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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Küche oder Speisekammer wonneschmunzelnd ihr Einge-
machtes anbetet, wenn sie Freudenthränen vergießt über
den bräunlichen Gänsebraten, oder gemeinschaftlich mit
der Butter dahinschmilzt in Lust und Behagen beim
Anblick der aufgegangenen Mehlspeise.

Gott erhalte ihr das kindliche Gemüth.

Wenn die Hausfrau aber daraus die Berechtigung
herleitet, ein Musterbild für das ganze Geschlecht sein
zu wollen, wenn sie ihre Art für die einzig mögliche
erklärt, wenn sie ihr Küchengepräge der ganzen Frauen-
welt ausdrücken will, dann erwacht mit Recht der Zorn
der Andern und es ist an der Zeit, sie energisch und
verächtlich in ihre Schranken zu weisen.

Die vier Wände dürfen nicht zum Ghetto werden,
in das man ein Pariageschlecht einpfercht.



Mein Zweck in diesem Aufsatz war, den heuchlerischen
Heiligenschein von Madonna Hausfraus Haupt, den eine
heuchlerische Gesellschaft darum gewoben, zu lösen. Diese
Gesellschaft ruft ihr zu: "Du deutsche Hausfrau, nur
Du bist die Hüterin und Erhalterin der idealen Güter
der Menschheit, und wenn Dich die bösen Buben, die
Fortschrittsgeister, locken, so folge nicht.

Küche oder Speisekammer wonneschmunzelnd ihr Einge-
machtes anbetet, wenn sie Freudenthränen vergießt über
den bräunlichen Gänsebraten, oder gemeinschaftlich mit
der Butter dahinschmilzt in Lust und Behagen beim
Anblick der aufgegangenen Mehlspeise.

Gott erhalte ihr das kindliche Gemüth.

Wenn die Hausfrau aber daraus die Berechtigung
herleitet, ein Musterbild für das ganze Geschlecht sein
zu wollen, wenn sie ihre Art für die einzig mögliche
erklärt, wenn sie ihr Küchengepräge der ganzen Frauen-
welt ausdrücken will, dann erwacht mit Recht der Zorn
der Andern und es ist an der Zeit, sie energisch und
verächtlich in ihre Schranken zu weisen.

Die vier Wände dürfen nicht zum Ghetto werden,
in das man ein Pariageschlecht einpfercht.



Mein Zweck in diesem Aufsatz war, den heuchlerischen
Heiligenschein von Madonna Hausfraus Haupt, den eine
heuchlerische Gesellschaft darum gewoben, zu lösen. Diese
Gesellschaft ruft ihr zu: „Du deutsche Hausfrau, nur
Du bist die Hüterin und Erhalterin der idealen Güter
der Menschheit, und wenn Dich die bösen Buben, die
Fortschrittsgeister, locken, so folge nicht.

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[120/0128] Küche oder Speisekammer wonneschmunzelnd ihr Einge- machtes anbetet, wenn sie Freudenthränen vergießt über den bräunlichen Gänsebraten, oder gemeinschaftlich mit der Butter dahinschmilzt in Lust und Behagen beim Anblick der aufgegangenen Mehlspeise. Gott erhalte ihr das kindliche Gemüth. Wenn die Hausfrau aber daraus die Berechtigung herleitet, ein Musterbild für das ganze Geschlecht sein zu wollen, wenn sie ihre Art für die einzig mögliche erklärt, wenn sie ihr Küchengepräge der ganzen Frauen- welt ausdrücken will, dann erwacht mit Recht der Zorn der Andern und es ist an der Zeit, sie energisch und verächtlich in ihre Schranken zu weisen. Die vier Wände dürfen nicht zum Ghetto werden, in das man ein Pariageschlecht einpfercht. Mein Zweck in diesem Aufsatz war, den heuchlerischen Heiligenschein von Madonna Hausfraus Haupt, den eine heuchlerische Gesellschaft darum gewoben, zu lösen. Diese Gesellschaft ruft ihr zu: „Du deutsche Hausfrau, nur Du bist die Hüterin und Erhalterin der idealen Güter der Menschheit, und wenn Dich die bösen Buben, die Fortschrittsgeister, locken, so folge nicht.

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/128>, abgerufen am 29.03.2024.