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Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756.

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Der Policey-Wissenschaft 1 Abschnitt,
ken: Ehe man die Endschlüßung faßt, Policey-Gesetze
zu geben, so erfodert es die Klugheit, daß man alle
Umstände genau untersuche, um zu erforschen, ob es
nicht möglich sey, eben dieß, was das Policey-Gesetze
würken soll, durch geheime Veranstaltungen im Staate
hervorzubringen, s. §. 12.

§. 18.
Die andere.

Fürs andere. Es sey rathsam, die Jnnwohner
des Staats zur Beobachtung dessen, was die Policey
erfodert, mehr durch Folgen, die ihnen angenehm sind,
zu lokken, als durch Strafen zu bewegen.

Anmerk. Auch in diesem Stükke unterscheidet
sich die Policey merklich von dem Justiz-Wesen.
Dieß befiehlet zu strafen, die Policey befiehlet, so
lange es möglich ist, zu lokken.

§. 19.
Wie diese
anzuwenden.

Wie sind solche Folgen möglich? Aus dem, was
wir bis hieher abgehandelt haben, wird man es uns leicht
verwilligen, daß man bey der Art, Policey-Anstalten
zu machen, die besonderen Neigungen der Jnnwoh-
ner in Erwegung ziehen müsse. Die Sitten-Lehre
überzeuget uns §. 147. u. f. von diesem Satze, daß ein
Mensch dieß allemahl mit Vergnügen thue, was nach
seinen Gedanken Folgen würket, die seiner besondern
Neigung gemäß. Hat ein Mensch eine melancholi-
sche Neigung, so wird er dasjenige gerne thun, wo-
bey er etwas vorzügliches verdienen kann. Hat ein
Mensch eine moralische Neigung, so ist ihm das ange-
nehm, was seine Ehre erweitert. Und hat er eine
sanguinische Neigung, so sind diese Beschäftigungen
nach seinem Wunsche, die eine Belustigung seiner
Sinne zu würken vermögend. Nach diesen Gründen

beur-

Der Policey-Wiſſenſchaft 1 Abſchnitt,
ken: Ehe man die Endſchluͤßung faßt, Policey-Geſetze
zu geben, ſo erfodert es die Klugheit, daß man alle
Umſtaͤnde genau unterſuche, um zu erforſchen, ob es
nicht moͤglich ſey, eben dieß, was das Policey-Geſetze
wuͤrken ſoll, durch geheime Veranſtaltungen im Staate
hervorzubringen, ſ. §. 12.

§. 18.
Die andere.

Fuͤrs andere. Es ſey rathſam, die Jnnwohner
des Staats zur Beobachtung deſſen, was die Policey
erfodert, mehr durch Folgen, die ihnen angenehm ſind,
zu lokken, als durch Strafen zu bewegen.

Anmerk. Auch in dieſem Stuͤkke unterſcheidet
ſich die Policey merklich von dem Juſtiz-Weſen.
Dieß befiehlet zu ſtrafen, die Policey befiehlet, ſo
lange es moͤglich iſt, zu lokken.

§. 19.
Wie dieſe
anzuwenden.

Wie ſind ſolche Folgen moͤglich? Aus dem, was
wir bis hieher abgehandelt haben, wird man es uns leicht
verwilligen, daß man bey der Art, Policey-Anſtalten
zu machen, die beſonderen Neigungen der Jnnwoh-
ner in Erwegung ziehen muͤſſe. Die Sitten-Lehre
uͤberzeuget uns §. 147. u. f. von dieſem Satze, daß ein
Menſch dieß allemahl mit Vergnuͤgen thue, was nach
ſeinen Gedanken Folgen wuͤrket, die ſeiner beſondern
Neigung gemaͤß. Hat ein Menſch eine melancholi-
ſche Neigung, ſo wird er dasjenige gerne thun, wo-
bey er etwas vorzuͤgliches verdienen kann. Hat ein
Menſch eine moraliſche Neigung, ſo iſt ihm das ange-
nehm, was ſeine Ehre erweitert. Und hat er eine
ſanguiniſche Neigung, ſo ſind dieſe Beſchaͤftigungen
nach ſeinem Wunſche, die eine Beluſtigung ſeiner
Sinne zu wuͤrken vermoͤgend. Nach dieſen Gruͤnden

beur-
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[402/0422] Der Policey-Wiſſenſchaft 1 Abſchnitt, ken: Ehe man die Endſchluͤßung faßt, Policey-Geſetze zu geben, ſo erfodert es die Klugheit, daß man alle Umſtaͤnde genau unterſuche, um zu erforſchen, ob es nicht moͤglich ſey, eben dieß, was das Policey-Geſetze wuͤrken ſoll, durch geheime Veranſtaltungen im Staate hervorzubringen, ſ. §. 12. §. 18. Fuͤrs andere. Es ſey rathſam, die Jnnwohner des Staats zur Beobachtung deſſen, was die Policey erfodert, mehr durch Folgen, die ihnen angenehm ſind, zu lokken, als durch Strafen zu bewegen. Anmerk. Auch in dieſem Stuͤkke unterſcheidet ſich die Policey merklich von dem Juſtiz-Weſen. Dieß befiehlet zu ſtrafen, die Policey befiehlet, ſo lange es moͤglich iſt, zu lokken. §. 19. Wie ſind ſolche Folgen moͤglich? Aus dem, was wir bis hieher abgehandelt haben, wird man es uns leicht verwilligen, daß man bey der Art, Policey-Anſtalten zu machen, die beſonderen Neigungen der Jnnwoh- ner in Erwegung ziehen muͤſſe. Die Sitten-Lehre uͤberzeuget uns §. 147. u. f. von dieſem Satze, daß ein Menſch dieß allemahl mit Vergnuͤgen thue, was nach ſeinen Gedanken Folgen wuͤrket, die ſeiner beſondern Neigung gemaͤß. Hat ein Menſch eine melancholi- ſche Neigung, ſo wird er dasjenige gerne thun, wo- bey er etwas vorzuͤgliches verdienen kann. Hat ein Menſch eine moraliſche Neigung, ſo iſt ihm das ange- nehm, was ſeine Ehre erweitert. Und hat er eine ſanguiniſche Neigung, ſo ſind dieſe Beſchaͤftigungen nach ſeinem Wunſche, die eine Beluſtigung ſeiner Sinne zu wuͤrken vermoͤgend. Nach dieſen Gruͤnden beur-

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Zitationshilfe: Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/422>, abgerufen am 29.03.2024.