Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

stande, daß sie nicht in das Wesen der Dinge hineinführen,
sondern an der Oberfläche haften bleiben.

Am bekanntesten ist die von Friedrich List zuerst
aufgestellte Stufenfolge, welche von der Hauptrichtung der
Produktion ausgeht. Sie unterscheidet fünf aufeinander-
folgende Perioden, welche die Völker der gemäßigten Zone
bis zum ökonomischen Normalzustande durchlaufen sollen:
1. die Periode des Jägerlebens, 2. die Periode des Hir-
tenlebens, 3. die Periode des Ackerbaus, 4. die Agri-
kultur-Manufakturperiode und 5. die Agrikultur-Manu-
faktur-Handelsperiode.

Etwas näher kommt dem Kern der Sache eine andere,
von Bruno Hildebrand ersonnene Stufenreihe, welche
den Zustand des Tauschverkehrs zum Unterscheidungsmerk-
mal macht. Sie nimmt demgemäß drei Entwickelungsstufen
an: Naturalwirtschaft, Geldwirtschaft, Kreditwirtschaft.

Beide aber setzen voraus, daß es zu allen Zeiten, so-
weit die Geschichte zurückreicht, bloß vom "Urzustand" ab-
gesehen, eine auf der Grundlage des Güteraustausches
ruhende Volkswirtschaft gegeben habe, nur daß die Formen
der Produktion und des Verkehrs zu verschiedenen Zeiten
verschiedene gewesen seien. Sie bezweifeln auch gar nicht,
daß die Grunderscheinungen des wirtschaftlichen Lebens zu
allen Zeiten im wesentlichen gleichartige sind. Es ist ihnen
nur darum zu thun, nachzuweisen, daß die verschiedenen
wirtschaftspolitischen Maßregeln früherer Zeiten in der
abweichenden Art der Produktion oder des Verkehrs ihre

ſtande, daß ſie nicht in das Weſen der Dinge hineinführen,
ſondern an der Oberfläche haften bleiben.

Am bekannteſten iſt die von Friedrich Liſt zuerſt
aufgeſtellte Stufenfolge, welche von der Hauptrichtung der
Produktion ausgeht. Sie unterſcheidet fünf aufeinander-
folgende Perioden, welche die Völker der gemäßigten Zone
bis zum ökonomiſchen Normalzuſtande durchlaufen ſollen:
1. die Periode des Jägerlebens, 2. die Periode des Hir-
tenlebens, 3. die Periode des Ackerbaus, 4. die Agri-
kultur-Manufakturperiode und 5. die Agrikultur-Manu-
faktur-Handelsperiode.

Etwas näher kommt dem Kern der Sache eine andere,
von Bruno Hildebrand erſonnene Stufenreihe, welche
den Zuſtand des Tauſchverkehrs zum Unterſcheidungsmerk-
mal macht. Sie nimmt demgemäß drei Entwickelungsſtufen
an: Naturalwirtſchaft, Geldwirtſchaft, Kreditwirtſchaft.

Beide aber ſetzen voraus, daß es zu allen Zeiten, ſo-
weit die Geſchichte zurückreicht, bloß vom „Urzuſtand“ ab-
geſehen, eine auf der Grundlage des Güteraustauſches
ruhende Volkswirtſchaft gegeben habe, nur daß die Formen
der Produktion und des Verkehrs zu verſchiedenen Zeiten
verſchiedene geweſen ſeien. Sie bezweifeln auch gar nicht,
daß die Grunderſcheinungen des wirtſchaftlichen Lebens zu
allen Zeiten im weſentlichen gleichartige ſind. Es iſt ihnen
nur darum zu thun, nachzuweiſen, daß die verſchiedenen
wirtſchaftspolitiſchen Maßregeln früherer Zeiten in der
abweichenden Art der Produktion oder des Verkehrs ihre

