Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887.

Bild:
<< vorherige Seite

§ 37. Die Entstehung geschriebenen Rechts.
die wesentlichen Grundlagen des anglo-normannischen Rechtes ge-
schaffen.

Eine Anzahl von Institutionen des fränkischen Königsrechtes ist
zunächst im Königsgerichte entstanden und von da aus mit Hilfe des
königlichen Beamtentums in die Rechtspflege der Volksgerichte hinein-
getragen worden. Gewisse Einrichtungen königsrechtlichen Ursprungs
sind jedoch während der fränkischen Periode auf dem halben Wege
dieser Entwicklung stehen geblieben, indem ihre Anwendung dem
Königsgerichte und dessen Emanationen vorbehalten, dagegen den
ordentlichen Richtern der Volksgerichte versagt blieb.

§ 37. Die Entstehung geschriebenen Rechts.

Stobbe, Geschichte der deutschen Rechtsquellen I 6--28. -- Kollektivaus-
gaben
. Eine Gesamtausgabe der fränkischen Rechtsquellen versprechen die Monu-
menta Germaniae historica in der Abteilung Leges zu liefern. Bisher sind er-
schienen in der Folioausgabe die Kapitularien LL I und II, die Lex Alamannorum,
Baiuwariorum, Burgundionum, die Lex Romana Burgundionum und die Lex Frisi-
onum LL III, der Edictus Langobardorum und der Liber legis Lang. LL IV,
die Lex Saxonum, Thuringorum, das Edictum Theoderici, die Lex Ribuaria und
die Lex Chamavorum in zwei Faszikeln von LL V. In der Quartausgabe der erste
Band einer verbesserten Edition der Kapitularien und die Formulae Merowingici et
Karolini aevi. Der Edictus Langobardorum, die Lex Rib. und Chamav. sind auch
in einer Textausgabe in 8° abgedruckt worden. Von älteren Sammlungen, welche
verschiedene Gruppen von Rechtsquellen zusammenfassen, sind zu nennen: Lin-
denbrog
, Codex Legum antiquarum, 1613. Steph. Baluzius, Capitularia regum
Francorum, 1687, in verbesserter Auflage herausg. von P. de Chiniac 1780 (enthält
ausser den Kapitularien auch Formelsammlungen und Volksrechte). Bouquet,
Recueil des historiens des Gaules et de la France, 1738 ff. Peter Georgisch,
Corpus iuris Germanici antiqui, 1738, auf welche Ausgabe Jakob Grimm in den
RA seine Citate stellt. F. P. Canciani, Barbarorum leges antiquae, 1781--1792. --
Eine Ausgabe für den akadem. Gebrauch lieferte Ferd. Walter, Corpus iuris
Germanici antiqui, 3 Bde 1824. Eine Auswahl von Auszügen aus den fränkischen
Rechtsquellen bietet nebst ausführlicher Einleitung, Anmerkungen und Glossar H. G.
Gengler, Germanische Rechtsdenkmäler, Leges, Capitularia, Formulae, 1875. --
Mitteilungen über Handschriften und Untersuchungen zur Geschichte einzelner
Rechtsquellen enthalten das Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts-
kunde 12 Bde 1820 ff. und das neue Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche
Geschichtskunde 1876 ff.

Die Zeit von der Mitte des fünften bis zur Mitte des neunten
Jahrhunderts ist für die germanischen Stämme, welche in der frän-
kischen Monarchie ihre Vereinigung fanden, die Periode ihrer ältesten
Rechtsaufzeichnungen. Durch die Fülle geschriebenen Rechts, die sie
aufzuweisen hat, steht sie in scharfem Gegensatz zu dem absoluten
Mangel an Rechtsquellen, welcher die germanische Zeit, und zu der

§ 37. Die Entstehung geschriebenen Rechts.
die wesentlichen Grundlagen des anglo-normannischen Rechtes ge-
schaffen.

