Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

dem gewaltigen, rabenschwarzen Hengste, den er ritt, oft-
mals fortgerissen wurde, öfter aber mit riesiger Kraft dem
unbändigen schäumenden Thiere bewies, daß er der Mann
sei, seinen tollen Muth zu zähmen. -- Dieser Reiter, des-
sen gewaltige Schenkel den Hengst zusammendrückten, daß
er bebte und keuchte, trug ein scharlachroth und weiß ge-
mustertes Gewand, welches über und über mit silbernen
in dasselbe eingestickten Adlern und Falken bedeckt war 11).
Seine Unterkleider waren von Purpur und seine Stiefel
von gelbem Leder. Um seine Hüften schlang sich ein gold-
ner Gürtel, in dem ein kurzer, dolchartiger Säbel steckte,
dessen Griff und Scheide mit Edelsteinen übersäet waren.
-- Sein übriger Schmuck glich dem des Bartja. Auch
seine Tiara wurde von der blauen und weißen Binde
der Achämeniden umgeben. -- Unter derselben quollen
dichte, ebenholzschwarze Locken hervor. Ein ungeheurer
Bart von gleicher Farbe verbarg den ganzen unteren Theil
seines Angesichts. Seine Züge waren bleich und unbe-
weglich; seine Augen aber, schwärzer noch als Haar und
Bart, sprühten ein nicht erwärmendes, sondern versengen-
des Feuer. Eine tiefe brandrothe Narbe, der Säbelhieb
eines massagetischen Kriegers, durchfurchte die hohe Stirn,
die große gebogene Nase und die schmalen Lippen des
Reiters. Seine ganze Haltung trug den Stempel höchster
Kraft und maßlosen Stolzes.

Nitetis vermochte nicht, ihre Augen von der Gestalt
dieses Mannes zu wenden. Einen gleichen hatte sie nie-
mals gesehen. Sie fühlte sich wunderbar zu ihm hinge-
zogen. Sie glaubte in diesem unbändig stolzen Angesichte
den Jnbegriff aller Männlichkeit zu erblicken. Es war
ihr, als sei die ganze Welt, vor Allem aber sie selbst,
um diesem Manne zu dienen, geschaffen worden. Sie

dem gewaltigen, rabenſchwarzen Hengſte, den er ritt, oft-
mals fortgeriſſen wurde, öfter aber mit rieſiger Kraft dem
unbändigen ſchäumenden Thiere bewies, daß er der Mann
ſei, ſeinen tollen Muth zu zähmen. — Dieſer Reiter, deſ-
ſen gewaltige Schenkel den Hengſt zuſammendrückten, daß
er bebte und keuchte, trug ein ſcharlachroth und weiß ge-
muſtertes Gewand, welches über und über mit ſilbernen
in daſſelbe eingeſtickten Adlern und Falken bedeckt war 11).
Seine Unterkleider waren von Purpur und ſeine Stiefel
von gelbem Leder. Um ſeine Hüften ſchlang ſich ein gold-
ner Gürtel, in dem ein kurzer, dolchartiger Säbel ſteckte,
deſſen Griff und Scheide mit Edelſteinen überſäet waren.
— Sein übriger Schmuck glich dem des Bartja. Auch
ſeine Tiara wurde von der blauen und weißen Binde
der Achämeniden umgeben. — Unter derſelben quollen
dichte, ebenholzſchwarze Locken hervor. Ein ungeheurer
Bart von gleicher Farbe verbarg den ganzen unteren Theil
ſeines Angeſichts. Seine Züge waren bleich und unbe-
weglich; ſeine Augen aber, ſchwärzer noch als Haar und
Bart, ſprühten ein nicht erwärmendes, ſondern verſengen-
des Feuer. Eine tiefe brandrothe Narbe, der Säbelhieb
eines maſſagetiſchen Kriegers, durchfurchte die hohe Stirn,
die große gebogene Naſe und die ſchmalen Lippen des
Reiters. Seine ganze Haltung trug den Stempel höchſter
Kraft und maßloſen Stolzes.