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0025" n="11"/>
&#x017F;tande, daß &#x017F;ie nicht in das We&#x017F;en der Dinge hineinführen,<lb/>
&#x017F;ondern an der Oberfläche haften bleiben.</p><lb/>
          <p>Am bekannte&#x017F;ten i&#x017F;t die von <hi rendition="#g">Friedrich Li&#x017F;t</hi> zuer&#x017F;t<lb/>
aufge&#x017F;tellte Stufenfolge, welche von der Hauptrichtung der<lb/>
Produktion ausgeht. Sie unter&#x017F;cheidet fünf aufeinander-<lb/>
folgende Perioden, welche die Völker der gemäßigten Zone<lb/>
bis zum ökonomi&#x017F;chen Normalzu&#x017F;tande durchlaufen &#x017F;ollen:<lb/>
1. die Periode des Jägerlebens, 2. die Periode des Hir-<lb/>
tenlebens, 3. die Periode des Ackerbaus, 4. die Agri-<lb/>
kultur-Manufakturperiode und 5. die Agrikultur-Manu-<lb/>
faktur-Handelsperiode.</p><lb/>
          <p>Etwas näher kommt dem Kern der Sache eine andere,<lb/>
von <hi rendition="#g">Bruno Hildebrand</hi> er&#x017F;onnene Stufenreihe, welche<lb/>
den Zu&#x017F;tand des Tau&#x017F;chverkehrs zum Unter&#x017F;cheidungsmerk-<lb/>
mal macht. Sie nimmt demgemäß drei Entwickelungs&#x017F;tufen<lb/>
an: Naturalwirt&#x017F;chaft, Geldwirt&#x017F;chaft, Kreditwirt&#x017F;chaft.</p><lb/>
          <p>Beide aber &#x017F;etzen voraus, daß es zu allen Zeiten, &#x017F;o-<lb/>
weit die Ge&#x017F;chichte zurückreicht, bloß vom &#x201E;Urzu&#x017F;tand&#x201C; ab-<lb/>
ge&#x017F;ehen, eine auf der Grundlage des Güteraustau&#x017F;ches<lb/>
ruhende <hi rendition="#g">Volks</hi>wirt&#x017F;chaft gegeben habe, nur daß die Formen<lb/>
der Produktion und des Verkehrs zu ver&#x017F;chiedenen Zeiten<lb/>
ver&#x017F;chiedene gewe&#x017F;en &#x017F;eien. Sie bezweifeln auch gar nicht,<lb/>
daß die Grunder&#x017F;cheinungen des wirt&#x017F;chaftlichen Lebens zu<lb/>
allen Zeiten im we&#x017F;entlichen gleichartige &#x017F;ind. Es i&#x017F;t ihnen<lb/>
nur darum zu thun, nachzuwei&#x017F;en, daß die ver&#x017F;chiedenen<lb/>
wirt&#x017F;chaftspoliti&#x017F;chen Maßregeln früherer Zeiten in der<lb/>
abweichenden Art der Produktion oder des Verkehrs ihre<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0025] ſtande, daß ſie nicht in das Weſen der Dinge hineinführen, ſondern an der Oberfläche haften bleiben. Am bekannteſten iſt die von Friedrich Liſt zuerſt aufgeſtellte Stufenfolge, welche von der Hauptrichtung der Produktion ausgeht. Sie unterſcheidet fünf aufeinander- folgende Perioden, welche die Völker der gemäßigten Zone bis zum ökonomiſchen Normalzuſtande durchlaufen ſollen: 1. die Periode des Jägerlebens, 2. die Periode des Hir- tenlebens, 3. die Periode des Ackerbaus, 4. die Agri- kultur-Manufakturperiode und 5. die Agrikultur-Manu- faktur-Handelsperiode. Etwas näher kommt dem Kern der Sache eine andere, von Bruno Hildebrand erſonnene Stufenreihe, welche den Zuſtand des Tauſchverkehrs zum Unterſcheidungsmerk- mal macht. Sie nimmt demgemäß drei Entwickelungsſtufen an: Naturalwirtſchaft, Geldwirtſchaft, Kreditwirtſchaft. Beide aber ſetzen voraus, daß es zu allen Zeiten, ſo- weit die Geſchichte zurückreicht, bloß vom „Urzuſtand“ ab- geſehen, eine auf der Grundlage des Güteraustauſches ruhende Volkswirtſchaft gegeben habe, nur daß die Formen der Produktion und des Verkehrs zu verſchiedenen Zeiten verſchiedene geweſen ſeien. Sie bezweifeln auch gar nicht, daß die Grunderſcheinungen des wirtſchaftlichen Lebens zu allen Zeiten im weſentlichen gleichartige ſind. Es iſt ihnen nur darum zu thun, nachzuweiſen, daß die verſchiedenen wirtſchaftspolitiſchen Maßregeln früherer Zeiten in der abweichenden Art der Produktion oder des Verkehrs ihre

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/25
Zitationshilfe: Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/25>, abgerufen am 19.04.2024.