Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

Bild:
<< vorherige Seite
Aus der Schrift:
Geschichte der Griechischen Philosophie.
Thales.

Thales von Milet. Wird für einen der Sieben Weisen
gehalten. Soll eine Reise nach Aegypten gemacht haben.

Sein Hauptlehrsatz: "Alles ist aus Wasser entstanden
und löst sich wieder in Wasser auf". (Der Urstoff aller
Dinge hat eine feuchte Natur. Alle Thiere entstehen aus
Samen, der etwas Flüssiges enthält. Alle Pflanzen wachsen
und sind fruchtbar vermöge der Feuchtigkeit. Selbst das
Feuer der Sonne und der Gestirne wird durch die Aus-
dünstung des Wassers genährt.)

Ist, frägt Thales, das Wasser eine flüssige Masse von
gleichartigen Theilen, aus welchen durch Verwandlung die
übrigen Dinge geworden sind? Oder ist es eine Masse von
verschiedenartigen Theilen in flüssigem Zustande, woraus alle
Naturdinge durch Absonderung hervorgegangen sind?

Seine Behauptung, daß das Wasser als Grundstoff
aller Dinge die unterste Stelle in der Natur einnehme und
aus ihm sein jetziger Gegensatz, die feste Erde hervorgegangen,
läßt schließen, daß er sich für letztere Annahme entschieden.


Aus der Schrift:
Geſchichte der Griechiſchen Philoſophie.
Thales.

Thales von Milet. Wird für einen der Sieben Weiſen
gehalten. Soll eine Reiſe nach Aegypten gemacht haben.

Sein Hauptlehrſatz: "Alles iſt aus Waſſer entſtanden
und löſt ſich wieder in Waſſer auf". (Der Urſtoff aller
Dinge hat eine feuchte Natur. Alle Thiere entſtehen aus
Samen, der etwas Flüſſiges enthält. Alle Pflanzen wachſen
und ſind fruchtbar vermöge der Feuchtigkeit. Selbſt das
Feuer der Sonne und der Geſtirne wird durch die Aus-
dünſtung des Waſſers genährt.)

Iſt, frägt Thales, das Waſſer eine flüſſige Maſſe von
gleichartigen Theilen, aus welchen durch Verwandlung die
übrigen Dinge geworden ſind? Oder iſt es eine Maſſe von
verſchiedenartigen Theilen in flüſſigem Zuſtande, woraus alle
Naturdinge durch Abſonderung hervorgegangen ſind?

Seine Behauptung, daß das Waſſer als Grundſtoff
aller Dinge die unterſte Stelle in der Natur einnehme und
aus ihm ſein jetziger Gegenſatz, die feſte Erde hervorgegangen,
läßt ſchließen, daß er ſich für letztere Annahme entſchieden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0499" n="[303]"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Aus der Schrift:<lb/>
Ge&#x017F;chichte der Griechi&#x017F;chen Philo&#x017F;ophie.</hi> </hi> </hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Thales.</hi> </hi> </hi> </head><lb/>
              <p>Thales von Milet. Wird für einen der Sieben Wei&#x017F;en<lb/>
gehalten. Soll eine Rei&#x017F;e nach Aegypten gemacht haben.</p><lb/>
              <p>Sein Hauptlehr&#x017F;atz: "Alles i&#x017F;t aus Wa&#x017F;&#x017F;er ent&#x017F;tanden<lb/>
und lö&#x017F;t &#x017F;ich wieder in Wa&#x017F;&#x017F;er auf". (Der Ur&#x017F;toff aller<lb/>
Dinge hat eine feuchte Natur. Alle Thiere ent&#x017F;tehen aus<lb/>
Samen, der etwas Flü&#x017F;&#x017F;iges enthält. Alle Pflanzen wach&#x017F;en<lb/>
und &#x017F;ind fruchtbar vermöge der Feuchtigkeit. Selb&#x017F;t das<lb/>
Feuer der Sonne und der Ge&#x017F;tirne wird durch die Aus-<lb/>
dün&#x017F;tung des Wa&#x017F;&#x017F;ers genährt.)</p><lb/>
              <p>I&#x017F;t, frägt Thales, das Wa&#x017F;&#x017F;er eine flü&#x017F;&#x017F;ige Ma&#x017F;&#x017F;e von<lb/>
gleichartigen Theilen, aus welchen durch Verwandlung die<lb/>
übrigen Dinge geworden &#x017F;ind? Oder i&#x017F;t es eine Ma&#x017F;&#x017F;e von<lb/>
ver&#x017F;chiedenartigen Theilen in flü&#x017F;&#x017F;igem Zu&#x017F;tande, woraus alle<lb/>
Naturdinge durch Ab&#x017F;onderung hervorgegangen &#x017F;ind?</p><lb/>
              <p>Seine Behauptung, daß das Wa&#x017F;&#x017F;er als Grund&#x017F;toff<lb/>
aller Dinge die unter&#x017F;te Stelle in der Natur einnehme und<lb/>
aus ihm &#x017F;ein jetziger Gegen&#x017F;atz, die fe&#x017F;te Erde hervorgegangen,<lb/>
läßt &#x017F;chließen, daß er &#x017F;ich für letztere Annahme ent&#x017F;chieden.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[303]/0499] Aus der Schrift: Geſchichte der Griechiſchen Philoſophie. Thales. Thales von Milet. Wird für einen der Sieben Weiſen gehalten. Soll eine Reiſe nach Aegypten gemacht haben. Sein Hauptlehrſatz: "Alles iſt aus Waſſer entſtanden und löſt ſich wieder in Waſſer auf". (Der Urſtoff aller Dinge hat eine feuchte Natur. Alle Thiere entſtehen aus Samen, der etwas Flüſſiges enthält. Alle Pflanzen wachſen und ſind fruchtbar vermöge der Feuchtigkeit. Selbſt das Feuer der Sonne und der Geſtirne wird durch die Aus- dünſtung des Waſſers genährt.) Iſt, frägt Thales, das Waſſer eine flüſſige Maſſe von gleichartigen Theilen, aus welchen durch Verwandlung die übrigen Dinge geworden ſind? Oder iſt es eine Maſſe von verſchiedenartigen Theilen in flüſſigem Zuſtande, woraus alle Naturdinge durch Abſonderung hervorgegangen ſind? Seine Behauptung, daß das Waſſer als Grundſtoff aller Dinge die unterſte Stelle in der Natur einnehme und aus ihm ſein jetziger Gegenſatz, die feſte Erde hervorgegangen, läßt ſchließen, daß er ſich für letztere Annahme entſchieden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/499
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. [303]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/499>, abgerufen am 25.04.2024.