Nitetis vermochte nicht, ihre Augen von der Geſtalt
dieſes Mannes zu wenden. Einen gleichen hatte ſie nie-
mals geſehen. Sie fühlte ſich wunderbar zu ihm hinge-
zogen. Sie glaubte in dieſem unbändig ſtolzen Angeſichte
den Jnbegriff aller Männlichkeit zu erblicken. Es war
ihr, als ſei die ganze Welt, vor Allem aber ſie ſelbſt,
um dieſem Manne zu dienen, geſchaffen worden. Sie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0012" n="10"/>
dem gewaltigen, raben&#x017F;chwarzen Heng&#x017F;te, den er ritt, oft-<lb/>
mals fortgeri&#x017F;&#x017F;en wurde, öfter aber mit rie&#x017F;iger Kraft dem<lb/>
unbändigen &#x017F;chäumenden Thiere bewies, daß er der Mann<lb/>
&#x017F;ei, &#x017F;einen tollen Muth zu zähmen. &#x2014; Die&#x017F;er Reiter, de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en gewaltige Schenkel den Heng&#x017F;t zu&#x017F;ammendrückten, daß<lb/>
er bebte und keuchte, trug ein &#x017F;charlachroth und weiß ge-<lb/>
mu&#x017F;tertes Gewand, welches über und über mit &#x017F;ilbernen<lb/>
in da&#x017F;&#x017F;elbe einge&#x017F;tickten Adlern und Falken bedeckt war <hi rendition="#sup">11</hi>).<lb/>
Seine Unterkleider waren von Purpur und &#x017F;eine Stiefel<lb/>
von gelbem Leder. Um &#x017F;eine Hüften &#x017F;chlang &#x017F;ich ein gold-<lb/>
ner Gürtel, in dem ein kurzer, dolchartiger Säbel &#x017F;teckte,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Griff und Scheide mit Edel&#x017F;teinen über&#x017F;äet waren.<lb/>
&#x2014; Sein übriger Schmuck glich dem des Bartja. Auch<lb/>
&#x017F;eine Tiara wurde von der blauen und weißen Binde<lb/>
der Achämeniden umgeben. &#x2014; Unter der&#x017F;elben quollen<lb/>
dichte, ebenholz&#x017F;chwarze Locken hervor. Ein ungeheurer<lb/>
Bart von gleicher Farbe verbarg den ganzen unteren Theil<lb/>
&#x017F;eines Ange&#x017F;ichts. Seine Züge waren bleich und unbe-<lb/>
weglich; &#x017F;eine Augen aber, &#x017F;chwärzer noch als Haar und<lb/>
Bart, &#x017F;prühten ein nicht erwärmendes, &#x017F;ondern ver&#x017F;engen-<lb/>
des Feuer. Eine tiefe brandrothe Narbe, der Säbelhieb<lb/>
eines ma&#x017F;&#x017F;ageti&#x017F;chen Kriegers, durchfurchte die hohe Stirn,<lb/>
die große gebogene Na&#x017F;e und die &#x017F;chmalen Lippen des<lb/>
Reiters. Seine ganze Haltung trug den Stempel höch&#x017F;ter<lb/>
Kraft und maßlo&#x017F;en Stolzes.</p><lb/>
        <p>Nitetis vermochte nicht, ihre Augen von der Ge&#x017F;talt<lb/>
die&#x017F;es Mannes zu wenden. Einen gleichen hatte &#x017F;ie nie-<lb/>
mals ge&#x017F;ehen. Sie fühlte &#x017F;ich wunderbar zu ihm hinge-<lb/>
zogen. Sie glaubte in die&#x017F;em unbändig &#x017F;tolzen Ange&#x017F;ichte<lb/>
den Jnbegriff aller Männlichkeit zu erblicken. Es war<lb/>
ihr, als &#x017F;ei die ganze Welt, vor Allem aber &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
um die&#x017F;em Manne zu dienen, ge&#x017F;chaffen worden. Sie<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0012] dem gewaltigen, rabenſchwarzen Hengſte, den er ritt, oft- mals fortgeriſſen wurde, öfter aber mit rieſiger Kraft dem unbändigen ſchäumenden Thiere bewies, daß er der Mann ſei, ſeinen tollen Muth zu zähmen. — Dieſer Reiter, deſ- ſen gewaltige Schenkel den Hengſt zuſammendrückten, daß er bebte und keuchte, trug ein ſcharlachroth und weiß ge- muſtertes Gewand, welches über und über mit ſilbernen in daſſelbe eingeſtickten Adlern und Falken bedeckt war 11). Seine Unterkleider waren von Purpur und ſeine Stiefel von gelbem Leder. Um ſeine Hüften ſchlang ſich ein gold- ner Gürtel, in dem ein kurzer, dolchartiger Säbel ſteckte, deſſen Griff und Scheide mit Edelſteinen überſäet waren. — Sein übriger Schmuck glich dem des Bartja. Auch ſeine Tiara wurde von der blauen und weißen Binde der Achämeniden umgeben. — Unter derſelben quollen dichte, ebenholzſchwarze Locken hervor. Ein ungeheurer Bart von gleicher Farbe verbarg den ganzen unteren Theil ſeines Angeſichts. Seine Züge waren bleich und unbe- weglich; ſeine Augen aber, ſchwärzer noch als Haar und Bart, ſprühten ein nicht erwärmendes, ſondern verſengen- des Feuer. Eine tiefe brandrothe Narbe, der Säbelhieb eines maſſagetiſchen Kriegers, durchfurchte die hohe Stirn, die große gebogene Naſe und die ſchmalen Lippen des Reiters. Seine ganze Haltung trug den Stempel höchſter Kraft und maßloſen Stolzes. Nitetis vermochte nicht, ihre Augen von der Geſtalt dieſes Mannes zu wenden. Einen gleichen hatte ſie nie- mals geſehen. Sie fühlte ſich wunderbar zu ihm hinge- zogen. Sie glaubte in dieſem unbändig ſtolzen Angeſichte den Jnbegriff aller Männlichkeit zu erblicken. Es war ihr, als ſei die ganze Welt, vor Allem aber ſie ſelbſt, um dieſem Manne zu dienen, geſchaffen worden. Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/12
Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/12>, abgerufen am 29.03.2024.