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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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und südpolarischen Zustandes an den entgegengesetzten Enden des
Magnetes, ist offenbar dem nicht entsprechend, was ein Nichtleiter
der Electricität darbieten würde, indem, auch abgesehen von dem
Verluste in der Luft, es unmöglich scheint, daß ein Siegellackstab
in SI, verbunden mit dem Glasstabe IN (Fig. 123.) für immer
negativ bleiben sollte, während IN positiv-electrisch wäre, sondern
es vielmehr als ganz gewiß erscheint, daß in langer Zeit die Elec-
tricität den Leitungswiderstand überwinden und eine Ausgleichung
der positiven und negativen Ladung hervorbringen würde. Und so
wie hier kein Uebergang der beiden Magnetismen, wenn ich diesen
Ausdruck gebrauchen darf, von einem Pole zum andern statt findet,
eben so findet auch, selbst bei der genauesten Berührung, keine
Mittheilung des nordpolarischen Zustandes (Fig. 122.) von N an
AB, keine Mittheilung, die der electrischen Ladung durch Ueber-
gang zu vergleichen wäre, statt, sondern bei der engsten Berührung
bleiben es immer nur Wirkungen, die der durch Vertheilung ent-
standenen Electricität entsprechen, welche wir in dem Stabe AB
wahrnehmen.

Diese Einwirkung des Magnetes, welche wir der Verthei-
lungs-Electricität entsprechend finden, ist jedoch nicht bloß in der
Berührung, sondern schon in einiger Entfernung deutlich zu bemer-
ken. Wenn man einen starken, in die Form eines Huf-Eisens
SN (Fig. 124.) gebogenen Magnet so legt, daß der eine Pol ober-
halb des andern liegt, und nun ein weiches Eisen, einen großen
Schlüssel zum Beispiel, vertical über diesem Pole hält, so trägt der
Schlüssel ziemlich bedeutende Stücke Eisen. Ist nämlich S ein
Südpol, so wird sowohl des größern Eisens sn unterer Theil als
des kleinern tm unterer Theil nordpolarisch, t und n hängen daher
als entgegengesetzte Pole an einander. Hält man dagegen zwei
oben an demselben Faden hängende Eisendräthchen ab, cd,
(Fig. 125.) über dem Pole des Magnetes, so stoßen sich die un-
tern Enden stark ab, weil b, d, gleichnamige Pole sind.

Künstliche Magnete. Verfertigung derselben.

Diese Bemerkungen mußte ich der Verfertigung künstlicher
Magnete vorausschicken, um die Mittel, wodurch wir Nordpole
und Südpole, auch dann, wenn sie nicht am Ende des Stabes

und ſuͤdpolariſchen Zuſtandes an den entgegengeſetzten Enden des
Magnetes, iſt offenbar dem nicht entſprechend, was ein Nichtleiter
der Electricitaͤt darbieten wuͤrde, indem, auch abgeſehen von dem
Verluſte in der Luft, es unmoͤglich ſcheint, daß ein Siegellackſtab
in SI, verbunden mit dem Glasſtabe IN (Fig. 123.) fuͤr immer
negativ bleiben ſollte, waͤhrend IN poſitiv-electriſch waͤre, ſondern
es vielmehr als ganz gewiß erſcheint, daß in langer Zeit die Elec-
tricitaͤt den Leitungswiderſtand uͤberwinden und eine Ausgleichung
der poſitiven und negativen Ladung hervorbringen wuͤrde. Und ſo
wie hier kein Uebergang der beiden Magnetismen, wenn ich dieſen
Ausdruck gebrauchen darf, von einem Pole zum andern ſtatt findet,
eben ſo findet auch, ſelbſt bei der genaueſten Beruͤhrung, keine
Mittheilung des nordpolariſchen Zuſtandes (Fig. 122.) von N an
AB, keine Mittheilung, die der electriſchen Ladung durch Ueber-
gang zu vergleichen waͤre, ſtatt, ſondern bei der engſten Beruͤhrung
bleiben es immer nur Wirkungen, die der durch Vertheilung ent-
ſtandenen Electricitaͤt entſprechen, welche wir in dem Stabe AB
wahrnehmen.

