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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

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Erster Theil.
Zweytes Kapitel.
Begriff der Heilkunst
.


§ 34.

Die Heilkunst ist die Kunst, Krankheiten des Menschen zu
erkennen, und nach einem, durch diese Kenntniß bestimmten
Plane zu heilen, d. h. möglichst vollkommene Gesundheit
wiederherzustellen.

Gever's Analytik des Begriffs der Heilkunst (in Rösch-
laub's
Magazin. I. Bd. S. 257 f. f.)
§ 35.

Sie kommt darin mit allen Künsten überein, daß sie
den Begriff von Etwas (von Gesundheit) im Voraus bildet,
und denselben sodann realisirt, daß sie sich also einen Zweck
vorsetzt, welcher durch eine bestimmte, regelmäßige Thätig-
keit mehr oder weniger vollkommen erreicht wird.

§ 36.

Die Heilkunst hat also zwey Geschäfte: zuerst erkennt
sie die Krankheiten des Menschen, d. h. sie faßt alle Er-
scheinungen an demselben auf, welche die Vollkommenheit
seiner Existenz einschränken, und urtheilt über ihren Zusam-
menhang und ihre Ursachen. Es involvirt dieses Geschäft
die Kenntniß sämmtlicher Erscheinungen am Menschen und
der Gesetze, nach welchen sie erfolgen (Gesundheit und
Krankheit). Sie unterscheidet sich hierdurch von dem Zu-
falle, welcher zuweilen Krankheiten beseitigt, indem er unter
unzählig möglichen Fällen gerade den zweckmäßigen herbey-
führt, ohne daß ein denkendes Wesen absichtlichen Antheil
daran hat.


§ 37.
Erſter Theil.
Zweytes Kapitel.
Begriff der Heilkunſt
.


§ 34.

Die Heilkunſt iſt die Kunſt, Krankheiten des Menſchen zu
erkennen, und nach einem, durch dieſe Kenntniß beſtimmten
Plane zu heilen, d. h. moͤglichſt vollkommene Geſundheit
wiederherzuſtellen.

Gever’s Analytik des Begriffs der Heilkunſt (in Roͤſch-
laub’s
Magazin. I. Bd. S. 257 f. f.)
§ 35.

Sie kommt darin mit allen Kuͤnſten uͤberein, daß ſie
den Begriff von Etwas (von Geſundheit) im Voraus bildet,
und denſelben ſodann realiſirt, daß ſie ſich alſo einen Zweck
vorſetzt, welcher durch eine beſtimmte, regelmaͤßige Thaͤtig-
keit mehr oder weniger vollkommen erreicht wird.

§ 36.

Die Heilkunſt hat alſo zwey Geſchaͤfte: zuerſt erkennt
ſie die Krankheiten des Menſchen, d. h. ſie faßt alle Er-
ſcheinungen an demſelben auf, welche die Vollkommenheit
ſeiner Exiſtenz einſchraͤnken, und urtheilt uͤber ihren Zuſam-
menhang und ihre Urſachen. Es involvirt dieſes Geſchaͤft
die Kenntniß ſaͤmmtlicher Erſcheinungen am Menſchen und
der Geſetze, nach welchen ſie erfolgen (Geſundheit und
Krankheit). Sie unterſcheidet ſich hierdurch von dem Zu-
falle, welcher zuweilen Krankheiten beſeitigt, indem er unter
unzaͤhlig moͤglichen Faͤllen gerade den zweckmaͤßigen herbey-
fuͤhrt, ohne daß ein denkendes Weſen abſichtlichen Antheil
daran hat.


§ 37.
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[14/0032] Erſter Theil. Zweytes Kapitel. Begriff der Heilkunſt. § 34. Die Heilkunſt iſt die Kunſt, Krankheiten des Menſchen zu erkennen, und nach einem, durch dieſe Kenntniß beſtimmten Plane zu heilen, d. h. moͤglichſt vollkommene Geſundheit wiederherzuſtellen. Gever’s Analytik des Begriffs der Heilkunſt (in Roͤſch- laub’s Magazin. I. Bd. S. 257 f. f.) § 35. Sie kommt darin mit allen Kuͤnſten uͤberein, daß ſie den Begriff von Etwas (von Geſundheit) im Voraus bildet, und denſelben ſodann realiſirt, daß ſie ſich alſo einen Zweck vorſetzt, welcher durch eine beſtimmte, regelmaͤßige Thaͤtig- keit mehr oder weniger vollkommen erreicht wird. § 36. Die Heilkunſt hat alſo zwey Geſchaͤfte: zuerſt erkennt ſie die Krankheiten des Menſchen, d. h. ſie faßt alle Er- ſcheinungen an demſelben auf, welche die Vollkommenheit ſeiner Exiſtenz einſchraͤnken, und urtheilt uͤber ihren Zuſam- menhang und ihre Urſachen. Es involvirt dieſes Geſchaͤft die Kenntniß ſaͤmmtlicher Erſcheinungen am Menſchen und der Geſetze, nach welchen ſie erfolgen (Geſundheit und Krankheit). Sie unterſcheidet ſich hierdurch von dem Zu- falle, welcher zuweilen Krankheiten beſeitigt, indem er unter unzaͤhlig moͤglichen Faͤllen gerade den zweckmaͤßigen herbey- fuͤhrt, ohne daß ein denkendes Weſen abſichtlichen Antheil daran hat. § 37.

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Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/32>, abgerufen am 29.03.2024.