iſt. Dieſer naͤmlich beobach- tete, zuerſt indem er den Bluͤthenſtaub mehrerer Pflanzen unter dem Microſcope betrachtete, an den aus den Pollenkoͤrnern bei ih- rem Aufbrechen hervorgekommenen kleinen Theilchen, nachher auch bei andern kleinen Theilchen mannigfaltiger Koͤrper, im Waſſer die mannigfaltigſten Bewegungen, ſo als ob dieſe Theilchen belebt waͤren. Er glaubte ſich zu uͤberzeugen, daß dieſe Bewegungen nicht durch aͤußere Umſtaͤnde, nicht durch Verdunſtung der Fluͤſſigkeit u. ſ. w. hervorgebracht wuͤrden, und es ſchien alſo, als ob ſie dieſen kleinen Theilchen der Koͤrper eigenthuͤmlich ſein muͤßten, als ob alle Koͤrper aus belebten Grundbeſtandtheilchen zuſammengeſetzt waͤren **). Ueberraſchend iſt es allerdings dieſe mannigfaltigen Be- wegungen unter dem Microſcope zu ſehen, die ganz den zufaͤlligen und willkuͤrlichen Bewegungen kleiner Thierchen gleichen; indeß haben Beobachtungen von Ehrenberg und Schultze wohl hin- reichend gezeigt, daß man ſie mit dieſen nicht verwechſeln darf, und meine eignen Beobachtungen haben mich uͤberzeugt, daß ſo ſehr *) Runge beſchreibt in Poggend. Ann. XVII. 472. die Bewe- gung kleiner Queckſilbertropfen, die vielleicht auch hieher gehoͤrt. **) Poggend. Ann. XIV. 294.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/40>, abgerufen am 28.03.2024.