Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

langen weißen Hälse aus der verwilderten Einsamkeit. Heute aber fing auf einmal der eine Schornstein wieder zu rauchen an, ein helles Feuer knisterte unter demselben, und so oft der Wind den Rauch theilte, sah man in der Gluth des Widerscheins wilde dunkle Gestalten, wie Arbeiter in einem Eisenhammer, mit aufgestreiften Aermeln vor dem Feuer hantieren, kochen und Bratspieße drehn; Einer saß im Grase und flickte sein Wams, ein Anderer lag daneben und sah ihm verächtlich zu, den Arm stolz in die Seite gestemmt, daß ihm im Mondschein der Ellbogen aus dem Loch im Aermel glänzte, während weiterhin zwei höllische Jäger so eben durch das Dickicht brachen und ein frischgeschossenes Reh herbeischleppten. Es waren versprengte Landsknechte, die das Ende des dreißigjährigen Krieges plötzlich vom Pferd auf den Friedens- und Bettelfuß gesetzt. In solchem Sumpf hatten sie beschlossen, den Krieg auf ihre eigene Faust fortzusetzen und sich mitten durch ihren gemeinschaftlichen Feind, den Frieden, nach Ungarn durchzuschlagen, wo sie gegen den Türken neue Ehre und Beute zu gewinnen hofften.

Hartes Bett, gemeines Bett! sagte der Stolze mit dem Loch im Aermel, heute ist's gerade ein Jahr, es war auch so eine blanke Nacht, da hing's nur von mir ab, ich konnte auf kostbaren Teppichen liegen mit eingewirkten Wappen, in jedem Zipfel mein Namenszug in Gold.

Da kniff ein grauer Kerl seitwärts den neben ihm

langen weißen Hälse aus der verwilderten Einsamkeit. Heute aber fing auf einmal der eine Schornstein wieder zu rauchen an, ein helles Feuer knisterte unter demselben, und so oft der Wind den Rauch theilte, sah man in der Gluth des Widerscheins wilde dunkle Gestalten, wie Arbeiter in einem Eisenhammer, mit aufgestreiften Aermeln vor dem Feuer hantieren, kochen und Bratspieße drehn; Einer saß im Grase und flickte sein Wams, ein Anderer lag daneben und sah ihm verächtlich zu, den Arm stolz in die Seite gestemmt, daß ihm im Mondschein der Ellbogen aus dem Loch im Aermel glänzte, während weiterhin zwei höllische Jäger so eben durch das Dickicht brachen und ein frischgeschossenes Reh herbeischleppten. Es waren versprengte Landsknechte, die das Ende des dreißigjährigen Krieges plötzlich vom Pferd auf den Friedens- und Bettelfuß gesetzt. In solchem Sumpf hatten sie beschlossen, den Krieg auf ihre eigene Faust fortzusetzen und sich mitten durch ihren gemeinschaftlichen Feind, den Frieden, nach Ungarn durchzuschlagen, wo sie gegen den Türken neue Ehre und Beute zu gewinnen hofften.

Hartes Bett, gemeines Bett! sagte der Stolze mit dem Loch im Aermel, heute ist's gerade ein Jahr, es war auch so eine blanke Nacht, da hing's nur von mir ab, ich konnte auf kostbaren Teppichen liegen mit eingewirkten Wappen, in jedem Zipfel mein Namenszug in Gold.

Da kniff ein grauer Kerl seitwärts den neben ihm

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="5">
        <p><pb facs="#f0056"/>
langen weißen Hälse aus der verwilderten Einsamkeit. Heute aber fing auf einmal      der eine Schornstein wieder zu rauchen an, ein helles Feuer knisterte unter demselben, und so      oft der Wind den Rauch theilte, sah man in der Gluth des Widerscheins wilde dunkle Gestalten,      wie Arbeiter in einem Eisenhammer, mit aufgestreiften Aermeln vor dem Feuer hantieren, kochen      und Bratspieße drehn; Einer saß im Grase und flickte sein Wams, ein Anderer lag daneben und sah      ihm verächtlich zu, den Arm stolz in die Seite gestemmt, daß ihm im Mondschein der Ellbogen aus      dem Loch im Aermel glänzte, während weiterhin zwei höllische Jäger so eben durch das Dickicht      brachen und ein frischgeschossenes Reh herbeischleppten. Es waren versprengte Landsknechte, die      das Ende des dreißigjährigen Krieges plötzlich vom Pferd auf den Friedens- und Bettelfuß      gesetzt. In solchem Sumpf hatten sie beschlossen, den Krieg auf ihre eigene Faust fortzusetzen      und sich mitten durch ihren gemeinschaftlichen Feind, den Frieden, nach Ungarn durchzuschlagen,      wo sie gegen den Türken neue Ehre und Beute zu gewinnen hofften.</p><lb/>
        <p>Hartes Bett, gemeines Bett! sagte der Stolze mit dem Loch im Aermel, heute ist's gerade ein      Jahr, es war auch so eine blanke Nacht, da hing's nur von mir ab, ich konnte auf kostbaren      Teppichen liegen mit eingewirkten Wappen, in jedem Zipfel mein Namenszug in Gold.</p><lb/>
        <p>Da kniff ein grauer Kerl seitwärts den neben ihm<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0056] langen weißen Hälse aus der verwilderten Einsamkeit. Heute aber fing auf einmal der eine Schornstein wieder zu rauchen an, ein helles Feuer knisterte unter demselben, und so oft der Wind den Rauch theilte, sah man in der Gluth des Widerscheins wilde dunkle Gestalten, wie Arbeiter in einem Eisenhammer, mit aufgestreiften Aermeln vor dem Feuer hantieren, kochen und Bratspieße drehn; Einer saß im Grase und flickte sein Wams, ein Anderer lag daneben und sah ihm verächtlich zu, den Arm stolz in die Seite gestemmt, daß ihm im Mondschein der Ellbogen aus dem Loch im Aermel glänzte, während weiterhin zwei höllische Jäger so eben durch das Dickicht brachen und ein frischgeschossenes Reh herbeischleppten. Es waren versprengte Landsknechte, die das Ende des dreißigjährigen Krieges plötzlich vom Pferd auf den Friedens- und Bettelfuß gesetzt. In solchem Sumpf hatten sie beschlossen, den Krieg auf ihre eigene Faust fortzusetzen und sich mitten durch ihren gemeinschaftlichen Feind, den Frieden, nach Ungarn durchzuschlagen, wo sie gegen den Türken neue Ehre und Beute zu gewinnen hofften. Hartes Bett, gemeines Bett! sagte der Stolze mit dem Loch im Aermel, heute ist's gerade ein Jahr, es war auch so eine blanke Nacht, da hing's nur von mir ab, ich konnte auf kostbaren Teppichen liegen mit eingewirkten Wappen, in jedem Zipfel mein Namenszug in Gold. Da kniff ein grauer Kerl seitwärts den neben ihm

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T14:27:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T14:27:42Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/56
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/56>, abgerufen am 29.03.2024.