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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901.

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und brüllt wie ein unvernünftiges Thier. Er hat ein
Herz vom Schöpfer erhalten, das Gott lieben und warm
und begeistert für das Gute und Edle schlagen soll;
doch dazu ist es jetzt durchaus nicht mehr fähig, nur
das Niedrige und Gemeine, nur das Wüste und grob
Sinnliche kann noch seine rohen Gefühle aufrütteln und
selbst dieser wird er sich jetzt kaum mehr bewußt. Ist
dieser Mann, der kein vernünftiges Wort mehr reden
kann, der nicht weiß, was er denkt und will, der nicht
mehr Herr über seine eigenen Füße ist, und unsicher
hin und her wankt, nicht ein wahrer Hohn auf die
Menschheit? Hat er nicht das königliche Diadem seiner
menschlichen Würde verächtlich in den Staub getreten?
Und doch - man muß es Gott laut und mit Schmerz
klagen - gibt es viele Männer und Jünglinge, die
sich oft, vielleicht jede Woche, durch ihre Trunkenheit
so tief erniedrigen.

2.

Ihr, christliche Männer, seid ferner
Kinder Gottes; die Unmäßigkeit im Trinken
aber geziemt sich sicher nicht für ein Kind
des unendlichen Gottes
. Gott hat euch in der
heiligen Taufe zu seinen Kindern angenommen, euerer
Seele ein höheres, übernatürliches, ja in gewissem Sinne
göttliches Leben geschenkt. Als Vater liebt er euch un-
endlich mehr, inniger und stärker, als der beste irdische
Vater seinen einzigen Sohn lieben kann; er will euch
nach euerem Tode ein viel schöneres und reicheres Erbe

und brüllt wie ein unvernünftiges Thier. Er hat ein
Herz vom Schöpfer erhalten, das Gott lieben und warm
und begeistert für das Gute und Edle schlagen soll;
doch dazu ist es jetzt durchaus nicht mehr fähig, nur
das Niedrige und Gemeine, nur das Wüste und grob
Sinnliche kann noch seine rohen Gefühle aufrütteln und
selbst dieser wird er sich jetzt kaum mehr bewußt. Ist
dieser Mann, der kein vernünftiges Wort mehr reden
kann, der nicht weiß, was er denkt und will, der nicht
mehr Herr über seine eigenen Füße ist, und unsicher
hin und her wankt, nicht ein wahrer Hohn auf die
Menschheit? Hat er nicht das königliche Diadem seiner
menschlichen Würde verächtlich in den Staub getreten?
Und doch – man muß es Gott laut und mit Schmerz
klagen – gibt es viele Männer und Jünglinge, die
sich oft, vielleicht jede Woche, durch ihre Trunkenheit
so tief erniedrigen.

2.

Ihr, christliche Männer, seid ferner
Kinder Gottes; die Unmäßigkeit im Trinken
aber geziemt sich sicher nicht für ein Kind
des unendlichen Gottes
. Gott hat euch in der
heiligen Taufe zu seinen Kindern angenommen, euerer
Seele ein höheres, übernatürliches, ja in gewissem Sinne
göttliches Leben geschenkt. Als Vater liebt er euch un-
endlich mehr, inniger und stärker, als der beste irdische
Vater seinen einzigen Sohn lieben kann; er will euch
nach euerem Tode ein viel schöneres und reicheres Erbe

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[209/0221] und brüllt wie ein unvernünftiges Thier. Er hat ein Herz vom Schöpfer erhalten, das Gott lieben und warm und begeistert für das Gute und Edle schlagen soll; doch dazu ist es jetzt durchaus nicht mehr fähig, nur das Niedrige und Gemeine, nur das Wüste und grob Sinnliche kann noch seine rohen Gefühle aufrütteln und selbst dieser wird er sich jetzt kaum mehr bewußt. Ist dieser Mann, der kein vernünftiges Wort mehr reden kann, der nicht weiß, was er denkt und will, der nicht mehr Herr über seine eigenen Füße ist, und unsicher hin und her wankt, nicht ein wahrer Hohn auf die Menschheit? Hat er nicht das königliche Diadem seiner menschlichen Würde verächtlich in den Staub getreten? Und doch – man muß es Gott laut und mit Schmerz klagen – gibt es viele Männer und Jünglinge, die sich oft, vielleicht jede Woche, durch ihre Trunkenheit so tief erniedrigen. 2. Ihr, christliche Männer, seid ferner Kinder Gottes; die Unmäßigkeit im Trinken aber geziemt sich sicher nicht für ein Kind des unendlichen Gottes. Gott hat euch in der heiligen Taufe zu seinen Kindern angenommen, euerer Seele ein höheres, übernatürliches, ja in gewissem Sinne göttliches Leben geschenkt. Als Vater liebt er euch un- endlich mehr, inniger und stärker, als der beste irdische Vater seinen einzigen Sohn lieben kann; er will euch nach euerem Tode ein viel schöneres und reicheres Erbe

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Zitationshilfe: Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/221>, abgerufen am 29.03.2024.