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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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der Wind geht, die Wolken ziehen. Wir müssen's wohl
leiden.

(Einige Weiber kommen die Gasse herunter.)
Erstes Weib. Ein hübscher Mann, der Herault!
Zweites Weib. Wie er beim Constitutionsfeste so im
Triumphbogen stand, da dacht' ich so, der muß sich gut auf
der Guillotine ausnehmen, dacht' ich. Das war so eine
Ahnung.
Drittes Weib. Ja, man muß die Leute in allen Ver-
hältnissen sehen; es ist recht gut, daß das Sterben so öffent-
lich wird.
(Sie gehen vorbei.)
Lucile. Mein Camille! Wo soll ich dich jetzt suchen?


Der Revolutions-Platz.
(Zwei Henker an der Guillotine beschäftigt.)
Erster Henker (steht auf der Guillotine und singt):
Und wenn ich hame geh'
Scheint der Mond so scheh --
Zweiter Henker. He, holla! Bist bald fertig?
Erster Henker. Gleich, gleich! (Singt):
Scheint in meines Ellervaters Fenster --
Kerl, wo bleibst so lange bei die Menscher?

So! die Jacke her! (Sie gehen singend ab):
Und wenn ich hame geh'
Scheint der Mond so scheh --
Lucile (tritt auf und setzt sich auf die Stufen der Guillotine).
der Wind geht, die Wolken ziehen. Wir müſſen's wohl
leiden.

(Einige Weiber kommen die Gaſſe herunter.)
Erſtes Weib. Ein hübſcher Mann, der Hérault!
Zweites Weib. Wie er beim Conſtitutionsfeſte ſo im
Triumphbogen ſtand, da dacht' ich ſo, der muß ſich gut auf
der Guillotine ausnehmen, dacht' ich. Das war ſo eine
Ahnung.
Drittes Weib. Ja, man muß die Leute in allen Ver-
hältniſſen ſehen; es iſt recht gut, daß das Sterben ſo öffent-
lich wird.
(Sie gehen vorbei.)
Lucile. Mein Camille! Wo ſoll ich dich jetzt ſuchen?


Der Revolutions-Platz.
(Zwei Henker an der Guillotine beſchäftigt.)
Erſter Henker (ſteht auf der Guillotine und ſingt):
Und wenn ich hame geh'
Scheint der Mond ſo ſcheh —
Zweiter Henker. He, holla! Biſt bald fertig?
Erſter Henker. Gleich, gleich! (Singt):
Scheint in meines Ellervaters Fenſter —
Kerl, wo bleibſt ſo lange bei die Menſcher?

So! die Jacke her! (Sie gehen ſingend ab):
Und wenn ich hame geh'
Scheint der Mond ſo ſcheh —
Lucile (tritt auf und ſetzt ſich auf die Stufen der Guillotine).
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[96/0292] der Wind geht, die Wolken ziehen. Wir müſſen's wohl leiden. (Einige Weiber kommen die Gaſſe herunter.) Erſtes Weib. Ein hübſcher Mann, der Hérault! Zweites Weib. Wie er beim Conſtitutionsfeſte ſo im Triumphbogen ſtand, da dacht' ich ſo, der muß ſich gut auf der Guillotine ausnehmen, dacht' ich. Das war ſo eine Ahnung. Drittes Weib. Ja, man muß die Leute in allen Ver- hältniſſen ſehen; es iſt recht gut, daß das Sterben ſo öffent- lich wird. (Sie gehen vorbei.) Lucile. Mein Camille! Wo ſoll ich dich jetzt ſuchen? Der Revolutions-Platz. (Zwei Henker an der Guillotine beſchäftigt.) Erſter Henker (ſteht auf der Guillotine und ſingt): Und wenn ich hame geh' Scheint der Mond ſo ſcheh — Zweiter Henker. He, holla! Biſt bald fertig? Erſter Henker. Gleich, gleich! (Singt): Scheint in meines Ellervaters Fenſter — Kerl, wo bleibſt ſo lange bei die Menſcher? So! die Jacke her! (Sie gehen ſingend ab): Und wenn ich hame geh' Scheint der Mond ſo ſcheh — Lucile (tritt auf und ſetzt ſich auf die Stufen der Guillotine).

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/292>, abgerufen am 29.03.2024.