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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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gewinde zogen sich von Haus zu Haus, Weihrauch und
Sandeldüfte durchwehten die Luft und in dichtem Gedränge
standen zu beiden Seiten des Weges Tausende von gaf-
fenden Babyloniern in weißen leinenen Hemden, bunten
wollenen Röcken und kurzen Mäntelchen, lange Stäbe mit
goldenen und silbernen Granatäpfeln, Vögeln oder Rosen,
in der Hand haltend 15).

Sämmtliche Straßen, durch welche sich der Zug be-
wegte, waren breit und gerade; die von Backsteinen er-
bauten Häuser stattlich und hoch 16).

Sie Alle überragte, überall sichtbar, der Riesentempel
des Gottes Bel mit seiner ungeheuren Treppe, welche sich
außerhalb des runden, thurmartigen Baues, in acht weit
gedehnten Kreisen, gleich einer ungeheueren Schlange, bis
an die Spitze hinauf wand 17).

Jetzt näherte sich der Zug der Burg des Königs 18),
deren Größenverhältnisse der Ungeheuerlichkeit der ganzen
Anlage der Stadt entsprachen. -- Die Mauern, die den
Palast umzogen, waren mit bunt glasirten Bildwerken
überdeckt, welche seltsame Mischgestalten von Menschen,
Vögeln, Säugethieren und Fischen, Jagden, Kriegsscenen
und feierliche Aufzüge darstellten. Gegen Norden, dem
Strome entlang, erhoben sich die hängenden Gärten 19);
nach Osten hin lag auf dem anderen Ufer des Euphrat
die zweite kleinere Königsburg, welche mit der ersteren
durch den Wunderbau einer festen Steinbrücke verbun-
den war.

Der Zug bewegte sich durch die ehernen Thore der
drei, den Palast umgebenden Mauern.

Die Pferde der Nitetis standen still, Schemelträger
halfen ihr aus dem Wagen. Sie befand sich in ihrer

Ebers, Eine ägyptische Königstochter. II. 2

gewinde zogen ſich von Haus zu Haus, Weihrauch und
Sandeldüfte durchwehten die Luft und in dichtem Gedränge
ſtanden zu beiden Seiten des Weges Tauſende von gaf-
fenden Babyloniern in weißen leinenen Hemden, bunten
wollenen Röcken und kurzen Mäntelchen, lange Stäbe mit
goldenen und ſilbernen Granatäpfeln, Vögeln oder Roſen,
in der Hand haltend 15).

Sämmtliche Straßen, durch welche ſich der Zug be-
wegte, waren breit und gerade; die von Backſteinen er-
bauten Häuſer ſtattlich und hoch 16).

Sie Alle überragte, überall ſichtbar, der Rieſentempel
des Gottes Bel mit ſeiner ungeheuren Treppe, welche ſich
außerhalb des runden, thurmartigen Baues, in acht weit
gedehnten Kreiſen, gleich einer ungeheueren Schlange, bis
an die Spitze hinauf wand 17).

Jetzt näherte ſich der Zug der Burg des Königs 18),
deren Größenverhältniſſe der Ungeheuerlichkeit der ganzen
Anlage der Stadt entſprachen. — Die Mauern, die den
Palaſt umzogen, waren mit bunt glaſirten Bildwerken
überdeckt, welche ſeltſame Miſchgeſtalten von Menſchen,
Vögeln, Säugethieren und Fiſchen, Jagden, Kriegsſcenen
und feierliche Aufzüge darſtellten. Gegen Norden, dem
Strome entlang, erhoben ſich die hängenden Gärten 19);
nach Oſten hin lag auf dem anderen Ufer des Euphrat
die zweite kleinere Königsburg, welche mit der erſteren
durch den Wunderbau einer feſten Steinbrücke verbun-
den war.

Der Zug bewegte ſich durch die ehernen Thore der
drei, den Palaſt umgebenden Mauern.

Die Pferde der Nitetis ſtanden ſtill, Schemelträger
halfen ihr aus dem Wagen. Sie befand ſich in ihrer

Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. II. 2
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[17/0019] gewinde zogen ſich von Haus zu Haus, Weihrauch und Sandeldüfte durchwehten die Luft und in dichtem Gedränge ſtanden zu beiden Seiten des Weges Tauſende von gaf- fenden Babyloniern in weißen leinenen Hemden, bunten wollenen Röcken und kurzen Mäntelchen, lange Stäbe mit goldenen und ſilbernen Granatäpfeln, Vögeln oder Roſen, in der Hand haltend 15). Sämmtliche Straßen, durch welche ſich der Zug be- wegte, waren breit und gerade; die von Backſteinen er- bauten Häuſer ſtattlich und hoch 16). Sie Alle überragte, überall ſichtbar, der Rieſentempel des Gottes Bel mit ſeiner ungeheuren Treppe, welche ſich außerhalb des runden, thurmartigen Baues, in acht weit gedehnten Kreiſen, gleich einer ungeheueren Schlange, bis an die Spitze hinauf wand 17). Jetzt näherte ſich der Zug der Burg des Königs 18), deren Größenverhältniſſe der Ungeheuerlichkeit der ganzen Anlage der Stadt entſprachen. — Die Mauern, die den Palaſt umzogen, waren mit bunt glaſirten Bildwerken überdeckt, welche ſeltſame Miſchgeſtalten von Menſchen, Vögeln, Säugethieren und Fiſchen, Jagden, Kriegsſcenen und feierliche Aufzüge darſtellten. Gegen Norden, dem Strome entlang, erhoben ſich die hängenden Gärten 19); nach Oſten hin lag auf dem anderen Ufer des Euphrat die zweite kleinere Königsburg, welche mit der erſteren durch den Wunderbau einer feſten Steinbrücke verbun- den war. Der Zug bewegte ſich durch die ehernen Thore der drei, den Palaſt umgebenden Mauern. Die Pferde der Nitetis ſtanden ſtill, Schemelträger halfen ihr aus dem Wagen. Sie befand ſich in ihrer Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. II. 2

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/19>, abgerufen am 28.03.2024.