Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Feinde eingelassen hat, so wird sein Gefecht, gesetzt auch
es würde geschlagen, doch für das Ganze nicht verloren
gehen; der Feind wird seine Kraft an diesem einen Korps
entwickeln und brechen und den übrigen eine vortheilhafte
Gelegenheit zum Anfall geben.

Wie ein Korps dazu organisirt sein müsse, davon in
der Folge.

Man wird also des Zusammenwirkens der Kräfte
gewiß dadurch daß jedes Korps eine gewisse Selbststän-
digkeit hat und daß jedes den Feind aufsucht und mit
aller Aufopferung angreift.

12. Einer der wichtigsten Grundsätze für den An-
griffskrieg ist die Überraschung des Feindes. Je mehr der
Angriff überfallsweise geschehen kann, um so mehr wird
man glücklich sein. Die Überraschung welche der Verthei-
diger durch die Verstecktheit seiner Maaßregeln, durch die
verdeckte Aufstellung seiner Truppen hervorbringen kann,
kann der Angreifende nur durch den unvermutheten An-
marsch gewinnen.

Diese Erscheinung ist aber in den neuern Kriegen sehr
selten. Der Grund liegt theils in den bessern Sicherheits-
anstalten die man jetzt hat, theils in der schnellen Führung
des Krieges, so daß selten ein langer Stillstand in den
Operationen eintritt welcher den Einen einschläferte und
dem Andern Gelegenheit gäbe ihn plötzlich anzufallen.

Unter diesen Umständen kann man außer den eigent-
lichen nächtlichen Überfällen (wie bei Hochkirch) die im-
mer
möglich bleiben, den Feind nur noch dadurch über-
raschen daß man einen Marsch seitwärts oder rückwärts
thut und dann plötzlich wieder gegen den Feind anrückt;
ferner, wenn man entfernt steht, daß man durch eine ganz

Feinde eingelaſſen hat, ſo wird ſein Gefecht, geſetzt auch
es wuͤrde geſchlagen, doch fuͤr das Ganze nicht verloren
gehen; der Feind wird ſeine Kraft an dieſem einen Korps
entwickeln und brechen und den uͤbrigen eine vortheilhafte
Gelegenheit zum Anfall geben.

Wie ein Korps dazu organiſirt ſein muͤſſe, davon in
der Folge.

Man wird alſo des Zuſammenwirkens der Kraͤfte
gewiß dadurch daß jedes Korps eine gewiſſe Selbſtſtaͤn-
digkeit hat und daß jedes den Feind aufſucht und mit
aller Aufopferung angreift.

12. Einer der wichtigſten Grundſaͤtze fuͤr den An-
griffskrieg iſt die Überraſchung des Feindes. Je mehr der
Angriff uͤberfallsweiſe geſchehen kann, um ſo mehr wird
man gluͤcklich ſein. Die Überraſchung welche der Verthei-
diger durch die Verſtecktheit ſeiner Maaßregeln, durch die
verdeckte Aufſtellung ſeiner Truppen hervorbringen kann,
kann der Angreifende nur durch den unvermutheten An-
marſch gewinnen.

Dieſe Erſcheinung iſt aber in den neuern Kriegen ſehr
ſelten. Der Grund liegt theils in den beſſern Sicherheits-
anſtalten die man jetzt hat, theils in der ſchnellen Fuͤhrung
des Krieges, ſo daß ſelten ein langer Stillſtand in den
Operationen eintritt welcher den Einen einſchlaͤferte und
dem Andern Gelegenheit gaͤbe ihn ploͤtzlich anzufallen.

Unter dieſen Umſtaͤnden kann man außer den eigent-
lichen naͤchtlichen Überfaͤllen (wie bei Hochkirch) die im-
mer
moͤglich bleiben, den Feind nur noch dadurch uͤber-
raſchen daß man einen Marſch ſeitwaͤrts oder ruͤckwaͤrts
thut und dann ploͤtzlich wieder gegen den Feind anruͤckt;
ferner, wenn man entfernt ſteht, daß man durch eine ganz

