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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Drosera rotundifolia. Cap. 7.
Wasser (1 Gran auf 400 Unzen) eingetaucht wurde, so dasz jedes nur
Gran (0,0101 Milligr.) erhielt. Diese äuszerst geringe Quantität
brachte eine unbedeutende Wirkung nur an vier Blättern von den acht
hervor. Bei einem waren nach 2 Stunden 13 Minuten sechsundfünfzig
Tentakeln eingebogen, bei einem zweiten nach 38 Minuten sechsund-
zwanzig eingebogen oder halb eingebogen. Die vier übrigen Blätter wur-
den nicht im geringsten afficirt. Von den acht entsprechenden Blättern
in Wasser waren bei einem nach 2 Stunden 10 Minuten neun Tentakeln,
und bei vier andern von einem bis vier der langköpfigen Tentakeln einge-
bogen; die übrigen drei blieben unafficirt. Es bringt daher vielleicht
während warmen Wetters Gran, einem empfindlichen Blatte ver-
abreicht, eine unbedeutende Wirkung hervor; wir müssen uns aber daran
erinnern, dasz gelegentlich Wasser einen ebenso bedeutenden Grad von
Einbiegung verursacht, wie er in diesem letzten Experimente eintrat.

Zusammenfassung der Resultate mit salpetersaurem
Ammoniak.
-- Wenn die Drüsen der Scheibe durch einen halben
Minim-Tropfen (0,296 Cub. Cent.), welcher Gran des salpeter-
sauren Salzes (0,027 Milligr.) enthält, gereizt werden, so übermitteln
sie einen motorischen Impuls den äuszern Tentakeln, welcher dieselben
sich einwärts zu biegen veranlaszt. Wenn ein äuszerst kleiner Tropfen,
welcher Gran (0,00225 Milligr.) enthält, wenige Secunden lang
mit einer Drüse in Berührung gelassen wird, so verursacht er eine
Einbiegung des diese Drüse tragenden Tentakels. Wenn ein Blatt
für wenige Stunden, und zuweilen nur einige wenige Minuten lang,
in einer Lösung von einer solchen Stärke eingetaucht gelassen wird,
dasz jede Drüse nur Gran (0,0000937 Milligr.) absorbiren
kann, so ist diese geringe Menge hinreichend, einen jeden Tentakel
zur Bewegung anzureizen und er wird dicht eingebogen.

Phosphorsaures Ammoniak.

Dieses Salz ist kraftvoller als das salpetersaure Ammoniak und
selbst in einem noch gröszeren Verhältnisse als das salpetersaure Salz
schon kräftiger als das kohlensaure ist. Dies zeigt sich daraus, dasz
schwächere Lösungen des phosphorsauren Salzes wirken, wenn sie auf
die Blattscheiben getropft oder auf die Drüsen der äuszern Tentakeln
applicirt, oder wenn Blätter eingetaucht werden. Die Verschiedenheit in
der Wirkungsfähigkeit dieser drei Salze, wie sie auf drei verschiedenen
Wegen versucht wurde, unterstützt die sofort mitzutheilenden Resul-
tate, welche so überraschend sind, dasz ihre Glaubwürdigkeit jede
Art von Unterstützung erfordert. Im Jahre 1872 experimentirte ich

Drosera rotundifolia. Cap. 7.
Wasser (1 Gran auf 400 Unzen) eingetaucht wurde, so dasz jedes nur
Gran (0,0101 Milligr.) erhielt. Diese äuszerst geringe Quantität
brachte eine unbedeutende Wirkung nur an vier Blättern von den acht
hervor. Bei einem waren nach 2 Stunden 13 Minuten sechsundfünfzig
Tentakeln eingebogen, bei einem zweiten nach 38 Minuten sechsund-
zwanzig eingebogen oder halb eingebogen. Die vier übrigen Blätter wur-
den nicht im geringsten afficirt. Von den acht entsprechenden Blättern
in Wasser waren bei einem nach 2 Stunden 10 Minuten neun Tentakeln,
und bei vier andern von einem bis vier der langköpfigen Tentakeln einge-
bogen; die übrigen drei blieben unafficirt. Es bringt daher vielleicht
während warmen Wetters Gran, einem empfindlichen Blatte ver-
abreicht, eine unbedeutende Wirkung hervor; wir müssen uns aber daran
erinnern, dasz gelegentlich Wasser einen ebenso bedeutenden Grad von
Einbiegung verursacht, wie er in diesem letzten Experimente eintrat.

