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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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und eine Ungleichheit in der Crystallform beider Enden scheint *),
wo nicht die Bedingung dieser Electricitäts-Erregung, doch wenig-
stens eine öfter damit verbundene Eigenschaft zu sein. Die Tur-
maline, welche in bedeutendem Maaße electrisch werden, sind sel-
ten; aber auch die dem Turmalin verwandten Schörle zeigen
mehr oder minder bedeutende Spuren dieser electrischen Erschei-
nungen, zu welchen man im Allgemeinen die langen und schmalen
Crystallprismen weniger als die von größerm Querschnitte geeignet
findet.

Die wichtigsten Erscheinungen am Turmalin sind folgende.
Wenn der Turmalin über 40° Cent. erhitzt wird, (durch Eintau-
chen in kochendes Wasser oder an einer Weingeistflamme), so
zeigt sich das eine Ende des Crystalls positiv, das andre negativ
electrisch. Dieser electrische Zustand ist indeß nicht merklich bei
unverändert bleibender, wenn gleich hoher, Temperatur, sondern
nur während diese zunimmt oder abnimmt, und das eine Ende
ist allemal beim Zunehmen der Wärme positiv, das andre beim
Abnehmen der Wärme positiv-electrisch. Dieser Gegensatz, der
für die zunehmende Wärme und für die Abkühlung statt findet,
ist schon 1759 von Canton bemerkt, neuerlich aber von Bec-
querel
und Köhler näher untersucht worden, und der letztere
giebt auch mit genauer Beschreibung der von ihm angewandten
Crystalle an, welcher Theil des Crystalles der beim Erkalten, welcher
der beim Erhitzen positive war. Die Electricität zeigt sich stärker
bei abnehmender, als bei zunehmender Wärme, und es giebt, (was
man auch bei schwächer wirkenden Exemplaren sehr gut wahr-
nimmt,) eine Periode der Abkühlung, bei schon etwas verminderter
Wärme, wo die Erscheinungen am meisten merklich sind. Zer-
schneidet man den Crystall in Schichten, die auf die Längenrich-
tung desselben senkrecht sind, so haben alle Stücke unter den
erwähnten Umständen immer ihre zwei Pole, und zwar ist die Art
der Electricität jeder Seite bei allen Stücken dieselbe, die im un-
getheilten Crystalle an eben der Seite gefunden wurde. Selbst

*) Brewster hat mehrere Körper, deren Crystalle nicht alle
unsymmetrisch sind, als hierher gehörig angegeben.

und eine Ungleichheit in der Cryſtallform beider Enden ſcheint *),
wo nicht die Bedingung dieſer Electricitaͤts-Erregung, doch wenig-
ſtens eine oͤfter damit verbundene Eigenſchaft zu ſein. Die Tur-
maline, welche in bedeutendem Maaße electriſch werden, ſind ſel-
ten; aber auch die dem Turmalin verwandten Schoͤrle zeigen
mehr oder minder bedeutende Spuren dieſer electriſchen Erſchei-
nungen, zu welchen man im Allgemeinen die langen und ſchmalen
Cryſtallprismen weniger als die von groͤßerm Querſchnitte geeignet
findet.