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0237" n="223"/>
Feinde eingela&#x017F;&#x017F;en hat, &#x017F;o wird &#x017F;ein Gefecht, ge&#x017F;etzt auch<lb/>
es wu&#x0364;rde ge&#x017F;chlagen, doch fu&#x0364;r das Ganze nicht verloren<lb/>
gehen; der Feind wird &#x017F;eine Kraft an die&#x017F;em einen Korps<lb/>
entwickeln und brechen und den u&#x0364;brigen eine vortheilhafte<lb/>
Gelegenheit zum Anfall geben.</p><lb/>
                <p>Wie ein Korps dazu organi&#x017F;irt &#x017F;ein mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, davon in<lb/>
der Folge.</p><lb/>
                <p>Man wird al&#x017F;o des Zu&#x017F;ammenwirkens der Kra&#x0364;fte<lb/>
gewiß dadurch daß jedes Korps eine gewi&#x017F;&#x017F;e Selb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
digkeit hat und daß jedes den Feind auf&#x017F;ucht und mit<lb/>
aller Aufopferung angreift.</p><lb/>
                <p>12. Einer der wichtig&#x017F;ten Grund&#x017F;a&#x0364;tze fu&#x0364;r den An-<lb/>
griffskrieg i&#x017F;t die Überra&#x017F;chung des Feindes. Je mehr der<lb/>
Angriff u&#x0364;berfallswei&#x017F;e ge&#x017F;chehen kann, um &#x017F;o mehr wird<lb/>
man glu&#x0364;cklich &#x017F;ein. Die Überra&#x017F;chung welche der Verthei-<lb/>
diger durch die Ver&#x017F;tecktheit &#x017F;einer Maaßregeln, durch die<lb/>
verdeckte Auf&#x017F;tellung &#x017F;einer Truppen hervorbringen kann,<lb/>
kann der Angreifende nur durch den unvermutheten An-<lb/>
mar&#x017F;ch gewinnen.</p><lb/>
                <p>Die&#x017F;e Er&#x017F;cheinung i&#x017F;t aber in den neuern Kriegen &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;elten. Der Grund liegt theils in den be&#x017F;&#x017F;ern Sicherheits-<lb/>
an&#x017F;talten die man jetzt hat, theils in der &#x017F;chnellen Fu&#x0364;hrung<lb/>
des Krieges, &#x017F;o daß &#x017F;elten ein langer Still&#x017F;tand in den<lb/>
Operationen eintritt welcher den Einen ein&#x017F;chla&#x0364;ferte und<lb/>
dem Andern Gelegenheit ga&#x0364;be ihn plo&#x0364;tzlich anzufallen.</p><lb/>
                <p>Unter die&#x017F;en Um&#x017F;ta&#x0364;nden kann man außer den eigent-<lb/>
lichen na&#x0364;chtlichen Überfa&#x0364;llen (wie bei Hochkirch) die <hi rendition="#g">im-<lb/>
mer</hi> mo&#x0364;glich bleiben, den Feind nur noch dadurch u&#x0364;ber-<lb/>
ra&#x017F;chen daß man einen Mar&#x017F;ch &#x017F;eitwa&#x0364;rts oder ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts<lb/>
thut und dann plo&#x0364;tzlich wieder gegen den Feind anru&#x0364;ckt;<lb/>
ferner, wenn man entfernt &#x017F;teht, daß man durch eine ganz<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0237] Feinde eingelaſſen hat, ſo wird ſein Gefecht, geſetzt auch es wuͤrde geſchlagen, doch fuͤr das Ganze nicht verloren gehen; der Feind wird ſeine Kraft an dieſem einen Korps entwickeln und brechen und den uͤbrigen eine vortheilhafte Gelegenheit zum Anfall geben. Wie ein Korps dazu organiſirt ſein muͤſſe, davon in der Folge. Man wird alſo des Zuſammenwirkens der Kraͤfte gewiß dadurch daß jedes Korps eine gewiſſe Selbſtſtaͤn- digkeit hat und daß jedes den Feind aufſucht und mit aller Aufopferung angreift. 12. Einer der wichtigſten Grundſaͤtze fuͤr den An- griffskrieg iſt die Überraſchung des Feindes. Je mehr der Angriff uͤberfallsweiſe geſchehen kann, um ſo mehr wird man gluͤcklich ſein. Die Überraſchung welche der Verthei- diger durch die Verſtecktheit ſeiner Maaßregeln, durch die verdeckte Aufſtellung ſeiner Truppen hervorbringen kann, kann der Angreifende nur durch den unvermutheten An- marſch gewinnen. Dieſe Erſcheinung iſt aber in den neuern Kriegen ſehr ſelten. Der Grund liegt theils in den beſſern Sicherheits- anſtalten die man jetzt hat, theils in der ſchnellen Fuͤhrung des Krieges, ſo daß ſelten ein langer Stillſtand in den Operationen eintritt welcher den Einen einſchlaͤferte und dem Andern Gelegenheit gaͤbe ihn ploͤtzlich anzufallen. Unter dieſen Umſtaͤnden kann man außer den eigent- lichen naͤchtlichen Überfaͤllen (wie bei Hochkirch) die im- mer moͤglich bleiben, den Feind nur noch dadurch uͤber- raſchen daß man einen Marſch ſeitwaͤrts oder ruͤckwaͤrts thut und dann ploͤtzlich wieder gegen den Feind anruͤckt; ferner, wenn man entfernt ſteht, daß man durch eine ganz

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/237
Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/237>, abgerufen am 29.03.2024.