Eine Anzahl von Institutionen des fränkischen Königsrechtes ist
zunächst im Königsgerichte entstanden und von da aus mit Hilfe des
königlichen Beamtentums in die Rechtspflege der Volksgerichte hinein-
getragen worden. Gewisse Einrichtungen königsrechtlichen Ursprungs
sind jedoch während der fränkischen Periode auf dem halben Wege
dieser Entwicklung stehen geblieben, indem ihre Anwendung dem
Königsgerichte und dessen Emanationen vorbehalten, dagegen den
ordentlichen Richtern der Volksgerichte versagt blieb.

§ 37. Die Entstehung geschriebenen Rechts.

Stobbe, Geschichte der deutschen Rechtsquellen I 6—28. — Kollektivaus-
gaben
. Eine Gesamtausgabe der fränkischen Rechtsquellen versprechen die Monu-
menta Germaniae historica in der Abteilung Leges zu liefern. Bisher sind er-
schienen in der Folioausgabe die Kapitularien LL I und II, die Lex Alamannorum,
Baiuwariorum, Burgundionum, die Lex Romana Burgundionum und die Lex Frisi-
onum LL III, der Edictus Langobardorum und der Liber legis Lang. LL IV,
die Lex Saxonum, Thuringorum, das Edictum Theoderici, die Lex Ribuaria und
die Lex Chamavorum in zwei Faszikeln von LL V. In der Quartausgabe der erste
Band einer verbesserten Edition der Kapitularien und die Formulae Merowingici et
Karolini aevi. Der Edictus Langobardorum, die Lex Rib. und Chamav. sind auch
in einer Textausgabe in 8° abgedruckt worden. Von älteren Sammlungen, welche
verschiedene Gruppen von Rechtsquellen zusammenfassen, sind zu nennen: Lin-
denbrog
, Codex Legum antiquarum, 1613. Steph. Baluzius, Capitularia regum
Francorum, 1687, in verbesserter Auflage herausg. von P. de Chiniac 1780 (enthält
auſser den Kapitularien auch Formelsammlungen und Volksrechte). Bouquet,
Recueil des historiens des Gaules et de la France, 1738 ff. Peter Georgisch,
Corpus iuris Germanici antiqui, 1738, auf welche Ausgabe Jakob Grimm in den
RA seine Citate stellt. F. P. Canciani, Barbarorum leges antiquae, 1781—1792. —
Eine Ausgabe für den akadem. Gebrauch lieferte Ferd. Walter, Corpus iuris
Germanici antiqui, 3 Bde 1824. Eine Auswahl von Auszügen aus den fränkischen
Rechtsquellen bietet nebst ausführlicher Einleitung, Anmerkungen und Glossar H. G.
Gengler, Germanische Rechtsdenkmäler, Leges, Capitularia, Formulae, 1875. —
Mitteilungen über Handschriften und Untersuchungen zur Geschichte einzelner
Rechtsquellen enthalten das Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts-
kunde 12 Bde 1820 ff. und das neue Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche
Geschichtskunde 1876 ff.