Zusammenfassung der Resultate mit salpetersaurem
Ammoniak.
— Wenn die Drüsen der Scheibe durch einen halben
Minim-Tropfen (0,296 Cub. Cent.), welcher Gran des salpeter-
sauren Salzes (0,027 Milligr.) enthält, gereizt werden, so übermitteln
sie einen motorischen Impuls den äuszern Tentakeln, welcher dieselben
sich einwärts zu biegen veranlaszt. Wenn ein äuszerst kleiner Tropfen,
welcher Gran (0,00225 Milligr.) enthält, wenige Secunden lang
mit einer Drüse in Berührung gelassen wird, so verursacht er eine
Einbiegung des diese Drüse tragenden Tentakels. Wenn ein Blatt
für wenige Stunden, und zuweilen nur einige wenige Minuten lang,
in einer Lösung von einer solchen Stärke eingetaucht gelassen wird,
dasz jede Drüse nur Gran (0,0000937 Milligr.) absorbiren
kann, so ist diese geringe Menge hinreichend, einen jeden Tentakel
zur Bewegung anzureizen und er wird dicht eingebogen.

Phosphorsaures Ammoniak.

Dieses Salz ist kraftvoller als das salpetersaure Ammoniak und
selbst in einem noch gröszeren Verhältnisse als das salpetersaure Salz
schon kräftiger als das kohlensaure ist. Dies zeigt sich daraus, dasz
schwächere Lösungen des phosphorsauren Salzes wirken, wenn sie auf
die Blattscheiben getropft oder auf die Drüsen der äuszern Tentakeln
applicirt, oder wenn Blätter eingetaucht werden. Die Verschiedenheit in
der Wirkungsfähigkeit dieser drei Salze, wie sie auf drei verschiedenen
Wegen versucht wurde, unterstützt die sofort mitzutheilenden Resul-
tate, welche so überraschend sind, dasz ihre Glaubwürdigkeit jede
Art von Unterstützung erfordert. Im Jahre 1872 experimentirte ich

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[136/0150] Drosera rotundifolia. Cap. 7. Wasser (1 Gran auf 400 Unzen) eingetaucht wurde, so dasz jedes nur [FORMEL] Gran (0,0101 Milligr.) erhielt. Diese äuszerst geringe Quantität brachte eine unbedeutende Wirkung nur an vier Blättern von den acht hervor. Bei einem waren nach 2 Stunden 13 Minuten sechsundfünfzig Tentakeln eingebogen, bei einem zweiten nach 38 Minuten sechsund- zwanzig eingebogen oder halb eingebogen. Die vier übrigen Blätter wur- den nicht im geringsten afficirt. Von den acht entsprechenden Blättern in Wasser waren bei einem nach 2 Stunden 10 Minuten neun Tentakeln, und bei vier andern von einem bis vier der langköpfigen Tentakeln einge- bogen; die übrigen drei blieben unafficirt. Es bringt daher vielleicht während warmen Wetters [FORMEL] Gran, einem empfindlichen Blatte ver- abreicht, eine unbedeutende Wirkung hervor; wir müssen uns aber daran erinnern, dasz gelegentlich Wasser einen ebenso bedeutenden Grad von Einbiegung verursacht, wie er in diesem letzten Experimente eintrat. Zusammenfassung der Resultate mit salpetersaurem Ammoniak. — Wenn die Drüsen der Scheibe durch einen halben Minim-Tropfen (0,296 Cub. Cent.), welcher [FORMEL] Gran des salpeter- sauren Salzes (0,027 Milligr.) enthält, gereizt werden, so übermitteln sie einen motorischen Impuls den äuszern Tentakeln, welcher dieselben sich einwärts zu biegen veranlaszt. Wenn ein äuszerst kleiner Tropfen, welcher [FORMEL] Gran (0,00225 Milligr.) enthält, wenige Secunden lang mit einer Drüse in Berührung gelassen wird, so verursacht er eine Einbiegung des diese Drüse tragenden Tentakels. Wenn ein Blatt für wenige Stunden, und zuweilen nur einige wenige Minuten lang, in einer Lösung von einer solchen Stärke eingetaucht gelassen wird, dasz jede Drüse nur [FORMEL] Gran (0,0000937 Milligr.) absorbiren kann, so ist diese geringe Menge hinreichend, einen jeden Tentakel zur Bewegung anzureizen und er wird dicht eingebogen. Phosphorsaures Ammoniak. Dieses Salz ist kraftvoller als das salpetersaure Ammoniak und selbst in einem noch gröszeren Verhältnisse als das salpetersaure Salz schon kräftiger als das kohlensaure ist. Dies zeigt sich daraus, dasz schwächere Lösungen des phosphorsauren Salzes wirken, wenn sie auf die Blattscheiben getropft oder auf die Drüsen der äuszern Tentakeln applicirt, oder wenn Blätter eingetaucht werden. Die Verschiedenheit in der Wirkungsfähigkeit dieser drei Salze, wie sie auf drei verschiedenen Wegen versucht wurde, unterstützt die sofort mitzutheilenden Resul- tate, welche so überraschend sind, dasz ihre Glaubwürdigkeit jede Art von Unterstützung erfordert. Im Jahre 1872 experimentirte ich

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/150>, abgerufen am 23.04.2024.