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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Feuerleib. Salpe.
Angaben Bennetts, die wir oben anführten, sagt aber Meyer, daß, wenn man vom Pyrosoma
ein Stückchen abbricht, nicht nur in diesem augenblicklich das Leuchten aufhöre, sondern auch am
Ganzen von der Bauchfläche schnell nach dem andern Ende abnehme. Von einem Ausströmen
der leuchtenden Substanztheilchen hat er nichts gesehen.

Uebereinstimmend ist aber der Eindruck, den das prächtige Schauspiel auf alle Beobachter
macht, welche die Thiere bald mit glühenden Kugeln, bald mit weißglühenden Eisenstäben ver-
glichen. Es reiht sich an jene anderen unauslöschlichen Anschauungen, welche der Ocean dem
Weltumsegler zuführt.



Zweite Ordnung.
Salpen (Salpae).

Der Dichter Chamisso, welcher als Naturforscher eine russische Weltumseglungs-Expedition
begleitet hatte, veröffentlichte 1819 eine Abhandlung über die in den südlichen Meeren beobachteten
Salpen und stellte die damals höchst parador und unwahrscheinlich klingende Behauptung auf,
von diesen durchsichtigen, frei im Meere schwimmenden Thieren gehörten immer zwei Formen zu
einer Art, die Tochter gliche nie der Mutter, sondern der Großmutter, die Jndividuen der einen
Form seien immer in größerer Anzahl zweireihig mit einander verbunden als sogenannte Salpen-
ketten, die Jndividuen der zweiten Form dagegen lebten isolirt. Man war, wie gesagt, wenig
geneigt, diesen Angaben Glauben zu schenken, bis einige zwanzig Jahre später Steenstrup
seine so glücklichen Ansichten über den Generationswechsel begründete und auch die Salpen in den
Kreis der dieser Fortpflanzungsweise unterworfenen Thiere einbezog.

Auch an den Salpen wird der größte Theil der Körpermasse durch den Mantel gebildet, der
aber, obwohl fest, von solcher Durchsichtigkeit ist, daß man das Thier im Wasser gar nicht
erkennen würde, wenn es sich nicht durch einzelne gefärbte und undurchsichtige Körpertheile, wie
namentlich den Eingeweideknäuel, verriethe. Von der Uebereinstimmung der chemischen Beschaffenheit

[Abbildung] Salpa maxima. Von der Seite. Nat. Größe.
des Mantels der Salpen mit dem der Ascidien ist schon die Rede gewesen, aber auch im Uebrigen
werden wir uns über die einander entsprechenden Körpertheile und ihre Lage leicht verständigen.
Sowohl die zu Kettenreihen vereinigten als die einzeln schwimmenden Jndividuen nehmen durch
eine vordere Oeffnung (a) Wasser in eine weite Höhlung auf, in welcher die Kieme (d) diagonal
ausgespannt ist. Sobald der große Schluck gethan, schließt sich jene Oeffnung, reifenähnliche,

Feuerleib. Salpe.
Angaben Bennetts, die wir oben anführten, ſagt aber Meyer, daß, wenn man vom Pyroſoma
ein Stückchen abbricht, nicht nur in dieſem augenblicklich das Leuchten aufhöre, ſondern auch am
Ganzen von der Bauchfläche ſchnell nach dem andern Ende abnehme. Von einem Ausſtrömen
der leuchtenden Subſtanztheilchen hat er nichts geſehen.

Uebereinſtimmend iſt aber der Eindruck, den das prächtige Schauſpiel auf alle Beobachter
macht, welche die Thiere bald mit glühenden Kugeln, bald mit weißglühenden Eiſenſtäben ver-
glichen. Es reiht ſich an jene anderen unauslöſchlichen Anſchauungen, welche der Ocean dem
Weltumſegler zuführt.



Zweite Ordnung.
Salpen (Salpae).

Der Dichter Chamiſſo, welcher als Naturforſcher eine ruſſiſche Weltumſeglungs-Expedition
begleitet hatte, veröffentlichte 1819 eine Abhandlung über die in den ſüdlichen Meeren beobachteten
Salpen und ſtellte die damals höchſt parador und unwahrſcheinlich klingende Behauptung auf,
von dieſen durchſichtigen, frei im Meere ſchwimmenden Thieren gehörten immer zwei Formen zu
einer Art, die Tochter gliche nie der Mutter, ſondern der Großmutter, die Jndividuen der einen
Form ſeien immer in größerer Anzahl zweireihig mit einander verbunden als ſogenannte Salpen-
ketten, die Jndividuen der zweiten Form dagegen lebten iſolirt. Man war, wie geſagt, wenig
geneigt, dieſen Angaben Glauben zu ſchenken, bis einige zwanzig Jahre ſpäter Steenſtrup
ſeine ſo glücklichen Anſichten über den Generationswechſel begründete und auch die Salpen in den
Kreis der dieſer Fortpflanzungsweiſe unterworfenen Thiere einbezog.

