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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

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als ein Sinnbild der Demuth.
Vom Grase, Bäumen, Laub und Kraut
Pflegt man dieselben herzuholen,
Ja alles lehrt, was man beschaut;
So gar die kleinesten Violen,
Die wir jetzt auf den Erden Flächen,
Zur Stärkung des Geruchs abbrechen.
Dies Blümchen, das mit blauer Pracht,
Den grünen Grund der Gärten schmücket,
Hat kaum die Anmuthsvolle Tracht,
Daß wir sie sehn, hervorgerücket,
Es scheint als wen die weichen Spitzen,
Auf abgeschlagnen Stengeln sitzen.
Doch ihr Geruch und süsser Dufft
Erfüllt mit Balsam gleichen Blasen,
Die Dünste der zertheilten Lufft
Und das Gekrösel unsrer Nasen:
Mir deucht an dieser Blumen Wesen
Kan man die Art der Demuth lesen.
Die Demuth lebt in Niedrigkeit
Und träget doch des Himmels Farben,
Als ihrer Seelen Ehrenkleid,
Und haßt die überschminkten Narben;
Sie ist zwar niedrig doch erhöhet,
Weil sie bey GOtt in Gnaden stehet.
Wer dieser Tugend anverwand,
Den wird die Hofnung auch beglükken
Mit ihren grünen Ordens Band,
Und dran den güldnen Denkspruch stikken:
Violen liest man von der Erden,
Die Demuth soll erhoben werden.
Die
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als ein Sinnbild der Demuth.
Vom Graſe, Baͤumen, Laub und Kraut
Pflegt man dieſelben herzuholen,
Ja alles lehrt, was man beſchaut;
So gar die kleineſten Violen,
Die wir jetzt auf den Erden Flaͤchen,
Zur Staͤrkung des Geruchs abbrechen.
Dies Bluͤmchen, das mit blauer Pracht,
Den gruͤnen Grund der Gaͤrten ſchmuͤcket,
Hat kaum die Anmuthsvolle Tracht,
Daß wir ſie ſehn, hervorgeruͤcket,
Es ſcheint als wen die weichen Spitzen,
Auf abgeſchlagnen Stengeln ſitzen.
Doch ihr Geruch und ſuͤſſer Dufft
Erfuͤllt mit Balſam gleichen Blaſen,
Die Duͤnſte der zertheilten Lufft
Und das Gekroͤſel unſrer Naſen:
Mir deucht an dieſer Blumen Weſen
Kan man die Art der Demuth leſen.
Die Demuth lebt in Niedrigkeit
Und traͤget doch des Himmels Farben,
Als ihrer Seelen Ehrenkleid,
Und haßt die uͤberſchminkten Narben;
Sie iſt zwar niedrig doch erhoͤhet,
Weil ſie bey GOtt in Gnaden ſtehet.
Wer dieſer Tugend anverwand,
Den wird die Hofnung auch begluͤkken
Mit ihren gruͤnen Ordens Band,
Und dran den guͤldnen Denkſpruch ſtikken:
Violen lieſt man von der Erden,
Die Demuth ſoll erhoben werden.
Die
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[19/0035] als ein Sinnbild der Demuth. Vom Graſe, Baͤumen, Laub und Kraut Pflegt man dieſelben herzuholen, Ja alles lehrt, was man beſchaut; So gar die kleineſten Violen, Die wir jetzt auf den Erden Flaͤchen, Zur Staͤrkung des Geruchs abbrechen. Dies Bluͤmchen, das mit blauer Pracht, Den gruͤnen Grund der Gaͤrten ſchmuͤcket, Hat kaum die Anmuthsvolle Tracht, Daß wir ſie ſehn, hervorgeruͤcket, Es ſcheint als wen die weichen Spitzen, Auf abgeſchlagnen Stengeln ſitzen. Doch ihr Geruch und ſuͤſſer Dufft Erfuͤllt mit Balſam gleichen Blaſen, Die Duͤnſte der zertheilten Lufft Und das Gekroͤſel unſrer Naſen: Mir deucht an dieſer Blumen Weſen Kan man die Art der Demuth leſen. Die Demuth lebt in Niedrigkeit Und traͤget doch des Himmels Farben, Als ihrer Seelen Ehrenkleid, Und haßt die uͤberſchminkten Narben; Sie iſt zwar niedrig doch erhoͤhet, Weil ſie bey GOtt in Gnaden ſtehet. Wer dieſer Tugend anverwand, Den wird die Hofnung auch begluͤkken Mit ihren gruͤnen Ordens Band, Und dran den guͤldnen Denkſpruch ſtikken: Violen lieſt man von der Erden, Die Demuth ſoll erhoben werden. Die B 2

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/35>, abgerufen am 19.04.2024.