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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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gebracht wird, gehen sie gewöhnlich zugleich, aber nicht in verhält-
nißmäßiger Menge hervor; die Lichtmenge scheint vermehrt zu
werden, wenn die Entwickelung der Wärme schneller, gleichsam
gedrängter, statt findet, aber die Wärmemenge bleibt darum, wenn
sie auch in kürzerer Zeit hervorgeht, unvermehrt. Man hat gesagt,
die Wärme enthalte das Licht als Bestandtheil, und werde bei sehr
lebhafter Entwickelung zersetzt, so daß das Licht frei werde; -- ich
weiß nicht, ob diese Voraussetzung viel weiter führt.

Doch es ist passender, diese theoretischen Fragen, zu deren
Beantwortung noch kein sicherer Weg eröffnet zu sein scheint, in-
dem auch eine Undulationstheorie hier schwerlich zum Ziele führt,
zu verlassen, und an den Dank gegen unsre Vorgänger und unsre
Zeitgenossen für die umfassende Kenntniß der Erscheinungen, welche
sie uns verschafft haben, das Bekenntniß zu knüpfen, daß die letzte
Ursache dieser Erscheinungen uns noch verborgen ist



Dreizehnte Vorlesung.


Die Untersuchungen über die Electricität, m. h. H., mit
welchen ich Sie jetzt zu unterhalten anfange, gehören ganz der
neuren Zeit an, und gewähren uns, da wir ihre Entwickelung
vom ersten Anfange an vor uns haben, dadurch eine eigenthüm-
liche Belehrung, daß sie uns zeigen, wie sich, sobald man nur
anfängt zu fragen und zu beobachten, eine Frage nach der andern
beantwortet, und sich so ein System entwickelt, das uns zuletzt
um so mehr mit Bewunderung und Freude erfüllt, je geringer und
unbedeutender es in seinem ersten Anfange erschien. In keinem
Zweige der Physik hat sich die Kunst, zu errathen, welche Erschei-
nungen sich an die schon bekannten anknüpfen mögen, die Kunst,
durch geschickte Anordnung von Versuchen den Grund der Erschei-
nungen zu erforschen und die Wahrheit der Hypothesen zu prüfen,
glänzender gezeigt, als in der Lehre von der Electricität, wo nicht

gebracht wird, gehen ſie gewoͤhnlich zugleich, aber nicht in verhaͤlt-
nißmaͤßiger Menge hervor; die Lichtmenge ſcheint vermehrt zu
werden, wenn die Entwickelung der Waͤrme ſchneller, gleichſam
gedraͤngter, ſtatt findet, aber die Waͤrmemenge bleibt darum, wenn
ſie auch in kuͤrzerer Zeit hervorgeht, unvermehrt. Man hat geſagt,
die Waͤrme enthalte das Licht als Beſtandtheil, und werde bei ſehr
lebhafter Entwickelung zerſetzt, ſo daß das Licht frei werde; — ich
weiß nicht, ob dieſe Vorausſetzung viel weiter fuͤhrt.

Doch es iſt paſſender, dieſe theoretiſchen Fragen, zu deren
Beantwortung noch kein ſicherer Weg eroͤffnet zu ſein ſcheint, in-
dem auch eine Undulationstheorie hier ſchwerlich zum Ziele fuͤhrt,
zu verlaſſen, und an den Dank gegen unſre Vorgaͤnger und unſre
Zeitgenoſſen fuͤr die umfaſſende Kenntniß der Erſcheinungen, welche
ſie uns verſchafft haben, das Bekenntniß zu knuͤpfen, daß die letzte
Urſache dieſer Erſcheinungen uns noch verborgen iſt



Dreizehnte Vorleſung.


Die Unterſuchungen uͤber die Electricitaͤt, m. h. H., mit
welchen ich Sie jetzt zu unterhalten anfange, gehoͤren ganz der
neuren Zeit an, und gewaͤhren uns, da wir ihre Entwickelung
vom erſten Anfange an vor uns haben, dadurch eine eigenthuͤm-
liche Belehrung, daß ſie uns zeigen, wie ſich, ſobald man nur
anfaͤngt zu fragen und zu beobachten, eine Frage nach der andern
beantwortet, und ſich ſo ein Syſtem entwickelt, das uns zuletzt
um ſo mehr mit Bewunderung und Freude erfuͤllt, je geringer und
unbedeutender es in ſeinem erſten Anfange erſchien. In keinem
Zweige der Phyſik hat ſich die Kunſt, zu errathen, welche Erſchei-
nungen ſich an die ſchon bekannten anknuͤpfen moͤgen, die Kunſt,
durch geſchickte Anordnung von Verſuchen den Grund der Erſchei-
nungen zu erforſchen und die Wahrheit der Hypotheſen zu pruͤfen,
glaͤnzender gezeigt, als in der Lehre von der Electricitaͤt, wo nicht

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[205/0219] gebracht wird, gehen ſie gewoͤhnlich zugleich, aber nicht in verhaͤlt- nißmaͤßiger Menge hervor; die Lichtmenge ſcheint vermehrt zu werden, wenn die Entwickelung der Waͤrme ſchneller, gleichſam gedraͤngter, ſtatt findet, aber die Waͤrmemenge bleibt darum, wenn ſie auch in kuͤrzerer Zeit hervorgeht, unvermehrt. Man hat geſagt, die Waͤrme enthalte das Licht als Beſtandtheil, und werde bei ſehr lebhafter Entwickelung zerſetzt, ſo daß das Licht frei werde; — ich weiß nicht, ob dieſe Vorausſetzung viel weiter fuͤhrt. Doch es iſt paſſender, dieſe theoretiſchen Fragen, zu deren Beantwortung noch kein ſicherer Weg eroͤffnet zu ſein ſcheint, in- dem auch eine Undulationstheorie hier ſchwerlich zum Ziele fuͤhrt, zu verlaſſen, und an den Dank gegen unſre Vorgaͤnger und unſre Zeitgenoſſen fuͤr die umfaſſende Kenntniß der Erſcheinungen, welche ſie uns verſchafft haben, das Bekenntniß zu knuͤpfen, daß die letzte Urſache dieſer Erſcheinungen uns noch verborgen iſt Dreizehnte Vorleſung. Die Unterſuchungen uͤber die Electricitaͤt, m. h. H., mit welchen ich Sie jetzt zu unterhalten anfange, gehoͤren ganz der neuren Zeit an, und gewaͤhren uns, da wir ihre Entwickelung vom erſten Anfange an vor uns haben, dadurch eine eigenthuͤm- liche Belehrung, daß ſie uns zeigen, wie ſich, ſobald man nur anfaͤngt zu fragen und zu beobachten, eine Frage nach der andern beantwortet, und ſich ſo ein Syſtem entwickelt, das uns zuletzt um ſo mehr mit Bewunderung und Freude erfuͤllt, je geringer und unbedeutender es in ſeinem erſten Anfange erſchien. In keinem Zweige der Phyſik hat ſich die Kunſt, zu errathen, welche Erſchei- nungen ſich an die ſchon bekannten anknuͤpfen moͤgen, die Kunſt, durch geſchickte Anordnung von Verſuchen den Grund der Erſchei- nungen zu erforſchen und die Wahrheit der Hypotheſen zu pruͤfen, glaͤnzender gezeigt, als in der Lehre von der Electricitaͤt, wo nicht

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/219>, abgerufen am 25.04.2024.