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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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(dem seine Gemahlin angehörte) in seinem erschwindelten1. Abschnitt.
Fürstenthum (Forli und Imola) halten. Bei dem nun
(1484) folgenden Conclave -- in welchem Innocenz VIII.Innocenz VIII.
und
die Simonie.

gewählt wurde -- trat eine Erscheinung zu Tage, welche
beinahe einer neuen äußern Garantie des Papstthums ähn-
lich sieht: zwei Cardinäle, welche Prinzen regierender Häuser
sind, lassen sich ihre Hülfe auf das Schamloseste durch
Geld und Würden abkaufen, nämlich Giovanni d'Aragona,
Sohn des Königs Ferrante, und Ascanio Sforza, Bruder
des Moro 1). So waren wenigstens die Herrscherhäuser
von Neapel und Mailand durch Theilnahme an der Beute
beim Fortbestand des päpstlichen Wesens interessirt. Noch
einmal beim folgenden Conclave, als alle Cardinäle bis
auf fünf sich verkauften, nahm Ascanio ungeheure Be-
stechungen an, und behielt sich außerdem die Hoffnung 2)
vor, das nächstemal selber Papst zu werden.

Auch Lorenzo magnifico wünschte, daß das Haus Medici
nicht leer ausgehe. Er vermählte seine Tochter Maddalena
mit dem Sohn des neuen Papstes, Franceschetto Cybo, und
erwartete nun nicht bloß allerlei geistliche Gunst für seinen
eigenen Sohn Cardinal Giovanni (den künftigen Leo X.),
sondern auch eine rasche Erhebung des Schwiegersohns 3).
Allein in letzterm Betracht verlangte er Unmögliches. Bei
Innocenz VIII. konnte von dem kecken, staatengründenden
Nepotismus deßhalb nicht die Rede sein, weil Franceschetto
ein ganz kümmerlicher Mensch war, dem es, wie seinem
Vater dem Papste, nur um den Genuß der Macht im

1) Fabroni: Laurentius magn., Adnot. 130. Ein Kundschafter
meldet von diesen beiden: hanno in ogni elezione a mettere a
sacco questa corte, e sono i maggior ribaldi del mondo.
2) Corio, fol. 450.
3) Ein höchst bezeichnender Mahnbrief Lorenzo's bei Fabroni, Lauren-
tius magn. Adnot.
217 und im Auszug bei Ranke, Päpste, I,
p.
45.

(dem ſeine Gemahlin angehörte) in ſeinem erſchwindelten1. Abſchnitt.
Fürſtenthum (Forli und Imola) halten. Bei dem nun
(1484) folgenden Conclave — in welchem Innocenz VIII.Innocenz VIII.
und
die Simonie.

gewählt wurde — trat eine Erſcheinung zu Tage, welche
beinahe einer neuen äußern Garantie des Papſtthums ähn-
lich ſieht: zwei Cardinäle, welche Prinzen regierender Häuſer
ſind, laſſen ſich ihre Hülfe auf das Schamloſeſte durch
Geld und Würden abkaufen, nämlich Giovanni d'Aragona,
Sohn des Königs Ferrante, und Ascanio Sforza, Bruder
des Moro 1). So waren wenigſtens die Herrſcherhäuſer
von Neapel und Mailand durch Theilnahme an der Beute
beim Fortbeſtand des päpſtlichen Weſens intereſſirt. Noch
einmal beim folgenden Conclave, als alle Cardinäle bis
auf fünf ſich verkauften, nahm Ascanio ungeheure Be-
ſtechungen an, und behielt ſich außerdem die Hoffnung 2)
vor, das nächſtemal ſelber Papſt zu werden.

Auch Lorenzo magnifico wünſchte, daß das Haus Medici
nicht leer ausgehe. Er vermählte ſeine Tochter Maddalena
mit dem Sohn des neuen Papſtes, Franceſchetto Cybò, und
erwartete nun nicht bloß allerlei geiſtliche Gunſt für ſeinen
eigenen Sohn Cardinal Giovanni (den künftigen Leo X.),
ſondern auch eine raſche Erhebung des Schwiegerſohns 3).
Allein in letzterm Betracht verlangte er Unmögliches. Bei
Innocenz VIII. konnte von dem kecken, ſtaatengründenden
Nepotismus deßhalb nicht die Rede ſein, weil Franceſchetto
ein ganz kümmerlicher Menſch war, dem es, wie ſeinem
Vater dem Papſte, nur um den Genuß der Macht im

1) Fabroni: Laurentius magn., Adnot. 130. Ein Kundſchafter
meldet von dieſen beiden: hanno in ogni elezione a mettere a
sacco questa corte, e sono i maggior ribaldi del mondo.
2) Corio, fol. 450.
3) Ein höchſt bezeichnender Mahnbrief Lorenzo's bei Fabroni, Lauren-
tius magn. Adnot.
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[109/0119] (dem ſeine Gemahlin angehörte) in ſeinem erſchwindelten Fürſtenthum (Forli und Imola) halten. Bei dem nun (1484) folgenden Conclave — in welchem Innocenz VIII. gewählt wurde — trat eine Erſcheinung zu Tage, welche beinahe einer neuen äußern Garantie des Papſtthums ähn- lich ſieht: zwei Cardinäle, welche Prinzen regierender Häuſer ſind, laſſen ſich ihre Hülfe auf das Schamloſeſte durch Geld und Würden abkaufen, nämlich Giovanni d'Aragona, Sohn des Königs Ferrante, und Ascanio Sforza, Bruder des Moro 1). So waren wenigſtens die Herrſcherhäuſer von Neapel und Mailand durch Theilnahme an der Beute beim Fortbeſtand des päpſtlichen Weſens intereſſirt. Noch einmal beim folgenden Conclave, als alle Cardinäle bis auf fünf ſich verkauften, nahm Ascanio ungeheure Be- ſtechungen an, und behielt ſich außerdem die Hoffnung 2) vor, das nächſtemal ſelber Papſt zu werden. 1. Abſchnitt. Innocenz VIII. und die Simonie. Auch Lorenzo magnifico wünſchte, daß das Haus Medici nicht leer ausgehe. Er vermählte ſeine Tochter Maddalena mit dem Sohn des neuen Papſtes, Franceſchetto Cybò, und erwartete nun nicht bloß allerlei geiſtliche Gunſt für ſeinen eigenen Sohn Cardinal Giovanni (den künftigen Leo X.), ſondern auch eine raſche Erhebung des Schwiegerſohns 3). Allein in letzterm Betracht verlangte er Unmögliches. Bei Innocenz VIII. konnte von dem kecken, ſtaatengründenden Nepotismus deßhalb nicht die Rede ſein, weil Franceſchetto ein ganz kümmerlicher Menſch war, dem es, wie ſeinem Vater dem Papſte, nur um den Genuß der Macht im 1) Fabroni: Laurentius magn., Adnot. 130. Ein Kundſchafter meldet von dieſen beiden: hanno in ogni elezione a mettere a sacco questa corte, e sono i maggior ribaldi del mondo. 2) Corio, fol. 450. 3) Ein höchſt bezeichnender Mahnbrief Lorenzo's bei Fabroni, Lauren- tius magn. Adnot. 217 und im Auszug bei Ranke, Päpſte, I, p. 45.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/119>, abgerufen am 29.03.2024.