Die Zeit von der Mitte des fünften bis zur Mitte des neunten
Jahrhunderts ist für die germanischen Stämme, welche in der frän-
kischen Monarchie ihre Vereinigung fanden, die Periode ihrer ältesten
Rechtsaufzeichnungen. Durch die Fülle geschriebenen Rechts, die sie
aufzuweisen hat, steht sie in scharfem Gegensatz zu dem absoluten
Mangel an Rechtsquellen, welcher die germanische Zeit, und zu der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0300" n="282"/><fw place="top" type="header">§ 37. Die Entstehung geschriebenen Rechts.</fw><lb/>
die wesentlichen Grundlagen des anglo-normannischen Rechtes ge-<lb/>
schaffen.</p><lb/>
            <p>Eine Anzahl von Institutionen des fränkischen Königsrechtes ist<lb/>
zunächst im Königsgerichte entstanden und von da aus mit Hilfe des<lb/>
königlichen Beamtentums in die Rechtspflege der Volksgerichte hinein-<lb/>
getragen worden. Gewisse Einrichtungen königsrechtlichen Ursprungs<lb/>
sind jedoch während der fränkischen Periode auf dem halben Wege<lb/>
dieser Entwicklung stehen geblieben, indem ihre Anwendung dem<lb/>
Königsgerichte und dessen Emanationen vorbehalten, dagegen den<lb/>
ordentlichen Richtern der Volksgerichte versagt blieb.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§ 37. <hi rendition="#g">Die Entstehung geschriebenen Rechts</hi>.</head><lb/>
            <p>
              <bibl><hi rendition="#g">Stobbe</hi>, Geschichte der deutschen Rechtsquellen I 6&#x2014;28. &#x2014; <hi rendition="#g">Kollektivaus-<lb/>
gaben</hi>. Eine Gesamtausgabe der fränkischen Rechtsquellen versprechen die Monu-<lb/>
menta Germaniae historica in der Abteilung Leges zu liefern. Bisher sind er-<lb/>
schienen in der Folioausgabe die Kapitularien LL I und II, die Lex Alamannorum,<lb/>
Baiuwariorum, Burgundionum, die Lex Romana Burgundionum und die Lex Frisi-<lb/>
onum LL III, der Edictus Langobardorum und der Liber legis Lang. LL IV,<lb/>
die Lex Saxonum, Thuringorum, das Edictum Theoderici, die Lex Ribuaria und<lb/>
die Lex Chamavorum in zwei Faszikeln von LL V. In der Quartausgabe der erste<lb/>
Band einer verbesserten Edition der Kapitularien und die Formulae Merowingici et<lb/>
Karolini aevi. Der Edictus Langobardorum, die Lex Rib. und Chamav. sind auch<lb/>
in einer Textausgabe in 8° abgedruckt worden. Von älteren Sammlungen, welche<lb/>
verschiedene Gruppen von Rechtsquellen zusammenfassen, sind zu nennen: <hi rendition="#g">Lin-<lb/>
denbrog</hi>, Codex Legum antiquarum, 1613. <hi rendition="#g">Steph. Baluzius</hi>, Capitularia regum<lb/>
Francorum, 1687, in verbesserter Auflage herausg. von P. de Chiniac 1780 (enthält<lb/>
au&#x017F;ser den Kapitularien auch Formelsammlungen und Volksrechte). <hi rendition="#g">Bouquet</hi>,<lb/>
Recueil des historiens des Gaules et de la France, 1738 ff. <hi rendition="#g">Peter Georgisch</hi>,<lb/>
Corpus iuris Germanici antiqui, 1738, auf welche Ausgabe <hi rendition="#g">Jakob Grimm</hi> in den<lb/>
RA seine Citate stellt. F. P. <hi rendition="#g">Canciani</hi>, Barbarorum leges antiquae, 1781&#x2014;1792. &#x2014;<lb/>
Eine Ausgabe für den akadem. Gebrauch lieferte <hi rendition="#g">Ferd. Walter</hi>, Corpus iuris<lb/>
Germanici antiqui, 3 Bde 1824. Eine Auswahl von Auszügen aus den fränkischen<lb/>
Rechtsquellen bietet nebst ausführlicher Einleitung, Anmerkungen und Glossar H. G.<lb/><hi rendition="#g">Gengler</hi>, Germanische Rechtsdenkmäler, Leges, Capitularia, Formulae, 1875. &#x2014;<lb/>
Mitteilungen über Handschriften und Untersuchungen zur Geschichte einzelner<lb/>
Rechtsquellen enthalten das Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts-<lb/>
kunde 12 Bde 1820 ff. und das neue Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche<lb/><hi rendition="#c">Geschichtskunde 1876 ff.</hi></bibl>