Die wichtigſten Erſcheinungen am Turmalin ſind folgende.
Wenn der Turmalin uͤber 40° Cent. erhitzt wird, (durch Eintau-
chen in kochendes Waſſer oder an einer Weingeiſtflamme), ſo
zeigt ſich das eine Ende des Cryſtalls poſitiv, das andre negativ
electriſch. Dieſer electriſche Zuſtand iſt indeß nicht merklich bei
unveraͤndert bleibender, wenn gleich hoher, Temperatur, ſondern
nur waͤhrend dieſe zunimmt oder abnimmt, und das eine Ende
iſt allemal beim Zunehmen der Waͤrme poſitiv, das andre beim
Abnehmen der Waͤrme poſitiv-electriſch. Dieſer Gegenſatz, der
fuͤr die zunehmende Waͤrme und fuͤr die Abkuͤhlung ſtatt findet,
iſt ſchon 1759 von Canton bemerkt, neuerlich aber von Bec-
querel
und Koͤhler naͤher unterſucht worden, und der letztere
giebt auch mit genauer Beſchreibung der von ihm angewandten
Cryſtalle an, welcher Theil des Cryſtalles der beim Erkalten, welcher
der beim Erhitzen poſitive war. Die Electricitaͤt zeigt ſich ſtaͤrker
bei abnehmender, als bei zunehmender Waͤrme, und es giebt, (was
man auch bei ſchwaͤcher wirkenden Exemplaren ſehr gut wahr-
nimmt,) eine Periode der Abkuͤhlung, bei ſchon etwas verminderter
Waͤrme, wo die Erſcheinungen am meiſten merklich ſind. Zer-
ſchneidet man den Cryſtall in Schichten, die auf die Laͤngenrich-
tung deſſelben ſenkrecht ſind, ſo haben alle Stuͤcke unter den
erwaͤhnten Umſtaͤnden immer ihre zwei Pole, und zwar iſt die Art
der Electricitaͤt jeder Seite bei allen Stuͤcken dieſelbe, die im un-
getheilten Cryſtalle an eben der Seite gefunden wurde. Selbſt

*) Brewſter hat mehrere Koͤrper, deren Cryſtalle nicht alle
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[325/0339] und eine Ungleichheit in der Cryſtallform beider Enden ſcheint *), wo nicht die Bedingung dieſer Electricitaͤts-Erregung, doch wenig- ſtens eine oͤfter damit verbundene Eigenſchaft zu ſein. Die Tur- maline, welche in bedeutendem Maaße electriſch werden, ſind ſel- ten; aber auch die dem Turmalin verwandten Schoͤrle zeigen mehr oder minder bedeutende Spuren dieſer electriſchen Erſchei- nungen, zu welchen man im Allgemeinen die langen und ſchmalen Cryſtallprismen weniger als die von groͤßerm Querſchnitte geeignet findet. Die wichtigſten Erſcheinungen am Turmalin ſind folgende. Wenn der Turmalin uͤber 40° Cent. erhitzt wird, (durch Eintau- chen in kochendes Waſſer oder an einer Weingeiſtflamme), ſo zeigt ſich das eine Ende des Cryſtalls poſitiv, das andre negativ electriſch. Dieſer electriſche Zuſtand iſt indeß nicht merklich bei unveraͤndert bleibender, wenn gleich hoher, Temperatur, ſondern nur waͤhrend dieſe zunimmt oder abnimmt, und das eine Ende iſt allemal beim Zunehmen der Waͤrme poſitiv, das andre beim Abnehmen der Waͤrme poſitiv-electriſch. Dieſer Gegenſatz, der fuͤr die zunehmende Waͤrme und fuͤr die Abkuͤhlung ſtatt findet, iſt ſchon 1759 von Canton bemerkt, neuerlich aber von Bec- querel und Koͤhler naͤher unterſucht worden, und der letztere giebt auch mit genauer Beſchreibung der von ihm angewandten Cryſtalle an, welcher Theil des Cryſtalles der beim Erkalten, welcher der beim Erhitzen poſitive war. Die Electricitaͤt zeigt ſich ſtaͤrker bei abnehmender, als bei zunehmender Waͤrme, und es giebt, (was man auch bei ſchwaͤcher wirkenden Exemplaren ſehr gut wahr- nimmt,) eine Periode der Abkuͤhlung, bei ſchon etwas verminderter Waͤrme, wo die Erſcheinungen am meiſten merklich ſind. Zer- ſchneidet man den Cryſtall in Schichten, die auf die Laͤngenrich- tung deſſelben ſenkrecht ſind, ſo haben alle Stuͤcke unter den erwaͤhnten Umſtaͤnden immer ihre zwei Pole, und zwar iſt die Art der Electricitaͤt jeder Seite bei allen Stuͤcken dieſelbe, die im un- getheilten Cryſtalle an eben der Seite gefunden wurde. Selbſt *) Brewſter hat mehrere Koͤrper, deren Cryſtalle nicht alle unſymmetriſch ſind, als hierher gehoͤrig angegeben.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/339>, abgerufen am 23.04.2024.