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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

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Erster Theil.
Heilmittel, nothwendig erfordert. Und da dies ein so gros-
ses, ja unendliches Feld ist, so muß derjenige, welcher
Krankheiten heilen will, sich dieser Kunst ausschließlich wid-
men, ohne dabey irgend ein anderes Geschäft zu treiben.
Daher machen die Aerzte einen eigenen Stand unter den
Staatsbürgern aus.

§ 460.

Aus diesem Grunde errichten die Stellvertreter des
Staats öffentliche Anstalten, in welchen man Gelegenheit
findet, sich jene Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben,
und ertheilen nur denjenigen, welche diese Anstalten gehörig
benutzt haben, und deren Geschicklichkeit unter öffentlicher
Autorität von Aerzten geprüft worden ist, das Recht, ihre
kranken Mitbürger zu behandeln. Die Aerzte werden also
öffentlich authorisirt oder privilegirt, und machen eine eigne
Zunft aus.

§ 461.

Diese Sorge ist der Staat dem Wohle seiner Bürger
schuldig, weil dieses durch Alle, welche sich für Aerzte nur
ausgeben, gefährdet wird. Er muß daher nothwendig me-
dicinische Zwangsanstalten errichten, d. h. die einzelnen
Bürger, welche vermöge ihrer Unkunde der Heilkunst, dar-
über nicht entscheiden können *), zwingen, in Krankheiten
ihre Hülfe nur bey öffentlich authorisirten Aerzten zu suchen,
und sie verhindern an der Befragung derer, welche nicht öf-
fentlich geprüft sind **).

*) Hofmann vom Unvermögen des Publikums, die Geschick-
lichkeit der Aerzte aus ihren Kuren zu beurtheilen. -- (in
der Hessischen Medicinalordnung. S. 452.)
**) (Reimarus) Untersuchung der vermeynten Rothwen-
digkeit eines autorisirten medicinischen Collegii und einer
medicinischen Zwangsordnung. Hamburg 787. 8.

Erſter Theil.
Heilmittel, nothwendig erfordert. Und da dies ein ſo groſ-
ſes, ja unendliches Feld iſt, ſo muß derjenige, welcher
Krankheiten heilen will, ſich dieſer Kunſt ausſchließlich wid-
men, ohne dabey irgend ein anderes Geſchaͤft zu treiben.
Daher machen die Aerzte einen eigenen Stand unter den
Staatsbuͤrgern aus.

§ 460.

Aus dieſem Grunde errichten die Stellvertreter des
Staats oͤffentliche Anſtalten, in welchen man Gelegenheit
findet, ſich jene Kenntniſſe und Fertigkeiten zu erwerben,
und ertheilen nur denjenigen, welche dieſe Anſtalten gehoͤrig
benutzt haben, und deren Geſchicklichkeit unter oͤffentlicher
Autoritaͤt von Aerzten gepruͤft worden iſt, das Recht, ihre
kranken Mitbuͤrger zu behandeln. Die Aerzte werden alſo
oͤffentlich authoriſirt oder privilegirt, und machen eine eigne
Zunft aus.

§ 461.

Dieſe Sorge iſt der Staat dem Wohle ſeiner Buͤrger
ſchuldig, weil dieſes durch Alle, welche ſich fuͤr Aerzte nur
ausgeben, gefaͤhrdet wird. Er muß daher nothwendig me-
diciniſche Zwangsanſtalten errichten, d. h. die einzelnen
Buͤrger, welche vermoͤge ihrer Unkunde der Heilkunſt, dar-
uͤber nicht entſcheiden koͤnnen *), zwingen, in Krankheiten
ihre Huͤlfe nur bey oͤffentlich authoriſirten Aerzten zu ſuchen,
und ſie verhindern an der Befragung derer, welche nicht oͤf-
fentlich gepruͤft ſind **).

*) Hofmann vom Unvermoͤgen des Publikums, die Geſchick-
lichkeit der Aerzte aus ihren Kuren zu beurtheilen. — (in
der Heſſiſchen Medicinalordnung. S. 452.)
**) (Reimarus) Unterſuchung der vermeynten Rothwen-
digkeit eines autoriſirten mediciniſchen Collegii und einer
mediciniſchen Zwangsordnung. Hamburg 787. 8.
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[138/0156] Erſter Theil. Heilmittel, nothwendig erfordert. Und da dies ein ſo groſ- ſes, ja unendliches Feld iſt, ſo muß derjenige, welcher Krankheiten heilen will, ſich dieſer Kunſt ausſchließlich wid- men, ohne dabey irgend ein anderes Geſchaͤft zu treiben. Daher machen die Aerzte einen eigenen Stand unter den Staatsbuͤrgern aus. § 460. Aus dieſem Grunde errichten die Stellvertreter des Staats oͤffentliche Anſtalten, in welchen man Gelegenheit findet, ſich jene Kenntniſſe und Fertigkeiten zu erwerben, und ertheilen nur denjenigen, welche dieſe Anſtalten gehoͤrig benutzt haben, und deren Geſchicklichkeit unter oͤffentlicher Autoritaͤt von Aerzten gepruͤft worden iſt, das Recht, ihre kranken Mitbuͤrger zu behandeln. Die Aerzte werden alſo oͤffentlich authoriſirt oder privilegirt, und machen eine eigne Zunft aus. § 461. Dieſe Sorge iſt der Staat dem Wohle ſeiner Buͤrger ſchuldig, weil dieſes durch Alle, welche ſich fuͤr Aerzte nur ausgeben, gefaͤhrdet wird. Er muß daher nothwendig me- diciniſche Zwangsanſtalten errichten, d. h. die einzelnen Buͤrger, welche vermoͤge ihrer Unkunde der Heilkunſt, dar- uͤber nicht entſcheiden koͤnnen *), zwingen, in Krankheiten ihre Huͤlfe nur bey oͤffentlich authoriſirten Aerzten zu ſuchen, und ſie verhindern an der Befragung derer, welche nicht oͤf- fentlich gepruͤft ſind **). *⁾ Hofmann vom Unvermoͤgen des Publikums, die Geſchick- lichkeit der Aerzte aus ihren Kuren zu beurtheilen. — (in der Heſſiſchen Medicinalordnung. S. 452.) **⁾ (Reimarus) Unterſuchung der vermeynten Rothwen- digkeit eines autoriſirten mediciniſchen Collegii und einer mediciniſchen Zwangsordnung. Hamburg 787. 8. Aepli’s

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Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/156>, abgerufen am 29.03.2024.