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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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"Willst Du mir eine Bitte gewähren, wenn Aura-
mazda mein Leben erhält und ich siegreich heimkehre?"

"Jch will."

"O, jetzt sollst Du seh'n, daß ich siegen werde und
stände ich mit tausend Mann gegen zehntausend Tapuren!"

Die Augen des Jünglings leuchteten. Er dachte
an Sappho.

"Jch werde mich freuen, wenn Du Deine schönen
Worte zu Thaten machst. Aber halt; ich habe Dir noch
etwas zu sagen. Du bist zwanzig Jahr alt und mußt
heirathen. Roxane, die Tochter des edlen Hydarnes, ist
mannbar geworden. Sie soll schön sein und ist ihrer
Herkunft nach Deiner würdig."

"O, mein Bruder, sprich mir nicht von der Ehe,
ich ..."

"Du mußt ein Weib nehmen, denn ich bin kin-
derlos."

"Doch Du bist jung und wirst nicht ohne Nachkom-
men bleiben; auch sage ich nicht, daß ich niemals heira-
then will. Zürne mir nicht; aber gerade jetzt, wo ich
meine Mannheit bewähren soll, mag ich nichts von den
Weibern hören!"

"So mußt Du Roxane heimführen, wenn Du aus
dem Norden zurückkehrst. Aber ich rathe Dir, die Schöne
mit in's Feld zu nehmen. Der Perser pflegt besser zu
kämpfen, wenn er neben seinen liebsten Schätzen ein schö-
nes Weib in seinem Lager zu vertheidigen hat 22)."

"Verschone mich mit diesem Befehle, mein Bruder.
Bei der Seele unseres Vaters beschwöre ich Dich, strafe
mich nicht mit einem Weibe, das ich nicht kenne und nicht
kennen mag. Gib Roxane dem Zopyros, der die Frauen
liebt, gib sie dem Darius oder Bessus, welche dem Hy-

„Willſt Du mir eine Bitte gewähren, wenn Aura-
mazda mein Leben erhält und ich ſiegreich heimkehre?“

„Jch will.“

„O, jetzt ſollſt Du ſeh’n, daß ich ſiegen werde und
ſtände ich mit tauſend Mann gegen zehntauſend Tapuren!“

Die Augen des Jünglings leuchteten. Er dachte
an Sappho.

„Jch werde mich freuen, wenn Du Deine ſchönen
Worte zu Thaten machſt. Aber halt; ich habe Dir noch
etwas zu ſagen. Du biſt zwanzig Jahr alt und mußt
heirathen. Roxane, die Tochter des edlen Hydarnes, iſt
mannbar geworden. Sie ſoll ſchön ſein und iſt ihrer
Herkunft nach Deiner würdig.“

„O, mein Bruder, ſprich mir nicht von der Ehe,
ich ...“

„Du mußt ein Weib nehmen, denn ich bin kin-
derlos.“

„Doch Du biſt jung und wirſt nicht ohne Nachkom-
men bleiben; auch ſage ich nicht, daß ich niemals heira-
then will. Zürne mir nicht; aber gerade jetzt, wo ich
meine Mannheit bewähren ſoll, mag ich nichts von den
Weibern hören!“

„So mußt Du Roxane heimführen, wenn Du aus
dem Norden zurückkehrſt. Aber ich rathe Dir, die Schöne
mit in’s Feld zu nehmen. Der Perſer pflegt beſſer zu
kämpfen, wenn er neben ſeinen liebſten Schätzen ein ſchö-
nes Weib in ſeinem Lager zu vertheidigen hat 22).“

„Verſchone mich mit dieſem Befehle, mein Bruder.
Bei der Seele unſeres Vaters beſchwöre ich Dich, ſtrafe
mich nicht mit einem Weibe, das ich nicht kenne und nicht
kennen mag. Gib Roxane dem Zopyros, der die Frauen
liebt, gib ſie dem Darius oder Beſſus, welche dem Hy-

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[23/0025] „Willſt Du mir eine Bitte gewähren, wenn Aura- mazda mein Leben erhält und ich ſiegreich heimkehre?“ „Jch will.“ „O, jetzt ſollſt Du ſeh’n, daß ich ſiegen werde und ſtände ich mit tauſend Mann gegen zehntauſend Tapuren!“ Die Augen des Jünglings leuchteten. Er dachte an Sappho. „Jch werde mich freuen, wenn Du Deine ſchönen Worte zu Thaten machſt. Aber halt; ich habe Dir noch etwas zu ſagen. Du biſt zwanzig Jahr alt und mußt heirathen. Roxane, die Tochter des edlen Hydarnes, iſt mannbar geworden. Sie ſoll ſchön ſein und iſt ihrer Herkunft nach Deiner würdig.“ „O, mein Bruder, ſprich mir nicht von der Ehe, ich ...“ „Du mußt ein Weib nehmen, denn ich bin kin- derlos.“ „Doch Du biſt jung und wirſt nicht ohne Nachkom- men bleiben; auch ſage ich nicht, daß ich niemals heira- then will. Zürne mir nicht; aber gerade jetzt, wo ich meine Mannheit bewähren ſoll, mag ich nichts von den Weibern hören!“ „So mußt Du Roxane heimführen, wenn Du aus dem Norden zurückkehrſt. Aber ich rathe Dir, die Schöne mit in’s Feld zu nehmen. Der Perſer pflegt beſſer zu kämpfen, wenn er neben ſeinen liebſten Schätzen ein ſchö- nes Weib in ſeinem Lager zu vertheidigen hat 22).“ „Verſchone mich mit dieſem Befehle, mein Bruder. Bei der Seele unſeres Vaters beſchwöre ich Dich, ſtrafe mich nicht mit einem Weibe, das ich nicht kenne und nicht kennen mag. Gib Roxane dem Zopyros, der die Frauen liebt, gib ſie dem Darius oder Beſſus, welche dem Hy-

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/25>, abgerufen am 23.04.2024.