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Crüger, Peter: Cupediæ Astrosophicæ. Breslau, 1631.

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III.
Ob zur Frühlingszeit die Welt erschaffen sey?

ES sind viel alte vnd newe Theologi, die es dafür halten/ das der alte A-
dam eben vmb dieselbe Jahrszeit erschaffen vnd in sünde gefallen/ vmb wel-
che der newe Adam im leibe der Jungfrawen Mariae empfangen/ vnd hernacher
für der Welt sünde gelitten. Vnd fallen jhnen viel andere vornehme Philosophi
vnd Scribenten bey/ vermeinende/ der Poet hab recht vnd wol geschrieben:

Non alios prima crescentis origine mundi
Illuxisse dies, aliumve habuisse tenorem,
Crediderim: Ver illud erat, Ver magnus agebat
Orbis, & hybernis parcebant flatibus Euri.

Es haben aber mit der zeit andere befunden/ Das gleublicher sey/ das die
Welt im Herbst erschaffen. Der einige Gerhardus Mercator ist der meinung
das solchs im Sommer geschehen. Jhm geben aber wenig Leute beyfall. Die
andern meinungen haben beyderseids grossen anhang.

Ein vornehmer Philosophus, da er diesen punct zu erörtern vermeinet/
spricht: das diese Frage/ Ob die Welt im Frühling oder im Herbst etc. erschaf-
fen/ praepostera vnd nichtig sey/ sintemal den tag/ da Himmel vnd Erd am ersten
erschaffen/ die Sonn vnd der Mond/ von welchem aus Gottes befehl (Genesis
1.) die Zeiten/ Jahr vnd Tage/ jhren vrsprung haben/ noch nicht erschaffen ge-
wesen/ sondern allererst den Vierden tag hernach erschaffen worden. Sey der
halben zu antworten/ das die Welt weder im Frühling noch im Herbst etc. er-
schaffen. Mich aber dünckt das nicht diese Frage/ sondern die antwort nichtig sey.
Denn die frage bindet sich nicht an einen gewissen tag/ sondern an eine geraume
Jahreszeit. Wenn jrgend etwas zu vnsern zeiten geschehn were mitten im Sep-
tembri,
würd man ja recht sagen/ das es im angehenden Herbst geschehn were/
Ob gleich der Herbst Astronomice allererst den 23 Sept. anfehet. Also alles
was etliche tage fürm 20 Martij geschicht/ sprechen wir/ das es vmb die Früh-
lings zeit geschehen sey. Damit aber die frage nicht mit blossem grüblen abge-
wiesen werde/ formieret man sie mit diesen worten/ Ob der vierde tag der Er-
schaffung an welchem nemlich Sonn vnd Mond geschaffen/ ein Frühlings tag
oder ein Herbst tag gewesen? Wenn auff diese frage richtig geantwortet/ kan
man leichtlich von den ersten drey tagen vrtheilen.

Da fall ich nun der meinung bey/ das es ein Herbst tag gewesen. Dem

solchs
III.
Ob zur Fruͤhlingszeit die Welt erſchaffen ſey?

ES ſind viel alte vnd newe Theologi, die es dafuͤr halten/ das der alte A-
dam eben vmb dieſelbe Jahrszeit erſchaffen vnd in ſuͤnde gefallen/ vmb wel-
che der newe Adam im leibe der Jungfrawen Mariæ empfangen/ vnd hernacher
fuͤr der Welt ſuͤnde gelitten. Vnd fallen jhnen viel andere vornehme Philoſophi
vnd Scribenten bey/ vermeinende/ der Poet hab recht vnd wol geſchrieben:

Non alios prima creſcentis origine mundi
Illuxiſſe dies, aliumve habuiſſe tenorem,
Crediderim: Ver illud erat, Ver magnus agebat
Orbis, & hybernis parcebant flatibus Euri.

Es haben aber mit der zeit andere befunden/ Das gleublicher ſey/ das die
Welt im Herbſt erſchaffen. Der einige Gerhardus Mercator iſt der meinung
das ſolchs im Sommer geſchehen. Jhm geben aber wenig Leute beyfall. Die
andern meinungen haben beyderſeids groſſen anhang.