Dieſe Einwirkung des Magnetes, welche wir der Verthei-
lungs-Electricitaͤt entſprechend finden, iſt jedoch nicht bloß in der
Beruͤhrung, ſondern ſchon in einiger Entfernung deutlich zu bemer-
ken. Wenn man einen ſtarken, in die Form eines Huf-Eiſens
SN (Fig. 124.) gebogenen Magnet ſo legt, daß der eine Pol ober-
halb des andern liegt, und nun ein weiches Eiſen, einen großen
Schluͤſſel zum Beiſpiel, vertical uͤber dieſem Pole haͤlt, ſo traͤgt der
Schluͤſſel ziemlich bedeutende Stuͤcke Eiſen. Iſt naͤmlich S ein
Suͤdpol, ſo wird ſowohl des groͤßern Eiſens sn unterer Theil als
des kleinern tm unterer Theil nordpolariſch, t und n haͤngen daher
als entgegengeſetzte Pole an einander. Haͤlt man dagegen zwei
oben an demſelben Faden haͤngende Eiſendraͤthchen ab, cd,
(Fig. 125.) uͤber dem Pole des Magnetes, ſo ſtoßen ſich die un-
tern Enden ſtark ab, weil b, d, gleichnamige Pole ſind.

Kuͤnſtliche Magnete. Verfertigung derſelben.

Dieſe Bemerkungen mußte ich der Verfertigung kuͤnſtlicher
Magnete vorausſchicken, um die Mittel, wodurch wir Nordpole
und Suͤdpole, auch dann, wenn ſie nicht am Ende des Stabes

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[413/0427] und ſuͤdpolariſchen Zuſtandes an den entgegengeſetzten Enden des Magnetes, iſt offenbar dem nicht entſprechend, was ein Nichtleiter der Electricitaͤt darbieten wuͤrde, indem, auch abgeſehen von dem Verluſte in der Luft, es unmoͤglich ſcheint, daß ein Siegellackſtab in SI, verbunden mit dem Glasſtabe IN (Fig. 123.) fuͤr immer negativ bleiben ſollte, waͤhrend IN poſitiv-electriſch waͤre, ſondern es vielmehr als ganz gewiß erſcheint, daß in langer Zeit die Elec- tricitaͤt den Leitungswiderſtand uͤberwinden und eine Ausgleichung der poſitiven und negativen Ladung hervorbringen wuͤrde. Und ſo wie hier kein Uebergang der beiden Magnetismen, wenn ich dieſen Ausdruck gebrauchen darf, von einem Pole zum andern ſtatt findet, eben ſo findet auch, ſelbſt bei der genaueſten Beruͤhrung, keine Mittheilung des nordpolariſchen Zuſtandes (Fig. 122.) von N an AB, keine Mittheilung, die der electriſchen Ladung durch Ueber- gang zu vergleichen waͤre, ſtatt, ſondern bei der engſten Beruͤhrung bleiben es immer nur Wirkungen, die der durch Vertheilung ent- ſtandenen Electricitaͤt entſprechen, welche wir in dem Stabe AB wahrnehmen. Dieſe Einwirkung des Magnetes, welche wir der Verthei- lungs-Electricitaͤt entſprechend finden, iſt jedoch nicht bloß in der Beruͤhrung, ſondern ſchon in einiger Entfernung deutlich zu bemer- ken. Wenn man einen ſtarken, in die Form eines Huf-Eiſens SN (Fig. 124.) gebogenen Magnet ſo legt, daß der eine Pol ober- halb des andern liegt, und nun ein weiches Eiſen, einen großen Schluͤſſel zum Beiſpiel, vertical uͤber dieſem Pole haͤlt, ſo traͤgt der Schluͤſſel ziemlich bedeutende Stuͤcke Eiſen. Iſt naͤmlich S ein Suͤdpol, ſo wird ſowohl des groͤßern Eiſens sn unterer Theil als des kleinern tm unterer Theil nordpolariſch, t und n haͤngen daher als entgegengeſetzte Pole an einander. Haͤlt man dagegen zwei oben an demſelben Faden haͤngende Eiſendraͤthchen ab, cd, (Fig. 125.) uͤber dem Pole des Magnetes, ſo ſtoßen ſich die un- tern Enden ſtark ab, weil b, d, gleichnamige Pole ſind. Kuͤnſtliche Magnete. Verfertigung derſelben. Dieſe Bemerkungen mußte ich der Verfertigung kuͤnſtlicher Magnete vorausſchicken, um die Mittel, wodurch wir Nordpole und Suͤdpole, auch dann, wenn ſie nicht am Ende des Stabes

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/427>, abgerufen am 19.04.2024.