            </p><lb/>
            <p>Die Zeit von der Mitte des fünften bis zur Mitte des neunten<lb/>
Jahrhunderts ist für die germanischen Stämme, welche in der frän-<lb/>
kischen Monarchie ihre Vereinigung fanden, die Periode ihrer ältesten<lb/>
Rechtsaufzeichnungen. Durch die Fülle geschriebenen Rechts, die sie<lb/>
aufzuweisen hat, steht sie in scharfem Gegensatz zu dem absoluten<lb/>
Mangel an Rechtsquellen, welcher die germanische Zeit, und zu der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[282/0300] § 37. Die Entstehung geschriebenen Rechts. die wesentlichen Grundlagen des anglo-normannischen Rechtes ge- schaffen. Eine Anzahl von Institutionen des fränkischen Königsrechtes ist zunächst im Königsgerichte entstanden und von da aus mit Hilfe des königlichen Beamtentums in die Rechtspflege der Volksgerichte hinein- getragen worden. Gewisse Einrichtungen königsrechtlichen Ursprungs sind jedoch während der fränkischen Periode auf dem halben Wege dieser Entwicklung stehen geblieben, indem ihre Anwendung dem Königsgerichte und dessen Emanationen vorbehalten, dagegen den ordentlichen Richtern der Volksgerichte versagt blieb. § 37. Die Entstehung geschriebenen Rechts. Stobbe, Geschichte der deutschen Rechtsquellen I 6—28. — Kollektivaus- gaben. Eine Gesamtausgabe der fränkischen Rechtsquellen versprechen die Monu- menta Germaniae historica in der Abteilung Leges zu liefern. Bisher sind er- schienen in der Folioausgabe die Kapitularien LL I und II, die Lex Alamannorum, Baiuwariorum, Burgundionum, die Lex Romana Burgundionum und die Lex Frisi- onum LL III, der Edictus Langobardorum und der Liber legis Lang. LL IV, die Lex Saxonum, Thuringorum, das Edictum Theoderici, die Lex Ribuaria und die Lex Chamavorum in zwei Faszikeln von LL V. In der Quartausgabe der erste Band einer verbesserten Edition der Kapitularien und die Formulae Merowingici et Karolini aevi. Der Edictus Langobardorum, die Lex Rib. und Chamav. sind auch in einer Textausgabe in 8° abgedruckt worden. Von älteren Sammlungen, welche verschiedene Gruppen von Rechtsquellen zusammenfassen, sind zu nennen: Lin- denbrog, Codex Legum antiquarum, 1613. Steph. Baluzius, Capitularia regum Francorum, 1687, in verbesserter Auflage herausg. von P. de Chiniac 1780 (enthält auſser den Kapitularien auch Formelsammlungen und Volksrechte). Bouquet, Recueil des historiens des Gaules et de la France, 1738 ff. Peter Georgisch, Corpus iuris Germanici antiqui, 1738, auf welche Ausgabe Jakob Grimm in den RA seine Citate stellt. F. P. Canciani, Barbarorum leges antiquae, 1781—1792. — Eine Ausgabe für den akadem. Gebrauch lieferte Ferd. Walter, Corpus iuris Germanici antiqui, 3 Bde 1824. Eine Auswahl von Auszügen aus den fränkischen Rechtsquellen bietet nebst ausführlicher Einleitung, Anmerkungen und Glossar H. G. Gengler, Germanische Rechtsdenkmäler, Leges, Capitularia, Formulae, 1875. — Mitteilungen über Handschriften und Untersuchungen zur Geschichte einzelner Rechtsquellen enthalten das Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts- kunde 12 Bde 1820 ff. und das neue Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 1876 ff. Die Zeit von der Mitte des fünften bis zur Mitte des neunten Jahrhunderts ist für die germanischen Stämme, welche in der frän- kischen Monarchie ihre Vereinigung fanden, die Periode ihrer ältesten Rechtsaufzeichnungen. Durch die Fülle geschriebenen Rechts, die sie aufzuweisen hat, steht sie in scharfem Gegensatz zu dem absoluten Mangel an Rechtsquellen, welcher die germanische Zeit, und zu der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte01_1887
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte01_1887/300
Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte01_1887/300>, abgerufen am 28.03.2024.