Auch an den Salpen wird der größte Theil der Körpermaſſe durch den Mantel gebildet, der
aber, obwohl feſt, von ſolcher Durchſichtigkeit iſt, daß man das Thier im Waſſer gar nicht
erkennen würde, wenn es ſich nicht durch einzelne gefärbte und undurchſichtige Körpertheile, wie
namentlich den Eingeweideknäuel, verriethe. Von der Uebereinſtimmung der chemiſchen Beſchaffenheit

[Abbildung] Salpa maxima. Von der Seite. Nat. Größe.
des Mantels der Salpen mit dem der Ascidien iſt ſchon die Rede geweſen, aber auch im Uebrigen
werden wir uns über die einander entſprechenden Körpertheile und ihre Lage leicht verſtändigen.
Sowohl die zu Kettenreihen vereinigten als die einzeln ſchwimmenden Jndividuen nehmen durch
eine vordere Oeffnung (a) Waſſer in eine weite Höhlung auf, in welcher die Kieme (d) diagonal
ausgeſpannt iſt. Sobald der große Schluck gethan, ſchließt ſich jene Oeffnung, reifenähnliche,

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[969/1017] Feuerleib. Salpe. Angaben Bennetts, die wir oben anführten, ſagt aber Meyer, daß, wenn man vom Pyroſoma ein Stückchen abbricht, nicht nur in dieſem augenblicklich das Leuchten aufhöre, ſondern auch am Ganzen von der Bauchfläche ſchnell nach dem andern Ende abnehme. Von einem Ausſtrömen der leuchtenden Subſtanztheilchen hat er nichts geſehen. Uebereinſtimmend iſt aber der Eindruck, den das prächtige Schauſpiel auf alle Beobachter macht, welche die Thiere bald mit glühenden Kugeln, bald mit weißglühenden Eiſenſtäben ver- glichen. Es reiht ſich an jene anderen unauslöſchlichen Anſchauungen, welche der Ocean dem Weltumſegler zuführt. Zweite Ordnung. Salpen (Salpae). Der Dichter Chamiſſo, welcher als Naturforſcher eine ruſſiſche Weltumſeglungs-Expedition begleitet hatte, veröffentlichte 1819 eine Abhandlung über die in den ſüdlichen Meeren beobachteten Salpen und ſtellte die damals höchſt parador und unwahrſcheinlich klingende Behauptung auf, von dieſen durchſichtigen, frei im Meere ſchwimmenden Thieren gehörten immer zwei Formen zu einer Art, die Tochter gliche nie der Mutter, ſondern der Großmutter, die Jndividuen der einen Form ſeien immer in größerer Anzahl zweireihig mit einander verbunden als ſogenannte Salpen- ketten, die Jndividuen der zweiten Form dagegen lebten iſolirt. Man war, wie geſagt, wenig geneigt, dieſen Angaben Glauben zu ſchenken, bis einige zwanzig Jahre ſpäter Steenſtrup ſeine ſo glücklichen Anſichten über den Generationswechſel begründete und auch die Salpen in den Kreis der dieſer Fortpflanzungsweiſe unterworfenen Thiere einbezog. Auch an den Salpen wird der größte Theil der Körpermaſſe durch den Mantel gebildet, der aber, obwohl feſt, von ſolcher Durchſichtigkeit iſt, daß man das Thier im Waſſer gar nicht erkennen würde, wenn es ſich nicht durch einzelne gefärbte und undurchſichtige Körpertheile, wie namentlich den Eingeweideknäuel, verriethe. Von der Uebereinſtimmung der chemiſchen Beſchaffenheit [Abbildung Salpa maxima. Von der Seite. Nat. Größe.] des Mantels der Salpen mit dem der Ascidien iſt ſchon die Rede geweſen, aber auch im Uebrigen werden wir uns über die einander entſprechenden Körpertheile und ihre Lage leicht verſtändigen. Sowohl die zu Kettenreihen vereinigten als die einzeln ſchwimmenden Jndividuen nehmen durch eine vordere Oeffnung (a) Waſſer in eine weite Höhlung auf, in welcher die Kieme (d) diagonal ausgeſpannt iſt. Sobald der große Schluck gethan, ſchließt ſich jene Oeffnung, reifenähnliche,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 969. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/1017>, abgerufen am 29.03.2024.