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Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Büsche und Garten wurden immer wunderbarer im Mondschein, und wenn die Luft die Zweige theilte, blinkte aus der Tiefe unterm Schloß die Saale herauf, und das Geschmeide und die Augen des Fräuleins blitzten verwirrend dazwischen. -- Da hub plötzlich die Uhr vom Thurme zu schlagen an. Klarinett fuhr unwillkürlich zusammen, in demselben Augenblick glaubte er einen flüchtigen Händedruck zu fühlen, und als er verwundert aufsah, traf ihn ein funkelnder Blick der Dame.

Indem aber trat der Diener mit einer Kerze hinter ihnen in den Saal, um die Fremden ins Schlafgemach zu geleiten, die Dame erhob sich zierlich und gemessen, wie sonst, und war nach einer freundlichen Verbeugung schnell durch eine innere Thür des Saals verschwunden. Doch als Klarinett sich betroffen wandte, ging eben der Mond aus einer Wolke und beschien hell das steinerne Bildwerk über der Thür: es war wirklich das ihm wohlbekannte Wappen des Grafen Gerold. -- Was ist denn das? dachte er erschrocken, am Ende hab' ich da selber den Ring. --

Am folgenden Tage hielt er's fast für einen Traum, so ganz anders sah die Welt aus, der Morgen hatte Alles wieder mit Glanz und Vogelschall verdeckt, nur das unheimliche Wappen über der Thür blieb aus jener Nacht und der Zauberblick der Dame. Er hatte sich in dem Wetterleuchten ihrer Augen nicht geirrt, sie spielten munter fort, ihre Liebe zu Klarinett brach rasch aus, wie der Frühling nach einem warmen Ge-

Büsche und Garten wurden immer wunderbarer im Mondschein, und wenn die Luft die Zweige theilte, blinkte aus der Tiefe unterm Schloß die Saale herauf, und das Geschmeide und die Augen des Fräuleins blitzten verwirrend dazwischen. — Da hub plötzlich die Uhr vom Thurme zu schlagen an. Klarinett fuhr unwillkürlich zusammen, in demselben Augenblick glaubte er einen flüchtigen Händedruck zu fühlen, und als er verwundert aufsah, traf ihn ein funkelnder Blick der Dame.

Indem aber trat der Diener mit einer Kerze hinter ihnen in den Saal, um die Fremden ins Schlafgemach zu geleiten, die Dame erhob sich zierlich und gemessen, wie sonst, und war nach einer freundlichen Verbeugung schnell durch eine innere Thür des Saals verschwunden. Doch als Klarinett sich betroffen wandte, ging eben der Mond aus einer Wolke und beschien hell das steinerne Bildwerk über der Thür: es war wirklich das ihm wohlbekannte Wappen des Grafen Gerold. — Was ist denn das? dachte er erschrocken, am Ende hab' ich da selber den Ring. —

Am folgenden Tage hielt er's fast für einen Traum, so ganz anders sah die Welt aus, der Morgen hatte Alles wieder mit Glanz und Vogelschall verdeckt, nur das unheimliche Wappen über der Thür blieb aus jener Nacht und der Zauberblick der Dame. Er hatte sich in dem Wetterleuchten ihrer Augen nicht geirrt, sie spielten munter fort, ihre Liebe zu Klarinett brach rasch aus, wie der Frühling nach einem warmen Ge-

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[0052] Büsche und Garten wurden immer wunderbarer im Mondschein, und wenn die Luft die Zweige theilte, blinkte aus der Tiefe unterm Schloß die Saale herauf, und das Geschmeide und die Augen des Fräuleins blitzten verwirrend dazwischen. — Da hub plötzlich die Uhr vom Thurme zu schlagen an. Klarinett fuhr unwillkürlich zusammen, in demselben Augenblick glaubte er einen flüchtigen Händedruck zu fühlen, und als er verwundert aufsah, traf ihn ein funkelnder Blick der Dame. Indem aber trat der Diener mit einer Kerze hinter ihnen in den Saal, um die Fremden ins Schlafgemach zu geleiten, die Dame erhob sich zierlich und gemessen, wie sonst, und war nach einer freundlichen Verbeugung schnell durch eine innere Thür des Saals verschwunden. Doch als Klarinett sich betroffen wandte, ging eben der Mond aus einer Wolke und beschien hell das steinerne Bildwerk über der Thür: es war wirklich das ihm wohlbekannte Wappen des Grafen Gerold. — Was ist denn das? dachte er erschrocken, am Ende hab' ich da selber den Ring. — Am folgenden Tage hielt er's fast für einen Traum, so ganz anders sah die Welt aus, der Morgen hatte Alles wieder mit Glanz und Vogelschall verdeckt, nur das unheimliche Wappen über der Thür blieb aus jener Nacht und der Zauberblick der Dame. Er hatte sich in dem Wetterleuchten ihrer Augen nicht geirrt, sie spielten munter fort, ihre Liebe zu Klarinett brach rasch aus, wie der Frühling nach einem warmen Ge-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T14:27:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T14:27:42Z)

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/52>, abgerufen am 25.04.2024.