Ein vornehmer Philoſophus, da er dieſen punct zu eroͤrtern vermeinet/
ſpricht: das dieſe Frage/ Ob die Welt im Fruͤhling oder im Herbſt etc. erſchaf-
fen/ præpoſtera vnd nichtig ſey/ ſintemal den tag/ da Himmel vnd Erd am erſten
erſchaffen/ die Sonn vnd der Mond/ von welchem aus Gottes befehl (Geneſis
1.) die Zeiten/ Jahr vnd Tage/ jhren vrſprung haben/ noch nicht erſchaffen ge-
weſen/ ſondern allererſt den Vierden tag hernach erſchaffen worden. Sey der
halben zu antworten/ das die Welt weder im Fruͤhling noch im Herbſt etc. er-
ſchaffen. Mich aber duͤnckt das nicht dieſe Frage/ ſondern die antwort nichtig ſey.
Denn die frage bindet ſich nicht an einen gewiſſen tag/ ſondern an eine geraume
Jahreszeit. Wenn jrgend etwas zu vnſern zeiten geſchehn were mitten im Sep-
tembri,
wuͤrd man ja recht ſagen/ das es im angehenden Herbſt geſchehn were/
Ob gleich der Herbſt Aſtronomice allererſt den 23 Sept. anfehet. Alſo alles
was etliche tage fuͤrm 20 Martij geſchicht/ ſprechen wir/ das es vmb die Fruͤh-
lings zeit geſchehen ſey. Damit aber die frage nicht mit bloſſem gruͤblen abge-
wieſen werde/ formieret man ſie mit dieſen worten/ Ob der vierde tag der Er-
ſchaffung an welchem nemlich Sonn vnd Mond geſchaffen/ ein Fruͤhlings tag
oder ein Herbſt tag geweſen? Wenn auff dieſe frage richtig geantwortet/ kan
man leichtlich von den erſten drey tagen vrtheilen.

Da fall ich nun der meinung bey/ das es ein Herbſt tag geweſen. Dem

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[0081] III. Ob zur Fruͤhlingszeit die Welt erſchaffen ſey? ES ſind viel alte vnd newe Theologi, die es dafuͤr halten/ das der alte A- dam eben vmb dieſelbe Jahrszeit erſchaffen vnd in ſuͤnde gefallen/ vmb wel- che der newe Adam im leibe der Jungfrawen Mariæ empfangen/ vnd hernacher fuͤr der Welt ſuͤnde gelitten. Vnd fallen jhnen viel andere vornehme Philoſophi vnd Scribenten bey/ vermeinende/ der Poet hab recht vnd wol geſchrieben: Non alios prima creſcentis origine mundi Illuxiſſe dies, aliumve habuiſſe tenorem, Crediderim: Ver illud erat, Ver magnus agebat Orbis, & hybernis parcebant flatibus Euri. Es haben aber mit der zeit andere befunden/ Das gleublicher ſey/ das die Welt im Herbſt erſchaffen. Der einige Gerhardus Mercator iſt der meinung das ſolchs im Sommer geſchehen. Jhm geben aber wenig Leute beyfall. Die andern meinungen haben beyderſeids groſſen anhang. Ein vornehmer Philoſophus, da er dieſen punct zu eroͤrtern vermeinet/ ſpricht: das dieſe Frage/ Ob die Welt im Fruͤhling oder im Herbſt etc. erſchaf- fen/ præpoſtera vnd nichtig ſey/ ſintemal den tag/ da Himmel vnd Erd am erſten erſchaffen/ die Sonn vnd der Mond/ von welchem aus Gottes befehl (Geneſis 1.) die Zeiten/ Jahr vnd Tage/ jhren vrſprung haben/ noch nicht erſchaffen ge- weſen/ ſondern allererſt den Vierden tag hernach erſchaffen worden. Sey der halben zu antworten/ das die Welt weder im Fruͤhling noch im Herbſt etc. er- ſchaffen. Mich aber duͤnckt das nicht dieſe Frage/ ſondern die antwort nichtig ſey. Denn die frage bindet ſich nicht an einen gewiſſen tag/ ſondern an eine geraume Jahreszeit. Wenn jrgend etwas zu vnſern zeiten geſchehn were mitten im Sep- tembri, wuͤrd man ja recht ſagen/ das es im angehenden Herbſt geſchehn were/ Ob gleich der Herbſt Aſtronomice allererſt den 23 Sept. anfehet. Alſo alles was etliche tage fuͤrm 20 Martij geſchicht/ ſprechen wir/ das es vmb die Fruͤh- lings zeit geſchehen ſey. Damit aber die frage nicht mit bloſſem gruͤblen abge- wieſen werde/ formieret man ſie mit dieſen worten/ Ob der vierde tag der Er- ſchaffung an welchem nemlich Sonn vnd Mond geſchaffen/ ein Fruͤhlings tag oder ein Herbſt tag geweſen? Wenn auff dieſe frage richtig geantwortet/ kan man leichtlich von den erſten drey tagen vrtheilen. Da fall ich nun der meinung bey/ das es ein Herbſt tag geweſen. Dem ſolchs

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Zitationshilfe: Crüger, Peter: Cupediæ Astrosophicæ. Breslau, 1631, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/crueger_cupediae_1631/81>, abgerufen am 28.03.2024.